Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Bericht eines Augenzeugen und Ritters, von der Französischen Einnahme der Insel Malta.[]

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Die Franzosen wußten, durch geheime, ihnen nur eigne, Mittel, selbst die Unmöglichkeit zu überwinden und -- die Felseninsel Malta fiel ohne alle Mühe in ihre Gewalt. Wir theilen hier, als ein wichtiges Actenstück, folgende Bericht eines achtzigjährigen Greises, des Bailli von Tignié, Großkreuz des Malteserordens, an den Bailli L. über die Uebergabe dieser Insel mit; ein Zeugniß, dem das hohe Alter, der unbescholtene tadellose Ruf, der Charakter und der Stand seines Urhebers das Gepräge der höchsten Glaubwürdigkeit geben. Dieser Brief wurde zu Malta gleich nach der Abreise des Generals Buonaparte geschrieben. Er enthält sehr intereßante Details über eines der denkwürdigsten Ereigniße dieses Jahrhunderts, woraus wir, mit Weglaßung aller persönlichen Beschuldigungen von Nachlässigkeit oder Verrätherey, die der Verfaßer gewißen Individuen macht, nur in historischen und militairischen Beziehungen einen Auszug geben wollen.

Herr von Tignié findet in der schwachen und wankenden Regierung des verstorbnen Großmeisters von Rohan die erste Ursache des Sturzes des Malteserordens: "Er hatte, sagt er, die jede Regierung zerstörenden Grundsätze fortpflanzen laßen. Wir sind durch die Mitglieder des Ordens verrathen worden, denen die Aufsicht über die Finanzen, die Befestigungswerke und die Artillerie übertragen war: die reichen Bewohner von Malta, Adliche und Kaufleute, haben die größte Undankbarkeit bewiesen, sie haben die Ritter ermorden laßen, indem sie das Gerücht ausstreuten, daß diese Ritter sie den Franzosen überlieferten.

Im Januarmonate 1798 schickte das Directorium einen gewißen Poußielne nach Malta. Er nahm bey einem Verwandten seines Namens, einem reichen Bankier, und Capitain des Hafens, seine Wohnung. Caruson, der Französischen Consul, erhielt den Befehl, die Liste der Malteser, die eine Veränderung wollten, zu entwerfen. Der Rußische Minister, Ritter O'Hara, wurde davon unterrichtet, so wie auch die Regierung. . . . Im Anfange des März erschien der Admiral Brueys, der mit einer Escadre von 12 Kriegsschiffen von Corfu kam, vor Malta, deßen Küsten er kennen lernen wollte: er schickte ein Schif in den Hafen, welches Ausbeßerungen bedurfte, und dem der Orden alle mögliche Hülfsleistungen gewährte. Die Französische Escadre recognoscirte 8 Tage lang alle Puncte der Insel, wo man eine Landung machen konnte. Die Agenten der Franzosen ließen das Gerücht verbreiten, daß die Ritter, welche die Posten längs des Meers commandirten, sie verrathen würden; welches Glauben erhielt, und den Maltesern das Zutrauen in die Ritter benahm. Der Spanische Chargé d'Affaires Amat und die Spanischen Ritter nahmen die kleinen Sicherheitsmaaßregeln, die man ergriffen hatte, übel auf. Dieß zeigte den Maltesern eine Spaltung unter den Rittern. Der Französische Consul Caruson gab dem Admiral Brueys zu erkennen, daß sich eine große Anzahl von Maltesern mit den Franzosen vereinigen würde, sobald sie Malta angriffen. . . . Auf die Nachricht, die man von der zu Toulon gemachten Ausrüstung erhielt, und nach den Briefen, welche ankündigten, daß sie auf Malta abzwecke, wollte der Bailli de la Tour Dupin, daß man sich in Vertheidigungsstand setzte, sich verschanzte und palisadirte, daß man die Gewehre, die Lavetten xc. in Stand brächte, aber er konnte nichts bewerkstelligen.

Am 6ten Junius erschien ein, aus 70 Transportschiffen und einigen Fregatten bestehender, Theil der Französischen Convoy vor Malta, welche den Rest der von Buonaparte commandirten Armee erwarteten. Die Unruhe nahm unter den Malteser Rittern zu, welche die Insel vertheidigen wollten. Der Seneschall, welches der Prinz Camill von Rohan war, bekam den Oberbefehl der Milizen; unter sein Commando setzte man den Bailli Tomasi, einen verdienstvollen Mann, der aber niemals anders als zur See gedient hatte, und den Bailli de Clugny, der ebenfalls ein tapfrer Mann aber schon ein 72jähriger Greis war. Mit solchen Anführern wollte man die jungen und unternehmenden Französischen Generale bekämpfen. -- Am 9ten Junius kam der Rest der Französischen Armee und Flotte unter dem Oberbefehle des berühmten Buonaparte an, welcher um 4 Uhr Nachmittags durch den Consul Caruson mündlich die Forderung machen ließ, daß man die Französische Armade in dem Hafen von Malta aufnähme. Sie bestand aus 18 Linienschiffen, 90 andern Kriegsfahrzeugen, Corvetten, Fregatten, Kanonierschaluppen oder Bombardiergalliotten, und 300 Transportschiffen, worauf 50,000 Mann der besten französischen Truppen eingeschift waren. Diese unermeßliche Flotte dehnte sich von Gozzo bis Marsa-Scirocco aus, und bedrohte zugleich alle angreifbare Puncte. Der Großmeister versammelte das Conseil, welches durch ein Schreiben antwortete, worin man Buonaparte ersuchte, seine Fordrung schriftlich aufzusetzen, indem man ihm die Bemerkung machte, daß die Gesetze des Ordens, und Regeln der Neutralität, es nicht gestatteten, mehr als 4 Schiffe auf einmal aufzunehmen, daß die Sicherheit des Hafens es auch erheischte; das Conseil fügte endlich noch hinzu, daß der Orden stets im Frieden mit Frankreich gewesen wäre, welches nicht aufgehört habe ihn seiner Freundschaft zu versichern. Dieses Schreiben wurde dem Consul Caruson übergeben, der es dem General Buonaparte am Bord des Schiffes l'Orient brachte. Er überreicht ihm auch die Liste der Malteser, welche versprochen hatten, sich mit den Französen zu verbinden. . . . Die Zahl dieser Malteser war 4000: sie erboten sich auf die erste Bombe, die Buonaparte auf die Stadt würde werfen laßen, die Ritter niederzumachen. Als man zu Malta gegen 7 Uhr des Abends sah, daß Buonaparte den Consul Caruson nicht zurückschickte, bereitete man sich dann zur Vertheidigung: man glaubte mit Recht, daß man am folgenden Tage angegriffen werden würde. Man befahl den Milizen die Waffen zu ergreifen, man ließ Palisaden und Verschanzungen aufwerfen, und die Pulvervorräthe von Cottonera in die Stadt bringen; eine Sache, die in ruhigen Zeiten wenigstens 8 Tage erfordert haben würde. Es waren mehr als 10,000 Tonnen Pulver über eine halbe Stunde Weit zu transportiren, wobey man den Weg durch den Hafen nehmen mußte. Der Bailli de la Tour-Dupin nahm 16 Ritter mit sich, die 200 Lastträger zusammenbrachten: und am folgenden Tage Sonntags, um 4 Uhr des Morgens, fiengen sie diese gefahrvolle Operation an.

Alle Vertheidigungsanstalten geschahen während der Nacht. Kaum hatte man 7000 Mann, um alle Puncte und die siegen Stunden lange Küste zu beschützen. Zu den wenigen regulairen Truppen kamen nicht mehr als 3000 Mann sehr schlechter Milizen, die gleich am folgenden Morgen zerstreut wurden; die gesammte Anzahl aller Truppen belief sich nur auf 6900 Mann. Aber Sonntags den 10ten Junius, landete Buonaparte um 4 Uhr des Morgens an sieben verschiednen Orten. Er fand keine Schwierigkeit; der Comthur de B. . . . hatte keine Fladdermine laden laßen; sie waren also unnütz, so wie man auch die Forts mit keinen Lebensmitteln versehen hatte, und die Malteser wollten sich nicht darin einschließen, um sie zu vertheidigen. –

B. . . hatte unter die Soldaten nur fünf oder sechs Patronen auf jeden Mann vertheilen laßen, in welchen fast kein Pulver war: die Lavetten der Kanonen waren so verfault, daß der größte Theil derselben zerbrach, als man sie abfeuerte. Es fehlte selbst an Setzkolben, um die Kanonen zu laden. Die Muthlosigkeit verbreitete sich unter den dem Orden ergebnen Maltesern: die Verschwornen benutzten dieß, um ihnen zu sagen, daß alle Ritter sie verriethen, wodurch die Unordnung noch vergrößert wurde. . . . Außerdem flohen die Malteser wie Haasen; hundert Franzosen, die zu St. Julien gelandet waren, jagten das Milizregiment von Birkarkera, welches 1200 Mann stark war, in die Flucht. Der Bailli Tomasi wollte die Verschanzung von Nasciar gegen die zu Melleha und St. Paul gelandeten Franzosen vertheidigen, aber er wurde durch ein andres Corps Franzosen, welches zu St. George und St. Julien gelandet war, tournirt. Er wurde von seinen Milizen verlaßen, und konnte sich nur mit genauer Noth in die Stadt zurückziehen. Der Französische General Vaubois marschirte sogleich auf Cività vechià los; diese Stadt, die weder Truppen, noch Kanonen, noch Lebensmittel, noch einen Commandanten hatte, öfnete ihm um 9 Uhr des Morgens die Thore, und um 10 Uhr war das ganze flache Land, nebst alle Thürmen und Befestigungswerken, außer denen von Marsa Scirocco, in der Gewalt der Franzosen. –

Der größte Theil der in diesen verschiednen Posten befindlichen Ritter wurde zu Gefangnen gemacht. Man führte sie zu Buonaparte, welcher ihnen sagte: "Wie konnten Sie glauben, daß es ihnen möglich wäre, sich mit elenden Bauern gegen die Truppen zu vertheidigen, die Europa besiegt und unterjocht haben"! -- Die Malteser maßacrirten mehrere Ritter, die Herren de Vallu, de Montazet, de l'Ormi und d'Andelarre, welche das Stadtthor bewachten; sie verwundeten mehrere andre. -- Um 11 Uhr des Morgens ließ man eine Galeere, eine Kanonierschaluppe, und zwey Galliotten aus dem Hafen auslaufen, um die Landung, welche die Franzosen zu St. Julien machten, zu beunruhigen. Man gab ihnen 20 Kanonenschüße; als sie diese abgefeuert hatten, kehrten sie wieder in den Hafen zurück. Man machte auch von der Seite von la Pietà einen Ausfall: aber die Truppen hielten nicht einen Augenblick gegen die Französischen Scharfschützen Stand. Sie flüchteten sich in die Befestigungswerke von la Floriana, die ihnen keinen Schutz gewähren konnten, da sie keine Kanonen hatten. Um Mittag blieben nicht mehr als 4000 Mann im Dienste, die größtentheils übelgesinnt waren. Mit diesen mußte man die Stadt, die Forts Mansel, Tignié, Ricazoli, San Angelo, La Cottonera, Bruig und die Insel Senglea vertheidigen. Hätte man sich gut vertheidigen wollen, so hätte man alle die Forts, die von einander entfernt, und selbst durch das Meer getrennt sind, verlaßen, die 4000 Mann in der sehr stark befestigten Stadt versammeln, und alle diejenigen von den Einwohnern, welche man in Verdacht hatte, darauf verjagen müßen. Auf diese Art würde man sich zwey Monate lang haben halten, und Hülfe erwarten können.

Die Stadt Valetta wurde von Flüchtlingen, von Weibern oder Kindern der Bauern angefüllt. Den übrigen Theil des Tages hindurch schoß man von den Forts die im Stande befindlichen Kanonen ab, welches Lärm machte, den Franzosen aber wenig Schaden zufügte. Gegen 9 Uhr des Abends, als die Thore geschloßen waren, ergrif den Bailli de S. T. . . ein panisches Schrecken, welcher seinen Posten auf der Insel Senglea verließ. Er flüchtete sich mit seinen Officieren von den Schiffen in die Stadt, und mußte lange Zeit vor dem Thore bleiben. -- In der Stadt herrschte eine so große Verwirrung, daß sich die Patrouillen selbst einander erschoßen; es war unaufhörlich falscher Lärm.

Um Mitternacht begab sich das Tribunal della Rota, in Begleitung der Barone und vorzüglichsten Einwohner, in den Pallast: sie sagten dem Großmeister, daß man capituliren müße. Er ließ auf ihr Verlangen das Conseil zusammenkommen. Man beschloß darin die Absendung des Bailli de Saousa, und des Holländischen Consuls Formosa, an Buonaparte, und die Abschließung eines Waffenstillstands, um über die Capitulation zu unterhandeln. -- Zu diesem Conseil wurden die Baillis Gorgao, Latour-Dupin, St. Quentin, Bellemont, du Tillet, Clugny und Tignié nicht berufen. Man kannte den Muth dieser Großkreuze, die sich einer so schimpflichen und erniedrigenden Uebergabe widersezt haben würden. Montags, den 11ten Junius, erhielt man um 5 Uhr des Morgens, in allen Forts den Befehl, nicht mehr zu schießen. -- Der Ritter Dupin vertheidigte sich zu Marsa-Scirocco bis um 5 Uhr des Morgens; aber da er keine Lebensmittel hatte, gieng er eine ehrenvolle Capitulation ein. Er kehrte mit seiner Besatzung in die Stadt zurück, und erfuhr daselbst mit dem größten Erstaunen, daß sich dieselbe ergäbe. Buonaparte ließ keine Bombe auf die Stadt werfen, noch Kanonen gegen sie abfeuern, weil die verschwornen Malteser übereingekommen waren, auf dieses Signal die Ritter zu massacriren, und Buonaparte sich solcher Verbrechen nicht theilhaftig machen wollte. Er antwortete dem Bailli de Saousa und dem Holländischen Consul, daß er Dienstag, den 12ten Junius, in die Stadt einziehen; daß er während dieses Zwischenraums, mit der Vermittlung des Spanischen Chargé d'Affaires Amat, die Art bestimmen würde, wie er den Orden behandeln wollte. –

So wurde der feste Platz Malta überwältigt; 30,000 Gewehre, 12000 Tonnen Pulver, Lebensmittel für sechs Monate, zwey Linienschiffe, eine Fregatte, drey Galeren und andre kleinere Kriegsfahrzeuge, 3 Millionen Livres in Gold und Silber, welche in der Sacristey von St. Jean waren, sind die Beute der Franzosen geworden. -- Bos-redon de Ransijeat, Ordens-Schatzmeister, der Spanische Chargé d'Affaires, und einige Malteser waren es, die die Arrangements für den Orden geschloßen und unterzeichnet haben. -- Dienstag, den 12ten Junius, schickte Buonaparte vor seinem Einzug in die Stadt einen gewißen Picaut, mit dem Befehle an den Rußischen Minister, O'Hara, in drey Stunden von Malta abzureisen; eine Verfügung, welche auch die Rußischen Ritter betraf. S. P. . . erhielt die Erlaubniß beym Großmeister zu bleiben. -- Dieser verließ Sonntag, den 17ten Junius die Insel. -- Bos-redon Ransijeat wurde Präsident der Municipalität; T. . . welcher Director des Ingenieurswesen war, wurde zum Brigadechef gemacht; er folgte Buonaparte. -- Buonaparte erklärte, daß er diejenigen Ritter, die mit ihm gehen wollten, anstellen würde: acht und vierzig sind unter seinen Fahnen abgegangen. Ich muß sagen, daß drey Viertheile derselben junge Leute und sehr gute Subjecte sind, die einsahen, daß sie nirgends aufgenommen werden würden. -- Am 19ten Junius segelte die Französische Landungsflotte zu der beabsichtigten großen Expedition ab. -- Es ist nothwendig, so schließt der Verfaßer unter den lebhaftesten Aeußerungen seines Kummers, seinen Bericht, es ist nothwendig, daß dieß Schreiben bekannt werde." –

Es ist noch ein andrer Bericht von einem andern Ritter und Commandeur, über die Einnahme von Malta erschienen, welcher noch viel stärker abgefaßt ist, und worinnen mehrere Personen namentlich beschuldigt werden, vornemlich der, auch im obigen Berichte erwähnte, Ordens-Schatzmeister, oder Finanz-Minister, Bos-redon de Ransijeat. -- Aber die vorstehende Erzehlung kann zur allgemeinen Geschichte hinreichend seyn.


Neopolem



Einnahme und Revolution von Malta.[]

[2]
Kurze historische Darstellung von der Einnahme und Revolution von Malta durch die Franzosen im Jahr 1798.

(Folgendes Tagebuch ist aus der noch zur Zeit handschriftlichen Geschichts-Erzählung eines der Hauptglieder des Ordens gezogen. Wenn darin vorkommenden Namen der Personen nicht genau bezeichnet sind, so bittet man es dem Manuscript beyzumessen, das zum Theil unleserlich geschrieben war, welches bey Druckschriften in Betref der Namen nur zu oft übersehen wird. d. H.)

Es war am 6ten Junii (1798) gegen Mittag, als man hier die große französische Flotte entdeckte; einige Stunden nachher zwey griechische Handelsschiffe, welche von der Levante zu kommen schienen; sie liefen in den Hafen ein, wandten vor, mit Getrayde beladen zu seyn, und aus dem Archipel zu kommen, und wurden nach dem Herkommen der Quarantaine unterworfen.

Den 7ten Juny.

Die erste Abtheilung hatte sich schon vor dem Hafen ausgebreitet; ihr Befehlshaber Eidons, unterrichtet, daß einige Batterien an dem Ufer verstärkt worden, schrieb an den französischen Consul Caruson, einen Malteser, und beauftragte ihm der Regierung seine Bewunderung darüber zu bezeugen, daß man der Flotte Absichten zutraue, welche das gute Vernehmen zwischen Frankreich und dem Orden verläugneten. Die Regierung nahm nun keinen Anstand, mehrere kleinere beschädigte Fahrzeuge in den Hafen zu lassen. Sie begrüßten die Wache, und machten eine Menge Freundschafts-Erklärungen; man erleichterte ihre Ausbesserung und versahe sie mit Erfrischungen. Der nämliche Eidons, und andere Officiers lobten die bisherige Neutralität des Ordens und gaben Versicherungen ihrer gegenseitigen Freundschaft, wodurch sie wirklich einen Theil der Einwohner glauben machten, daß die Franzosen keine feindselige Absichten hätten.

Allein der Großmeister ließ die Miliz versammlen, und die Reserven in die verschiedene Festungswerke marschieren, und in der nämlichen Zeit durch mehrere Barken das Schiff und die Fregatte des Ordens aufsuchen, welche gekreuzt, und eine tunesische Chebecke genommen hatten. Die Schiffe wurden gefunden, und passirten durch die Mitte der französischen Flotte, welche sie nicht anhielt.

Die Rückkehr der Schiffe gab der Stadt eine Menge Kanonier wieder, welche fehlten, und erleichterte die Besatzung der Werke so weit es die kleine Garnison verstattete.

Da man sahe, daß die erste Abtheilung der Flotte nur um den Hafen kreuzte, glaubte man, aller Freundschaftsversicherungen ungeachtet, auf seiner Huth seyn zu müssen, die Regierung freute sich, den Gemeingeist und das allgemeine Einverständniß zur Vertheidigung sowohl bey den Rittern, als dem Volk wahrzunehmen.

Der Adel, die Dienerschaft, und reiche Bürger wurden zur Vertheidigung nicht gebraucht, sie hatten also Gelegenheit, ihre Absichten zu verbergen. So verliefen die ersten zwey Tage. Die Vorbereitungen zur Vertheidigung geschahen mit so vieler Ordnung und Ruhe, als nur von Kriegsvölkern erwartet werden konnte, welche meistens aus geübter Miliz bestanden.

Den 8ten:

Den dritten Tag fand sich bey dem Großmeister der französische Consul ein, und verlangte von Seiten des Generals Buonaparte die Einlassung der ganzen Flotte in den Hafen, und die Versicherung alles Bedürfende zu erhalten. Sie wurde nach den Gesetzen nur vier Schiffen auf einmahl, die Bedürfnissen aber durchaus verstattet, jedoch der Wunsch geäußert, so bald zu erfahren. Mit dieser Antwort ging der Consul ab, und kam nicht mehr wieder.

Den 9ten:

Mit Tagesanbruch bewaffneten die Franzosen ihre Böte, besetzten sie mit Truppen, richteten sie nach dem Ort der Landung, und sandten in der nämlichen Zeit einen Officier mit einem Brief des Consuls an den Großmeister folgenden Innhalts:

"Eminenz!

"Auf das Admiralsschiff berufen, und die Antwort Ewr. Eminenz auf meinen Antrag zu überbringen, fand ich den General aufgebracht, daß Sie durch vier Schiffen auf einmahl erlauben wollten, Wasser zu nehmen; und in der That, wie viele Zeit würde es nicht erfordern, 5 bis 600 Schiffe auf diese Weise damit zu versehen, und andere Bedürfnisse anzuschaffen. Die Weigerung überraschte den General um so mehr, als ihm der den Engländern gewährte Vorzug, und die von ihrem Vorfahren entlassene Verkündigungen nicht unbekannt sind. Der General ist entschlossen, mit Gewalt zu nehmen, was man ihm nach den Grundsätzen der Gastfreyheit versagt, welche die Grundlage Ihres Ordens ist. Ich habe die seinen Befehlen vertraute Macht gesehen, und halte allen Widerstand unmöglich. Es wäre zu wünschen, Ewr. Eminenz mögten bey so gebieterischen Umständen aus Liebe für den Orden, für seine Ritter und für die ganze Einwohnerschaft, ein Mittel der Ausgleichung vorschlagen. Der General wollte nicht, daß ich in eine Stadt zurückkehre, welche er feindselig behandeln mußte, und welche keine Hoffnung mehr hat, als in der Redlichkeit des Generals Buonaparte. Er befahl strenge, daß Religion, Sitten und Eigenthum der Einwohner genau geschützt werden sollen."

Caruson.

Die Soldaten landeten. Ein kleiner Wachtthurm *) von welchem man wenig Schutz erwartete, wurde von 8 Soldaten verlassen, nachdem sie eine Menge Canonenschisse gethan hatten. Die französischen Bataillons verbreiteten sich schnell auf der Insel; einige Milizen auf den Dörfern vertheidigten sich, andere flohen davon. Die Franzosen bekennen immittelst, mehr verlohren zu haben, als sie erwarteten; sie rächten sich durch unbarmherzige Plünderungen der Dörfer.

Da man nicht erwartet hatte, noch in Ermanglung geübter Truppen beabsichten konnten, das offene Land zu vertheidigen, begnügte man sich, auf Vertheidigung des Hauptplatzes sich zu einzuschränken. Unglücklicher weise aber warfen sich die flüchtigen Landleute mit Weibern und Kindern in die Stadt, und verursachten durch ihre Menge, und natürliche Dummheit in der Folge so viel Unordnung als Unglück.

Da man sich bloß auf Vertheidigung der Festung einschränkte, hofte man zwar nicht für immer einen Platz behaupten zu können, welcher mit Truppen und den nöthigen Hülfsmitteln, unüberwindlich ist, man war aber doch in der Meinung, wenigstens 4 bis 5 Monat sich vertheidigen zu können, das heißt bis der Herbst einen Windstoß würde herbeygeführt haben, welcher die Flotte verjagt hätte. Dies wäre der Ausgang der Sache gewesen, wenn nicht die Stadt so viele Hindernisse gemacht hätte. Man that immittelst auch von der Seite des Hafens, was die Umstände erlaubten, Eine Galeere, zwey Küstenbewahrende Galiotten, und eine Menge Raubschiffe beschossen die Landungschalouppen lebhaft. Man konnte nicht mehrere auslaufen lassen, weil die Canoniere und Botsleute auf den verschiedenen Werken vertheilt waren.

Dieses durch das Feuer der Schanzen St. Emanuel und Figny unterstützte Auslaufen aus dem Hafen geschah nicht in dem günstigen Augenblick, wo es die Landung hätte verhindern können; aber es fügte doch den Schiffen Schaden zu, die sich am meisten dem Lande näherten; selbst ein Chalouppe wurde durch einen kleinen Maltheser Corsaren in Grund gebohrt.

Den 10ten:

An diesem Morgen ertheilte das Kriegsgericht den regulirten 900 Mann der Garnison, den Befehl zu einem Ausfall gegen die sich nähernde französische Truppen. Da aber jene sich von der Miliz verlassen sahen, und wenig Fassung zeigten, auch von der kleinen Zahl kein sonderlicher Vortheil zu erwarten war, lies man sie zurückkehren und in die Werke vertheilen.

Die Franzosen fingen an die Stadt auf einen Canonenschuß weit einzuschließen. Einige ihrer Bataillons kamen bis an die Schanzen, um zu erforschen, ob man in Vertheidigungsstand sey, und einen Ueberfall zu versuchen; aber die Schanzen Emanuel und Figny schlugen diese Versuche besonders in der Nacht vom 10ten auf den 11ten lebhaft ab.

Die Feinde, die da einsahen, daß ihre Streiche nicht gelingen wollten, zogen sich bis auf einen Canonenschuß zurück, und erwarteten den Erfolg anderer Versuche, welche sie vorbereitet hatten.

Den 10ten:

Nachmittags nahm man wahr, daß Uebelgesinnte verschiedener Stände, welche unter dem Vorwand, bey Verwaltung der Lebensmittel Dienste zu leisten, Unordnungen veranlaßten, und die in die Werke und Schanzen gesandte Lebensmittel zurückkehren ließen.

Diese Anführer der Verschwornen, noch verlarvt, sorgten dafür, diese an die damit schon versehene Orte nicht gelangen, und der Landfestung Florian daran mangeln zu lassen, welche man in der Folge als das Hauptaugenmerk der Franzosen wahrnahm. Die Regierung eilte aber, mit neuen Transporten sie zu versehen, und stellte die Ordnung für den Augenblick her. Zur nämlichen Zeit lies sie die Beamten zur Ruhe und Pflicht ermahnen, auch stellte man einen derselben zu Rede.

Nun fingen die Verschwornen, bisher noch immer verlarvt, an, den Soldaten und Milizen auf Florian beyzubringen: ihre Befehlshaber, um sich ein Verdient bey den Feinden zu machen, hätten sich bereits ergeben. Diese höchst aufgebrachte Volk ergriff nun viele derselben mit Wuth an, und schleifte sie unter der grausamsten Behandlung gleichsam im Triumph durch die Straßen der Stadt; mehrere wurden auf den Tod verwundet, der Ritter Elentat, ein Officier von großen Verdiensten, wurde am unwürdigsten behandelt, und mußte mit sechs seiner Unglücksgefährten ins Hospital gebracht werden.

Die Regierung, unterrichtet von den Greueln, die man in der Stadt beging, sandte Patrouillen aus, um die Ordnung herzustellen; dadurch verminderte sie aber unglücklicherweise die Wache des Schlosses, man lies mehrere, vornämlich alle französische Befehlshaber ablösen, welche, obgleich die geschicktesten und treuesten (mit Ausschluß der Verschwornen) nicht mehr nützen konnten, seitdem man dem Pöbel Mißtrauen gegen alle Franzosen eingeflößt hatte. Während die Regierung das Unmögliche unternahm, um Ordnung zu erhalten, bemühten sich die Verschwornen, noch mehr bewaffnetes Landvolk zu versammlen, und in verschiedenen Haufen fechten zu lassen, um immer übel wegzukommen, und die Unordnung zu vermehren.

Diese Verwirrung brach in dem Augenblick aus, als man beschäftigt war, den Schanzen Munition zuzuführen, welche sie wegen des vielen Verbrauchs bedurften. Die Zufuhren wurden aber aufgefangen, welches um so leichter war, als der Oberste der Artillerie, Commandeur Bardonauche, von den Verschwornen gewonnen war, wie man in der Folge vernahm.

Taussard, seit langer Zeit Oberst der Kriegsbaukunst, hatte die Gewandheit, sich nicht eher zu erkennen zu geben, als bis die Revolution gemacht war. Er trug unmerklich zu den Mißverständnissen bey, und zu Vereitlung der Früchte, welche man aus den guten Gesinnungen der Ritter und des Volks hätte ziehen können. Er war sicher ein Haupt der Verschwörung, auch folgte er der französischen Flotte als ein Ingenieurofficier vom ersten Range.

Den 11ten:

Indeß vermehrten sich die Zusammenlaufe des Pöbels bey Tage. Die einen forderten Brod, die andern Bestrafung der Verräther, und zeigten die besten und treuesten Befehlshaber an. Andere waren von den Festungswerken abgeschickt, um sich zu beklagen, daß sie keine Lebensmittel erhalten hätten, welche ihnen gleichwohl zugeschickt wurden; ein jeder sich beklagende Haufen war desto empfänglicher gegen die Einflisterungen der Abgeordneten der Verschwornen; sie sagten: der Zustand der Vergessenheit, in welcher man sie lasse, sey eine Folge des Verraths ihrer Oberen.

Da die beyden vorbesagten Schiffe diese Zusammenrottungen wahrnahmen, glaubten sie, dies sey schon der Augenblick des Aufruhrs: sie landeten griechische Soldaten, welche sie verborgen hatten, und griffen das Volk an; aber eine in diesem Augenblick vorübergezogene Patroulle feuerte auf sie, unterstützt von dem Pöbel; zwanzig wurden getödtet, eine Menge verwundet, und nur mit Mühe die übrigen der Volkswuth entrissen, und in die Kerker gebracht.

Dies war eins der Mittel, dessen die Franzosen sich bedienten, den Aufruhr zu unterstützen. Es sollte also durch Blut erweckt werden. Man fand in der Folge in den Schiffen alle Gattungen Waffen und Munition, welche hingereicht hätten, einen großen Volks-Haufen damit zu versehen.

Die Regierung sahe, daß man versuche, ihr einen innern Krieg zu bereiten; sie ergriff daher mancherley Maasregeln, ihm zuvorzukommen. Man hatte schon den Commandeur Bausirad wegen einiger schlimmen Vorschläge in Verwahr genommen. Es wurde nun jedem vom Volk 10 Piaster versprochen, der einen Ausfall gegen die Franzosen machen wollte; man hofte, dadurch das Volk zu beschäftigen, dessen Unthätigkeit und Irrthümer die Unternehmungen der Verschwornen zu begünstigen dienten; diese Ausfälle nutzten aber nichts mehr, da das Volk im Allgemeinen den Rittern nicht mehr traute, und nicht gehorchte; es kehrte daher nach leichten Scharmützeln in die Stadt zurück. Bey dem Rückzug veranlaßte der erhitzte Haufen neuen Lerm; die dagegen ausgesandte Patroullen stießen nicht allein auf allen Seiten auf die Miliz, sondern fochten auch gegeneinander, in der Meinung, sie hätten Feinde des Staats vor sich.

Ein Haufe Bürger aus der Stadt von verschiedenen Classen benutzte den Augenblick des allgemeinen Lerms, sandte eine Deputation an den Großmeister, und verlangte lediglich, und ohne sich weiter zu erklären: Sicherheit des Lebens, und des Eigenthums. Er antwortete, er wüßte was er zu thun habe, und würde keinen Rath hören.

Vom 11ten auf den 12ten:

In der folgenden Nacht benutzten die Verschwornen die Dunkelheit, verschwendeten Geld und Mühe und wandten alles an, das Volk zu gewinnen, dessen Gesinnung sie schon verwirrt hatten. Bewaffnete Haufen liefen durch die Stadt, ohne daß man wissen konnte, wer sie abgeschickt habe und anführe. Flintenschüsse, die von allen Seiten fielen, meistens in die Luft gefeuert, erregten Lerm und Bestürzung; in jedem Augenblick und mit steter Volksvermehrung vermehrte man die allgemein herrschende Verwirrung.

Je mehr die Regierung Patroullen aussandte, desto mehr Haufen Volks erhoben sich gegen sie, und desto mehr wurden sie selbst irrig und verführt. Bey einer dieser Gelegenheiten wurde der Beamte Deneveu, Obrist der Jäger, seit 30 Jahren Abgott des Volks, durch einen Flintenschuß am Halse verwundet, welcher von einer Patroulle des Corps kam, welches er befehligte, während er mit Herstellung der Ordnung beschäftigt war.

Gegen das Ende dieser blutigen Nacht, deren Opfer selbst den Ordensgliedern noch wenig bekannt sind, erschien eine zweyte zahlreichere Deputation, und an deren Spitze die Häupter der Verschwörung. Die übrigen waren Adliche des Landes, Advocaten, Bürger, Kaufleute, und eine Menge Gerichtspersonen; sie erklärten mit den drohendsten Ausdrücken, sie wollten ihre Sicherheit von der Willkühr des Ordens nicht abhängen lassen; sie hätten bereits die Vorsicht genommen, mittelst eigenhändiger Namensunterschriften bey dem holländischen Consul das Verlangen der Einwohner niederzulegen, sich durch eine Capitulation den Franzosen zu ergeben, und auch ihn beauftragt, dieß dem General Buonaparte mit oder ohne Genehmigung des Ordens zu eröfnen.

Der erste Entschluß der Regierung war diese Deputirten zu verhaften. Sie hatten aber die Vorsicht, nicht nur in großer Menge, sondern auch zu einer Zeit zu kommen, wo die Schloßwache, mit Ausschluß der Schildwachen, patroullirte. Die bewaffnete Wacht war überdieß in ihren Händen, indem sie seit zwey Tagen die in der Stadt versammlete Haufen Volks anführten.

Die in großer Verlegenheit befindliche Regierung suchte Zeit zu gewinnen, und hieß sie warten, bis man darüber würde berathschlagt haben.

Die neue Anstrengung des Großmeisters zu Herstellung der Ordnung in der Stadt, waren fruchtlos durch die grausamen Auftritte, welche diese Verräther zur Unterstützung ihres Begehrens vorbereiteten.

Sie hatten vollkommen den Pöbel dahin gebracht, zu glauben, ihre Obern hätten den Staat verkauft, und man handle, um ihn dem Feinde zu übergeben. Unmittelbar nach dieser Deputation sahe man sieben Ritter einen nach dem andern durch die Wüthenden ermorden. Die Ritter Dorein, d'Andelas, l'Ainé und Vallin waren unter ihnen, sämmtlich Obere und vielen Verdiensten.

Die treuesten Anhänger des Ordens aus den Landleuten kamen jeden Augenblick der Regierung anzuzeigen, daß diese Ermordungen nur erst anfiengen, und das man entschlossen sey, alle zu vertilgen, deren man habhaft werden könnte.

Die Regierung überzeugt, daß die bewafnete Macht verführt, und von den Verschwornen gewonnen sey, sah sich genöthigt, um wenigstens für den Augenblick das Blutbad zu stillen, dieser rebellischen Deputation zu gestatten, mit den Franzosen zu unterhandeln, wobey sie ihnen jedoch auflegte, einen Stillstand zu bedingen. Man hofte, dadurch Zeit zu gewinnen, und vielleicht noch ein Mittel zu finden, die ausgebrochene Revolution zu hemmen.

Man mußte bewilligen, daß der Commandeur Bausirat der gefänglichen Haft entlassen wurde, welcher nun mit der Deputation fortgieng. Zur Wiedervergeltung fügte die Regierung den Beamten Frisari hinzu, um Verzögerungen zu versuchen. Man ersuchte in der nämlichen Zeit den spanischen Minister um seine Vermittelung, welche auch mitgieng.

Während diese Deputation einen Waffenstillstand fordern sollte, versuchte die Regierung nochmals einige Ordnung in die Veranstaltung zu bringen; sie sah aber mit Verzweiflung, daß, obgleich auf einen Augenblick den Ermordungen Einhalt geschahe, die Lebensmittel und Munition auf eine solche Weise untergeschlagen waren, und zwar selbst durch die Kriegsleute, daß hierin keine Ordnung mehr möglich war. Einige Corps verliessen ihre Posten aus Mangel an Munition, und vermehrten mit den Haufen die Unordnungen. Die Truppen in der Stadt weigerten sich allgemeine, den Rittern zu gehorchen, von welchen sie glaubten verrathen zu seyn. Man erhielt nun plötzlich die Nachricht, daß die Besatzung in der Floriane, ein Fort, welches das Landthor der Stadt deckt, in vollem Aufstande wäre, so daß es nicht mehr möglich sey, einem Sturm zu widerstehen, welchen die Franzosen in jedem Augenblick unternehmen durften.

Eine Menge democratischer Schreyer von allen Classen, die wohl wußten, von Seiten der Kriegsmacht sich zu seyn, umringten den Pallast, und verlangten die Uebergabe der Festung. Sie unterhielten immer die Uneinigkeit des Volks, welches nur das Zeichen zur Erneuerung der Ermordungen erwartete. Ueberhaupt sahe man, daß hier kein Macht-Mittel mehr sey. Das einzige war Milde, um das Volk zurückzuhalten.

Während dessen man beschäftigt war, bewilligte die Deputation, dem General Buonaparte die Festung zu übergeben, welche schon die Verschwornen eingenommen hatten. Die Franzosen legten zahlreiche Capitulationspuncte vor, welche ihnen ihr Dünkel eingab, und die in der Folge, aber sehr verschieden gedruckt wurden. Die Wahrheit ist, daß die Franzosen um so mehr Gesetze vorschrieben, als im Grunde die Stadt sich auf Discretion bereits ergeben hatte, und man ihren Vorschriften nichts entgegen setzen konnte.

Den 12ten Juny.

An diesem Morgen fiengen die Franzosen an, in die Stadt, und in diejenigen Werke zu ziehen, welche von ihren Garnisonen verlassen waren. Man muß aber bemerken, daß die Franzosen die Stadt schon 24 Stunden besetzt hatten, als noch einige entlegene Schanzen, wie Marrafeirac, nicht von der Revolution der Stadt unterrichtet, annoch canonirten, und sich heftig vertheidigten; auch waren noch ein paar solcher Schanzen auf der Seite des Hafens, welche mit Munition gut versehen waren, und wohin die Verführer und ihre Emissarien nicht gelangt waren; die Besatzungen vertheidigten sich muthig und schlugen alle Aufforderungen zur Uebergabe ab, unwissend, wohin es mit der Revolution in der Stadt gekommen war.

Die Insel Goze, wo nur ein Ordenscommandeur als Befehlshaber des Volks war, der nicht verführt wurde, weil es dort an Adelichen, Reichen und Gerichtsleuten fehlte, schlug sogar zweymal die Landung der Franzosen zurück.

Diese hatten kein anderes Verdienst bey dem ganzen Vorfall, als daß sie durch eine Armee von aussen die innere Revolution unterstützten; dennoch handelten sie als stolze, und rachsüchtige Sieger.

Man muß bemerken, daß vieles in verschiedenen Ländern im Druck erschienen ist, worin die Rede war: vom zugesagten Rückzuge der Franzosen in ihr Land, von großen Entschädigungen an Geld, Gehalten und unzählichen andern Dingen. Durch die vorliegende Erzählung wird man aber einsehen, daß dieß entweder durch die Franzosen spottweis geschehen, oder von Uebelgesinnten erfunden worden sey.

Gleich beym Einrücken der Franzosen wurde eine große Anzahl Kramladen geplündert; die Beraubung der reichen Johanniskirche und des Ordensschatzes folgte bald darauf. Man riß sogleich alle Wappen des Ordens und der verschiedenen Mächte hinweg, deren ritterliche Unterthanen hier Paläste hatten. Schiffe, Gewehr und alle Rüstungen der Zeughäuser wurden weggenommen.

Vier Tage hernach reiste der Großmeister ab. Er verlangte verschiedene Heiligthümer mitzunehmen, die ihm auch, aber beraubt von ihren kostbaren Zierraten, zugestellt wurden; unter andern war dabey die Hand des Heiligen Johannes, Mumienähnlich, aber mit einem goldenen mit Edelsteinen reichlich besetz besetzten Arm. Mehrere alte Ordensritter, die das Conseil des Großmeisters bildeten, begleiteten ihn.

Was sich ferner ereignete, die Handelsweise der Franzosen gegen verschiedene Nationen, und gegen das Volk von Malta dürfte sehr interessant seyn, wenn man einmal die Thatsachen dazu gesammlet haben wird. Die Zeit wird lehren, daß man die Revolution allhier nur schwach geschildert hat.

Viele Ritter, von welchen man keine weitere Nachricht zeither erhalten hat, lassen befürchten, daß mehrere Schlachtopfer gefallen seyen als man wahrnahm. Eine umständliche Bearbeitete Geschichts-Erzählung, die man allen mittheilen wird, die Theil an dem Schicksal des Ordens nehmen, wird die Wißbegierde eines jeden befriedigen.

Nachtrag.

Die Häupter der Vrrschwörung waren. Unter den Ordensrittern:

1) Der Commandeur Rausijat, Secretair des Schatzes.

2) Der Ritter de Fay, Commissarius der Brunnen.

3) Der Commandeur Toussard, Ingenieur, Zeughauswärter.

4) Der Commandeur Bardonanche, Chef der Artillerie.

5) Der Chevalier de St. Simon.

6) Der Chevalier de Picot. Dieser verließ Malta seit kurzem eingeschift mit Buonaparte. Er leitete die Landung.

5) Doublet, Unter-Secretär des Großmeisters, mit einigen seiner Subalternen.

8) Der französische Consul, Caruson, ein geborner Malteser, mit seiner Gesellschaft.

9) Die Klostergeistlichen Beaufort, Sandillan, Feydon und Trein.

10) Breuvard, ein geistlicher Commandeur.

Einige Spanier vom ersten Range waren sehr verdächtig.

Unter den Maltesern:

a) Coussielque, mit seiner ganzen Familie.

b) Schembri, Advocat.

c) Bonnant, Magistrats-Person.

d) Guido, Raths-Secretair.

e) Gavino Bonavita, Notarius.

f) Caravanna, Secretair des Bischofs.

g) Planes, Ein Bürger.

h) Die Familie Segauds eines Kaufmanns.

i) Jauhet, Baumeister.

k) Ein Haufen Advocaten, an deren Sitze Muscat.

l) Die Famielie Torregiani.

m) Fast alle Malteser Baronen, unter welchen Dorer die erst Rolle spielte.


Botschaft des fränkischen VollziehungsDirectoriums vom 1. Jul. 1798.[]

[3]
An den gesezgebenden Körper, Buonaparte's Eroberung von Malta betreffend.

"Seit langer Zeit hatte die Regierung von Malta es gewagt, feindselige Gesinnungen gegen Frankreich zu äussern. Sie hatte die kühnste Gunst den Ausgewanderten bewilliget, welche von ihr, so wie die Ritter von der Condeischen Armee in ihre Insel aufgenommen wurden. Ihre Constitution machte ihr die strengste Neutralität zum Gesez: und während sie für deren Beobachtung sich öffentlich erklärte, gab sie den Spaniern, welche damalen im Kriege mit uns waren, die Erlaubniß, Matrosen in Malta zu werben.

"Eben diese Erlaubniß, Matrosen zu werben, hat sie inzwischen auch stets den Engländern bewilligt: und da Frankreich ein Gleiches mehrmalen verlangte, wurde es auf eine beleidigende Art abgewiesen. Wenn Malteser, oder Franken, die in Malta wohnten, sich der Sache Frankreichs geneigt bezeugten, so wurden sie verfolgt, in Gefängnisse geworfen, und als elende Verbrecher behandelt. Es schien, der Haß eines so kleinen Staats gegen die fränkische Republik könnte nicht weiter gehen. Und gleichwohl sah man, wie der GrosMeister in einem Manifest vom 10 Oct. 1793 erklärte, daß er, -- da ihm der König von Neapel kund machte, er sey mit Frankreich im Kriege begriffen, -- mit Eifer diese Gelegenheit ergriffen habe, um die Häfen von Malta für alle fränkische Fahrzeuge zu schliessen. Ja er that noch mehr: er erklärte in diesem Manifest, daß der fränkische Agent, welcher sich damals auf Malta befand, nicht anders denn als GeschäftsTräger des Königs von Frankreich angesehen werden sollte. Endlich sezte er hinzu, da er erfahren, daß ein neuer Abgesandter auf dem Wege sey, so werde er diese Person, oder jede andre, nicht als Agenten der angeblichen fränkischen Republik annehmen oder zulassen, da der GrosMeister (dis sind seine eignen Worte) solche weder anerkennen kan, noch will, noch darf.

"Die Regierung von Malta konnte ohne Zweifel damals sich nicht feindseliger gegen Frankreich zeigen: nun hat aber dieser KriegsZustand inzwischen nicht aufgehört.

"Am 21 Prairial (9 Jun.) dieses Jahrs wurde von dem Befehlshaber der fränkischen KriegsMacht in jenem Meere um die Erlaubniß angesucht, Wasser in den verschiedenen AnkerPläzen der Insel einzunehmen. Dis ward abgeschlagen, auf die spöttische Art, daß der GrosMeister nicht mehr als zwei TransportSchiffe zugleich einlaufen lassen könnte, welches dreihundert Tage erfordert haben würde, um die fränkischen Truppen mit Wasser zu versehen. . . Es zu wagen, auf eine solche Art eine Armee der Republik, die von dem General Buonaparte kommandirt wird, zu verhöhnen!

"Am 22 Prairial (10 Jun.) Morgens waren die fränkischen Truppen auf allen Seiten der Insel gelandet. Den Tag über wurde der Plaz von allen Seiten umschlossen: die Stadt kanonirte mit der grösten Thätigkeit. Die Belagerten machten einen Ausfall, worin die BrigadenChef Marmont, an der Spize der 19 HalbBrigade, die HauptFahne des Ordens eroberte.

"Am 24 Prairial (12 Jun.) Morgens übergaben diese Ritter des heil. Johannes von Jerusalem der fränkischen Republik die Stadt und die Festen von Malta; sie thaten, zu Gunsten derselben, auf die Souverainetäts- und EigenthumsRechte Verzicht, welche sie über die Insel und die dazu gehörigen Inselgen Gozo und Cumino hatten.

"Die Republik hat auf Malta 2 LinienSchiffe, 1 Fregatte, 4 Galeeren, 1200 Kanonen, 1,500,000 Pfund Pulver, 40,000 Flinten, und viele andre Dinge, wovon das Directorium das Verzeichniß noch nicht hat, in Besiz genommen.

Unterzeichnet: Reubel, Präsident.
Lagarde, GeneralSecretair."


Quellen.[]

  1. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1798.
  2. Minerva. Ein Journal historischen und politischen Inhalts. Herausgegeben von J. W. v. Archenholz. Hamburg 1798.
  3. Europäische Annalen Jahrgang 1798 von D Ernst Ludwig Posselt. Tübingen in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. 1798.
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