Die Demarkationslinie.[]
- Diese Linie ist für jeden Preußen zu wichtig, als daß wir nicht für zweckmäßig halten sollten, einer vollständigen Geschichte derselben, hier einen Platz zu gönnen. A. d. H.
Endlich nahte sich die Hofnung des Menschenfreundes ihrer Erfüllung; und die Morgenröthe eines heitern Tages schien für Europa heraufzudämmern. Die Flamme des Kriegs, welche drey Jahre hindurch für die leidende Menschheit Tod und Verheerung in weitem Umfange verbreitet hatte, ward ausgelöscht. Preußens König, Friedrich Wilhelm II., schloß zu Basel am 5. April 1795. mit der Französischen Republik Friede, und übernahm die Vermittlung für die noch übrigen Kämpfer. Mit gleich lauter Freude ward die Nachricht davon in den preußischen Staaten und in Frankreich aufgenommen. Zwar blieben die preußischen Länder an der linken Seite des Rheins noch von den französischen Kriegern besetzt, und das Schicksal dieser Provinzen sollte erst bey dem allgemeinen Frieden mit dem teutschen Reiche völlig entschieden werden. Aber die französische Republik versprach auch, daß sie die Vermittelung des Königs von Preußen für diejenigen Reichsstände, welche ihn darum ersuchen, um mit ihr in Unterhandlung zu treten, annehmen, und, um die Abschließung des allgemeinen Friedens zu erleichtern, die am rechten Ufer des Rheins liegenden Länder derjenigen Fürsten und Stände des teutschen Reichs, für welche sich der König von Preußen verwenden würde, in den nächsten drey Monaten nach Bekräftigung dieses Friedensschlusses nicht als feindliche Länder behandeln wolle; und die Fürsten von Hessenkassel, Kursachsen xc. folgten dem Rufe zum Frieden und zum Glück ihrer Länder.
Maaßregeln zur Entfernung des Kriegsschauplatzes von dem ganzen nördlichen Teutschland und den Grenzen der Königlichen Staaten, so wie zur Herstellung der gänzlichen Handelsfreyheit zwischen diesen Theilen des Reichs und Frankreich, wie sie vor dem Kriege gewesen, waren ebenfalls ein Hauptpunkt des preußisch-französischen Friedens. In dieser Hinsicht wurde den 17. Mai 1795 ebenfalls zu Basel eine besondere Konvention zwischen der französischen Republik und dem Könige von Preußen unterzeichnet, welche die Bedingungen einer Demarkations- und Neutralitätslinie, deren Endzweck eben jene Entfernung des Kriegsschauplatzes von dem ganzen nördlichen Teutschlande war, entwickelt und festgesetzt. Die französische Republik willigte daher ein, daß sie in die Länder und Staaten, welche über folgende Demarkationslinie hinaus liegen, weder die Kriegsoperationen ausdehnen, noch ihre Truppen, es sey zu Lande oder zu Meere, einrücken lassen wolle. Diese Linie faßte Ostfriesland in sich, und gieng längs der Ems und Aa, oder des Alpha, bis Münster herab, nahm alsdann ihre Richtung auf Kösfeld, Borken, Borkholt bis an die Gränze des Herzogthums Kleve bey Isselburg, folgte dieser Gränze zu Magenporst an der neuen Issel, gieng den Rhein bey Duisburg hinauf, von da längs der Gränze der Grafschaft Mark auf Werden, Gemarke und längs der Wipper zu Homburg, Altenkirchen, Limburg an der Lahn, längs dieses Flusses und desjenigen, welcher von Idstein kommt, auf diese Stadt, Epstein und Höchst am Main; von da auf Nauenheim längs des Landgrabens, auf Dornheim, folgte hernach dem Bach, welcher durch diesen Ort gehet, bis an die Gränze der Pfalz, von da der Grenze des Landes Darmstadt und des fränkischen Kreises, zu Ebersbach am Neckar; zog alsdann dem Laufe dieses Flusses bis an die freye Reichsstadt Wimpfen nach, und gieng von da auf Löwenstein, Murrhard, Hohenstadt, die freye Reichsstadt Nördlingen und Holzkirch an der Wernitz und schloß auch die Grafschaft Pappenheim und den ganzen fränkischen und obersächsischen Kreis längs Baiern, der Oberpfalz und Böhmen bis an die Grenzen Schlesiens ein.
Als neutrale Staaten und Länder sollten, zu Folge der Konvention, alle diejenigen angesehen werden, welche hinter dieser Linie liegen, unter der Bedingung, daß die auch ihrer Seits eine genaue Neutralität beobachten, und daher nicht nur ihr zu der Reichsarmee gestelltes Contingent zurückrufen, sondern auch keine neue Verpflichtung eingehen würden, welche die veranlassen könnte, den mit Frankreich im Krieg begriffenen Mächten, Truppen zu liefern. Dagegen übernahm der König die Garantie, daß keine feindlichen gegen Frankreich agirende Truppen diese Linie passiren, oder aus den darin begriffenen Läudern herausziehen sollten, um die fränkischen Armee zu bekämpfen; und nur die Wege, welche an dem rechten Ufer des Mains durch Frankfurt gehen, so wie auch in allen den Ländern, welche am linken Ufer dieses Flusses und im ganzen fränkischen Kreise liegen, ohne jedoch der Neutralität aller in der Demarkationslinie eingeschlossenen Staaten und Länder den mindesten Eintrag zu thun, sollten für den Durchzug der französischen Reichs- und östreichischen Truppen frey bleiben.

von Blücher. Königlich Preussischer General bei der Demarcations Armee.
Zu diesem Ende wollten der König von Preußen und die französische Republik an den Hauptpunkten hinlängliche Observationskorps halten, um die Neutralität respektiren zu machen. Von preußischer Seite blieben daher in Westphalen unter dem General von Romberg 3 Regimenter Infanterie, nämlich v. Romberg, v. Schladen und v. Manstein; 3 Füselierbataillone, 2 Batterien Artillerie, die anspachischen Dragoner und das Husarenregiment von Blücher; so wie am Main, unter dem General Grafen von Kalkreuth, die beyden Infanterieregimenter Herzog von Braunschweig und von Thadden; 2 Füselierbataillone, 2 Batterien reitender Artillerie, das Dragonerregiment von Katt und das Husarenregiment von Göckingk. Doch existirte binnen jener vorgezeichneten Linie nirgends ein Lager, sondern, die zur Deckung derselben gehörigen Truppen, waren in weiten Kantonirungen verquartirt.
Die Ruhe in den Gegenden des Niederrheins veranlaßte den König, *) dieses Beobachtungsheer bis auf 15 Bataillone Infanterie von den 5 in den westphälischen Provinzen als Besatzung liegenden Regimentern, nebst 2 Bataillonen Füseliers und 10 Schwadronen Husaren herabzusetzen. Da aber auch bey dem englisch-hannöverschen Heere keine Feindseligkeiten vorfielen, und da auch Hannover im October die Demarkationslinie einnahm, so behielt jenes Heer nur eine zur Beobachtung hinlängliche Linie von Osnabrück bis zu der Weser besetzt.
- *) Im Jahr 1795.
Der Nutzen dieser von den Franzosen aufs heiligste beobachteten Neutralitätslinie zeigte sich besonders im September, als die Franzosen am Niederrhein unweit Düsseldorf auf eine Art über diesen ansehnlichen Fluß giengen, die in den Jahrbüchern des Kriegs, man mag auf die angewandte Mittel, oder auf das Geringfügige des Verlusts im Verhältniß gegen die Feinde sehen, bis jetzt ganz ohne Beyspiel ist, und diesen Theil unsers teutschen Vaterlandes zum Schauplatz des Kriegs machten. Zwar schien das Glück jetzt mehr den Teutschen, als den Franzosen günstig; aber dennoch litten die teutschen Länder durch jede kriegerische Bewegung, und die Gegenden des Rheins trauerten, von Feind und Freund verwüstet, über die Langsamkeit eines Kriegs, der jetzt weniger als jemals zu enden drohte. Während des hierauf erfolgten Waffenstillstandes der französischen und östreichischen Heere, wo man nur mehr Kräfte zu sammeln suchte, um mit neuen Uebeln Teutschland zu züchtigen, und auf den ersten Wink Tod und Verderben umher zu verbreiten, machte sich der König von Preußen das sanftere Geschäft, wenigstens einem Theile von Niederteutschland durch Unterhandlungen die Ruhe zu sichern. Der Ernst dieser menschenfreundlichen Absicht zeigte er vorzüglich durch die nachdrücklichen Befehle, wodurch er die unter dem General Duyco sich versammelten ausgewanderten Bataver aus seinen westphälischen Staaten verwieß. Und schwerlich würde auch ohne diese ernstliche Verfügung die Ruhe im Nordwest von Teutschland im Jahre 1796 gesichert gewesen seyn, wenn die holländischen Ausgewanderten zu einem Heere gesammelt worden wären, um die Ordnung der Dinge in ihrem Vaterlande wieder zu errichten!
Bald wüthete die Flamme des Kriegs in Teutschland von Neuem, gleichsam als ob es durch ein stärkeres Elend für die Paar Monate von Ruhe büßen sollte, deren es sich zu erfreuen gehabt hatte. Im July kündigten die Kaiserlichen von allen Seiten den gegenüber stehenden Franzosen den Waffenstillstand auf, und der Eifer in den Zurüstungen von beyden Seiten schien sich zu verdoppeln. Jetzt erkannte man mehr als jemals den Nutzen der Neutralitätslinie, besonders da auch eine neuere Konvention zwischen dem König von Preußen und der französischen Republik, zu Berlin den 5. August 1796 unterzeichnet; jene Neutralität von Nordteutschland auf eine den damaligen Umständen angemessene Weise näher bestimmte. Nach dieser Uebereinkunft sollte diese Linie von dem an der Nordsee liegenden Theile des Herzogthums Holstein anfangen, sich längs den Küsten dieses Meeres gegen Teutschland hin erstrecken, und die Mündungen der Elbe, der Weser und der Ems in sich begreifen, so wie die in dieser Seegegend liegende Inseln bis an Borkum; von da den holländischen Gränzen bis nach Anholt folgen; durch Heerenberg gehen, und die preußischen Besitzungen bey Serenaer bis an Burg an der Issel in sich fassen; von da längs diesem Flusse bis an dessen Mündung in den Rhein, und von da den letztern Strom aufwärts bis nach Wesel und noch weiter bis an den Ort gehen, wo sich die Roer (Ruhr) in den Rhein ergießet, hernach am linken Ufer der Roer bis an ihre Quelle hiulaufen, von da, indem sie die Stadt Medenbach zur linken läßt, ihre Richtung mit der Fulda nehmen, und längs diesem Flusse endlich bis an seiner Quelle aufwärts steigen. In dieser Demarkationslinie sollten auch, der Theil der Grafschaft Mark, welcher auf dem linken Ufer der Roer liegt, *) ferner die Königl. Preuß. Fürstenthümer im fränkischen Kreise, so wie die Grafschaft Sain-Altkirchen am Westerwalde, nebst dem kleinen Bezirk von Bendorf, unterhalb Koblenz, als preußische Besitzungen, mit inbegriffen seyn. Alle hinter dieser Linie liegenden Länder und Staaten versprach die fränkische Republik, wie in der ersten Konvention, für neutral unter der Bedingung zu erkennen, daß sie auch von ihrer Seite eine strenge Neutralität beobachten, und vorzüglich keine Beyträge mehr unter irgend einem Namen zur Fortsetzung des Kriegs geben, und in dem Verlaufe von drey Monaten ihre Kontingente zurückziehen sollten.
- *) Jedoch mit ausdrücklicher Einwilligung des Königs, daß die Truppen der kriegführenden Mächte durch dieselbe marschiren können, ohne sich irgendwo zu verschanzen.
Diese zweyte Demarkationslinie wurde im Juny mit 25000 Mann verstärkt, zu welchen auch hannöversche und braunschweigische Truppen stießen, und überhaupt mit 42000 Mann gedeckt. Der regierende Herzog von Braunschweig, Karl Wilhelm Ferdinand, übernahm die Anführung dieser Armee, und bezog daher im Anfange des July sein Hauptquartier zu Minden, wo auch die Magazine angelegt waren. Wegen der Verpflegung dieser Truppen setzten die ausschreibenden Fürsten und Direktoren des niedersächsischen Kreises, *) wozu auch die Abgeordneten des Kurfürsten von Kölln und anderer westphälischen Kreisstände erschienen, auf den 20. Juny 1796 in Hildesheim einen Kreistag an, dessen Resultat war, daß alle Kreisstände, deren Länder innerhalb der Neutralitätslinie liegen, folglich ausser Hannover und Braunschweig, Paderborn, Mecklenburg, das Stift Lübeck und Oldenburg, Bremen, Rheda, Waldeck und Pirmont, Korvei, Boikeburg, Münster, Arensberg, Holstein, Altenburg, Detmold, Hildesheim, Mühlhausen xc. zu der Truppenverpflegung auf 6 Monate nach ihren Kräften beytragen sollten. Die Stände des niedersächsischen Kreises lieferten dazu ihren verhältnißmäßigen Beytrag nach dem Matrikular-Anschlage von 1654, so wie die nicht niedersächsischen Stände nach dem Matrikular-Anschlage von 1793. Doch betrug das ganze Quantum der bewilligten Ranzionen und Porzionen sämmtlicher Kreisstände nicht völlig so viel, als die Kontributionen und Requisitionen, welche die einzelne Stadt Frankfurt am Main den Franzosen hat entrichten müssen. Im September gieng der Hildesheimer Konvent aus einander, und ward auf unbestimmte Zeit prorogirt.
- *) Nämlich die Herzoge von Magdeburg und Bremen, abwechselnd von einem Kreistage zum andern, wobey der älteste regierende Herzog zu Braunschweig-Lüneburg allezeit Kondirector ist.
Unterdessen waren die Teutschen öfters von den Franzosen besiegt worden. Zwey französische Heere drangen bis in das Herz Teutschlands, mehrere teutsche Fürsten wurden zum Gesuch um Frieden, der ihnen ehemals auf bessere Bedingungen angeboten wurde, jetzt gewaltsam gezwungen, und dennoch waren die Leiden der Teutschen in diesem traurigen Kriege immer noch nicht beendigt, denn das Kriegsglück änderte sich so plötzlich und auffallend, daß die Franzosen fast überall aus ihren vortheilhaften Stellungen gedrängt wurden. Durch Geistliche und Oestreicher ermuntert, ward fast die ganze Volksmasse der Länder, welche die Franzosen bey ihrem Rückzuge zu durchwandern hatten, ehe sie sich wieder mit ihren übrigen Waffenbrüdern vereinigen konnten, zu Kriegern umgewandelt, oder doch als solche gefürchtet: und Hemmung aller Geschäfte und der nicht zuvorkommende Einfluß dieser Bewaffnung der Bauern auf ihren Charakter, indem sie dadurch mit Waffen umgehen und ihre Stärke, so wie die Süßigkeit des Raubes fühlen lernten, waren leider die traurigen Folgen dieser menschenfeindlichen Einrichtung.
Die Unannehmlichkeit des Winters 1797 schien die Anstrengung des Kriegs zu erschweren. Aber während die leblose Natur, durch Kälte besiegt, in ihrer ersten Erstarrung Ruhe fand, wüthete die Flamme des Kriegs ununterbrochen am Oberrhein fort. Nur am Niederrhein erlosch sein Feuer auf eine kurze Zeit, und beyde Parteyen zogen ruhig in ihre Winterquartiere.
Während dieses Feldzugs genoß Teutschland in seinem nördlichen Theile durch das daselbst befindliche Neutralitätsheer die vollkommste Ruhe, daher auch der Churfürst von Sachsen, nebst allen übrigen sächsischen Fürsten, der Neutralitäts-Konvention zwischen Frankreich und Preußen beytrat. Auch die Reichsabtey Werden glaubte Ansprüche auf die Vortheile der Demarkationslinie machen zu können. Denn als den 16. März 1797 ein französisches Kommando von etwa 80 Jägern zu Pferde unter dem General Simon auf Befehl des Generals Hoche 400,000 Livres von der Abtey als Kontribution verlangte, so berief sich der Konvent *) auf den Schutz des Königs von Preußen, und darauf, daß Werden in der Demarkationslinie liege. Der General wollte und durfte auf diesen Einwand keine Rücksicht nehmen, und führte daher 6 Geistliche als Geiseln mit sich nach Düsseldorf fort. Hierüber wurden die preußischen Unterthanen, welche hinter der Demarkationslinie liegen, sehr unruhig; aber so bald die französische Generalität hiervon Nachricht erhielt, ließ sie bekannt machen, daß zufolge der Konvention zwischen dem Könige von Preußen und der französischen Republik, die Roer, die Demarkationslinie ausmache, und unter dieser Linie an dem linken Ufer nichts anders begriffen sey, als die Länder, welche dem König von Preußen gehören, und erklärte, daß die geforderte Kontribution nicht von den Einwohnern des Landes Werden, deren Eigenthum, da sie preußische Unterthanen sind, respektirt werde, sondern von der Abtey bezahlt werden sollte, welche von dergleichen Kontribution eben so wenig, als die übrigen Staaten des teutschen Reichs ausgenommen werden könne, besonders auch, da sie öffentlich erlaubte, daß auf ihrem Grundgebiete Werbungen für die östreichische Armee gemacht würden.
- *) Denn der Abt selbst war nicht zugegen.
Der April des Jahres 1797 gab endlich die gegründetste Hoffnung zu dem so sehnlich gewünschten Frieden. Das Kriegsgeschrey und die Gefahr drang bis in das Herz der Erbstaaten des Kaisers. Bounaparte, der junge muthige Held, hatte den Plan dazu entworfen, und führte ihn meisterhaft aus. Am 18ten April ward die Grundlage des Friedens zu Leoben im Oesterreichischen unterzeichnet, und Eilboten verkündeten so schnell als möglich das glückliche Ereigniß, um allem Blutvergießen zu steuern. Aber -- Monate vergiengen, und noch war der Friede nicht unterzeichnet. Unterdessen war bey der Erneuerung des Hildesheimer Konvents in den Monaten April und Mai die Verpflegung der Observationsarmee auf einen sichern und festen Fuß auf den Fall regulirt worden, wenn der Krieg noch länger fortdauern könnte, oder noch fortgedauert hätte. Die Repartition der für die Verpflegung der Truppen erforderlichen Naturalien und Geldbeyträge war auf eben dem Fuße und in demselben Verhältniß, wie im vorigen Jahre, völlig geordnet, und die sämmtlichen Geldbeyträge betrugen, nach der davon erschienen Tabelle, 480,000 Thaler. Jedoch beschwerte sich der preußische Gesandte, der geheime Rath von Dohm, auf ausdrücklichen Befehl seines Hofes, über die hin und wieder in dem neutralen nördlichen Teutschland geduldeten englischen Werbung, und verlangte deren ungesäumte Wegschaffung, und die Einhaltung aller solchen Rekruten-Transporte, da dergleichen Werbung einer mit der französischen Republik noch im Kriege begriffenen Macht, offenbar gegen die Grundsätze der Neutralität, so wie gegen die alle Werbung auswärtiger Mächte verbietenden Reichsgesetze sind, und auch das teutsche Vaterland seiner jungen Mannschaft berauben.
Jetzt ereignete sich aber ein Fall, der die sämmtlichen Mitglieder dieses Neutralitätsbundes aus ihrer Sicherheit aufschreckte, und die gehofften und nun schon Jahre lang genossenen Vortheile desselben zu vernichten schien. Die französische Armee überschritt im Juny in dem dies- und jenseits der Quelle der Roer liegendem Amte Medebach des Herzogthums Westphalen die Demarkationslinie, und ließ durch ein Kommando von 15 Husaren aus den zwey Dörfern Astinghausen und Bruchhausen, eine Kontribution von 5000 Kronen erheben, und einen Jungen von Gaugräfen nebst einem Schöffen, als Geiseln wegführen. Der geheime Rath von Dohm beruhigte aber die fürchtenden Gemüther durch die Vorstellung, daß die Linie zeither allenthalben respektirt worden sey, und daß der Vorfall nur durch ein Mißverständniß veranlaßt seyn müsse. Dies war auch sehr gegründet. Denn nach der deswegen bey der französischen Generalität gemachten Vorstellung, wurden die Feindseligkeiten sogleich eingestellt, die mitgenommenen Geiseln wieder in Freyheit gesetzt, die Kontributionsforderung aufgegeben, und die Demarkationslinie in ihrem völligen Werthe anerkannt.
Bald darauf ward der Hildesheimische Konvent suspendirt, nachdem die Truppenverpflegung wieder auf einige Monate gesichert worden war. Aber am 15. September ließ der König von Preußen den Verbündeten niedersächsischen und westphälischen Kreisständen durch den Herrn von Dohm erklären, daß er bey den angenommenen System unwandelbar beharren, und nicht die mindeste Verletzung der Neutralität des nördlichen Teutschlands zu geben werde, wenn nicht noch vor der Mitte des Novembers eine abermalige dreymonatliche Quote für sämmtliche schützende Truppen eingeliefert werde; im entgegen gesetzten Falle aber werde er den weitern Schutz des nördlichen Teutschlands gänzlich aufgeben, und dasselbe für immer seinem Schicksale überlassen. Der Menschenfreund fürchtete bey dieser Erklärung, und bey den noch immer nicht vollendeten Friedensunterhandlungen zwischen Oestreich und Frankreich, die Erneuerung der traurigen Scenen, und nur die preußisch-klevischen Lande hatten das Glück, dem Anfange der Feindseligkeiten ruhiger entgegen sehen zu können; da, nach einer im Monat September getroffenen Uebereinkunft zwischen Preußen und Frankreich, diese Staaten in den zur Beschützung der Neutralität des nördlichen Teutschlands gezogenen Kordon mit einbegriffen, und überhaupt dieser Kordon durch mehrere preußische Regimenter erweitert werden sollte. Endlich, sechs Monate nach Unterzeichnung der Präliminarien, brachten neue Eilboten die sichere Nachricht: "der Friede ist den 18ten October zu Campo Formido *) unterzeichnet worden." Wahrscheinlich werden auch daher die in der letzten Konvention zwischen Preußen und Frankreich getroffenen Maaßregeln nicht Statt haben, und nach Abschluß des Reichsfriedens werden daher die Regimenter in ihre gewöhnlichen Garnisonen zurückkehren.
- *) San Formio, einem geringen Dorfe zwischen Udine und Passeveano in Italien.
So nahm denn der König das beruhigende und belohnende Bewußtseyn hinüber, das nördliche Teutschland gegen alles, was seiner Sicherheit nachtheilig seyn konnte, geschützt, und den Weg des allgemeinen Friedens mit patriotischer Sorgfalt gebahnt zu haben.
- Doktor Stein.
Vermischte Nachrichten.[]
Die jetzige Quote des Fürstenthums Lüneburg zur Unterhaltung der Demarcations Armee beträgt 1) an baarem Gelde 26,000 Thaler 2) 1254 Wispel, 36 Himpen Hafer 3) 233 Wispel 4 Himpen Mehl 4) 4970 Centner Heu 5) 511 Schock Stroh.