Departement der Gironde.[]
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38. Das Departement der Gironde, das seinen Namen von der Gironde hat, welche Benennung die Garonne von ihrer Vereinigung mit der Dordogne an erhält, und die sich hier ins Meer ergießt, ist hauptsächlich aus der Landschaft Bourdelais und einem Theile von Bazadois gebildet, liegt am aquitanischen Meere, hat einen Flächenraum von 193 Qu. Meilen und eine Bevölkerung von ungefähr 520,000 Seelen.
Dieses Departement ist jetzt in die sechs Gemeindebezirke von Bourdeaux, Lesparre, Blaye, Libourne, La Reole und Bazas abgetheilt, welche zusammen 580 Gemeinden in 48 Kantonen enthalten.
1) Bourdeaux oder (Bordeaux) die Hauptstadt des Deptmts. (vormals von ganz Guienne) große, schöne, ansehnliche und berühmte Handelsstadt mit ungefähr 110,000 (vormals 130,000) Einwohnern in einer weiten Ebene, am linken Ufer der Garonne, welche hier drei Viertelstunden breit ist, 16 fr. M. von ihrer Mündung und 160 von Paris.
Diese wichtige und merkwürdige Stadt hat die Gestalt eines halbes Mondes, weil der Fluß hier eine Bogenkrümmung macht, in deren Hintergrunde sich der Haven oder die Schiffslände befindet; die beiden Enden des Bogens sind ungefähr eine Stunde von einander entfernt, und dieselbe Länge hat auch das am Ufer hinlaufende Gestade der Stadt, und von dieser Seite aus, wo man sie auch ganz übersehen kann, bietet sie den herrlichsten Anblick dar, besonders bei Nacht, wo die reichliche Beleuchtung ihr das Ansehen giebt, als ob sie ganz in Flammen stände. In der Mitte dieses großen Halbzirkels lag vormals das alte feste Schloß Trompete (Chataeu Trompette), das im J. 1785 abgetragen wurde, um auf seiner Stelle ein neues Quartier der Stadt mit einem großen Hauptplatze anzulegen, welcher Bau jedoch zur Zeit noch nicht vollendet ist. Außer dem gedachten, jetzt abgetragenen Schlosse, sind hier zur Beschützung der Stadt und ihrer Schiffahrt noch zwei Kastelle oder Forts, nämlich das Schloß Haa, an dem Ende der Stadt, wo sie am breitesten und gegen das platte Land hin ist, ein altes Kastell mit sieben Thürmen, und das Fort St. Croix (oder St. Louis), eine Schanze von geringer Bedeutung, am südlichen Ende der Stadt an der Garonne. Sonst ist die Stadt nicht weiter befestigt, doch ist sie mit einer alten Mauer und vielen alten Thürmen umgeben. Sie hat 19 Thore, von welchen 12 auf den Fluß hinausgehen. Sie ist überhaupt genommen nicht gar schön, indem die meisten Straßen krumm, enge und schlecht gepflastert sind; sie hat jedoch sehr viele schöne und ansehnliche Gebäude und Häuser, auch wirklich prächtige Palläste und ist in den neueren Zeiten sehr verschönert worden. Der Vorstädte sind zwei, die eine heißt Chartrons und ist groß und schön, die andere St. Surin (eigentlich St. Severin) ist auch groß, aber nicht so schön. Die ansehnlichste Straße der Stadt ist die im Quartier Chapeau-rouge, die mit dem einen Ende auf den Kai, und am andern auf den Cours von St. Surin stößt.
Der schönste öffentliche Plaz ist der Freiheitsplaz (vormals Königsplaz, weil auf demselben die Bildsäule des K. Ludwigs XV. stand) im vorgenannten Quartiere, auf demselben steht die Börse. Nicht weit von diesem Platze steht ganz frei das vortrefflich gebaute und geschmackvoll verzierte Schauspielhaus, worin auch der Konzertsaal ist.
Das Rathhaus ist unansehnlich. Der Justizpallast war das alte Schloß Lombrière.
Außer der alten, gothischen, großen und ziemlich hübschen Domkirche sind hier noch, mehrere, zum Theile bemerkenswerthe Kirchen und vormalige Klöster. Das vormalige Karthäuserkloster in der Vorstadt St. Surin ist prächtig. Der vormalige erzbischöffliche Pallast ist ein ganz einfaches Gebäude. Der milden Anstalten sind mehrere. Das neue Hospital steht außerhalb der Stadt an der Garonne; mit demselben sind Manufakturen verbunden. Die Stadt hatte vormals eine Universität und eine Akademie der Künste und Wissenschaften; jetzt ist hier ein Lyceum und ein Kunstmuseum, auch ein Taubstummen-Institut, eine Handelsschule, eine große Schiffahrtsschule, eine medicinische und eine literarische Gesellschaft. Die öffentliche Bibliothek ist ziemlich ansehnlich.
Zu den Merkwürdigkeiten dieser Stadt gehört auch die neue Mühle mit 24 Gängen, die von der Flut in Bewegung gesetzt werden. Es ist auch eine Mineralquelle in der Stadt.
Die öffentlichen Spaziergänge sind, außer dem bereits genannten Cours von St. Surin, der Cours von Chartrons und der treffliche öffentliche Garten mit schönen Terrassen.
Man hat hier auch mehrere Alterthümer gefunden.
Die Manufakturen der Stadt sind sehr wichtig, obgleich nicht zahlreich; die beträchtlichsten waren vormals die Zuckerraffinerien; ferner sind hier Fayence-, Zitz-, Strumpf- und Wollenzeuchfabriken, eine Spitzenmanufaktur, u. s. w. In der Nähe der Stadt sind 7 Glashütten. Man fabricirt hier auch Bijouteriewaaren, Leder, Seilwerk u. dgl.
Von ungleich größerer Wichtigkeit ist aber der hiesige Handel, zu dessen Flore hauptsächlich die bequeme Lage an der Garonne das Meiste beiträgt, in welche sich mehrere schiffbare Nebenflüsse ergiessen und die durch den großen Südkanal mit dem Mittelmeere zusammenhängt, sich unterhalb Bourdeaux in das Meer ergießt, und bei dieser Stadt einen Haven bildet, in welchen selbst die größeren Kauffahrteischiffe mit Hülfe der Flut, die hier bis auf zwei Klaftern steigt, von dem Meere aus stromaufwärts einlaufen, und dicht an der Stadt anlegen können. Auf den hier zusammentreffenden Flüssen und Kanälen werden die Produkte und Fabrikate der umliegenden Landschaften von weit her zusammen gebracht, um dann zur See ins Ausland verführt zu werden; auch werden auf denselben die Waaren, die zur See einkommen, in das Innere von Südwest-Frankreich verschifft. Der hiesige Seehandel ist daher von größter Wichtigkeit. Es giebt hier auch sehr reiche Handelsleute und Handelshäuser von allen Nationen, viele Protestanten, die jetzt hier ihren öffentlichen Gottesdienst haben, und bei hundert Judenfamilien.
Die wichtigsten Ausfuhrartikel sind Wein und Branntwein; ferner Essig, gedörrte Pflaumen, Papier, Safran, Seidenwaaren, Siamoisen, Leinwand u. s. w. Zur Beförderung des Handels dienen auch von hier (in Friedenszeiten) nach Amerika, Westindien und den mascarenischen Inseln abgehenden Paketboote. Auch giengen sonst mehrere Schiffe auf den Stockfisch- und Wallfischfang aus.
Jährlich werden hier zwei große Messen gehalten, deren jede 14 Tage dauert; die eine fängt am ersten März an, die andere am 15ten October.
Bourdeaux, dessen Ursprung sich in dem grauesten Alterthume verliert, und das mancherlei Schicksale gehabt hat, ist jetzt wieder der Sitz eines Erzbischoffs, ferner einer Präfektur, eines Appellations-, eines Criminal-, eines Civil-, eines Handelsgerichts, eines Münzhofs, einer National-Lotterie, eines Militär-Commandanten, eines Marine-Commissärs, eines Marine-Syndikats u. s. w.
2) Lesparre oder Esparre, geringes Städtchen von 820 Einw.
3) Blaye, alte, befestigte Handelsstadt mit 4800 Einwohnern, an der Gironde, unterhalb Bourdeaux. (Vor der Mündung der Gironde liegt der sehr merkwürdige Leuchtthurm Tour-de-Cordouan auf einem Felsen.)
4) Libourne, hübsche Handelsstadt mit 8400 Einwohnern, an der Dordogne, in welche sich hier die Ille ergießt. Sie hat Fabriken und starken Handel.
5) La Reole, hübsche Stadt mit 5000 Einwohnern, am rechten Ufer der Garonne, hat Fabriken und treibt Handel.
6) Bazas, kleine alte Stadt mit 4500 Einwohnern auf einem Felsen.
Hauptorte von Bezirken.
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Quellen.[]
- ↑ Neueste Länder- und Völkerkunde. ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Zweiter Band. Frankreich. Weimar, im Verlage des geographischen Instituts, 1806. = Neueste Kunde von Frankreich. Nach dessen gegenwärtigem Zustande aus Quellen dargestellt von Theophil Friedrich Ehrmann. Weimar, im Verlage des F. S. privil. Landes-Industrie-Comptoirs. 1806.