Directorium.[]
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Directorium, die oberste Leitung eines Geschäfts in einem gesellschaftlichen Verein und der Ausschuß, oder die Personen, welchen dieselbe übertragen ist. Unter dieser Benennung verstand man ein Collegium von fünf Staatsbeamten, welchem nach der ehemaligen franz. Constitution die vollziehende Gewalt übertragen worden war, und welches auch in andern Staaten, wo diese einen herrschenden Einfluß hatte, als in der Schweiz, Holland u. s. w. nachgeahmt wurde. Die beiden gesetzgebenden Räthe erwählten die Mitglieder dazu; alle Jahre ging eins ab, und ward durch ein neues ersetzt. Ein Mitglied hatte auf drei Monate, unter dem Titel des Präsidenten, den Vorsitz, und fertigte die Staatsbotschaften unter seinen Namen aus. Zahlreiche Ehrenwachen, prunkvolle Staatskleidungen, und Ueberfluß an allem, was den äußern Glanz befördern kann, verschafften diesem Vollziehungsrathe in den Augen des Volks ein noch größeres Ansehen, als ihm seine sehr ausgedehnte Gewalt schon an sich gewährte. Er wachte über die Vollziehung der Gesetze, verfügte über die bewaffnete Macht, sorgte für die innere und äußere Sicherheit des Staats, unterhandelte mit den auswärtigen Mächten, ernannte und nahm Gesandte an, und verwaltete überhaupt alles, was die Constitution von 1791 der königlichen Gewalt übertragen hatte. Die sieben Staatsminister standen unmittelbar unter ihm, und er hatte freie Gewalt, sie ab- und einzusetzen. Kein Bürger konnte übrigens Anspruch auf eine solche Stelle im Directorium machen, wenn er nicht vorher ein Mitglied des gesetzgebenden Körpers oder Minister gewesen war. Durch die Revolution vom achtzehnten Brumaire wurde diese Autorität, wie die ganze damit in Verbindung stehende französische Constitution vom Jahr drei, durch Bonaparte aufgehoben.
Von Reisende.[]
F. J. L. Meyer.[]
- [1796]
Vollziehungs-Direktorium.
Dem Vollziehungs-Direktorium der Republik ist von der Nazion eine Gewalt verliehen, wie, in diesem Umfange, der konstituzionelle König von Frankreich sie nicht hatte. Dass diese Gewalt der Pentarchen von ihnen nicht gemissbraucht werde, darüber wachen die Gesetzgeber; wegen übereilter Schritte in ihrer Verwaltung sind sie, wie ein König, keinem verantwortlich.
Bestimmten die in diesen Fünf-Männern geschehene Wahlen, allein, und nicht so viele andre noch unerfüllte Bedingungen, das Wohl und die Dauer der französischen Republik, -- dann wäre dieser Wahltag für Frankreich von guter Vorbedeutung gewesen. -- Wenn man das Ganze und Einzelne der innern und äussern Lage der neuen republikanischen Regierung kennt, ruhig übersieht, und das Direktorium darnach billig beurtheilen will: so wird man, in seinen öffentlichen Verhandlungen, in seiner Thätigkeit, Wachsamkeit und Strenge, und in der Wahl der Minister und Generale, Beweise seiner Staatsklugheit, Weisheit und Kraft finden, womit es das ihm anvertraute wichtigste Amt der Republik verwaltet, und der persönliche Umgang mit diesen Fünf-Männern flösst auch für ihren Privatkarakter Achtung ein.
Die Konstituzion gab diesen ersten Staatsbeamten der Republik, einen, ihrer Würde angemessnen Glanz, und sorgte dafür, dass sie mit ihren Familien gemächlich, ohne Überfluss, bequem, ohne verschwenderischen Aufwand, leben können. -- Ihre gemeinschaftliche Wohnung ist der Nazional-Pallast, -- Palais national du Directoire exécutif, -- vormals der Pallast Luxemburg. Er wird jetzt ansehnlich vergrössert und verschönert. Besonders erwartet man eine neue, in der Gartenkunst einzige Anlage, von der künftigen Einrichtung eines Theils des Gartens, der an das philosophisch-stille trefliche Gehölze gränzt, wovon, um jene neue Anlage zu machen, ein Theil, jedoch nicht der grösste, umgehauen ist. Der ehrwürdige Naturforscher Daubenton hat den Plan zu dieser neuen Anlage entworfen. Die Pflanzungen werden nach den Erzzeugnissen und dem Verhältnissen der vier Jahrszeiten eingerichtet; für eine jede wird ein abgesondertes Terrain disponirt, und das Ganze wird, ohne Verkünstelung, dem Gange der Natur, in ihren einfachen und schönen Operazionen folgen.
Die Direktoren bewohnen mit ihren Familien einzelne Flügel und Stockwerke des Pallastes, und haben ihre privat- und gemeinschaftliche Büreau's, Rathszimmer, öffentliche und privat Audienzsäle. -- Eine konstituzionelle Ehrenwache von zweihundert und vierzig Mann zu Fuss und zu Pferde, bewacht den Pallast, und bewohnt nahe gelegene Kasernen. Die Fussgarde besteht aus gewählt grossen und schönen Leuten; die Garde zu Pferde war damals, wegen des Pferdemangels, schlecht beritten. Die grossen und breiten Pferdeschwänze der Gardisten, die von dem Kasket herab, die Schultern fast ganz bedecken, und über den halben Rücken herabhangen, machten einen widrigen Eindruck fürs Auge, und enstellten den Wuchs des Mannes. Vor dem Eingange zum Pallast und zu den Audienzsälen, sind starken Wachen, und an festlichen tagen paradiren die Garden mit vielem Glanze. Sie umgeben das Direktorium bei seiner feierlichen öffentlichen Erscheinung, und zwei Mann begleiten jeden Direktor, wenn er ausgeht oder ausfährt.
Bei öffentlichen Funkzionen sind die Direktoren in ihrem neuen Kostume, an feierlichen Tagen in der prächtigen Staatstracht gekleidet. Dieses Direktorial-Kostume ist gut gewählt, reich, und von einem schönen Manne, wie Barras ist, getragen, wohlkleidend. Die von Garnery gezeichneten, und von Alix gestochenen Staatskleidungen, stellen sie, in den, auf geglättetes Papier abgezogenen, und gut illuminirten Abdrücken, am richtigsten dar; doch stechen auch in diesem kleinen illuminirten Figuren die Farben der Kleidung, die Stickereien und übrigen Dekorazionen zu grell mit einander ab, und geben keine ganz vortheilhafte Vorstellung von dem Kostume, welches an sich selbst schön und gross ist. -- Der sinnliche Eindruck ward bei der Wahl einer glänzenden, von unsrer gewöhnlichen Kleidung sehr verschiedenen Tracht, richtig für das Volk berechnet, das in Frankreich, so wie allenthalben, so sehr an der äussern Form der Dinge haftet, seine vorigen Regenten und ihre Gewalthaber bei Feierlichkeiten in schimmerndem Gewande, Ordenstrachten u. dgl., zu sehen gewöhnt war, und sich auch jetzt wieder an dem Anblicke des Glanzes der Direktoren-Toga weidet.
Das Privatleben der Direktoren ist republikanisch, einfach, und sehr eingezogen. Die grosse Last von Staatsgeschäften lässt ihnen wenige Erholungsstunden. Ihr ganzer Tag ist eine ununterbrochene Arbeitsstunde, und wenn sie nach Endigung ihrer Arbeiten, am Abend, einen gewählten Zirkel von Freunden und fremden um sich sehen, so geschieht das in ihren Wohnzimmern, ohne Prunk oder höfische Förmlichkeiten. So haben Rewbell und Barras, jeden Abend um acht Uhr, in ihrem Wohnzimmer Theegesellschaften, in welchen bis gegen eilf Uhr ein kleines Kommerzspiel gespielt wird; und sie heissen in diesen, der angenehmen und zwanglosen Unterhaltung gewidmeten Stunden, jeder ihrer Freunde, so wie die bei ihnen eingeführten Fremden, willkommen. -- Die von den Direktoren nur sehr selten gegebnen Mittagessen, -- wenn man diese Malzeit welche jetzt in Paris erst um sechs Uhr Abends gehalten wird, so nennen will, -- sind einfach, stechen von den insolenten neugebacknen Pariser Banquiers, Kapitalisten und Lieferanten, merkwürdig genug ab, und bestehen in zwei sehr mässig besetzten Gängen, und einer nicht zahlreichen Gesellschaft; ohne jenen Ueberfluss von fremden Weinen, die an den Tafeln jener übermüthigen Staatsplünderer fluthen. Auch ist es unter den Direktoren Barras allein, welcher zuweilen kleine Feste in seinem Landhause, oder Gastmale in der Stadt giebt, bei welchen er den hospitalen und unterhaltenden Wirth macht, und auch Fremde dazu ladet.
Wer mit dem einen oder dem andern Direktor persönlich bekannt ist, erhält von ihm eine kleine zierliche Karte, mit dem röthlich abgedruckten Bilde der französischen Republik, und der Überschrift: Directoire exécutif, und auf der Kehrseite mit den gedruckten Worten: laissez passer le Ct. . . . . Der Name des Empfängers der Karte, wird von dem Direktor, der sie giebt, eigenhändig ausgefüllt, und mit seinem eignen unterschrieben. Diese Karte öffnet den Weg durch alle Wachen, nicht allein zu dem unterschriebenen Direktor, sondern auch zu jeder, und überhaupt zu allen ähnlichen festen in Paris. Allenthalben ehren die Wachen die kleine rothe Karte, und verschaffen dem Vorzeiger den Eingang. Ich hatte bei einer dieser Gelegenheiten, wo das Gedränge vor dem Audienzzimmer gross war, lange gewartet, und war selbst noch weit von der innern Wache vor dem vollen Audienzsaal entfernt, bis ich so glücklich war, dass das Auge eines Soldaten auf mich fiel. Nun hob ich die kleine Direktorial-Karte in die Höhe, -- und in eben dem Augenblicke verschafte mir die Wache den freien Durchgang.
Die Feierlichkeiten in dem Nazional-Pallast des Direktoriums, sind öffentliche Audienzen. Sie werden mit der, einem grossen Freistaat angemessnen Würde, und mit Glanz gehalten. Die täglichen Audienzen sind einfach-schön, und mit Geschmacke dekorirt. Seine glänzenden, und zugleich ehrenvollen Ornamente, sind Trophäen der republikanischen Heere, hie und da an der Wand unter der Saaldecke gruppirt, angeheltete Bündel von eroberten Fahnen.
Alle Mittag zwölf Uhr wird dieser Audienzsaal geöffnet, und jeder eingelassen, nachdem man am Eingange der Wache seine Bürgerkarte vorgezeigt, und seinen Stock im Gardezimmer zurückgelassen hat. Die Direktorial-Huissiers in ihrem etwas Skapinartigen Kostume, ordnen den Saal. Die Zuschauer sind immer zahlreich, und auf den Stühlen, an den Wänden, so wie auf einer im Halbzirkel gestellten Reihe von Sesseln, sieht man viele elegante Damen. Der Mittelplatz bleibt frei: bloss die Garde- und andre Offiziere versammeln sich hier, den Eintritt des Audienzgebenden Direktors erwartend. -- Eine anständige Stille herrscht unter den Zuschauern. Aus dem einen Rathssaale, tritt halb ein Uhr der Direktor, welcher in der Dekade die Audienz giebt, und wöchentlich wechselt, in der gewöhnlichen Staatskleidung heraus, und die Huissiers rufen: die Audienz sei offen. Ohne Unterschied des Alters und Geschlechts, tritt jeder, der dem Direktorium etwas mitzutheilen, Anträge, und sonst schriftliche Vorstellungen zu übergeben hat, oder den Direktor selbst sprechen will, hervor. Dieser spricht mit jedem leise, nachdem er das Memorial durchgesehen hat; verweiset an ein Büreau, oder giebt mündliche oder schriftliche Resoluzion, auf schon Tages vorher empfangene Anträge, zurück. Wann dann der Haussier noch einigemal angerufen hat, und sich niemand nähert, geht der Direktor in die innern Zimmer zurück. -- Das Ganze dieser täglichen Audienzen hat das Ansehn einfacher Würde und republikanischer Zwanglosigkeit.
Ihrem Zweck angemessen, sind die monatlichen grossen Audienzen glänzender. Die Garden paradiren mit anderm Militair in dem, mit den Staatsequipagen der fremden Gesandten angefüllten Hofe des Pallastes, und formiren, von dem Hauptthore bis zum Pallast, die prächtige Treppe hinan, bis in den Audienzsaal, doppelte Linien, von welchen die ankommenden fremden Gesandten mit militairischen Honneurs begrüsst werden. Die Gesandten erscheinen hier, wie vordem an den glänzendsten Hoftagen, in vollem Staat, und mit allen ihren Orden dekorirt. Die Direktoren tragen dann, je nachdem es die angesetzten Feierlichkeiten erfordern, entweder ihre grosse Staatskleidung, oder das gewöhnliche Direktorial-Kostume. Oft werden diese Audienzen in dem Rathssaale des Direktoriums gegeben, und für die in dem anstossenden grossen Audienzsaale zurückbleibenden Zuschauer, bloss die Flügelthüren geöffnet. Das war, bei der ersten Audienz des Sardinischen Gesandten der Fall, welcher bei der Uebergabe seines Beglaubigungs-Schreibens, nach dem letzten Artikel des Sardinischen Friedenstraktats, die, für seinen König eben nicht schmeichelhafte Erklärung, wegen der, in seinen Staaten, den französischen Abgeordneten, Maret und Semonville, widerfahren strengen Behandlung, zu machen hatte. -- Aus schonender Rücksicht nahm das Direktorium diese in dem innern Rathssaale, bloss in Gegenwart der fremden Gesandten, der republikanischen Minister und des Generalstabes an. Es kam hiervon nichts ins Publikum, und die in grosser Menge im Audienzsaale versammelten Zuschauer würden auch bei wenigerm Geräusch in diesen Sälen nichts von der rede des Gesandten verstanden haben, weil er sie mit gedämpfter Stimme hielt, ohne von einem: parlez plus haut, monsieur l'ambassadeur! r) wie in einem ähnlichen Falle der stolze Ludwig XIV einst einem holländischen Abgeordneten zurief, unterbrochen zu werden.
- r) Lauter gesprochen, Herr gesandter.
Ohne die Vorsicht, Billigkeit und Delikatesse, die man bei persönlicher und öffentlicher Beurtheilung, jedem Menschen, wer es auch sei, schuldig ist, und ohne andre privat-Rücksichten zu beleidigen, sei es mit erlaubt, hier einige bezeichnende Züge des öffentlichen und privat-Karakters dieser Fünf-Männer, auf welche der Blick von Europa jetzt gerichtet ist, und über die man, ohne sie selbst zu kennen, so verschieden abspricht, mit Wahrheit und Unparteilichkeit darzustellen. Ich hatte -- um einen Augenblick von mir zu reden, -- mannigfaltige Gelegenheit, die meisten dieser Männer in der Nähe, und sie handeln zu sehen: ich vernahm das nicht einseitige Urtheil Unpartheiischer über sie; ich stand mit unbefangnen scharfsichtigen Männern, die auch hierin Wahrheit sagen konnten und wollten, in Verbindung; -- und diese Stimme gilt mit für die Stimme des bessern und gerechten französischen Publikums, dessen Urtheil nicht von Privat- oder andern persönlichen Rücksichten, so, oder anders gestimmt und geleitet wird. Der Wiederhall dieser Stimmung, und das Resultat meiner eignen Erfahrungen, ist diese ansprucklose Karakterschilderung der fünf Direktoren, in der Ordnung, wie sie im Direktorium den Vorsitz haben.
Minister.Dem richtigen Blicke des Vollziehungs-Direktoriums, in der Wahl seiner Gehülfen in den Staatsarbeiten, macht die Ernennung der jetzigen sieben Minister der Republik Ehre. Jeder ist in seinem Fache was er sein soll, und die Talente der meisten sind geachtet. -- Die Minister sind als Staatskommis der Direktoren anzusehen, unter deren Augen, Vorsatz und Leitung sie werken. Ihre Arbeiten sind von unermesslichem Umfange, und das bloss Mechanische, mit dem Wesentlichen ihrer Geschäfte zusammengenommen, übersteigt fast eine menschliche Kraft. Schon durch die Menge der Unterzeichnungen von Expedizionen aller Art ihrer Büreau's, und der Korrespondenz, verlieren sie den grössten Theil ihrer Zeit. Für diese Schriften sind nicht, wie es bei einer wohlgeordneten Kabinetsorganisazion sein sollte, ihre Mitarbeiter, die Chefs dieser Büreau's und ihrer Divisionen, sondern die Minister allein verantwortlich. Sie müssen folglich, als gewissenhafter Männer, alle diese, von ihren Unterarbeitern konzipirten Schriften durchlesen, ja oft überarbeiten, ehe sie ihren Namen unterzeichnen. Dieser offenbare Fehler in der Organisazion des Büreau's der Minister, ist hauptsächlich die Ursache des grossen Überlastung mit Arbeiten, vornämlich in den Departements der auswärtigen Angelegenheiten, der allgemeinen Polizei und der Finanzen. Es bleiben diesen Männern kaum vier Stunden zur nächtlichen Ruhe, und die stärkste körperliche Konstituzion erliegt unter ihren Anstrengungen. Ist das nicht bei Charles Delacroix der Fall, so trägt sein kolossaler Körperbau diese Zentnerlast leichter, als z. B. Merlin von Douai,. der aus dieser Ursache, seine Stelle als Polizeiminister, aufgeben musste.
Die Minister bewohnen prächtige Nazional-Häuser, vormalige königliche Gebäude, oder Emigrantenwohnungen. Das Haus des Minister Delacroix, in der Strasse du Bac, Maison Galiffet, ist eins der schönsten in Paris, und das, mit einer Kolonnade dekorirte Arbeitskabinet Gesandten Konferenzen hält, reich und geschmackvoll meublirt.
Jeden Morgen fahren die Minister, in vorbestimmten Stunden, in ihrer Staatstracht, zur Audienz bei dem Direktorium, erstatten hier in den Sitzungen Bericht über ihr Departement, legen ihren Chefs Regierungsbeschlüsse zur Genehmigung vor, und arbeiten dann gemeinschaftlich mit den Direktoren, welche ihren einzelnen Fächern vorstehen.
Charles Delacroix, der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, . . .
Ramel, Minister der Finanzen, . . .
Der vormaligen Polizeiminister Merlin von Douai, . . .
Die Stelle des Polizeiministers ward durch den Repräsentanten Cochon sehr glücklich ersetzt. . .
Der Minister des Innern, Benezech, . . .
Thätigkeit und Kenntnisse in seinem Departement, zeichnen den Marineminister, Vizeadmiral Truguet aus. . . .
Von Petiet, dem Kriegsminister, . . .
Dass, der vorzüglichen Eigenschaften der jetzigen republikanischen Staatsadministratoren, die für Frankreich viel versprechen, ungeachtet, die Klagen über den langsamen Gang der Geschäfte, über Leichtsinn in den Verhandlungem Verspätung der Regierungsbeschlüsse, und Trägheit in der Ausführung der Gesetze, so laut und allgemein sind, mag grösstentheils in der Unbilligkeit der Kläger, und in der Kurzsichtigkeit derer liegen, welche die nicht zu berechnende Geschäftsmenge eines grossen, neu organisirten Staates, in seiner kritischsten Lage, nicht übersehen; die Fremdheit der meisten Staatsbeamten und ihrer Untergebenen in der Form und dem Wesen ihrer angetretenen, eben so wichtigen als komplizirten Verwaltungen, nicht erwägen, und einen festen und raschen Gang der grossen Staatsmaschiene nicht erst von der Zeit, der Gewöhnung und der Vereinfachung der Geschäfte erwarten wollen. So wahr und einleuchtend das aber auch ist, so trift doch ein Theil dieser Vorwürfe die Staatsbeamten, und besonders die Minister, in Rücksicht der eignen Wahl ihrer Chefs in den Büreau's, und in deren verschiednen Divisionen und Sekzionen; er trifft die nicht ganz zweckmässige Einrichtung dieser Büreau's. Arg ist die Unwissenheit, die Unordnung, die Trägheit -- und Bestechlichkeit sehr vieler Arbeiter, von den Büreau's der Minister an, bis zu den untergeordneten Administazionen herab. Bei dem Ruin der Finanzen, sind die Besoldungen des Chefs sowohl, als ihrer Commis, in den Ministerialbureau's, äusserst geringe. Damals, als der Kurs des Louisd'or zu sechstausend Franken in Assignaten stand, bekamen die meisten der erstern, siebentausend Franken in Assignaten, die letztern drei- bis viertausend. Dafür konnten sie sich nicht im Brod sättigen; und so war den Geldbestechungen der Weg gebahnt, der verdeckte Betrug aller Staatsbeamten begünstiget. Und was bleibt dem gewissenhaften Beamten, welchem der Staat, dem er seine Kräfte opfert, den nothdürftigen Unterhalt versagt, anders übrig, als Mismuth und gelähmte Thätigkeit, die Folge des erstern. -- Ein Theil der Unterbeamten, die das Gouvernement unmittelbar umgeben, und anderer Arbeiter in vielen Verwaltungen der Departementer, ist bis zu einer Tiefe der Unmoralität hinabgesunken, die für die Dauer der Republik voll unglücklicher Vorbedeutungen ist, wenn sich der Regierung selbst, und ihrer ersten Beamten, hierüber nicht bald die Augen öffnen; wenn sie zuerst, in ihrer Nähe, Menschen von öffentlichen Geschäften nicht entfernen, die das Vaterland, wenn sie könnte, verkaufen würden, und mit der frechsten Stirn, die Gerechtigkeit für ihre prix fixes feil haben.
Manche Klagen, selbst der eifrigsten Republikaner und ruhigen Bürger, deren heisse Wünsche der Dauer der jetzigen Verfassung gehören, besonders über die schlechte Justizadministrazion, waren damals nur zu gegründet; aber man hoffte auf Merlin's Eifer und bessere Verwaltung. Diese Vorwürfe erschüttern, wenn sie gerecht sind, die Regierung eines, nach solchen Stürmen neu gegründeten Staates, unmittelbar in seinen Grundpfeilern; und die Vernachlässigung einer thätigen, ernstlichen und gleichen Gerechtigkeitspflege, zur Erhaltung der Rechte der Bürger, und zur Sicherung ihrer Personen und ihres Eigenthums, untergräbt das grosse stolze Gebäude selbst, und führt seinen Umsturz herbei.
Ernst Moritz Arndt.[]
- [1798 - 1799]
Das Direktorium hat seinen Sitz in dem prächtigen Pallast Luxemburg, der jetzt Direktorialpallast heißt, und da herum ist auch die prächtige Garde einquartiert, ich weiß nicht, ob mehr zum Schutz oder zur Zierde. Nur bei öffentlichen Aufzügen und bei allgemeinen Audienzen erscheinen sie im kleinen und großen Kostum, das man für die Augen und Köpfe der Schwachen berechnet hat, während es vernünftigen und patriotischen Bürgern ein Gräuel ist. Es ist ein Gemisch von orientalischer, altrömischer und neuspanischer Tracht, und im großen Staat gehört ein breites römisches Schwert dazu, daß in einer reichen goldnen Binde hängt. Weiß, Roth und Blau sind mit Gold und Silber so grell und so dick nebeneinander angebracht, daß er eher einem Theaterkleide, als einem Volke ähnlich sieht, welches alle Tage erklärt, wie es die Völker zur Freiheit und republikanischen Tugend und Einfalt zurückführen wolle. In einem ähnlichen Stil, wie die Direktoren sind die Minister, Staatsboten, Sekretäre und manche andre öffentliche Bediente gekleidet. Allein die Volksrepräsentanten und Administratoren machen hievon eine ehrenvolle Ausnahme. Abgerechnet, daß man als Republikaner das Gold nicht so auf dem Kleide tragen sollte, ist ihr Kostüm sehr zweckmäßig. Sie sind fast ganz in Blau gekleidet, worüber sie einen rothen Mantel werfen, und den Kopf bedeckt eine Mütze, die noch immer an die alte vom Berge erinnert, an welcher ein dreifarbiger Federbusch schimmert.
Die ausübende Gewalt der Republik ruht allein auf den fünf Direktoren. Sie besetzen alle untergeordneten Aemter, und stehen allein unter dem gesetzgebenden Korps der Fünfhundert und dem leitenden Rathe der Alten, die als die heiligen und unverletzlichen Bewahrer der Freiheit und der Gesetze anzusehen sind. Von ihren hängt also das ganze Verwaltungssystem des Staats in letzter Instanz ab, und an ihnen muß die Nation sich halten, wenn sie glaubt, Ursache zur Unzufriedenheit mit ihnen haben zu müssen. Indessen greift doch Direktorium und Rath der Fünfhundert in mehrern Punkten so eng in einander, daß ich erst einige Worte von diesem sagen muß, ehe ich mich weiter auf einem Felde ausbreite, wo man so leicht irre geht.
F. J. L. Meyer.[]
- [1801]
Paris.
Der Anblik der grossen Façade erinnert mich an den Pomp, an die schimmernde Pracht jenes gestürzten Direktoriums, das, als ich wenig Monate nach seinem Antritt in Paris war, viel versprach, aber nachher in übermüthigen Stolz ausartete, und durch despotische Eingriffe eine Konstitution wieder zertrat, von welcher Frankreich gutes hoffte. Die Personen, woraus dieses Direktorium damals bestand, sind vergessen. Carnot, unstreitig einer der ersten und fähigsten Köpfe in Frankreich wird, sehr mit Unrecht, vernachlässigt, und lebt in Brüssel. Dahin hat sich auch sein gehässiger Verfolger an dem schändlichen Tage des 18ten Fruktidors, der Verschwender Barras, zurükgezogen, der einzige von den Direktoren, welcher während seiner Regierungs-Würde grosse Schätze zu sammeln, und sie aus seinem Schiffbruch zu retten verstand. Letourneur ist, glaube ich, Präfekt. Lareveillere Lepaux, ein schwacher, leicht zu täuschender, aber gewiss ein edler Mensch, und gutmüthiger Schwärmer, lebt in seiner Heimath zu Angers. Rewbel -- den der Hass, besonders ausserhalb Frankreich am meisten verfolgt, der der Urheber aller Uebelthaten, der Vetter aller Gauner seyn muss, und der am Ende bloss deswegen selbst ein Räuber war, weil es wortspielende Gecken belustigt, dass dieser Titel dem Tone seines Namens nur den Tausch eines Buchstaben kostet -- Rewbel ist Besizer und Bewohner eines unbedeutenden Gutes von dreisig Morgen Landes; das einzige, was ihm seine Würde vielleicht eingebracht hat, wenn er nicht schon früher Eigenthümer davon war. Unverdächtig und bedeutende Männer, die mit Rewbel als Direktor Umgang hatten, ihn genau beobachten konnten, ohne übrigens Freunde oder auch nur gelinde Beurtheiler dieses starrköpfigen rauhen Mannes zu seyn, haben mich versichert, er sey nicht vermögender aus dem Direktorium gegangen, als wie er hereingekommen war; sie haben meine von ihm immer gehabte und auf starken privat Gründe beruhende Meinung von seiner Uneigennüzigkeit, und von seinem unbestechlichen Karakter aufs neue bestätigt. -- Ueberhaupt will ich die Schilderung, welche ich von den Personen des damaligen Direktoriums öffentlich entwarf, *) gern der Vergessenheit hingeben: aber auch nach allen meinen jezigen neuen Erkundigungen über diese ephemeren Regierer Frankreichs, finde ich keine Ursache, einen Zug, wenigstens von vier dieser Gemälde zurükzunehmen. Nur das von Barras ist unvollständig; oder vielmehr einzelne Züge darin sich nicht stark und kenntlich genug angegeben, wie ich sie hätte angeben können, wenn gebietende Rüksichten mich nicht davon abgehalten hätten, die ich vor jedem rechtlichen Mann zu vertheidigen weiss. -- Uebrigens lehrt es die Geschichte aller Zeiten, und vor allem die des lezten Jahrzehnds in Frankreich, dass jede gestürzte Parthei in ihrem Grabe nur mit Schande belastet ward. Das kann dem ruhigen partheilosen Beobachter unsrer Zeit eben so wenig entgehen, als ihn in seiner Meinung irre machen; was denn auch einige platte Schmeichler jeder regierende Parthei, und jeder herrschenden Meinung, einseitige Deklamatoren, kurzsichtige Nachbeter der schwazenden Menge, dagegen etwa schreien mögen. Nichts weiter davon -- und von den Todten! Wir können um so eher diese Vergangenheit vergessen da uns die Gegenwart schönere Hoffnungen, von der Dauer des aufkeimenden Glükes von Frankreich giebt.
- *) Fragmente I. 227.
Quellen.[]
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
- ↑ Fragmente aus Paris im IVten Jahr der französischen Republik von Friedrich Johann Lorenz Meyer Dr. Domherrn in Hamburg Hamburg bei Karl Ernst Bohn 1797.
- ↑ Ernst Moritz Arndts Reisen durch einen Theil Teutschlands, Ungarns, Italiens und Frankreichs in den Jahren 1798 und 1799. Leipzig 1804. bey Heinrich Gräff. Briefe aus der Hauptstadt und dem Innern Frankreichs, von F. J. L. Meyer Dr. Domherrn in Hamburg. . . Tübingen in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. 1802.
- ↑ Fragmente aus Paris im IVten Jahr der französischen Republik von Friedrich Johann Lorenz Meyer Dr. Domherrn in Hamburg Hamburg bei Karl Ernst Bohn 1797.