Danzig wird von den Preussen besetzt.[]
Der achte März 1793. [1]
Die polnischen Magnaten glaubten, für ihr Vaterland sehr viel gedeihliches gethan zu haben, wenn sie sich der Staatsverbesserung von 3. Mai 1791 entgegen setzten, und die königliche Parthey mit Hülfe Rußlands stürzten; allein schon jetzt zeigten sich die Folgen davon, die sie nicht erwartet hatten. Indeß die errichtete General-Conföderation an einer neuen Constitution arbeitete, blieben nicht nur sechzigtausend Russen im Reich stehen, und leiteten die Staatsgeschäfte nach den Absichten des Petersburger Kabinets, sondern es rückte auch im Jänner 1793 ein Korps Preussen unter dem General von Möllendorf in Groß-Polen ein, kam in die Woydwodschaften Krakau und Sendomir, und vertrieb daraus die polnischen Truppen, unter dem Vorwand, daß die unterdrückte Parthey der öffentlichen Ruhe noch immer gefährlich sey und Jakobinische Grundsätze allenthalben verbreitet würden. Am heutigen Tag wurde nun auch die Republik Danzig von den preussischen Kriegsvölkern eingeschlossen und besetzt, weil die Stadt bewiesen habe, daß sie wenig freundschaftliche Gesinnungen für Preussen hege. Die General-Conföderation erließ beim Einmarsch der Preussen einen Aufruf an die Stände, sich für die Vertheidigung des Vaterlandes zu rüsten, mußte aber solchen auf Vorstellung des russischen Gesandten zurücknehmen, und sich mit Bitten bey der Kaiserinn von Rußland um ihren fernern Schutz genügen lassen.
Zeitungsnachrichten.[]
- [1793]
Danzig, vom 8 Merz. [2]
Heute ist unsere gute Stadt durch ein Corps Preußischer Truppen aufgefodert worden, demselben die Thore zu öffnen, und Königl. Preußische Besazung einzunehmen. Jezt ist man wegé den Bedingungé in Unterhandlung; und da es mit Rußlands Einwilligung gefordert wird: so scheinen Danzigs Einwohner sich der Hoheitsveränderung nicht zu widersezen, so daß alles ohne Blutvergiessen in Ordnung gebracht werden wird.
Ein anders vom 12. Merz.
Gestern, den 11ten dieses, hat unsere Stadt sich mit völliger Uebereinstim'ung aller Stände, vermöge einer unter der Stadt-Jusiegel ausgefertigten Erklärung, der Oberherrschaft des Königs v. Preussen förmlich unterworfen, und hat um die Erlaubniß zur Absendung einer Deputation an den König gesucht, um mit Sr. Maj. selbst zu unterhandeln. Der General-Lieutenant von Raumer verlangt bis dahin die Vestung Weichselmünde zum Unterpfande, und will alsdann seine Truppen ganz abmarschiren lassen, so, daß Handel und Wandel schon morgen hoffentlich wieder frey seyn wird, da heute deswegen Unterhandlungen gepflogen werden. Den Ausgang werde ich nächstens melden. In unsrer Stadt ist es ganz ruhig, und bey den guten Anstalten ist kein Auflauf des Pöbels zu befürchten.
Danzig, vom 16 Merz. [3]
Seit dem 8. Merz wird diese Stadt durch Preußis. Truppe' bloquirt gehalten. Der commandirende General-Lieutenant von Raumer hat die äussern Vestungswerke der Stadt, so wie auch die Vestung Weichselmünde, nebst allem darinn befindlichem Geschüz verlangt. Der Rath, die Kaufmannschaft und Gewerke haben deshalb verschiedene Berathschlagungen gehalten, und den 11ten um 12. Ihr dem General die categorische Antwort ertheilt, daß sie die Vestungswerke nicht übergeben, sich aber völlig und gänzlich der Oberherrschaft Sr. Maj. des Königs, unterwerfen würden, wenn es untere einigen Bedingungen und Begünstigungen geschehen könnte. Es ist ihm auch darüber eine formelle Acte zugestellt worden. Der General hat darauf erklärt, daß er diese Propositionen dem König bekannt machen, und in der Zwischenzeit die Truppen von der Stadt zurükziehen würde, wenn man ihm die Vestung Weichselmünde übergäbe. Hierüber wurde den 11. und 12. Vormittags debattirt, und das Resultat davon war, dieses nicht zu bewilligen. Um 12. Uhr machte eine Deputation des Raths, des Gerichts, der Ordnungen, der Kaufmannschaft und der Gewerke dieses dem General bekannt, übergab ihm aber auch zugleich ein Schreiben des Raths an Se. Maj. den König, worinn sie die Stadt und deren Gebiet Allerhöchstdemselben antragen, und sich Commissarien erbitten, mit denen sie hier tractiren könnten. Der General hat darauf sogleich Estafetten nach Berlin und Frankfurt am Mayn abgeschikt, die Bloquade aber nicht aufgehoben; und in 4. Tagen hoffen wir unser Schicksal bestimmt zu erfahren. -- Den 13. ist von dem Pohlnischen Geschäftsträger gegen das Verfahren der Stadt eine Protestation eingegeben worden. -- Den 12. hat der Preußische General en Chef dem Präsidenten des Raths anzeigen lassen, daß er die Schiffahrt für die Stadt vor der Hand gänzlich frey gebe, jedoch nicht nach Frankreich. Den 15ten, des Morgens, wurde der Kaufmannschaft bekannt gemacht, daß die Schiffahrt nicht frey seyn, sondern geschlos~~ bleiben solle.
Warschau, vom 23 Merz. [4]
Briefe aus Danzig bringen die Nachricht, daß die an den König von Preussen gesandte Estafete mit der Antwort zurückgekommen, Se. Maj. wolle allen billigen Bedingungen Gehör geben, verlange aber, daß die Besazung binnen 24 Stunden in das Thor und binnen 3 Tagen in die Stadt gelassen würde, welches auch bewilligt wäre.
Danzig, vom 29 Merz. [5]
Gestern hatten wir hier einen unangenehmen Auftritt; den 27. Merz kam die Stadt mit dem Preußischen General in den Hauptpuncten vorläufig überein. Den 28. besezten die Preussen die Aussenwerke; um 11. Uhr Morgens rottete sich eine Menge Pöbels, und ein Theil der Garnison zusammen, bemächtigten sich einiger Kanonen der Binnenwerke, und feuerten auf die Preussen. Dieß dauerte bis 3. Uhr, und es wurden beyderseits einige getödtet, um halb 4. Uhr wurde aber, Gottlob! die Ruhe hergestellt. Die Rädelsführer sind gefangen genommen. Diese Nacht und heute ist alles ruhig gewesen.
Danzig, vom 2. April. [6]
Nach der mit dem Hrn. Generallieutenant v. Raumer getroffenen Verabredung besezten am 27ten Merz die Königl. Preußischen Truppen die äussern Vestungswerke und Thore. Indem diese Uebergabe geschah, revoltirte ein Theil der Danziger-Garnison. Unterstüzt vom Pöbel bemächtigte sie sich der innern Wälle, und schoß mit Kanonen und kleinem Gewehr auf die Königl. Truppen; doch dieser Aufstand wurde in wenig Stunden gedämpft, wobey nur 14 Menschen von beyden Seiten ihr Leben vtrlohren. Durch die Arretirung der Rädelsführer und verdoppelte gute Anstalten ist jezt die Ruhe wiederhergestellt. Selbst bey der Uebergabe der Stadt, die in kurzem erfolgen wird, haben wir nichts zu fürchten, da die innern Wälle, so wie die Garnison schon entwaffnet sind. Die Einschliessung ist gänzlich aufgehoben, Schiffahrt um der Verkehr zu Wasser und zu Lande sind völlig frey, und man erwartet nun die Königl. Commißion von Berlin, und die Unterhandlungen zu den neuen Einrichtungen anzufangen. Vorläufig kann man versichern daß der Seezoll eher niedriger als höher im Verhältniß des vorigen seyn wird.
Berlin, vom 9 April. [7]
Gestern ist die Nachricht hier eingegangen, daß nunmehr Danzig sich ohne Bedingung ergeben, und daß auch das Innere der Stadt von unsern Truppen besezt worden. Dem Vernehmen nach, wird nun Danzig und Thorn mit dem Departement von Westpreussen in Finanz- und Justiz-Sachen vereinigt werden, und der Theil von Groß-Pohlen, der von unsern Truppen besezt worden, künftig Süd-Preussen heissen, auch ein eigenes Departement ausmachen.
Quellen.[]
- ↑ Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
- ↑ Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 30. Merz, 1793. Num. 26.
- ↑ Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 3. April, 1793. Num. 27.
- ↑ Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 13. April, 1793. Num. 30.
- ↑ Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 17. April, 1793. Num. 31.
- ↑ Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 20. April, 1793. Num. 32.
- ↑ Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 24. April, 1793. Num. 33.