Zeitungsnachrichten.[]
- [1812]
Aus Sachsen, vom 12ten März. [1]
Nachrichten aus Dresden zu Folge ist der französische General Regnier daselbst angekommen, nach einem kurzen Aufenthalt aber über Posen nach Warschau abgereist. Bis zum 16ten dieses wurden in und um Dresden 30,000 Bayern erwartet, die jedoch nur einen Rasttag dort halten, um 10,000 Würtembergern Platz zu machen, die acht Tage später eintreffen sollen. Den Schluß machen italienische Truppen, die in Verbindung mit einem französischen Korps, das sich bey Lienz und Botzen versammlet hatte, bereits aufgebrochen sind, um ihren Marsch nach Regensburg fortzusetzen, und über Bayern dieselbe Straße einschlagen. Stallungen zu 400 Pferden werden für die kaiserlichen Equipagen in Dresden bereit gehalten.
Dresden, den 31sten März.Die Hauptstadt Sachsens ist jetzt durch stets wechselnde Truppenzüge ungemein lebhaft, und täglich erneuert sich der Umtrieb mannichfaltiger, oft nicht sehr glaublicher Gerüchte. Auch sieht man der Ankunft einer sehr hohen Person entgegen, deren Vorläufer bereits in bedeutender Anzahl angekommen und zum Theil auch schon weiter passirt sind. Das Gerücht von einem nahen Besuch des Kaisers und Kaiserin von Oesterreich erhält sich noch immer; demselben wird jedoch von Personen, welche unterrichtet seyn wollen, widersprochen. Das sächsische Armeekorps ist bereits längst über die Oder gegangen. Nach den Bayern und Würtembergern, zusammen über 40,000 Mann, haben wir noch ein gleich starkes Korps, das aus Italien kam, hier durchmarschiren sehen.
Dresden, den 26sten April.An den unwahrscheinlichsten Gerüchten hat man hier einen Ueberfluß; aber sie verschwinden eben so geschwind, als sie entstehen. Noch wissen wir nichts Bestimmtes von der Ankunft des Kaisers und der Kaiserin von Oesterreich, die einige Zeitungen, auch die französischen, wiederholt ankündigten. Wahr ist es, daß das Schloß des Fürsten Clary in dem nur sechs Meilen von Dresden entfernt liegenden Badeort Töplitz für den Empfang hoher Gäste bereitet wird, und so könnte es seyn, daß der Kaiser von Oesterreich nebst einem Theile des Kaiserhauses ins Bad kämen, und von da einen Besuch bey unserm König und seiner Schwester, der Gemahlin des Prinzen Anton, abstatteten, da der Prinz Anton nebst seiner Gemahlin zum Besuch in Wien waren. Der König von Sachsen geht nebst seinem ganzen Hofe den 4ten May, wie alle Jahre, nach Pillnitz zu seinem Sommeraufenthalt, und was man sonst von großen Zurüstungen zum Empfang erhabener Gäste spricht, beruht bloß auf Muthmaßungen. Soviel ist sicher, daß ein Reiseofficier des Kaisers von Frankreich die aus dem Bayreuthischen und Würzburgischen nach Sachsen führenden Straßen untersucht, auch in Schmalkalden u. s. w. allerley Bestellungen gemacht hat. Es arbeiten auch in diesem Augenblick 600 Menschen an einer neuen Landstraße zwischen Hof und Plauen. Demnach ist es allerdings wahrscheinlich, daß Se. Majestät, der Kaiser der Franzosen, über Würzburg nach Sachsen kommen werden. Alle nähere Angaben darüber sind voreilig. In diesem Augenblick befindet sich der General Walther von der kaiserlichen Garde und der ersten kaiserliche Wundarzt Sue in unsern Mauern. Der Leibarzt des Vicekönigs von Italien, welcher sich auch hier befand, hat Befehl erhalten, nach Paris zu gehen, wohin der Vicekönig berufen worden ist.
Dresden, den 18ten May.Am 13ten dieses reisten der Oberkammerherr, Baron von Friese, und der Chef des Generalstabes, Generalmajor von Gersdorf, von hier nach der Gränze unsers Landes ab, um dort die erwarteten hohen Gäste, den Kaiser und die Kaiserin von Frankreich, im Namen unsers Königs zu empfangen. Am 15ten, Nachmittags, ging auch unser König mit seiner Gemahlin dem durchlauchtigen Kaiserpaare bis Freyberg entgegen, während die Herzoge von Weimar, von Dessau und von Koburg Allerhöchstdieselben hier erwarteten. Die zum 16ten angekündigte Ankunft Ihrer Majestäten erfolgte, der schlechten Wege halber, ziemlich spät, nämlich erst gegen Mitternacht. Um 8 Uhr Abends ward Generalmarsch geschlagen, auf welches Signal sich die Garnison, die Bürgergarden nebst den eben anwesenden polnischen Truppen vom Freyberger Schlage (Thore) an bis zum Schloß hin in Parade aufstellten. Mit Einbruch der Dunkelheit wurden in allen Straßen, durch welche der Zug gehen sollte, alle Fenster der Häuser durch Lichte erleuchtet und in den eisernen Kienpfannen, die längs den Trottoirs auf eingerammten Pfählen befestigt waren, die Leuchtfeuer gezündet. Im königlichen Schlosse, dessen Eingang durchaus Niemand als den kourfähigen Personen offen stand, versammelte sich der in kleiner Galla gekleidete Hof. Unten von der Treppe an bis zu dem Platz, wo die Herrschaften aus dem Wagen stiegen, stand ein Kommando kaiserl. französischer Gardisten, auf den Treppen und Gängen des Schlosses standen sächsische Wachen. Gegen halb 12 Uhr fuhren die beyden Wagen der hohen Reisenden, begleitet von sächsischer und polnischer Kavallerie, in das Schloßthor ein. Der Kaiser und der König von Sachsen saßen beysammen, die Kaiserin und unsere Königin im zweyten Wagen. Die hohen Reisenden wurden beym Aussteigen von der gesammten königlichen Familie empfangen und unter Vortretung aller der verschiedenen Hofstaaten, unter fortdauerndem Kanonendonner und Glockengeläute, bis in ihre Zimmer begleitet, worauf sich sämmtliche Personen unseres Hofes sogleich in die ihrigen zurückzogen. Am 17ten, früh um 9 Uhr, erschien Alles zur Kour bey dem Kaiser von Frankreich in großer Galla, nämlich die Herren in rother mit Gold, nach den verschiedenen Klassen, gestickten oder bordirten Uniform, die Damen in weissen mit Gold gestickten oder besetzten Kleidern ohne Fischbeinröcke. Um 11 Uhr wurde in der katholischen Kirche das Hassensche Te Deum, unter Abfeurung der Kanonen und Glockengeläute, angestimmt und nach diesem eine Messe von Seydelmann aufgeführt. Unsre gesammte königliche Familie war dabey zugegen, der Kaiser und die Kaiserin von Frankreich aber nicht. Da das hohe Kaiserpaar in der Kirche nicht zu sehen gewesen war und auch fortdauernd schlechterdings Niemand, als wer zum Hofe gehörte, in das Schloß eingelassen ward; so sammelte sich eine ungeheure Menge Menschen auf dem Platze vor demjenigen Schloßflügel, der gegen das sogenannte italienische Dörfchen und gegen den Zwinger gerichtet ist, und in dessen zweytem Stockwerke sich die Wohnzimmer Ihrer Kaiserl. Majestäten befanden; allein Allerhöchstdieselben blieben, auch von den Fenstern aus, diesen ganzen Tag dem Publikum unsichtbar, und theilten Sich, im Innern, bloß unserm Hofe mit. Am Abend war Generalprobe des Opernprologs, der zur Feyer der hohen Ankunft Ihrer Majestäten auf dem Theater gegeben werden soll. Nachts um 11 Uhr langte auch die Königin von Westphalen mit ihrem Gefolge allhier an und bezog die im Palais der Brüder und Schwestern unsers Königs für Sie zubereitete Wohnung. Heute früh um halb 9 Uhr war wieder Kour bey Sr. Majestät, dem Kaiser, um 11 Uhr ward in der katholischen Kirche eine Messe von unserm Kapellmeister Morlachi aufgeführt, bey welcher jedoch vom Hofe bloß die Kinder unsers Prinzen Anton zugegen waren. Zum Empfang des Kaisers und der Kaiserin von Oesterreich, deren Ankunft gegen Mittag erfolgen sollte, wurden nun alle Anstalten getroffen. Prinz Anton und seine Gemahlin waren Allerhöchstdenselben entgegen gefahren, ein achtspänniger Gallawagen war Ihnen entgegen geschickt und die Garden formirten vom Pirnaischen Thore bis zum Schlosse hin eine doppelte Reihe. Nach 1 Uhr fuhren Ihre Majestäten, unter Kanonendonner, Glockengeläute und lautem Vivatrufen der Einwohner, zum Pirnaischen Thore herein. Die gesammte königliche Familie war zu Ihrem Empfang auf dem Vorplatz der Schloßtreppe versammlet. Sobald der Kaiser, die Kaiserin und der Großherzog von Würzburg aus dem Wagen gestiegen waren, flogen Sie in die Arme der Sie erwartenden königlichen Familie, im reinen Gefühl der beglückenden Verwandtschaftsbande, und vor den Augen der in ungeheurer Menge versammelten Zuschauer, denen freyer Zutritt gestattet war. Gleich nach dieser Bewillkommung ward Ihre Majestät, die Kaiserin, Ihrer schwächlichen Gesundheit wegen in einem Tragsessel nach Ihren Zimmern hinaufgetragen, die im Palais der Prinzen, Brüder Sr. Majestät, bey der Prinzessin Anton für Sie zubereitet waren. Nachmittags war Kour bey der Kaiserin von Frankreich Majestät, und Abends große Ceremonientafel.
Paris, den 2ten Juny.Das Journal de l'Empire meldet unter andern von Dresden: Hier sind nach einander eingetroffen, Ihre Durchlauchten, der Herzog von Sachsen-Weimar, der Erbprinz von Mecklenburg-Schwerin, der Fürst von Reuss-Ebersdorff xc.
Aus Sachsen, vom 10ten Juny. [2]Nun ist die alte Stille in Dresden zurückgekehrt und nur die Fremden, die unsre reichen Kunstschätze zu besuchen, oder das romantisch gelegene Bad von Tharand, das durch seinen neuen Besitzer neue Reize erhält, auf einige Zeit zu brauchen gedenken, beleben noch die Straßen.
Dresden, den 6ten September. [3]Der hiesige Platz ist mit Durchreisenden aus den Bädern angefüllt. Das benachbarte Töplitz erhielt durch die Anwesenheit des Königs von Preussen nebst dessen Gefolge im verflossenen Monat eine neue Lebhaftigkeit. Der König gewinnt durch seine biedere Offenheit und Popularität alle Herzen. Er nahm an einem Bürgerschiessen selbst Antheil, und gab vor wenigen Tagen einen glänzenden Freyball. Der Großherzog von Würzburg brachte, von Töplitz kommend und dorthin zurückkehrend, die ersten drey Tage dieses Monats bey den königlichen Herrschaften in Pillnitz zu. Zu seiner Unterhaltung spielte in dem kleinen Theater in Pillnitz die italienische Operngesellschaft die von unserm Kapellmeister Morlacchi komponirte und dirigirte Oper Corradino. Das vorstädtische Theater im Linkischen Bade wird fleißig besucht. Der Tänzer Duport gab nebst seiner Schülerin, Demoiselle Neumann, einige Vorstellungen dort. Vorzüglich gefielen Herr und Madame Gley vom Hamburgischen Theater, als ein treffliches Sängerpaar, in ihren kleinen Duodramen und in einigen andern Vorstellungen. Vor einigen Tagen wurde ein schönes Feuerwerk dort abgebrannt. Die Zurückkehr mehrerer Legationen von St. Petersburg, worunter auch die königl. bayerische und würtembergische sich befanden, hat in die hiesigen diplomatischen Cirkel viel Lebhaftigkeit gebracht.