Von Bastille bis Waterloo. Wiki
Advertisement

Dänische Kriegsmacht.[]

[1]

Den 5ten April.

Bester Freund!

Endlich erhalteen Sie die schon so lange versprochenen Nachrichten von dem dänischen Kriegsheere, wozu ich Ihnen zugleich des zu Flöen verstorbenen Grafen Schmettaus Schrift: "Patriotische Gedanken eines Dänen über stehende Heere, politisches Gleichgewicht und Staatsrevolutionen," die hier wegen der darin enthaltenen Wahrheiten großes Aufsehen erregten, empfehle, und Ihnen zwei dagegen herausgekommene Broschüren mitsende, nämlich: 1) Gedanken eines norwegischen Offiziers über die patriotischen Gedanken xc. in einem Schreiben an seinen Freund in Dänemark 1793. (Diese Gedanken sind äusserst grob und beleidigend gegen Schmettau, zeugen von großer Unwissenheit in der Landesverfassung, enthalten meist Paralogismen und Sophistereien und fanden auch wenig Beyfall) 2) Bemerkungen über das stehende Heer in Dänemark, veranlaßt durch die patriotischen Gedanken xc. 1793. (Der Verfasser dieser Bemerkungen macht sich wenigstens keiner Personalien gegen Schmettau schuldig, bedient sich überhaupt eines gründlichen Raisonnements, als sein Vormann, und hat vor ienem auch viele Vorzüge in Rüksicht des Styls und Vortrags.) Dagegen vertheidigte sich Schmettau in: Erläuternder Commentar zu dem patriotischen Gedanken eines Dänen xc. von dem Verfasser derselben Gedanken eines Dänen xc. von dem Verfasser derselben Woldemar Friedrich Grafen von Schmettau, des Churpfälzischen Löwenordens Ritter und der königl. Norwegischen Sozietät der Wissenschaften Mitgliede, veranlaßt durch ein bei F. F. Schulz in Kopenhagen erschienenes anonymisches Pasquill, betitelt: Gedanken eines norweg. xc. 1793.

Man rechnet gewöhnlich die ganze dänische Kriegsmacht, mit Norwegen inbegriffen, auf 75000 Mann, welche Anzahl aber höchstens nur dann Statt finden kann, wenn man alle Garnisons-Kompagnien, wo alte undiensttüchtige und gebrechliche Soldaten ihr Gnadenbrod geniessen, die Bornholmer Miliz xc. mit rechnet. Nach allem, ürwas ich das dänische Militär gelesen und davon gehört, scheint die Summe von 65000 Mann am richtigsten zu seyn. Von dieser für das kleine und arme Dänemark ungeheuren Menge Soldaten ist wenigstens der sechste Mann ein Ausländer. Die meisten Ausländer sind Deutsche, dann folgen Schweden, Franzosen, Italiener, Holländer, Russen, Polen, Schweizer, Portugiesen und Engeländer. Die übrigen 5 Theile sind theils Landrekruten, theils Landsoldaten. Erstere dienen 8 Jahr, und erhalten für iedes Jahr 2 Rthlr. Handgeld, müssen sichs aber auch gefallen lassen, im Ermangelung andrer Geworbener, ausser der Exerzierzeit im Dienste zu bleiben, welches izt von Jahr zu Jahr immer häufiger geschieht. Leztere dienen nach der neuen königl. Verordnung, durch welche die Leibeigenschaft aufgehoben wurde, auch nur 8 Jahre (zuvor mußten sie 12 Jahre als Landsoldat dienen) und können nicht im Dienste behalten werden. Diese Landvölker bekommen ieder aus seiner Amtsstube 5 bis 7 Rthlr. Reisegeld, welches Geld durch eine Auflage auf alle Dienstboten, von der Magd des Bauern bis zur Kammeriungfer der Königin, und vom armen Knecht des Landmanns bis zum fetten Kammerdiener des Königs bestritten wird. Den 31. Mai sind alle beordert, sich bei ihren Kompagnien einzufinden; und es ist in der That ein sehenswerther Anblik, wenn man an diesem Tage die Stadt von so vielen Bauern, deren Anzahl man hier gerne auf 16,000 rechnen kann, wimmeln sieht. Furchtsam und zitternd, als ob sie schon zur Schlachtbank geführet werden sollten, kommen diese arme Schaafe zu den Thoren herein gewandert, mit mehrentheils über die Schultern fliegenden Haaren. Ihre Kleidung besteht in einem langen weisen Küttel, und fast eben so langen wollenen Jakken, einem blaukattunenen Tuche um den Hals, in alten Muntirungshosen, grauen und rothen Strümpfen, und hölzernen Schuhen. Ueber den Rükken hängt ein Quersak mit Käse, Butter, Fleisch und Würsten angefüllt, um diese 28 Tage keinen Hunger zu leiden. Diesen Sak haben sie weislich mit einem eisernen Stabe und Schlosse verwahret, um den hungrigen Dienstthuenden, die alle von ihnen Deutsche genannt und entsezlich gefürchtet werden, den Zugang zu verbieten, die aber doch unverschämt und dreist genug sind, sich mit dem Messer einen Weg zu dieser Speiskammer zu bahnen. Wenn man einen Trupp solcher militairischen Bauern durch die Stadt marschiren hört, so verursacht das abscheuliche Klappern ihrer mit Eisen beschlagenen Holzschuhe einen großen Lärm, als wenn es eben so viele Hussaren wären. Am zweiten Tag sind sie schon in Soldaten verwandelt, denen der Bauer nur noch aus den furchtsamen Mienen hervorgukt. Jeden Nachmittag des Junius Monats kann man sie wieder in ihrer eigenthümlichen Kleidung sehen, weil eine harte Strafe darauf gesezt ist, wenn ein Soldat ausser Dienst mit seiner, obgleich ziemlich abgeschabten und gekappten Muntirung gehen wollte.

Vom 1. bis 28. Junius werden diese Landvölker nebst den Dienstthuenden im Exerzieren geübt; doch, sie versammlen sich ieden Morgen um 3 Uhr bei ihren Unteroffizieren, um 4 Uhr bei ihrem Kapitain, um 6 Uhr auf dem Walle, und marschiren um 7 Uhr mit oder ohne Musik zum Thore hinaus, auf einen großen Plaz, wo sie bis Mittag präsentiren, laden, fertig machen, viele Zentner Pulver verschüssen, marschiren, zwar hungrig und unzufrieden, aber doch gehorsam sich auf den Wink bewegen, und -- wie es Schmettau sehr richtig nennt, effigie rebelli spielen. Die lezten Tage passiren sie die Revüe vor der königl. Herrschaft, und damit wird das Exercitium geschlossen.

Kein Monat des ganzen Jahres ist besonders diesen Landleuten länger und schwerer, als eben dieser oft von ihnen aus dem Kalender verwünschte Junius. Denn sie bekommen, ungeachtet des menschenfreundlichen Befehles des Generalitäts-Kollegiums, sie gelinde und glimpflich zu behandeln, Prügel wie die Esel, deren Mangel sie auch wirklich in Dänemark ersezzen müssen. So harten und schweren Arbeiten und Strapazen sie in ihrer Heimath ausgesezt sind, so kann man doch gewiß behaupten, daß sie diese 28 Tage hindurch mehr schwizzen als die übrigen 337 Tage. Allein nicht genug, daß sie von den Offizieren und hernach vom Kronprinzen selbst tüchtig herum getummelt und herum geiagt werden, so werden sie auch übrigens von allen Seiten und auf alle nur mögliche Art betrogen, geplagt, geprügelt und gemartert. Denn die Unteroffiziere, von denen sie zuerst exerziert werden, suchen sich an ihnen wegen der vielen, ihnen durch sie verursachten Beschwerden, wie auch für leere Flaschen und Hände zu rächen. Dann werden sie von den andern gedienten Soldaten gefoppt und betrogen, von denen sie sich, aus Ungeschiklichkeit und Furcht, die Gewehr, Patrontaschen und Muntirungsknöpfe puzzen lassen.

Endlich erscheint der so sehnlich gewünschte, so oft herbei gerufene lezte Tag, an welchem sie ihre Muntirung und Gewehre abliefern, und Reisepässe erhalten, und an welchem noch manchen der Bukkel gedroschen, oder wenigstens die Ohren verlängert werden, wenn sie sich nicht den Kommandiersergeand zum Freunde zu machen wußten. Und nun sieht man auf aller Antliz die ausgelassenste Freude flimmern und flammen. Wer noch ein gesundes Bein hat, schreitet -- denn h:upfen kann man nicht von ihnen sagen, davon wissen sie nichts -- mit eilfertigen Schritten brummend und singend zum Thore hinaus, mit dem leeren Brodsakke auf dem Rükken, und öfters auch mit 20 bis 30 Rthlr. weniger, als er herein kam. Denn viele, und darunter sind manchmal Leute, die verheirathet sind, und ein kleines Häuschen haben, bringen ihr mit Arbeit und Schweiß erworbenes Vermögen mit, um grausame Kommandiersergeanten, und hartherzige Unteroffiziere zu besänftigen, und um für ihrem Rükken kräftige Bittschriften einzugeben; oder um in der großen und reichen Stadt ihr Glük im Spiele zu versuchen, und sich von listigen Spekhökern und verkleideten Offizieren rechtmäsiger Weise ausgeplündert zu lassen u. s. w.

So gering nun auch das Traktement aller dieser Krieger ist, so beträgt es doch iährlich eine beträchtliche Summe, die, wie Schmettau behauptet, mehr als den dritten Theil der sämmtlichen Reichseinkünfte ausmacht. Um Ihnen nur einen kleinen Begriff davon zu geben, so will ich Ihnen die Besoldungen eines ganzen Regimentes, wie sie nach dem neuen Gageplan bestimmt worden sind, namhaft machen:

1 Oberster bekommt iährl. 1740 Rthlr.
1 Oberstlieutenant -- 852 –-
1 Premier-Maior -- 732 –-
Latus 3324 Rthlr.
Transport 3324 Rthlr
1 Sekond-Maior iährl. 648 –-
6 Kapitaine á 600 Rthlr 3600 –-
2 Stabskapitaine á 228 456 –-
10 Prem.Lieut. á 156 1560 –-
10 Sekond-Lieut. á 135 1350 –-
10 Fähndriche á 114 1140 --
Summa 12078 Rthlr
Die Unteroffizier und Gemeine werden mit Inbegriff des Brods folgender mas. berechnet:
1 Sergeant täglich 18 £.
1 Foureir 14
1 Korporal 12
1 Vicekorporal 8
1 Musquitier 6
1 Grenadir 6 1∫3
Latus 12078 Rthlr.
Transport 12078 Rthlr.
Zwei Grenadier Kompagnien kosten iährl. 5786 Rthlr. 74 £.
8 Musquetier-Kompagnien 22,386 -- 64.
Hierzu kommen 780 Nationalsoldaten in 28 Tagen 1365 -- --
Ferner gehört hieher der Uterstab, nämlich:
1 Regimentsquarmeister iährl. 480 -- --
1 Auditeur 210 -- --
1 Regimentsfeldscheer 842 -- 88 £
1 Unterchirurgus 114 -- --
5 Kompagniefeldscheer á 60 Rthlr. 300 -- --
1 Büchsenmacher 331 -- 86 £.
Latus 43,898 Rthlr. 24 £.
Transport 43,898 Rthlr. 24 £.
1 Regimentstambauer á 12 £. tägl. 45 -- 60 –
6 Hautboisten -- -- 273 -- 72 –
1 Profos á 6 £. -- 22 -- 78 –
Zusammen 44,242 Rthlr. 42 £.
Von dieser Summe wird wieder abgezogen,
was durch die Beurlaubten ersparet werd, nämlich 12,309 -- --
Es bleiben also noch zurük 31,933 Rthlr. 42 £.
Zu dieser Summe müssen nun noch folgende Ausgaben gerechnet werden, nämlich zur Werbung allein 4400 Rthlr. dann Zulagen (á 1∫2 £. tägl.) für Scharfschüzzen, Artilleristen, und Halbmondbläs. wie auch Fourrage für die Pfer. der Offiziere,
zusammen 6387 -- 80 1∫2 –
Und für Muntirung der Soldaten 7879 -- 11 1∫2 –
Summa Summarum 46,201 Rthlr. 38 £.
was iedes Infanterie Regiment dem König, wie es hier heist, kostet.

Denken Sie sich nun die ganze dänische Kriegsmacht, nämlich die Leibgarde zu Pferde, 12 Regimenter Kavallerie, die Leibgarde zu Fuß, 24 Regimenter Infanterie, 6 Korps Jäger und leichte Infanterie, und 2 Bataillons Skieläufer; ferner: 5 Generale, 19 General-Lieutenants, und 32 General-Maiore, und dann die Gage der übrigen Deputirten und Bedienten, und rechnen Sie dazu die ausserordentlichen Zulagen, Gratificationen, Pensionen und viele andre beträchtliche Ausgaben: so wird es Ihnen keineswegs übertrieben scheinen, wenn Thaarup (in dessen Kort Veiledning til det donske Monarchiets Statistik, Kiöbenhavn 1790) die Kosten des ganzen dänischen Militair-Etats iährlich auf 1 Million und 650,000 Thaler ansezt. Man darf sich daher gar nicht wundern, patriotische Bürger in laute und gerechte Klagen über ein so unnüzzes Heer ausbrechen zu hören, da es nicht der König ist, der es ernähren muß und dem es zur Last fällt, sondern weil der ganze Staat in vielerlei Hinsichten darunter leidet.

Statens Museum for Kunst, Kopenhagen
Statens Museum for Kunst, Kopenhagen

Ausser der königl. Garde zu Pferde und zu Fuß, und ausser der leichten Infanterie, welche im Kastell liegt, und der aus Christianshafen einquartirten Artillerie, liegen hier noch 6 Regimenter zu Besazzung, deren iedes aus 10 Kompagnien besteht, von welchen die ersten 2 Grenadier-Kompagnien sind, und von allen 6 Regimentern wiederum 2 Regimenter formiren und für sich nach ihrer Tour auf die Wache ziehen. Zwei Regimenter geben zusammen 398 Tambour und Gemeine und 29 Unteroffiziere täglich zur Wache. Die Hauptwache ist mit 1 Kapit. 1 Lieut. 3 Unteroff. und 36 Gemeinen besezt; die übrigen werden an den Thoren in- und auswendig, auf den Holmen, dem Rosenburger Schloß u. s. w. vertheilt.

Die Dienstthuenden sind, wie ich schon erwähnte, meistens Ausländer, und kommen, einige durch List und Betrügerei der Werber, andre aus Liebe zum Frieden, und noch andre aus Noth oder Liederlichkeit, aus einem fruchtbaren und gesegneten Lande hieher in ein fremdes Klima, in ein Land, das im Ganzen genommen, noch ziemlich unkultivirt ist. Auf dem langen Marsche sezzen die meisten ihr Handgeld zu und bringen öfters nichts als zerrissene Kleidungsstükke mit herein, weil sie schon unterwegs hören, daß ihnen die guten Kleider hier abgenommen werden. Unter diesen Rekruten befinden sich viele iunge Leute, die mit einem starken Wachsthum zugleich einen starken Appetit verbinden, und am Löhnungstage ihre auf 5 Tage erhaltenen 20 £. bei einem Markedenter ganz gemächlich in einer Mahlzeit verzehren können. Wovon sollen sie nun die übrigen 4 Tage leben. Ein Kreuz vor dem Munde machen? -- Damit ist der Magen schlechterdings nicht zufrieden. Das 5 bis 5 1∫2 Pfund schwere Brod wird kaum bis zum dritten Tag zureichen. Kommen sie nun zu ihren Kompagniechefs und verlangen von ihnen Hülfe: so werden sie nicht nur auf das entsezlichste ausgescholten, sondern die Treppen hinunter geworfen, oder wohl gar auf Wasser und Brod hingesezt, anstatt ihnen, die unter ganz fremden Menschen weder aus noch ein wissen, Mittel und Wege zu zeigen, sich auf eine ehrliche Art etwas zu verdienen.

Das Sprichwort sagt: die Noth bricht Eisen; und es ist auch hier anwendbar. Denn Noth, Mangel und Elend treibt selbst dieienigen, die in ihrem vorigen Leben nicht an die geringste Handarbeit gewöhnt waren, an, die härteste und sauerste zu verrichten, um nur dadurch der grausamen Marter des Hungers zu entgehen. (So sah ich lezthin an der Ekke des alten Markts einen gewissen deutschen Grafen, der sich hier einen andern Namen gegeben, mit einem Strikke um den Leib auf Arbeit warten.) In Kopenhagen, wo es der Hungrigen und Müssigen so viele giebt, und wo so viele genöthigt sich, sich auf diese Art ihr Brod zu verdienen, nämlich in zerrissene Lumpen gekleidet, und einen Strik um den Leib gegürtet, um ihre oft 1 Schiffpfund, d. i., gegen 2 1∫2 Centner schweren Bürden damit zu befestigen; hier kann man gern den dritten Theil annehmen, der des Tags über leer ausgeht und nichts verdient. Freilich bringen einige unter ienen ihren Verdienst des Tags zuweilen auf 4 bis 6 Mark. Der Vortheil aber, den sie dadurch haben, ist äusserst unbedeutend, denn nun suchen sie durch übermässiges Essen und Trinken die körperlichen Kräfte zu ersezzen, woher es dann kommt, daß man gegen Abend viele auf den Strasen betrunken herumpurzeln sieht.

Von dieser ihrem Verdienste und Wohlleben gereizt, wünschen die übrigen, ihrem ausgehungerten Körper endlich auch einmal etwas zu Gute zu thun. Zu einem ehrlichen Verdienste ist ihnen die Gelegenheit abgeschnitten. Kein Wunder also, wenn sie auf das Stehlen gerathen. Aber auch in dieser Art des Verdienstes werden sie gestört, man entdekt sie, sezt sie in Arrest, und läßt sie nach gehaltenem Verhör und Gericht Gassen laufen, welches hier täglich geschieht. Das Stehlen aber unterbleibt doch nicht, ia es wird nie unterbleiben, so lange ihnen kein besserer Sold gegeben wird, und so lange ihnen ihre Offiziere nicht hülfreicher beistehen. Die Dieberei ist izt hier unter den Soldaten so groß, daß beinahe Niemand mehr seines Eigenthums sicher ist. Den Bürgern werden auf öffentlichen Strasen ihre Schnupftücher, Uhren, Brieftaschen, Stökke u. dergl. mit der größten Geschwindigkeit und Verschlagenheit weggestohlen. Ja, diese diebischen Soldaten sind so dreist, wovon man in den Adreß-Nachrichten täglich neue Beispiele ließt. daß sie am hellen Tage hinauf in die Häuser gehen, das ihnen anständige einpakken, und unter allerlei Vorwand wegbringen; oder bei einem Uhren hinwegreissen; oder sich des Morgens in die Küchen schleichen, und den auf dem Feuer stehenden Kaffeekessel abnehmen und sich geschwind entfernen. Nichts ist daher natürlicher und wahrscheinlicher, als daß der König zulezt, wenn es keinen Krieg giebt, seine vielen Soldaten einzig und allein dazu gebrauchen muß, um mit den einen die andern zu bewachen; welches schon izt der Fall in Hinsicht auf Desertion ist, und die -- ungeachtet der nordische Offizier das Gegentheil behauptet, ungleich stärker seyn würde, wenn nicht Dänemark überall mit Wasser umgeben wäre.

Auf der Hauptwache, wo das militairische Gefängniß für Offiziere und Gemeine ist, und wo alle, sie mögen verbrochen haben, was sie wollen, selbst wenn sie von einem Offizier des Spases wegen arretirt worden, vom Kommandirsarganten bis zum Stökkenknecht, in ein und dasselbe Loch gesperret werden; hier, sage ich, lernen unschuldige, unerfahrne iunge Leute alle Arten des Lasters, vornämlich das Stehlen; und die noch nicht darin geübten hören hier andre ihre Streiche nebst den dabei gebrauchten Ränken und Kunstgriffen, mit der größten Frechheit, ia sogar mit einer Art Stolz erzählen, daß sie die Strafe ganz und gar nicht achten, sie vielmehr für Strafe ihrer Ungeschiklichkeit ansehen, und nun erst recht methodisch zu stehlen und zu rauben beginnen. Hier erfahren sie auch, an wen sie sich mit ihrem gestohlenen Gute wenden müssen, um nicht so leicht entdekt zu werden.

Haben sie nun so lange gestohlen, als es nur möglich war, und sind sie dabei so oft ergriffen worden, daß sie deswegen zu vier verschiednen malen von 4, 8 und 12mal in einem, und 16 mal in 2 Tagen durch die Gassen haben gehen müssen: so kommen sie beim nächstenmal in die Sklaverei; manche auf Königs Gnade, andre auf gewisse Jahre, und noch andre auf zeitlebens. Und -- -- -- -- sollen Sie es wohl glauben? -- viele streben aus allen ihren Kräften, dahin zu kommen, weil, wie sie selbst sagen, sie es daselbst besser haben, als unter den Soldaten, ob sie gleich von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr auf der harten Pritsche schlafen, und mit Eisen an den Beinen zur Schande und zum Entsezzen der Menschen herumgehen, und wieder harte Arbeit verrichten müssen. Fürwahr es ist ein betrübter Anblik, wenn man diese Heerde frei erschaffner, und erst durch harte und unmenschliche Obere, in das Joch der Sklaverei gebrachter und verdorbener Menschen erblikt, wie sie mit langen schweren Ketten, gleich Hunden an einander gekuppelt, des Morgens und Abends durch die Strafen auf ihre Arbeit getrieben werden! Wie mancher Ausländer befindet sich nicht mit darunter, der sein Glük in Dänemark zu machen suchte, aber unter Mörder fiel und -- -- --

Noch muß ich zu Ende dieses Briefes der hiesigen sogenannten Spekhöker gedenken, die eine ganz besondre Klasse von den Einwohnern Kopenhagens ausmachen, und bei denen vornämlich die Soldaten und Matrosen ihren meisten Verkehr haben. Man zählet ihrer mehr als 1000. Sie handeln mit allerlei Viktualien, besonders mit Brandewein, Bier, Käse, Butter, Zwiebak, Spek, Erbsen, Grüz, Holz, Schwefelhölzchen, Sand, Milch, Sane u. s. f. welches sie alles en gros einkaufen, und wieder einzeln verkaufen, und dadurch einen unglaublichen Profit haben; denn wenn einer des Tags für 15 bis 20 Rthlr. verkauft, so hat er gewiß 8 bis 10 Rthlr. Profit. Doch haben sie nicht alle gleich starke Nahrung. Dadurch aber leiden die Armen am meisten, welche genöthigt sind, ihre Lebensmittel einzeln einzukaufen, oder wohl gar zu borgen. Die mehresten dieser Wucherer sind aus Jütland, von da sie erst als Hausknechte hieher kommen, sich wo möglich eine Zeitlang im Dienste der Brauer aufhalten und dadurch wegen des großen Unterschleifs mit dem Bier, vieles Geld sammlen, bis sie endlich im Stande sind, eine Frau zu nehmen, ein Haus zu kaufen, und Spekhöker zu werden. Können sie Anfangs nur 4 bis 600 Rthlr. oder höchstens den 4ten Theil auf das Haus bezahlen, so sind sie gewiß in den ersten 3 bis 4 Jahren im Stande, die übrigen 3∫4 abzutragen. Allein selten ist ein Mensch mit seinem Stande zufrieden, er strebt immer höher und höher, bis ihn der Tod in den Nakken tritt; so ist es auch bei diesen Spekhökern. Den sind sie erst das, so suchen sie dann Bierbrauer zu werden; und dann kaufen sie sich den Titel eines Justiz- oder Kammer- oder Kommerzienrathes, die hier gleich andrer Waare, für ein gewisses Geld verkauft werden, und haben nun mit den Rangspersonen der 5ten, 6ten und 7ten Klasse gleichen Rang und Vorrechte. Titel und Perükke verbergen dann die Dummheit und Unwissenheit der gnädigen Herrschaft.

Da nun diese Leute unter andern Gaben von der Mutter Natur auch einen Trieb zur Fortpflanzung erhalten haben; und da ihre Söhne nicht alle die Lebensart ihrer Väter erwählen können: so ist es immer der Wunsch der Eltern, ihren Stamm, wo nicht in einem Geistlichen fortwachsen, doch wenigstens in einem mit blanken Stiefeln und mit einem goldnen Portepee gezierten, stolz einher stampfenden Offiziere blühen zu sehen. Zu einem Geistlichen aber wird doch ein wenig Kopf erfodert, und da diese armen Kinder mehrentheils im Rausch empfangen, im Rausch geboren und getauft, und im Rausche gesäuget und erzogen werden: so ist es ganz natürlich, daß sie statt des schwarzen Rokkes lieber den rothen wählen. Auch ist es sehr leicht, wenn man sich vorher mit ein paar Duzzend Stük dänischer Dukaten an den Obersten gewandt, vom König zum Fähndrich erhoben zu werden. Daher kommt es vornämlich, daß die Landoffiziere im Ganzen genommen, wenig geachtet und dem Spotte vernünftiger Menschen, die an leeren Windbeuteleien keinen Geschmak finden, ausgesezt sind. Zum Beweis, der bei diesen Offizieren herrschenden großen Unwissenheit diene Ihnen folgende Anekdote, deren sich hier täglich ähnliche ereignen.

Ein Lieutenant ** hatte die Wache am Westerthore, als eine Extrapost ankam, und nach gewöhnlicher Frage, wer die einpassirende Person sei, zur Antwort erhielt: es sei de Köning aus Holland. Mit tiefen Büklingen stammelte er ein paar Entschuldigungen hervor, daß die Wache nicht ins Gewehr getreten, entfernte sich, und sendete in größter Eil eine Extrameldung an den Kommandanten, daß eben Seine Maiestät der König von Holland einpassiret wären. Solche und dergleichen Anekdoten passiren hier sehr oft. Und dennoch wollen diese Herren von respektirt werden! König Karl von Schweden wollte einst seinen Stiefel den Sachsen zum Statthalter senden -- wenn er's gethan hätte, so wären die Sachsen schuldig gewesen, vor dem Stiefel den Hut abzuziehen -- und wenn irgend wo ein Vorgesezter ein ausgemachter Stokfisch wäre, so ist der Subordinirte verbunden, ihm eine Verbeugung zu machen. -- Darum darf er aber doch in seinem Herzen denken: du bist ein Stokfisch. –

In meinem nächsten Briefe werden sie die verlangte Rangordnung, mit einigen Anmerkungen begleitet, erhalten. Leben Sie wohl!



Versorgung Dänischer Unterofficiere.[]

[2]
Verdienten und fähigen Unterofficieren, welche zwölf Jahre lang treu gedient haben, sind eine beträchtliche Anzahl Civilbedienungen zugesichert, theils ausschliessend, theils vorzugsweise. Mehrere derselben sind so erträglich, dass sie als Belohnungen geleisteter Dienste gelten können. Dazu gehören Zollbedienungen zu 200 bis 300 Rthl., Postmeisterstellen von 150 bis 200 Rthl. Zu andern, noch wichtigeren Stellen, concurriren sie mit andern Competenten des Civils nach Maassgabe ihrer Fähigkeit und ihrer längeren Dienste.

Zugleich sind in allen Dänischen Garnisonen zweckmässige Schulen zum Unterricht der Unterofficiere eingerichtet. Ein Officier hat gegen eine Zulage die Oberaufsicht. Geschickte Unterofficiere werden zu Lehrern genommen. Jeder bereits Dienstthuende, der an der Schule Theil nimmt, erhält täglich zwei Schilling Zulage zu seinem Traktement. Diese Zulage ist reglementirt für 1 bis 10 von jedem Regiment, und für das Marine-Regiment und die Besatzung der Citadelle in Kopenhagen für 1 bis 24. Jährlich erhalten drei der ausgezeichnetesten Schüler, deren Unterricht vollendet ist, eine Prämie von 10, 5 und 2 ½ Rthl.; die erste halb in Geld und halb in einem Ehrenzeichen. Jeder Schüler hat sein eigenes Conduitenbuch.


Quellen.[]

  1. Freie Bemerkungen über Kopenhagen in Briefen. 1796.
  2. Mars. Eine allgemeine militärische Zeitung. Berlin, 1805.
Advertisement