Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Christ. Mart. Wieland.[]

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Wieland (Christ. Mart.) gebohren zu Biberach am 5. September 1733, herzoglich Sachsen-Weimarscher Hofrath und Mitglied der dritten Classe des Pariser Instituts für Wissenschaften und Künste, ist einer der ersten deutschen Dichter und Prosaisten. Kein neuer Dichter hat so viel und so mancherley geschrieben und soviel tiefsinnige Weisheit mit solcher Leichtigkeit und Anmuth vorgetragen. Er ist auch als glücklicher Uebersetzer aus dem Griechischen und Lateinischen Bekannt. Im Jahre 1808 erhielt er das Kreuz der Ehrenlegion bey der Anwesenheit des Kaisers Napoleon in Erfurt, wo sich dieser mit dem alten Dichter besprach.


Christoph Martin Wieland.[]

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Christoph Martin Wieland, ein berühmter deutscher Dichter.

Geboren 1733. Gestorben 1813.

Er wurde am 5. September 1733 zu Biberach in Schwaben geboren. Sein Vater war daselbst Prediger, und leitete schon den Unterricht des dreijährigen Knaben, welcher daher auch schon im siebenten Jahre den Cornelius Nepos, im dreizehnten den Virgil und Horaz mit Geist und Vergnügen las. In diese Zeit fallen seine ersten Versuche in der Dichtkunst, von welcher er sich mächtig angezogen fühlte. Er begann auch damals ein episches Gedicht über die Zerstörung Jerusalems.

Nachdem er zwei Jahre auf der Schule zu Klosterbergen bei Magdeburg zugebracht hatte, wo er schon Werke in griechischer und englischer Sprache las, bezog er in seinem siebenzehnten Jahre die Universität zu Tübingen, um die Rechtwissenschaft zu studieren. In dem zweiten Jahre seines dortigen sehr zurückgezogenen Lebens, erschienen 1752: Die Natur der Dinge; der Anti-Ovid; die moralischen Briefe, und die Erzählungen im Druck. Durch die fünf ersten Gesänge eines Heldengedichts, Arminius, wurde er mit Bodmer, dem er sie zuschickte, bekannt, und erhielt von demselben eine Einladung nach Zürich. Er blieb nun auch bis zum Jahre 1759 in der Schweiz, und beschäftigte sich rastlos mit der Ausbildung seines Geistes. Sein Lieblingsschriftsteller war damals Plato. Die Prüfung Abrahams und die Briefe der Verstorbenen waren Früchte jener Periode.

Nun studierte er die Literatur der Franzosen, Engländer und Italiener. Den bedeutendsten Einfluß auf seinen Geist hatten Euripides, Xenophon und Shaftesbury.

Im Jahre 1760 wurde er in Biberach als Kanzleidirektor angestellt, und blieb daselbst bis 1769, in welchem Jahre ihn der damalige Churfürst von Mainz, Emmerich Joseph, als Professor der Philosophie und der schönen Wissenschaften an die Universität zu Erfurt berief. Während der Verwaltung dieses Lehramtes lernte ihn die verwitwete Herzogin Anna Amalia von Weimar kennen, und ernannte ihn 1772 zum Lehrer und Erzieher ihrer beiden Prinzen, deren Vormünderin sie war, des jetzigen Großherzogs Karl August und seines Bruders Konstantin.

Wieland hatte nun den Charakter eines herzoglich-sachsen-weimarschen Hofraths und eine churmainzischen Regierungsrathes, nebst einer Pension vom Hofe. Er genoß hier, bei seinem schönen Berufsgeschäfte, jene glückliche Muße, welche uns durch so viele Meisterwerke erfreute. Nach einigen Jahren zog er sich auf sein Landgut Osmannstädt in der Nähe von Weimar.

Im Jahre 1807 wurde er Mitglied des pegnesischen Blumenordens zu Nürnberg. 1808 hatte er eine Unterredung mit Napoleon, und erhielt das Kreuz der Ehrenlegion.

Im Jahre 1812 wurde sein achtzigster Geburtstag in einem Garten bei Jena feierlich begangen. Er erhielt bei dieser Gelegenheit ein eigenes Glückwünschungsschreiben der herzoglich-weimarschen Familie, und nebstdem noch zwei besondere Deputazionen, eine von den Studierenden in Jena, die ihm eine griechische Elegie überreichten, die andere aus Weimar, die ihm eine goldene Medaille mit seinem wohlgetroffenen Bildnisse brachte. Es war sein letztes Fest der Art hienieden. Er starb im Jänner des folgenden Jahres. Die Leiche wurde zu Weimar, in einem schön dekorirten Saale eines geliebten Freundes, am 24. Jänner, auf einer Estrade ruhend, aufgestellt, dann nach Osmannstädt abgeführt, wo er sich die Ruhestätte selbst bereitet hatte, und an der Seite seiner Gattin in einer mit Buschwerk bewachsenen Vertiefung des Gartens begraben. Der Todtenfeier wohnten die Ersten des Hofes und der Stadt bei.


Der Dichter Wieland als Prophet.[]

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[1808]

Wieland und Göthe sind bei der Zusammenkunft der beiden Kaiser in Erfurt, unter andern auch dadurch sehr ausgezeichnet worden, daß beide Orden erhalten haben. Kaiser Alexander ertheilte Wieland den Saint-Annen Orden von der zweiten und Göthen eben diesen Orden von der ersten Klasse. Man würde sich sehr irren wenn man glauben könnte, es habe dadurch ein größerer oder geringerer Grad des literarischen Verdienstes bezeichnet werden sollen, sondern der Grund war blos darin zu suchen, daß Göthe von Adel und geheimer Rath ist, in welcher letztern Eigenschaft er in Weimar das Prädikat: Excellenz, führt, folglich Kaiser Alexander zu Folge der Einrichtung und Ordens-Statuten, nichts anders verfahren konnte, aber Kaiser Napoleon hat hierauf gar keine Rücksicht genommen und haben beide, Göthe als Wieland, das Kreuz der Ehrenlegion erhalten und zwar mit dem ausdrücklichen Bemerken, als Belohnung für ihre Talente und ihre Verdienste um die Literatur. Ob es dem Kaiser Napoleon bekennt geworden ist, daß in Rücksicht Seiner, Wieland noch etwas anders als Dichter, daß er das, wofür in den ältern Zeiten alle Dichter zu gelten pflegten, wirklich war, nehmlich ein Prophet? das ist nicht bekannt geworden, aber daß dem wirklich so sei, daß Wieland der erste politische Seher war, der öffentlich auf die ganze Größe Bonaparte's hindeutete, und in dem jungen General, den die meisten nur als vorzüglichen Feldherrn bewunderten, auch schon den großen Regenten sah, der einst die Schicksale Frankreichs, ja die Schicksale der Welt leiten werde, -- das kann man bei dieser Gelegenheit, da Napoleon und Wieland einander persönlich kennen lernten, ohnmöglich unerwähnt lassen. In der That ist dasjenige, was Wieland von diesem großen Mann vorhersagte und so bestimmt angab, gerade zu einer Zeit, wo er nichts weiter als Feldherr war, äusserst merkwürdig und es ist bewundernswerth, daß nicht davon, mehr in öffentlichen Schriften bemerkt worden. Er war nemlich in den Gesprächen unter vier Augen, die Wieland 1798 herausgab im zweyten Gespräch, wo Wilibad vorschlägt: da die Direktorial-Konstitution von Frankreich sich doch nicht helfen kann, und man einen König haben will, so müßt ihr, um den Faktionen ein Ende zu machen, einen Diktator wählen, oder Protektor oder wie ihr ihn sonst nennen wollt. Es müßte, fährt er fort, ein liebenswürdiger Mann sein, von großen hohen Geist, von den größten Talenten in Krieg und Frieden, von unermüdlicher Thätigkeit, von eben so viel Klugheit als Muth, von dem festesten Karakter, von feinen Sitten, einfach und prunklos in seiner Lebensart, immer Meister von sich selbst, ohne irgend eine Schwachheit, wobei ein anderer ihn fassen könnte, zugleich offen und verschlossen, sanft und heftig, geschmeidig und hart, mild und unerbittlich, jedes zu seiner Zeit, kurz ein Mann, wie es in jedem Jahrhundert kaum Einen giebt, und dessen Genius alle andere zu überwältigen und in Respekt zu halten wüßte. Schon dieses wäre hinreichend gewesen, den jetzigen Kaiser Napoleon sehr genau zu karakterisiren, aber Wieland gieng noch weiter und gab noch mehreres an, was er eigentlich von einem solchen Diktator oder Protektor verlangte, indem er sagte: "Auch muß er eine Menge Proben abgelegt haben, daß er alle die Eigenschaften die ich zu eurem Diktator für nöthig finde, und von denen ich ihm keine nachlassen kann, wirklich besitze, und wenn er sich bereits einen großen Namen in der Welt gemacht hätte, und im Besitz der allgemeinen Achtung stände, so sehe ich nicht, was ihm noch abgienge, um eurer und der ganzen Welt Retter zu werden?

Nun könnte man noch immer glauben, diese Karakteristick sei blos so hingeworfen gewesen, ohne gerade auf diesen Mann zu deuten, und jetzt erst fange man an die Erklärung zu machen; aber nein, Wieland hat sich deutlicher darüber ausgedrückt, als es in ähnlichen Fällen jemals ein sogenannter Prophet gethan hat, denn gedachte merkwürdige Stelle lautet so: "Das Ausserordentlichste bei der Sache ist, daß ihr diesen Mann nicht erst zu suchen braucht, denn durch einen Glücksfall, den man in seiner Art einzig nennen kann, ist er schon gefunden. -- Bonaparte also? erwiedert Heribert, der Mitunterredende, und Willibad antwortet: wer anders?" Es ist jetzt unleugbar, da grade Geist und Karakter des großen Mannes sich in einer Reihe von Jahren und so mannigfachen Verhältnissen vollkommen entwickelt hat, daß keine treffender Karakteristick desselben geliefert worden, als der hellsehende Wieland zu einer Zeit lieferte, da der Held kaum seine Laufbahn begonnen, und nur in einer beschränktern Sphäre sich ausgezeichnet hatte. Es kann nicht fehlen, daß diese Worte im Jahre 1798 gesprochen, jetzt im Jahre 1808 uns allen äusserst interessant vorkommen müssen.


Zeitunhsnachrichten.[]

1812.[]

Vermischte Nachrichten. [4]

Jena. Wieland feyerte dieses Jahr am 5ten September seinen Geburtstag mit der Munterkeit eines Mannes in der Blüthe der Jahre in unsrer Stadt, wo er gegenwärtig in dem so reizenden Griesbachischen Garten verweilt.


Quellen.[]

  1. Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
  2. Neuer Plutarch, oder Kurze Lebensbeschreibungen der berühmtesten Männer und Frauen aller Nationen von den ältesten bis auf unsere Zeiten. Nach dem Französischen des Peter Blanchard neu herausgegeben, vermehrt und fortgesetzt von Friedrich Kraft. Pesth 1815, bei C. A. Hartleben.
  3. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
  4. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 242. Dienstag, den 8/20. Oktober 1812.
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