Delft.[]
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Delft, eine angenehme und große Stadt, in Südholland, an der Schie. Hier findet man das große Zeughaus der ganzen Provinz Holland, und vier Pulvermagazine. Herr von Leuwenhoeck hat hier gewohnt, und Hugo Grotius ist da geboren worden. Die Fabriken, worinnen das bekannte Delfterzeug (oder irdene Geschirr auf Porcellanart) und die Tobakspfeifen gemacht werden, auch die Tuch- und Tapetenmanufakturen sind von Wichtigkeit. Man treibt auch mit dem hiesigen Biere und mit Butter guten Handel. Diese Stadt war die dritte in der Ordnung der 18 Städte, so Deputirte in die Versammlung der Generalstaaten schickten. Während der Revolutionszeit war sie die Hauptstadt im Batavischen Departement der Delf. Im J. 1796 hatte Delft 13,737 Einwohner; in ältern Zeiten war ihre Bevölkerung beträchtlicher.
Delft..[]
[2]
Delft 1) eine Provinz und Stadt in Südholland. Letztere liegt an der Schie, nicht weit vom Haag, und hat ungefähr 5000 Einwohner. Sie soll schon 1075 durch Herzog Gottfried von Lothringen erbaut worden seyn; und ist die Geburtsstadt des berühmten Hugo Groot (Grotius); s. d. Art. Auch wird hier seit langer Zeit eine Art von Fayence gearbeitet, welche unter dem Namen delfter Zeug bekannt ist. 2) Der Name einiger berühmten holländischen Maler, besonders Jakob (geb. 1619, gest. 1661) und Wilhelm Delft (um das Ende des 16ten Jahrhunderts), beide aus Delft gebürtig, beide Portraitmaler und Verwandte des berühmten Mirevelts.
Von Reisende.[]
J. G. A. Kirchhof.[]
- [1790]
Vom Haag, diesem äußerst anziehenden Orte, der für die vereinigten Niederlande das genannt werden kann, was Brüssel für die Oesterreichischen Niederlande ist, in welchem mir doch der Ton etwas zu hofmäßig und Französisch war, fuhr ich um 2½ Uhr nach Delft ab; (denn jede Stunde, aber mitten in derselben, fährt eine Schuit dahin). Ich hätte den Weg, welcher eine Stunde beträgt, leicht zu Fuße machen können, wenn ich nicht das Fußreisen bey dem vielen ermüdenden Umhergehn in den Städten gescheuet hätte. Freylich sah ich nun auch das Schloß Nieuwburg nicht, wo der Ryswyksche Friede geschlossen wurde. Indessen verlor ich vielleicht wenig dabey, da es fast ganz verfallen seyn soll.
- Delft. Kirchen.
In Delft, einer schönen Stadt, begab ich mich sofort in die Kirchen, um Wilhelms des ersten, Heins und Tromps Grabmäler zu sehen. Hein und Tromp starben auf dem Bette der Ehren. Unter Tromps Grabmaal ist eine Seeschlacht ausgehauen. Heins und Trumps Denkmäler, Leeuwenhoeks Büste, welche ihm seine Tochter setzen ließ, und das Monument der Elisabeth von Marnix, sind in der alten Kirche. Das letztere Denkmaal sieht schon ziemlich alt und schwarz aus. Elisabeth war eine Tochter Philipps von Marnix, Herrn von S. Adelgonde, eines der vornehmsten Anstifter des vom Adel im Jahr 1565 errichteten Compromisses. Von Hein hat man das Epigramm:
- Piet Hein,
- De Naam is klein,
- De Daat is groot,
- Hy sloeg de Spaanze Silvervloot.
In der neuen Kirche findet man Wilhelms I. Grabmaal, und des Hugo Grotius Monument. Wilhelm der erste ist einmal in sitzender Stellung, von Metall gegossen, zu sehen. Dann liegt er in Marmor ausgehauen, und eine Fama verkündigt seinen Ruhm. Die Fama ist ebenfalls gegossen, und steht auf einem Fuße. Unter dem andern sieht man Wilhelms treuen Hund. Die Fama wiegt 1800 Pfund, und man sagte mir als die gröste Merkwürdigkeit, daß sie in der Stellung eine so große Last trage. Umher sind die Statüen der Gerechtigkeit mit der Wagschale, die sogenannte aurea libertas, die Tapferkeit und Vorsichtigkeit, und Christus mit einer Kirche und Bibel angebracht. An dem Monumente, welches mit einem eisernen Gitter umgeben ist, hat man 12 Jahre gearbeitet. -- Hier fielest du also, großer Wilhelm, der du dich in der Schule der Widerwärtigkeiten gebildet hattest, durch eine meuchelmörderische Kugel, welche dir der blutdürstige Philipp bereitete! Ruhe sey deiner Asche! Unter des Hugo Grotius einfachen, edlen Monumente verkündigt eine Lateinische Inschrift mit vielem Pompe seinen Ruhm; eine Ehre, welche er füglich hätte entbehren können.
Von Reisende.
Ralph Fell.[]
- [1800]
Auf dem ganzen Wege von Overschie nach Delft und von da nach dem Haag bemerkten wir von allen Seiten die Verwüstung des gestrigen Abends. Starke Bäume waren mit ihren Wurzeln ausgerissen, Häuser niedergestürzt und andere völlig ihrer Dächer beraubt. Viele Meilen im Umkreise stand das Land unter Wasser, daran waren die ausgetretenen Kanäle Schuld, und zu Delft waren die Strassen mit dem Schutt niedergestürzter öffentlicher und Privat-Gebäude bedeckt. Die alte Kirche, in welcher die Nazionaldankbarkeit dem Andenken der Admiräle Van Tromp und Peter Heyer Denkmäler gesetzt hat, hatte ihr Dach verlohren, und viele Schornsteine des militärischen Institut, eines schönen Gebäudes, lagen auf der Strasse. Nicht ein einziges Privathaus war ohne Beschädigung der Fenster oder des Dachs geblieben, und unter den schwachen, sonderbar gebauten Tempeln und Sommer-Pavillons, die die Gärten der Holländer schmücken, hatte die Zerstöhrung besonders gewüthet. Den Umsturz der Tempel und Bildsäulen mochten ihre Besitzer immer betrauern, aber mir thaten nur die umgeworfenen Wald- und Obstbäume leid; jene konnten durch Menschlichen Fleiss, die aber nur durch die Zeit wieder aufgerichtet werden.
Der Ruf, den der Haag der Pracht seiner Gebäude und der reizenden Lage wegen geniesst, machte mich so ungeduldig, ihn zu besuchen, zumal da ich gute Empfehlungen an Leute hatte, die mir alle seine Schönheiten zu zeigen im Stande waren, dass ich meinen Aufenthalt zu Rotterdam um einige Tage verkürzte und bei meiner Durchreise durch Delft dieser Stadt nur eine Stunde widmete.
Von Delft bis nach dem Haag ist die Strasse wahrhaft prachtvoll. Der späten Jahreszeit und des letztern Sturms ungeachtet waren die Ansichten und der Weg selbst ausnehmend reizend. Er ist so breit, dass vier bis fünf Wagen bequem neben einander fahren können. Alleen hoher Bäume beschatten ihn auf beiden Seiten, er wird vortrefflich unterhalten und ist so eben, dass man auch nicht geringste Ungleichheit des Bodens gewahr wird. Die Gegend scheint nach der Art, wie die Bäume gepflanzt sind, wo wenig diess doch in der That der Fall ist, vortrefflich mit Waldungen versehen zu seyn und die Sommer-Gebäude der Reichen, womit das ganze Land gleichsam besäet ist, verschaffen eine angenehme Abwechslung. Auf der einen Seite der Landstrasse fliesst der klare, ruhige Kanal hin, worauf Boote theils in Geschäften theils zum Vergnügen unaufhörlich hin und herschwimmen und die Landschaft unbeschreiblich interessant machen. Dicht vor demselben spannen die stolzen Gebäude zu Haag die Erwartung des Reisenden, und der sogenannte Busch zur Rechten der Stadt giebt den Anblick eines weitläuftigen Waldes.
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Wir reisten von Rotterdam nach Leiden auf dem Kanal, ohne, wie auf unsern vorigen Wasserfahrten, irgend eine Widerwärtigkeit zu erfahren. Wir hatten herrliches Wetter, sassen im Kabinet des Treckschuyts und hatten höfliche und angenehme Gesellschaft. In Delft blieben wir eine Zeitlang, um seine Gebäude und Merkwürdigkeiten in Augenschein zu nehmen.
Delft ist eine niedliche, wohl gebaute, wie alle Städte Hollands mit Kanälen, Brücken und Bäumen reich versehene Stadt.
Sie ist der Geburtsort des Hugo Grotius, und ihren Einwohnern wird mit Recht der Vorwurf gemacht, dass sie ihrem Mitbürger, so wie die Bürger von Rotterdam dem Andenken des Erasmus, kein Ehrendenkmal gesetzt haben *). In der neuen Kirche wird ein mittelmässig gearbeitetes Monument gezeigt, das zu Ehren Wilhelms des ersten, Prinzen von Oranien, errichtet wurde, der hier im Jahre 1584 von einem Spion Philipps des zweiten ermordet wurde; auch sieht man hier zur Ehre der Prinzen Moriz und Friedrich-Heinrich errichtete Denkmäler. Delft war ehemals wegen seiner Manufakturen von irdenem Geschirr berühmt, das dem chinesischen Porzelain an die Seite gesetzt und in ganz Europa seiner Schönheit und Eleganz wegen gesucht und geschätzt wurde. Jetzt sind kaum fünfhundert Arbeiter bei diesen Manufakturen angestellt, die in der blühendsten Periode über zehntausend Menschen unterhielten. Dennoch beobachtet man noch immer die alte Eifersucht gegen Fremde, und wenn ein Reisender nicht besonders empfohlen worden, so kann er diese Manufakturen nicht zu Gesicht bekommen.
- *) Diesen Vorwurf des Verfassers verdienen die Einwohner Delfts keineswegs. Ein in erhabenem Styl gebauter Tempel von schwarzem Marmor in der neuen Kirche bringt das Andenken dieses berühmten Gelehrten auf die Nachwelt. In einer Nische von weissem Marmor steht eine schwarze Pyramide, von der ein Leichentuch herabhängt, und neben der mit Lorbeern umwundenen Urne von karrarischem Marmor, an der sein Bildniss auf Büchern ruht, erblickt man einen traurenden Genius mit niedergesenkter Fackel und folgende Inschrift:
- Hugoni Grotio sacrum.
- Prodigium Europae, docti stupor unicus orbis,
- Naturae augustum se superantis opus,
- Ingenii caelestis apex, virtutis imago,
- Celsius humana conditione decus,
- Cui peperit Libani lectas de vertice cedros
- Defensus verae religionis honor,
- Quem lauro Mavors, Pallas decoravit oliva –
- Quum bello et paci publica jura daret,
- Quem Tamesis Bataviae miraculum et Sequanae terrae
- Vidit et adservit Sueconis aula sibi.
- Grotius hic situs est, tumulo discedite quos non
- Musarum et patriae fervidius uret amor. 1645.
- Petrus Burmannus secundus.
Der Verfall dieses Handelszweigs rührt ohne Zweifel zum Theil von denselben Ursachen her, welche die Republik schwächten, nämlich von der Uneinigkeit der Parteien unter sich, und von den kostspieligen Kriegen, in welche der Staat verwickelt wurde. Die Hauptursache dieses schrecklichen Verfalls aber sind die ungeheuern Quantitäten von Porzelain, die anderthalb Jahrhunderte hindurch von China nach Europa gebracht wurden und die in Deutschland und England seitdem errichteten mit ihnen rivalisirenden Porzelain-Manufakturen. Die irdenen Waaren von Staffordshire fanden vor einigen Jahren in Holland so grossen Beifall, dass die Generalstaaten, um die Delfter von gänzlichen Ruin zu retten, genöthigt waren, auf die Einfuhr derselben eine so starke Abgabe zu legen, dass sie ein gänzliches Verbot wurde.
Die Delfter hegen einen eingewurzelten Hass gegen die Einwohner Grossbrittanniens, vielleicht weil diese ihre vorzüglichste Manufaktur nachahmten und sie darin noch übertrafen. Bei einer rauhen Jahrszeit wurde den braven Kranken und Verwundeten der brittischen Armee, die Holland vertheidigten, die Aufnahme in dieser Stadt verweigert, wo sie Hülfe und Beistand zu finden hofften *); ihre Wunden und Krankheiten erregten ihr Mitleiden nicht, und doch war ihr Blut und ihre Gesundheit zur Erhaltung der Republik, zwar leider umsonst, aufgeopfert worden. Die Thore der Stadt wurden ihnen verschlossen und grausam stiessen die bewaffneten Bürger die Unglücklichen zurück, die sie um ein Obdach, um Wärme und Nahrung anflehten. Die Bedauernswürdigen wurden mit ihren Geschwüren und Krankheiten dem Hunger und der Kälte Preis gegeben und erfuhren so von ihren Bundsgenossen eine strengere Behandlung, als wenn sie dem Feinde in die Hände gefallen wären.
- *) Vor der Revoluzion besass jede beträchtliche holländische Stadt einen gewissen Grad von unbeschränkter Jurisdiktion, vermöge der sie fremden Truppen den Einmarsch in ihre Thore verbieten konnte, wenn die Generalstaaten nicht ausdrücklich das Gegentheil befahlen.
Delft ist in Holland eben so sehr wegen seiner Bierbrauereien als wegen seiner Porzelainfabriken berühmt, und ich muss gestehen, dass der Londner Porter mit ziemlichem Erfolge hier nachgeahmt wird. Trinkt man das Bier aus dem Fasse, so ist es weit schlechter; hat man es aber einige Zeit in Flaschen aufbewahrt, so ist sein Geschmack beinahe eben so angenehm als der in Flaschen gefüllte Londner Porter und kann nur von Kennern unterschieden werden.
Von Reisende.
Dr. Johann Friedrich Droysen.[]
- [1801]
Antwerpen, den 6ten July 1801.
Den 31sten Junius verließen wir Haag, um über Delft nach Rotterdam zu gehen, wir hatten zu diesem Wege, von drey Stunden, einen ganzen Tag bestimmt, um uns in Delft länger verweilen zu können; denn so klein dieser Ort ist, so merkwürdig wird er theils durch einige interessante Monumente, wovon man uns schon allenthalben so viel Rühmens gemacht hatte, theils durch eine Fabrik von physikalischen, mathematischen und chirurgischen Instrumenten; Gegenstände, die ich Ihnen, mein Bester, umständlicher beschreiben muß.
Der Weg von Haag nach Delft ist ganz interessant, wir fuhren noch immer auf Trekschyten in den Canälen, die Witterung war dabey ununterbrochen recht sehr schön, so daß wir in der angenehmen Gesellschaft, die sich häufig veränderte, auf dem obern Theile unserer Schuyte ununterbrochen zubringen konnten. Wir sahen on der Ferne den großen Obelisk, welcher bey Ryswyk den Frieden verewigt, fuhren durch eine Menge Dörfer und Mühlen aller Art, Gärten und Wiesen hindurch. –
.....
Wir kamen nach einer Fahrt von zwey Stunden in dem niedlichen Delft an; ließen unsere Sachen gleich bey dem Commissaris der Schuyten stehen, um nicht den Transport doppelt zu bezahlen, und besahen das Innere von Delft. -- Auch diese Stadt hat ganz wieder das Eigenthümliche aller Holländischen Städte, und wenn man eine gesehen hat, so hat man sie fast alle gesehen. Der Paradeplatz oder Markt von Delft, auf welchem die Seefische durch öffentlichen Aufboth verkauft werden, ist durch das Rathhaus und die neue Kirche geziert.
Die neue Kirche zeichnet sich durch das prächtige Monument Wilhelms von Nassau aus; er, der auf dem, noch so genannten, Prinzenhof getödtet wurde, erhielt hier dieß prächtige Denkmahl, das von Heinrich de Kayser 1609 angefangen, 1621 beendigt ward. Das Ganze ist in Form eines offenen Tempels aus Italienischen Marmor gebauet: ein doppeltes Kreuzgewölbe wird von Ionischen Säulen getragen; auf den vier Ecken des Gewölbes stehen marmorne Obelisken, und in der Mitte tragen Genien die Inschrift. Vier sauber in Marmor gearbeitete Basreliefs verzieren oben das Gewölbe; -- nähmlich: 1) eine Sonne zertheilt die Wetterwolken über einer stürmende See, mit der Inschrift: tranquillus saeuis in vndis *); 2) ein aufgeschlagenes Buch, oben Jehovah, mit der Inschrift: te vindice tuta libertas *); 3) ein Altar über den eine Wage aus dem Himmel gehalten wird, mit der Inschrift: je maintiendray pieté et justice **); 4) zwey sich durchkreuzende Anker, mit der Inschrift: je maintiendray ***).
Die von den zwey Säulen auf jede Ecke gebildeten Nichen sind mit den schönen Figuren der Freyheit, Gerechtigkeit, Religion und Tapferkeit mit ihren Attributen von Bronze geziert. Unter diesem schönen Gewölbe ruhet auf einem schwarzen Sarkophag Wilhelm von Oranien, aus weißem Cararischen Marmor schön gearbeitet, und zu seinen Füssen sein getreuer Hund, der den Mörder seines Herrn entdeckte, zu seinem Haupte sitzt ein gewappneter Held mit dem Comandostab, und zu seinen Füssen steht eine 1000 Pfund schwere Fama im kühnsten Gleichgewichte auf einen Fuß gestellt. Das ganze, dem großen Helden würdige Denkmahl, steht frey und schön, verewigt die Dankbarkeit der Nation mit dem Andenken des Helden. –
.*) Ruhig in wüthenden Wogen.
.*) Unter deinem Schutze ist die Freyheit sicher.
.**) Ich werde Religion und Gerechtigkeit erhalten.
.***) Ich werde sie erhalten.
Das Denkmahl Hugo Grotius ist ein halber schwarzer, marmorner Tempel, in einem schönen Styl gebauet, unter demselben eine Niche von weißem Marmor in der Wand, worin eine schwarze Pyramide steht, von welcher ein Leichentuch herabhängt, und neben der weißen, mit Lorbeer umkränzte Urne, an welcher sein Bildniß auf Büchern ruhet, stehet ein weinender Genius mit umgekehrter Fackel, und diese schöne Inschrift:
- Hugoni Grotio sacrum.
- Prodigium Europae, docti stupor vnicus orbis,
- naturae augustum se superantis opus
- ingenii caelestis apex, virtutis imago,
- celsius humana conditione decus,
- cui peperit Libani lectas de vertice cedros
- defensus verae religionis honor
- quem lauro Mavors, Pallas decorauit oliua –
- quum bello et paci publica iura daret,
- quem Tamesis Batauiae miraculum et sequanae terrae
- vidit et adseruit Sueconis aula sibi.
- Grotius hic situs est, tumulo discedite quos non
- Musarum et patriae feruidius vret amor.
- Petrus Burmannus secundus. 1645.
Die alte Kirche zeichnet sich ebenfalls durch einige schöne Monumente aus, nähmlich das des Admiral Trompius, der 1653 starb, er liegt auf einem Paradebette in voller militärischer Kleidung auf einem Steuerruder, und sein Kopf auf einer Kanone; das Basrelief ist von Kayser, stellt die Seeschlacht vor, in welcher er blieb, und ist mit vielem Fleiß gearbeitet; das Ganze ist von van Hulst.
Das Monument des Admiral Pierre Heine, Eroberer der Silberflotte und Sieger im Jahr 1624 und 1627, der vor Dünkirchen blieb, ist ein Tempel, von zwey Ionischen Säulen getragen, unter welchem der Held auf einer Matratze von Tauwerk ruht; oben ist sein Wappen angebracht. Das Ganze ist einfach, macht aber einen schönen Effect.
Das Monument des berühmten Naturforschers Löwenhoek, welcher 1723 starb, ist ihm von seiner Tochter errichtet, an einem einfachen Obeliske hängt sein, wie der alte Kirchenwärter sagte, sehr wohl getroffenes Bildniß; unter liest man: Patri carissimo hoc monumentum filia Maria Loewenhoek moerens.
Ich suche gern solche Denkmahle auf, und verweile bey ihnen, nicht bloß die Kunst hält mich. Die Dankbarkeit guter Menschen, und noch mehr eines ganzen Volks, hat etwas so Wohlthuendes, die Unsterblichkeit in den Werken solcher Männer so etwas Erhabenes, daß die Sterblichkeit dabey ihre traurige Gestalt verliert. –
Eine für mich interessante Sache war die in Delft etablirte Fabrik aller mathematischen und physikalischen Instrumente, bey dem Herrn Onderdewyngaart Canzius. Hier fand ich die vollendetste Einrichtung zur Verfertigung aller Instrumente, sie mögen Nahmen haben wie sie wollen; drey Schmieden die nicht nur die Eisenarbeit an den Instrumenten, sondern die Werkzeuge zu ihrer Verfertigung machten, große Instrumente zum Ziehen der Röhre in den Fernröhren, zum Schneiden großer Schrauben, zum Bohren, zum Glasschleifen achromatischer Linsen, eine vortreffliche Theilungsmaschine, die einen ganzen Kreis auf 1/5 und 1/10 Secunde eintheilen konnte, deren Vorrichtung äußerst einfach war; auf einer großen horizontal gestellten Scheibe konnte ein Kreis, oder ein Stück desselben befestigt werden; -- am gezähnten Rande desselben ging eine Schraube ohne Ende, die den Kreis unglaublich langsam fortrückte, während eine aus dem Mittelpunct hervortretende Stange mit Grabstichel, die verlängert oder verkürzt werden konnte, die Zeichen angab. -- Die Zahl der Umdrehungen, die die Minuten, Secunden und deren Hälften und Viertheile u. s. w. bestimmten, wurden durch einen vorn an der Schraube befestigten Zeiger angegeben. -- Es wurden hier jetzt noch 24 Menschen beschäftigt, obgleich der Krieg dem Absatze unglaublich geschadet hat, sonst waren an 50 Arbeiter. -- Der Vorrath an fertigen Instrumenten war nicht groß, aber die Sachen schön gearbeitet, und Verhältnißmäßig nicht theuer; ich sah hier mehrere gut gearbeitete Luftpumpen und zwey Stiefeln zu 300 Fl., das vollständige Lavoisiersche Gazometer zu 700 Fl. Auch alle chirurgischen Instrumente, und selbst größere Sachen, z. B. Orgelpfeifen, Spritzen, wie z. B. die von Marumsche werden hier gearbeitet. -- Man kann nach vorhergegangener Bestellung auf baldige Beförderung rechnen, und sich geradezu an Hrn. Onderdewyngaart Canzius wenden. -- Es wurde uns das Ganze mit vieler Gefälligkeit und Zuvorkommenheit gezeigt. -- Ich muß hier noch der Renswoudschen Stiftung erwähnen. Frau von Renswoude, die wegen ihrer Kenntnisse und Freundschaft mit Löwenhoek und andern großen Köpfen berühmt war, hinterließ ein Vermögen von zwey Millionen Gulden, welches sie 1754 an die Waysenhäuser zu Utrecht, Haag und Delft vermachte. Von diesem Vermächtniß werden zwölf Knaben in jedem Hause, nach ihren Anlagen, in der Mathematik, Steuermannskunst, Chirurgie, Baukunst u. s. w. ordentlich von besoldeten Lehrern unterrichtet, unterhalten, erzogen, auf Reisen gesandt und zu brauchbaren Männern gebildet. Welche edle Anwendung des Reichthums!
Wir speiseten nahe beym Rotterdammer Thor, mit einem Manne der die Abgaben einzuheben hatte, und uns nur eine kleine Idee von den ungeheuren Abgaben hier zu Lande machte, die ich Ihnen, der Seltenheit wegen, mittheilen muß.
Eine Poche Getreide 180 Pfund schwer, 23 Fl. an Werth, bezahlt 2 Fl. 16 Stüv. Abgabe; daher ist das Brot so enorm theuer, 3 Pfund des gröbsten Brotes von Rocken kosten 6 Stüv.; -- eine Tonne Bier, 4 Fl. an Werth, bezahlt 3 Fl. Impost; Salz 100 Proc. Für 200 Fl. Wein muß man 33 Fl. bezahlen; für zwey Mägde jährlich 20 Fl.; für ein Reitpferd 12 Fl.; für einen Ochsen, von jedem Gulden seines Werthes 4 Stüv. 4 Deute. Ein Schiff das aus Amerika kommt, zahlt 5 Procent von der Ladung, und wenn es hingeht 2 Proc. Zu diesen Abgaben, die schon vor dem Kriege waren, kommen jetzt noch 10 Proc. Vermögenssteuer. Nach dieser kleinen Angabe fanden wir nun nicht mehr die unglaubliche Theurung unerklärbar, und glaubten nicht mehr in jedem Withshause geprellt zu seyn. –
Unsere Fahrt von Delft nach Rotterdam hatte wenig Auszeichnendes, der Weg ist sich überall gleich, das äußerst flache Land wird hier sumpfiger und mooriger, man findet hier viele Torfmoore; der Torf wird aber nicht, wie bey uns, in Steinen auf dem Moore gestochen, sondern unter dem Wasser herausgefischt, mit einer Maschine, die den Spaten an den Baggern gleicht; alsdann aufs Land gebracht, fest getreten, und so, wenn es etwas getrocknet ist, mit Spaten in seine gehörige Form abgestochen und getrocknet. Dieser Torf, der gar keine Wurzeln enthält, brennt wegen des vielen in ihm enthaltenen Erdharzes besser, aber stinkt auch weit mehr, als unser Torf. –
Von Reisende.
Caspar Heinrich Freiherr von Sierstorpff.[]
- [1803]
Ich fuhr Nachmittags von Rotterdam ab, und hielt mich, da ich das Grabmal des schändlich ermordeten Prinzen Wilhelm I. von Oranien schon vordem gesehen hatte, nicht in Delft auf, wo ich beym Durchgehen nur die geraden und breiten Strassen und Canäle bewunderte, und das Vergnügen hatte, gerade das grösseste und besste Klockenspiel in Holland zu hören, so sehr ich auch das öftere Gebammel derselben längstens schon satt hatte. Ob es gegründet ist, dass der sehr merklich vielleicht auf 5 Fuss oben überhängende Thurm der sogenannten grossen Kirche schon längst vor Christi Geburt gebauet sey, und ehemals, als die See noch bis dahin gereichet hat, zum Leuchtthurm gedienet habe, muss ich dahin gestellt seyn lassen. Er hat allerdings eine sehr altes Ansehen, doch kein solches, dass man daraus auf die Wahrscheinlichkeit dieser Volkssage schliessen könnte; und es liesse sich darüber wohl nicht viel mehr sagen als das, was ein mitreisender Franzose bey dieser Erzählung ausrief: -- F... c'est bien ancien! Einem der vortrefflichsten und grössten Männer hat sein Vaterstadt Delft noch keine Ehrensäule gesetzt, ich meine, dem Hugo Grotius, der hier mit seiner getreuen Frau begraben liegt, die ihn aus dem ihm auf beständig bestimmten Gefängnisse zu Löwenstein in einem Koffer rettete. Leider wird wohl nach dem jetzigen literarischen Geschmacke mehr das diese Begebenheit vorstellende Theatergeschreibsel eines unsrer Teutschen Lieblingsgelehrten gelesen, als jenes Meisterwerk, womit sich der grosse Klassiker seiner Zeit unsterblich gemacht hat. –
Quellen.[]
- ↑ Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor zu Altdorf. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1805.
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
- ↑ Reise nach Holland im Jahre 1790. J. G. A. Kirchhof. Oldenburg, gedruckt und verlegt von Gerhard Stalling. 1792.
- ↑ Fell's Reise durch die Batavische Republik Aus dem Englischen übersetzt, und mit Anmerkungen begleitet von D. Karl Murhard. Leipzig, bei C. H. Reclam. 1805.
- ↑ Dr. Johann Friedrich Droysen's Bemerkungen gesammelt auf einer Reise durch Holland und einen Theil Frankreichs im Sommer 1801. Göttingen bey Heinrich Dieterich. 1802.
- ↑ Bemerkungen auf einer Reise durch die Niederlande nach Paris im eilften Jahre der grossen Republik. 1804.