Von Bastille bis Waterloo. Wiki

Maria Christiane Eleonore Prochaska.[]

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Eine große, eine außerordentliche Zeit weckt in den Menschen einer solchen Zeit das Große und das Außerordentliche.

Ueber Preußen ging eine solche Zeit auf, als Friedrich Wilhelm den Heldenentschluß faßte, obwohl beinahe Geld- Heer- und Waffenlos, dennoch, zu den Russen gesellt, den corsischen Unterdrücker und Verderber von dem heiligen Boden Deutschlands werfen zu helfen. Der Aufruf an sein herrliches, preußisches Volk war ein Funken, der alle edlen Gemüther in lichte Flammen setzte. Das Geschlecht machte hier keinen Unterschied. Wir sehen wie Männer und Jünglinge, so auch Frauen und Mädchen, gleich Spartanerinnen, von der heiligen Flamme ergriffen, gegen die Feinde des Vaterlandes entbrennen. Wir sehen selbst die schwachen und zarten Hände Waffen schwingen. Dieses ist freilich außer der Ordnung; aber wer wird in einer außerordentlichen Zeit sich über das Außerordentliche verwundern und es bekritteln wollen? -- Es gehört zu den bedeutendsten Zeichen der merkwürdigsten Zeit, und es ist Pflicht, dieses wunderähnliche Zeichen getreu aufzubewahren.

Im May 1813 erschien folgender Aufruf eines Frauenzimmers.

An edle deutsche Mädchen.

An euch richte ich meine Worte, an euch, die ihr von Vaterlandsliebe beseelt, mit mir gleich fühlt, gleich denkt.

Die Zeit der Duldung, der Ergebung, der Schwachheit ist vorbei, und zu Thaten, zu hohen, edlen Thaten, ruft uns jetzt das Vaterland auf.

Wer von euch fühlt nicht den Drang, für die allgemeine Sache, für Freiheit, König und Vaterland sein Theuerstes zu opfern, alles hinzugeben, was er vermag? –

Viel ist geschehen, der Opfer viele sind gebracht, die Edelsten unseres Geschlechts gingen mit schönem Beispiele und voran. So bildete sich der "deutsche Frauenbund" durch Vereinigung der königlichen Prinzessinnen. Sie waren die ersten Stifterinnen eines Bundes, edel und groß. Laßt uns ihnen folgen, laßt uns nicht zurückbleiben, wo Alles zu gewinnen -- und Alles zu verlieren steht.

Viele von euch haben diesem Bunde nicht beitreten können, weil ihre zu beschränkten Mittel es nicht verstatteten; aber gewiß nicht minder heiß ist der Wunsch in ihrer Brust, auf andere, denselben mögliche Art, dieses Gefühl zu rechtfertigen.

Wohlan Schwestern! es giebt einen Weg, dem Vaterlande durch uns selbst nützlich zu seyn. Laßt uns, den Männern gleich, zu den Waffen greifen! Laßt eine eigene Schaar uns bilden, die, von heiligem Muth beseelt, gewiß keinem an Tapferkeit weichen wird. Laßt uns die Achtung wieder gewinnen, welche der Feind uns geraubt hat. Unsern Namen, unsern Ruf hat er zum Gespötte gemacht; öffentlich beschimpft hat er uns, indem er sich unserer Gunst gerühmt hat. Welche Edle, ich frage, welche Edle unter Euch kann diesen Schimpf dulden, ohne blutige Rache zu nähren? Jetzt ist sie da die heiß ersehnte Zeit, jetzt dürfen wir es aussprechen dieses Gefühl, das wir so lange in gepreßter Brust verschließen mußten. Wir können wieder werden was wir waren, die Geachteten der Welt. Wir müssen es wieder werden, wenn noch deutsches Blut durch unsere Adern wallt, wenn noch der edle Stolz, die hohe Würde in uns lebt, die uns einst so hoch gestellt hat. Wir haben die Kraft und die Mittel, es zu können. Schande der, die es nicht will. Nichts hindert uns, nichts dürfen wir fürchten, keinen Tadel, keine Rüge. Wer dürfte uns auch tadeln? Wir verletzen keine unserer heiligen Pflichten. Wir verletzen nicht das Zartgefühl, das uns ehrt. Oder seit wann wäre es Schande, seine Ehre zu vertheidigen? Seit wann ist es wider unsre Pflicht, dem Vaterlande auf jede Art zu nützen? -- Warum sollen wir unthätig die Hände in den Schooß legen und unsern Brüdern, unsern Freunden und jetzt auch unsern Vätern den heiligen Kampf allein überlassen? -- Ihnen zur Seite laßt uns stehen, mit ihnen kämpfen, mit ihnen fallen. Für ihre Bedürfnisse giebt es noch Tausende, die Kindespflicht oder Schwäche zurückhalten. Nur an euch richte ich meine Worte, die ihr diese ersten, diese heiligsten Pflichten einer Schwester übertragen und euch frei, einzig dem Vaterlande widmen könnt.

Ich bin gewiß, daß ich den Wunsch, den Willen des größesten Theiles unter euch ausgesprochen, und daß es nur dieser Worte bedurfte, die innere Gluth zur hellen Flamme anzufachen, daß ihr nicht säumen werdet, zu thun und schnell zu thun, was schon längst bei euch beschlossen war.

Es ist ein außerordentlicher Kampf, eine nie gehabte Zeit: So dürfen wir auch seltne, Indeß auch schon von andern angewandte, Mittel wählen. Mit hoher Achtung, mit Bewundrung haben wir in den Annalen der ältern Geschichte Beispiele von weiblichem Muth und weiblicher Tapferkeit, von Aufopferungen aller Art gelesen, und stolz war das Volk auf solche Weiber. Laßt uns ein Gleiches thun, so werden künftig auch wir der Stolz unseres Vaterlandes seyn.

Ein geachtetes und geehrtes Weib, die es auszuführen und zu ordnen vermag, gebe das Beispiel, und in kurzem wird unser höchster Wunsch, unser heißestes Sehnen befriedigt seyn. Sie veranstalte durch Hülfe des russisch-deutschen Volksblattes (Herausgegeben vom Herrn v. Kotzebue eine Versammlung Derer, welche sich zu dem heiligen Kampfe berufen fühlen und berathe mit ihnen die dienlichsten Mittel, schnell und sicher zu unserm Zwecke zu gelangen.

O wer wollte nicht gern die Erste seyn für diese Sache, welche nur die höchste Reinheit des Gefühls leiten und würdigen kann!" –


Dieser Aufruf, welche, ohne hier dessen Ausführbarkeit untersuchen zu wollen, der edlen Sprecherin wahre und hohe Ehre erwirbt, hat nun zwar kein Amazonenheer ins Feld gerufen, gewiß aber mehr als eine weibliche Heldenseele entflammt, in männlicher Kleidung unerkannt in den Reihen der Männer mit zu fechten. Eine derselben hat der Heldentod in dem Treffen bei der Görde und bekannt gemacht. Durch die siegreiche Bestürmung des Steinker-Hügels ist der Name "Eleonore Prochaska" unsterblich geworden.

Eleonore war die Tochter des Musiklehrers Prochaska in Potsdam, eines Invaliden von der vormaligen Grenadiergarde Friedrichs des Großen. Sie war bis zu ihrem Tode auf dem Ehrenfelde unter den Lützowschen Jägern nur unter dem Namen des so bescheidenen und stillen, als tapfern August Renz bekannt gewesen. Schon einmal in jenem Treffen verwundet ließ sie dennoch vom Kampfe nicht ab. Als sie aber eben bemüht war, den tödtlich getroffenen Oberjäger Heidrich auf dem Kugelregen an eine sichere Stelle zu tragen, wurde ihr selbst das Bein zerschmettert. Der Hügel war indessen von den tapfern Waffengefährten erstürmt worden und man eilte nun den Verwundeten zu Hülfe. So wurde denn auch Eleonore, im Blute schwemmend, am Boden gefunden. Einer ihrer Freunde wollte Anstalt zu Verband und Fortschaffung treffen. Sie entdeckte ihm, daß sie ein Mädchen sey und bat ihn, Sorge zu tragen, daß sie mit Schonung ihrer Weiblichkeit behandelt werden mögte. So wurde sie denn mit großer Sorgsamkeit nach Dannenberg gebracht, starb aber nach wenigen Tagen an den Folgen des Brandes.

Zwei ihrer Briefe, welche nachmals bekannt worden sind, zeugen von der Bildung und Hoheit ihres Geistes, wie von ihrem Zartgefühl und von der Reinheit ihrer Sitten. Sie verdienen es daher, zu ihrer Ehre aufbewahrt zu werden.

Gross-Banitz, den 30. Juli 1813.
Lieber Bruder,

Ich habe Dir etwas ganz Neues zu erzählen, worüber Du mit aber vorher versprechen mußt nicht böse werden zu wollen. -- Ich bin schon seit vier Wochen Soldat! -- Erstaune nicht, aber schilt auch nicht! Du weißt, daß dieser Entschluß schon seit Anfang des Krieges meine Seele beherrscht hat. Schon zwei Briefe von Unbekannten erhielt ich, welche mir vorwarfen, ich sey feig, da alles um mich ent-entschlossen sey, in diesem ehrenvollen Kriege mitzukämpfen *).  Da wurde mein Entschluß unumstößlich fest. Ich war bei mir im Innern meiner Seele überzeugt, keine leichtsinnige oder gar schlechte That zu begehen: denn siehe nur Spanien und Tyrol, wir dott die Weiber handelten! Ich verkaufte also meine Habseligkeiten, um mir vorerst eine anständige Mannskleidung zu kaufen, bis ich Montirung erhalten würde. Dann kaufte ich mir ein Büchse, einen Hirschfänger und Tschako und ging unter die Büchsenjäger. Du kannst meiner Klugheit zutrauen, daß ich unerkannt bleiben werde. Zu Havelberg, wo ich vorgestellt wurde, traf ich den Hautboisten Groß, welcher uns doch so gut kennt, mich aber dennoch nicht erkannte.

Ich habe nur noch die große Bitte, daß du dem Vater die Sache so vortheilhaft als möglich für mich vorträgst. Er wird ja nicht sehr ungehalten seyn, hoffe ich: denn er erzählte selbst Geschichten von den Spaniern, wobei er meinen Entschluß deutlich auf meinem Gesichte lesen konnte.

Ich habe aus Vorsicht auch meinen Namen geändert. Wenn Du an mich schreibst, so schreibe doch ja so, als wäre ich Dein Bruder: denn du weißt, Briefe haben mancherlei Schicksale.

Wir exerciren, tirailliren und schießen recht fleißig, woran ich großes Vergnügen finde. Ich treffe auf 150 Schritt schon in die Scheibe.

Leb recht wohl, bester Bruder! -- Ehrenvoll oder nie siehst du mich wieder. -- Grüße den Vater und Karolinen tausendmal, sage ihnen, versichere sie, daß mein Herz stets gut und edel bleiben wird, daß keine Zeit, Schicksal oder Gelegenheit mich zu Grausamkeiten oder bösen Handlungen verleiten soll und daß stets mein Herz treu und zärtlich für euch schlägt. Mit ewiger Liebe.

Dein Bruder August Renz.
L. P.
*) Diese Stelle läßt vermuthen, daß noch mehrere Mädchen, von patriotischer Begeisterung ergriffen, unbekannt unter den Männern mitfechten.
Schwerin, den 9. Aug. 1813.
Lieber, guter Bruder!

Uns ist gesagt, daß wir in drei Tagen schon vor den Feind kommen. Es ist also vielleicht das letzte Mal, daß ich mit Dir, Theurer und Guter, noch eine Unterhaltung habe. Ich bin zwar sehr müde, wir haben fünf Tage hinter einander Eilmärsche gemacht und morgen früh um 2 Uhr geht es schon wieder; aber trotz Müdigkeit und Rangiren will ich mich doch diesen Abend einzig mit den Meinigen beschäftigen.

Du sagtest mir einmal, ich müßte nicht Dein Herz zu dem eines Weibes stimmen, sondern vielmehr in Dir allen Muth zu erwecken suchen. Siehe Lieber! so denke ich jetzt von Dir, und mit der festesten Ueberzeugung, daß Du und Vater und Karoline nicht böse auf mich seyd, gehe ich voll Muth und Entschlossenheit in den Kampf. Komme ich von dort glücklich zurück, dann, guter Bruder, wird meine Freude überschwenglich seyn. Komme ich nicht wieder zurück, dann sage ich dir in diesem Briefe das letzte Lebewohl, o theurer, guter Bruder! dann lebe ewig, ewig wohl. Ich kann nichts weiter sagen, als daß ich auch noch im Tode treu und ewig mit Liebe seyn werde

Dein
Dich ewig liebender Bruder August Renz.


Der oben mitgetheilte Aufruf zu den Waffen, an Frauenzimmer durch ein Frauenzimmer, veranlaßte einige andere, öffentliche Erklärungen, gleichfalls von Frauenzimmern an Frauenzimmer.

1) "Der an uns gerichtete Aufruf einer Dame, ein Amazonenheer zu bilden, erscheint bei einer ernstlichen Beleuchtung unausführbar und ist nicht minder spaßhaft, als das jüngst vorgeschlagene Spritzen mit heißen Mehlbrei. *)

Unsere ganze Lebensweise ist nicht geeignet, Strapazen dieser Art und alle Schrecken des Krieges zu ertragen. Selbst die noch keinesweges verweichlichten Frauen und Mädchen der deutschen Vorzeit zogen nicht mit in die Schlacht, um zu kämpfen, sondern nur um durch Gesang, Zuruf und Anblick die Männer muthvoll zu erhalten. Nach meiner festen Ueberzeugung würde, bei der jetzigen Art Krieg zu führen, ein Amazonenheer mehr Schaden, als Nutzen stiften und bald mit Schaam zurückkehren.

Nein, Mitschwestern! bürden wir uns lieber Geschäfte auf, die uns angemessener sind: die Pflege der im Kriege Verunglückten; Dadurch können wir viel mehr Gutes stiften. Das Weib scheint dazu geschaffen, die Schmerzen des Mannes durch duldsame Wartung und sanfte Pflege zu lindern. Gewiß, es wird der Verwundete seine Leiden weniger fühlen, wenn ihm die zarte weibliche Hand den Verband anlegt. Freilich müßten wir darin zuvor Unterricht nehmen. Allein sind wir nicht auch im Kriegswesen nun gänzlich unerfahren? Zittern wir nicht schon bei dem bloßen Abschießen eines Gewehres und dem Anblick des funkelnden Schwerdtes? –

Der Frauen höchster Liebreiz ist ihre Weiblichkeit. Im Getümmel der Schlacht und in der Wildheit des Lagers würde diese unmittelbar und unvermeidlich verloren gehen, und die von unsern Männern und Jünglingen erkämpfte frohe Zukunft fände dann vielleicht die jetzt gewohnten Annehmlichkeiten im Umgange der kriegerischen Weiber nicht wieder.

Darum kein Amazonenheer! -- Ist es aber euer Ernst, im Character eines echten deutschen Weibes zu leben und zu sterben; fühlt ihr, wie ich, das Bedürfniß, in diesem gerechten Kampfe für König und Vaterland nicht unthätig zu bleiben, so laßt uns darauf antragen, daß einige Aerzte und Wundärzte die Frauen in Anlegung des Verbandes und der Krankenpflege überhaupt Unterricht geben, und finden uns dann unsere Lehrer geschickt, diesem schönen, menschenfreundlichen Werk mit Nutzen vorzustehen, so laßt uns in die Hospitäler eilen und unter der Aufsicht der dabei angestellten Wundärzte die Wartung der vaterländischen Krieger übernehmen!

Honny soit qui mal y pense!
G. T. v. K.
*) Vorgeschlagen für den Landsturm, in Ermangelung der Kanonen und Kartätschen.


Eine zweite Erklärung:

2) Auch ich fühle, was unser Geschlecht zu leisten vermag zur Zeit der Noth, und daß wir mehr thun können, als unsere Kleinodien zum Opfer bringen; nur nicht indem wir die Waffen ergreifen.

Wie wenn wir das Beispiel unserer erhabenen Fürstinnen *) nachahmten? So viel diese auch leisten, so können sie doch unmöglich für jede einzelne Abtheilung der verwundeten Krieger Sorge tragen. -- Wie wenn die Frauen und Mädchen in allen Provinzen, durch welche Verwundete transportirt werden, solche Vereine bildeten, aus welchen aufmerksame und treue Krankenwärterinnen hervorgingen, die mit sanfter Hand die Wunden derer verbänden, die ihr Vaterland und vielleicht die Unschuld der Töchter ihres Vaterlandes mit ihrem Blute vertheidigt haben? -- Was ist die Wartung durch Miethlinge gegen die Pflege durch gefühlvolle, theilnehmende Herzen? Würden wir da nicht auf unserm rechten Platze stehen? -- Und die Ausführung dieses Gedankens däucht mich sehr leicht. -- Jede brave Frau, jedes edle Mädchen darf nur wollen. Weder Schicklichkeit, noch Sitte werden gefährdet, wenn junge Mädchen die Pflege der ältern Kranken, bejahrte Frauen die Wartung verwundeter Jünglinge übernehmen.

Wer da weiß, was eine gute Krankenpflege wirkt, der wird nicht zweifeln, daß auf diese Weise das Leben vieler braven Menschen dem Vaterlande und ihren Familien erhalten werden könnte.

Sollte ich durch höhere Einwirkung diesen meinen Wunsch verwirklicht sehn, je eher, je lieber, da schon in unserer Nähe fliegende Lazarethe sich ankündigen, so werden ich und meine Tochter mit freudigem Herzen die Ersten seyn, welche zu diesem ehrwürdigen Geschäft sich bei dem nächsten Krankenlager melden. ---Zwar, wenn unsre Bemühung einen fröhlichen Erfolg haben soll, so müßte jede Theilnehmerin nach ihren Kräften auch etwas zu einer Lazarethkasse beisteuern, die von einem ächten Patrioten verwaltet und aus welcher bestritten würde, was zum Labsal und zur Bequemlichkeit der Kranken erforderlich wäre. -- Auch das ist ja nicht schwer. Auch die Unbemitteltste darf sich nur etwas an Putz und Vergnügen versagen, da es ohnehin in dieser traurigen Zeit ein Verbrechen wäre, mehr auf sich zu verwenden, als die höchste Noth erfordert.

Was mich betrifft -- mein Mann hat nur ein geringes Einkommen, wir haben viele Unfälle erlitten und vier Kinder zu erziehen -- doch wenn es diesen schönen Zweck gilt, so schaffe ich mein Dienstmädchen ab, will gern die ungewohnte Arbeit selbst verrichten und den ersparten Lohn, monatlich 3 Rthlr., so lange der Krieg währt, in die Lazarethkasse zahlen. Reiche Vergeltung würde mir gewähren das selige Bewußtseyn, die Pflicht einer deutschen Frau nach Möglichkeit erfüllt zu haben, unserm theuren Könige und dem Vaterlande nützlich gewesen zu seyn."

* * *
*) Anmerk. An der Spitze eines patriotischen Frauenvereins in Berlin, um Vaterlandskrieger zu kleiden, zu waffnen und auszurüsten, stehen: Mariane, Prinzessin; Wilhelm von Preußen; Wilhelmine, Prinzessin von Oranien; Auguste, Churprinzessin von Hessen; Wilhelmine, verw. Prinzessin von Oranien; Prinzessin Ferdinand von Preußen; Luise, Prinzessin von Preußen-Radziwill; Luise, verwittw. Erbprinzessin zu Braunschweig; Karoline, Prinzessin von Hessen; Marie, Prinzessin von Hessen.


Wie herrlich und wie zu ewigem Ruhme deutscher Frauen diese schönen Vorschläge in Erfüllung gegangen sind, haben bald nachher und zuerst die Lazarethe von Breslau, Halle und Leipzig bewiesen! -- Nicht bloß Bequemlichkeit und Vergnügen, sondern Gesundheit und Leben haben die Heldinnen der Menschenfreundlichkeit unverzagt in den verpesteten Krankenhäusern aufgeopfert. Nie, nie müsse Deutschland dieses vergessen, und seine edlen Frauen desto höher und inniger ehren und lieben!


Wir beschließen diesen, der Ehre des weiblichen Geschlechtes in Deutschland gewidmeten Aufsatz, durch Mitthellung eines dritten, gleichfalls von Frauenzimmern vorgeschlagenen und ausgeführten Werkes.

3) In Königsberg hat ein Verein patriotischer Frauen und Jungfrauen (welche verdienen, nie wieder Madame oder Mademoiselle genannt zu werden) sich unaufgefordert verbunden, allerlei Handarbeiten zu verfertigen, sie zum öffentlichen Verkauf an den Meistbietenden einzuliefern [in Schlesien zu gleicher Zeit zu einer Lotterie ohne Nieten] und das gelöste Geld zum Besten der Equipirungskasse unbemittelter, noch unberittener Vaterlandsvertheidiger zu bestimmen. Sechs wackere Männer, der Oberburgemeister Heidemann an der Spitze, übernahmen es, sahen schnell ihre Erwartung übertroffen und konnten schon am 3. May auf dem Börsensaale die erste Versteigerung von 189 verschiedenen Artikeln vornehmen. Sie bestanden in gestickten Westen, Geldbeuteln, Tragbändern, Strümpfen, Mützen, Tüchern u. s. w.


Nie wird auch jener durch die öffentlichen Blätter bekannt gewordene, ruhmwerthe Zug des weiblichen Patriotismus einer edlen, aber unbemittelten Breslauerin, vergessen werden, die, als zur Rüstung des freiwilligen Jägerkorps Beiträge eingesammelt wurden, ihr blondes, langes, schönes Haar in der Stille  abschnitt, verkaufte und den Erlös in die Kasse ablieferte. Nachmals aber, als diese Geschichte bekannt wurde, sind aus diesem Haar Ringe verfertigt worden, mit einer goldenen Platte und der Inschrift "seltenes Opfer" geschmückt, die man zum Besten der Ausrüstungskasse verkauft hat.


Marie Christiane Eleonore Prochaska.[]

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Berühmt wie der Name der bereits erwähnten schlesischen Heldinn ist auch der Name der brandenburgischen Jungfrau Marie Christiane Eleonore Prochaska.

Ihr Vater, früher Gardegrenadier unter Friedrich dem Großen, nachher aber Musiklehrer in Potsdam, hatte, so viel in seinen Kräften stand, auf die Bildung dieser Tochter, so wie seiner beyden anderen Kinder verwendet. Besonders war in ihr durch seine Erzählungen von Heldenthaten, welche die Frauen Spaniens und Tirols in der neuesten Zeit vollbrachten, ein wahrer Heldengeist erweckt worden.

Daher verkaufte sie in dem verhängnißvollen Jahre 1813 ihre besten Habseligkeiten, schaffte sich dafür eine männliche Kleidung nebst Büchse, Hirschfänger und Tschako an, und trat unter die Jäger des ersten Battaillons der Lützowischen Freyschaar, indem sie sich selbst den Namen August Renz beylegte. Bald darauf schrieb sie an ihren Bruder mit der Bitte, sie wegen ihres Schrittes den sie ohne Vorwissen der Ihrigen gethan hatte, bey ihrem Vater zu entschuldigen, wobey sie das heilige Versprechen gab, niemals der Tugend untreu zu werden.

Neben ihren übrigen edeln Eigenschaften, zeichnete sie sich durch hohe Tapferkeit aus, aber schon nach wenigen Monaten ward ihr Leben ein Opfer des Krieges.

Den 16. September 1813 wurde unter Wallmodens Anführung das blutige Treffen an der Görde, einem Walde ohnweit Dannenberg im Hanövrischen geliefert. Hier mußte eine Anhöhe erstürmt werden, welche mit französischen Batterien geschützt war. Die deutsche Heldin rückte gleich ihren Waffengenossen muthig gegen den gefährlichen Hügel. Bald wurde sie durch einen Schuß leicht verwundet, aber sie wich nicht zurück. Immer weiter vorwärts dringend wurde ihr in dem Augenblicke, als sie einem schwer verwundeten Jäger zu Hülfe eilen wollte, durch eine zweyte Kugel das Bein zerschmettert, so daß sie neben ihm ohnmächtig niedersank.

Hülflos lag sie eine zeitlang in ihrem eigenen Blute, während der Verwundete neben ihr verschied. Einem Offizier, den sie zuerst erblickte, entdeckte sie das Geheimniß ihres Geschlechts, und wurde hierauf nach Dannenberg zurückgetragen. Noch lebte sie einige Tage, unter den heftigsten Schmerzen, trug aber mit der standhaftesten Geduld ihr Schicksal bis zu dem Augenblicke ihres Todes. Die Verzögerung des Verbandes hatte den Brand verursacht. -- Doch wurde ihr noch der Trost gewährt, daß jener blutige Tag, der das Leben so vieler Tapfern kostete, mit der völligen Niederlage des französischen Corps unter Pecheux sich geendigt hatte, und ihr und ihrer Waffengefährten Blut furchtbar gerächt worden war.

Diese Siegesbotschaft war die tröstlichste Nachricht für die sterbende Heldin, welcher das Wohl ihres Vaterlands so sehr am Herzen lag, daß sie noch in der letzten Stunde ihres Lebens ihre Wünsche für Deutschlands Sieg äußerte.

Merkwürdig ist es, daß sie schon am Abend vor dem blutigen Treffen ein gefühlvolles Schreiben aufgesetzt hatte, worinn sie von den Ihrigen aufs rührendste Abschied nahm, und also damals schon von der Ahndung ihres nahen Todes ergriffen war.


Quellen.[]

  1. Denkwürdige Neuigkeiten jüngstvergangener und gegenwärtiger Zeit. Von ***r. Halberstadt, Büreau für Literatur und Kunst. 1814.
  2. Züge teutschen Muthes und Hochsinns nebst einigen Gedichten verschiedenen Inhalts. Gesammelt und zur Ausführung eines wohlthätigen Zweckes herausgegeben von C. V. Sommerlatt. Zweiter Theil. Basel, 1821. gedruckt in der Schweighauserschen Buchdruckerey.