Elftes Bulletin der großen Armee (1812)

Nachrichten von der großen Armee.

Eilftes Bulletin.

Witepsk, den 4. Aug.

Die aus Bagrations Lager [xxxx] aufgefangenen Briefe sprechen von dem Verluste den dies Corps in dem Gefechte von Mohilow erlitten hat, und von der ungeheuern Desertion, welche es unterwegs erlitt. Alle Polen bleiben im Lande, so daß dieses Corps, welches, mit Inbegriff von Platow's Cosaken, 50,000 Mann stark war, jetzt keine 30,000 Mann mehr zählt. Es wird sich am 7ten oder 8ten Aug. zu Smolensk mit der großen Armee vereinigen.

Die Stellung der Armee am 4ten Aug. ist folgende: Das Hauptquartier zu Witepsk, mit 4 Brücken über die Düna. Das 4te Corps zu Surasch hält Welisch, Porietche und Uswiadz besetzt. Der König von Neapel zu Rudina mit den 3 ersten Cavalleriecorps. Das 1ste Corps, welches der Marschall Prinz von Eckmühl commandirt, steht am Ausflusse der Beresina in den Borysthenes, mit 2 Brücken über diesen letztern Fluß und einer Brücke über [[Beresina|die Beresina und doppelten Brückenköpfen. Das 3te Corps, von dem Marschall Herzog von Elchingen commandirt, steht zu Liozna. Das 8te Corps, welches der Herzog von Abrantes befehligt, steht zu Orsza, mit 2 Brücken und Brückenköpfen über den Borysthenes. Das 5te Corps, unter dem Commando des Fürsten Poniatowski, befindet sich zu Mohilow, mit 2 Brücken und Brückenköpfen über den Borysthenes. Das 2te Corps, von dem Marschall Herzog von Reggio commandirt, steht an der Drissa, vorwärts Polozk an der Straße nach Sebesch. Der Fürst von Schwarzenberg ist mit seinem Corps zu Slonim. Das 7te Corps ist zu Rozana. Das 4te Cavalleriecorps steht mit einer Infanteriedivision, von dem General Latour-Maubourg befehligt, vor Bobruysk und Mozir. Das 10te Corps, unter dem Commando des Herzogs von Tarent, steht vor Dünaburg und Riga. Das 9te von demHerzog von Belluno befehligte Corps hat sich zu Tilsit versammelt. Das 11te Corps, von dem Herzoge von Castiglione commandirt, ist zu Stettin.

Se. Maj. haben die Armee Erholungsquartiere beziehen lassen. Die Hitze ist außerordentlich und stärker als in Italien. Das Thermometer steht auf 26 und 27 Grad, selbst die Nächte sind heiß.

Nachdem der General Kamenski mit zwey Divisionen von dem Corps des Generals Bagration von demselben abgeschnitten wurde, und sich nicht mehr mit ihm vereinigen konnte, kehrte er nach Volhynien zurück, und vereinigte sich mit den R_crutendivisionen unter den Befehlen des Generals Tormassow, und rückte gegen das 7te Corps an. Er überfiel und umringte den sächsischen Brigadegeneral Klengel, welcher eine Avantgarde von 2 Bataillons und 2 Escadrons vom Regimente Prinz Clemens unter seinen Befehlen hatte. Nach 6stündigem Widerstande wurde der größte Theil dieser Avantgarde getödtet oder gefangen; Gen. Regnier konnte ihm erst nach 2 Stunden zu Hülfe kommen. Der Fürst von Schwarzenberg setzte sich am 30sten Juli in Marsch, um sich an den Gen. Regnier anzuschließen, und den Krieg gegen die feindlichen Divisionen lebhaft zu betreiben.

Am 19ten griff der preußische Gen. Grawert die Russen zu Eckau in Curland an, warf sie, machte 200 Gefangene und tödtete eine ziemliche Anzahl. Gen. Grawert lobt den Major Stiern, welcher mit dem 1sten preuß. Dragonerregimente einen großen Antheil an dem Gefechte nahm. In Vereinigung mit dem Gen. Kleist hat Gen. Grawert den Feind auf dem Wege nach Riga lebhaft zurückgedrängt und den Brückenkopf berennt.

Am 30sten sandte der Vicekönig eine leichte italienische Cavalleriebrigade nach Welisch, 200 Mann haben 4 Depotbataillons, welche sich nach Twer begaben, angegriffen, sie durchbrochen und 400 Gefangene nebst 100 Munitionswagen erbeutet.

Am 31sten wurde der Adjutant Triaire mit dem Regiment Dragoner der Königin von Italien nach Uswiadz geschickt, wo er einen Hauptmann nebst 40 Gemeinen zu Gefangenen machte, und 200 mit Mehl beladene Wagen erbeutete.

Am 30sten marschirte der M. Herzog von Reggio von Polotzk nach Sebesch, wo er auf den General Witgenstein stieß, dessen Corps durch jenes des Prinzen Repnin verstärkt worden war. Bey dem Schlosse Jacubowo kam es zu einem Gefechte. Das 26ste leichte Infanterieregiment hat sich dabey mit Ruhm bedeckt, und die Division Legrand hat rühmlichst das Feuer des feindlichen Armeecorps ausgehalten.

Am 31sten zog sich der Feind nach der Drissa um den Herzog von Reggio auf seinem Marsche in der Flanke anzugreifen. Der Herzog nahm eine Stellung hinter der Drissa.

Am 1sten Aug. beging der Feind die Unbesonnenheit, über die Drissa zu gehen, und sich in Schlachtordnung vor dem 2ten Corps aufzustellen. Der Herzog von Reggio ließ die Hälfte des feindlichen Corps über den Fluß setzen, und als er bemerkte, daß jenseits 15,000 Mann und 14 Kanonen in ein Gefecht verwickelt wurden, öffnete er eine Batterie von 40 Kanonen, aus welcher eine halbe Stunde lang mit Kartätschen geschossen wurde. Zu gleicher Zeit gingen die Divisionen Legrand und Verdier im Sturmschritte mit gefälltem Bajonnet auf die Russen los, und warfen deren 15,000 in den Fluß. Alle Kanonen und Munitionswagen sind erbeutet worden, 3000 Mann mit mehrern Officieren wurden gefangen genommen, unter diesen befindet sich ein Adjutant des Generals Witgenstein; außerdem wurden noch 3500 Mann theils getödtet, theils ersäuft. Dies ist das Resultat dieses Gefechts.

In andern Kriegen würde man die Gefechte bey Drissa, Ostrowno und Mohilow drey Bataillen genannt haben. Der Herzog von Reggio lobt den General Grafen Legrand ganz außerordentlich wegen seines mitten im Gefechte beybehaltenen kalten Blutes. Auch lobt er sehr das Benehmen des 26sten leichten Infanterieregiments, so wie das des 56sten Linienregments.

Der Kaiser von Rußland hat in den Gouvernements von Witepsk und Mohilow Recrutenaushebungen befohlen, allein wir waren schon Herr dieser Provinzen, ehe seine Ukase angekommen ist. Es waren daher diese Maßregeln vergebens.

Wir haben zu Witepsk Proclamationen des Prinzen Alexander von Würtemberg vorgefunden und erfahren, daß man sich in Rußland mit der Absingung des Te Deum amüsirt habe, um die von den Russen gewonnenen Schlachten zu feyern.

[>>>]