Ernst II., Herzog von Sachsen Gotha.[]
Sachsen Gotha, (Ernst II., regierender Herzog von).
Dieser Fürst, bekannt in Deutschland wegen seiner Liebe zu den Wissenschaften, hauptsächlich zur Astronomie, starb den 21. April 1804 in seinem 59. Jahre.
Deutschland hat ihm seine schönste Sternwarte zu verdanken: er besaß eine kostbare Bibliothek und ein physikalisches Kabinet, von dem er selbst Gebrauch zu machen verstand, und stand mit Lalande und andern Gelehrten in Briefwechsel.
Sein Leichnam wurde, seinem letzten Willen gemäß, in seinem Garten ohne allen Pomp beerdigt.
Der ein und zwanzigste April 1804.[]
Todestag Herzog Ernst II. von Gotha und Altenburg.
Dieser Fürst gehört als Regent, als Gelehrter und als Mensch unter die ehrwürdigsten und merkwürdigsten Männer des deutschen Vaterlandes. Er wurde am 30ten Jänner 1745 gebohren, und zeigte schon in früher Jugend die brennendste Wißbegierde, auch ein so edles Herz, daß Diderot, als der Herzog noch als Erbprinz Paris besuchte, und es in einem Gespräch dem Philosophen enthüllte, gerührt sagte: "Kehren Sie nach Haus zurück, junger Mann, die Welt könnte sie verderben." Als er zur Regierung kam, nahm er sich den Stammvater seines Hauses, Ernst den Frommen, zum Muster. Eben so, wie dieser, richtete Ernst II. sein erstes Augenmerk auf die Verbesserung der Schulen und Erziehungsanstalten. Unter ihm blühte das Gymnasium zu Gotha zu einer seltenen Verherrlichung auf. Kaltwasser, Jacobs, Schlichtegroll, Galletti, Döring und andere würdige Männer, arbeiteten daran, und In- und Ausländer besuchten es mit großem Nutzen. Er unterstützte Salzmann durch einen Vorschuß von mehrern tausend Thalern zu Errichtung seines Instituts in Schnepfenthal und auch das Altenburgische Gymnasium erhob sich unter diesem Fürsten zu den berühmten Schulanstalten. -- Er liebte unter seinen eigenen Studien vorzüglich Mathematik, und die Astronomie fand an ihm den thätigsten Beförderer. Er baute ihr auf dem Seeberg eine halbe Stunde von seiner Residenz, einen Tempel, der bald der Mittelpunkt der wichtigsten Messungen und Beobachtungen in Europa wurde. Dorthin wallfahrtete der alte La Lande auf Paris und mit ihm die ersten deutschen Astronomen. Der Herzog schaffte die trefflichsten Instrumente an, und das alles -- nicht auf Kosten seiner Unterthanen -- sondern aus seinen Ersparnissen, denn er liebte weder ausschweifende Pracht *), noch Jagd, noch Soldaten, noch anders, was seinem Land wehe thun konnte. Dieß Institut war es auch allein, was er seinen Erben statt aller Monumente, die er sich zu errichten ausdrücklich verbot, zu erhalten empfahl. So lange die Wissenschaft dauerte, die den gestirnten Himmel beobachtet. -- So lange die Geschichte die Verdienste der Regenten erzählt, wird der Name Ernst und Gotha dauern, denn durch ihn und von dem Ort seines Wirkens ging wissenschaftliches Licht über Europa aus. -- Er vermehrte die Bibliothek, die Ernst der Fromme angelegt hatte, und über ihren Sälen wohnte er. Hier konnte man den trefflichen Fürsten alle Tage sehen und sprechen. Auch die kostbare Münzensammlung bereicherte er durch neue Anschaffungen. Malereyen, Kupferlisten und andere Kunstwerke entgingen seinem Blicke nicht. Er unterstützte den Maler Tischbein bey seinen Studien in Italien und der Bildhauer Döll hatte im herzoglichen Schloß seine Werkstätte. Er gab dem verfolgten Mißhaupt Zufluchtsort und Pension, und entfernt von aller Schwärmerey, lebhaft überzeugt von ihrer Güte und Nutzen, unterstützte er die Freymaurerey durch Theilnahme und Aufopferungen. Er war ein Feind alles höfischen Gepränges und unnützen Aufwandes. Sein Aufwand war echter Art, für nützliche Staatsdiener, errichtete musterhafte Arbeitsanstalten, baute ein Haus "für das hülflose Alter," und sein Land war immer im blühendsten Zustande. Die schauerlichen Auftritte in Frankreich, die er noch erlebte, empörten sein schönes Herz, und zuletzt setzte sich gar eine Bitterkeit bey ihm fest, die sonst ganz ausser seinem Charakter lag, die ihn in freudlose Einsamkeit trieb, und selbst gegen seine sonst liebsten Vergnügungen gleichgültig machte. Er fand seine Güte oft in seinen nähern Umgebungen nicht so erwiedert, wie er hoffen konnte, und das brach ihm das Herz. Er ruht in dem schönen Park bey Gotha, den er noch als Erbprinz angelegt hatte, ohne Sarg, bloß in Leinwand gehüllt, wie er es wollte, unter Blumen und ein einfachen Baum beschattet seine Grabstätte. Diesen Park vermachte er als Denkmahl väterliche Liebe seinem jüngsten Prinzen Friedrich. **)
- (*) Nie sah man ihn anders, als entweder in blauer Uniform mit rothen Ausfällen, oder in einem simpeln grünen oder blauen Frack. Kein Stern, kein Orden war auf seinem Kleid sichtbar. Zwey Epaulets allein zeichneten ihn vor andern Offizieren aus. Ihm saß der Stern, wie Claudius sagt, auf der bloßen Brust und nicht am Latz.
- (**) Auch ich genoß, als Fremdling an Ernstens Wohnort seiner Huld, und oft ward mir das reinste Seelenvergnügen in seiner trefflichen Unterhaltung auf der Gothaischen Bibliothek und sonst zu Theil, daher rufe ich ihm ein herzliches : Have pia, candidissima anima! zu, und wünsche ihm eine Biographen, der seiner werth ist.
Ernst Ludwig, Herzog zu Sachsen Gotha u. Altenburg.[]
Ernst Ludwig, auch Ernst II, Herzog zu Sachsen Gotha u. Altenburg, geb. d. 30 Jan. 1745, war der 2te Prinz Herzog Friedrichs III u. dessen Gemahlinn Louise Dorothea, Prinzessinn von S. Meinungen, eine der geistreichsten u. gebildetsten Fürstinnen ihrer Zeit.
Seine Erziehung war streng, u. er hatte sich nicht nur durch ernstes Studiren unter der Leitung vorzüglicher Lehrer, sondern auch auf Reisen vielfache Kenntnisse erworben, als er 1772 durch den Tod seines Vaters zur Regierung gelangte, nachdem er sich schon 1769 mit Marie Chalotte Amalie, Prinzessinn von Sachsen-Meinungen vermählt hatte.
Sein Regentenleben ist eine Reihe schöner und gemeinnütziger Unternehmungen zum Wohl seines Landes, und macht in der Geschichte desselben eine merkwürdige Epoche. Er vereinigte fürstliche Tugend u. Weisheit mit den Eigenschaften eines liebenswürdigen Privatmannes; eine ungeheuchelte und tief gefühlte Gottesfurcht mit strengen Sitten, ausgezeichneter Mäßigkeit und reiner Gerechtigkeitsliebe; ein sanftes und gefühlvolles Herz mit ausgebreiteten Kenntnissen, edlem Anstand u. einnehmender Anmuth.
Sehr viel gewann unter seiner Regierung die Gerechtigkeitspflege, nicht nur durch verbesserte Einrichtungen, sondern noch mehr durch den überall verbreiteten Geist der Ordnung, der Gerechtigkeitsliebe, der Biederkeit u. des Abscheues vor Schikane. Der geringste Unterthan fand Zugang zu dem Fürsten, niemand wurde bedrückt, vielen Bedrängten u. Unglücklichen wurde durch seine Milde geholfen.
Durch Anlage guter Heerstraßen, die Einführung des Kleebaues, Einschränkung der Trift, durch zweckmäßige Anstalten gegen Viehseuche xc., beförderte er den Wohlstand des Landmannes.
Mehrere Hülfsanstalten danken ihm ihre Existenz: er errichtete eine Witwensocietät, u. stiftete ein Werkhaus, mit welchem eine Freischule verbunden wurde; auch unterstützte er die Armenanstalten seiner Lande aufs thätigste.
Im Religion- u. Kirchenwesen sorgte er für eine vernünftige Aufklärung und einen schicklichen Religionskultus; denn er begünstigte die Denk- und Gewissensfreiheit, verstattete den Predigern, bessere liturgische Formularien u. bessere Gesangbücher zu einer Zeit (1778) einzuführen, als man anderwärts noch wenig an Verbesserung des Gesanges dachte.
Große Verdienste erwarb er sich um Verbesserung des Schulunterrichts, theils durch Errichtung neuer Anstalten, theils durch zweckmäßigere Einrichtung der schon vorhandenen und Vermehrung ihrer Einkünfte. Ueberhaupt fand alles wahrhaft Nützliche und Gute an ihm einen warmen Beförderer, u. besonders war er ein eifriger und aufgeklärter Freund der Wissenschaften. Mit liberalem Geist und fürstl. Freigebigkeit unterstützte er alles, was auf sie Beziehung hatte, u. viele einheimische u. fremde Gelehrte dankten ihm bald die Befreiung von drückenden Sorgen, bald die Vollendung nützlicher Unternehmungen. Die von ihm erbaute und mit den vortrefflichsten Instrumenten ausgerüstete Sternwarte ist in ganz Europa berühmt, u. alle Wissenschaftliche u. Kunstsammlungen seines fürstl. Hauses sind von ihm mit Eifer, Einsicht und großer Freigebigkeit bereichert worden.
Bei diesen Gegenständen fand er Erholung von Geschäften; ihnen war die Muße seines stillen Lebens geweiht. Noch als Regent lernte er die griechische Sprache, übte sich in der lateinischen, in der Physik, u. vorneml. in d. Astronomie. Durch Lektüre, den fast tägl. Besuch der öffentl. Bibliothek u. lehrreiche Unterredungen erweiterte er immer seine Kenntnisse. Nie liebte er geräuschvolle Vergnügungen u. äussern Glanz; die Einsamkeit war ihm schon in seiner Jugend werth. In spätern Jahren zog er sich immer mehr von Gesellschaften zurück, u. st. d. 21 April 1804.
Seine Verordnung gemäß wurde er prunklos, ohne Sarg, auf der Insel seines englischen Gartens, in der Nähe zweier ihm vorangegangener Söhne begraben.
S. Parentalia sacra in memoriam etc. Jena 1804. fol. (von Eichstädt). Galleti's Gesch. von Gotha 1 Th. 352 ff. (Beckers) National-Zeitung. 1804. St. 23. Zwei Reden von F. W. Döring und F. Jakobs. Goth. 1804. Verschiedene Gedächtnißpredigten von Löffler, W. F. Schäffer, K. C. E. Schmidt, Prof. in Jena u. a. Allgem. Zeitung 1804. No. 153.
Quellen und Literatur.[]
- Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
- Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
- Allgemeines historisch-biographisch-literarisches Handwörterbuch aller merkwürdigen Personen, die in dem ersten Jahrzehend des neunzehenten Jahrhunderts gestorben sind. Von Samuel Baur, königl. Würtemb. Dekan und Pfarrer von Alpeck und Göttingen. Ulm, 1816. Im Verlag der Stettinischen Buchhandlung.