Calais.[]
[1]
Calais. Diese wohl befestigte und ihrer sonstigen Handlung wegen volkreiche Stadt ist die Hauptstadt der ehemaligen Grafschaft Oye in der Picardie; nach der neuen Eintheilung gehört sie zum Departement Pas de Calais. Der sogenannte Pas de Calais, von welchem das Departement den Namen hat, und welcher vorzugsweise auch der Canal genannt wird, ist eine Meerenge zwischen den Küsten von Calais und der Landschaft Kent, und scheidet das deutsche und baltische Meer. Sie ist ungefähr fünf bis sechs deutschen Meilen breit, und man kann bei hellem Wetter die Küsten von Frankreich und England zugleich sehen. Der Hafen von Calais ist nicht groß und für Kriegsschiffe zu seicht; er wird aber wichtig durch die Lage an der engsten Stelle des Canals, durch das Packetboot, welches in Friedenszeiten regelmäßig alle Diensttage und Freitage von Dover ankommt, und bei gutem Wetter die Ueberfahrt in 6 bis 8 Stunden macht, und durch den Zusammenhang von Frankreich und England, welcher hier am lebhaftesten war und der Stadt bedeutenden Vortheil gewährte. Einwohner etwa 7000. Von 1346 an, da König Eduard III. von England diesen Ort eroberte, blieben die Engländer im Besitz davon bis 1558.

Von Reisende.[]
Karl Gottlieb Horstig.[]
- [1803]
Calais.
Drey Tage sind wir ununterbrochen hinter einander fort gereiset. Mit der dritten Nacht erreichen wir den Hafen, wo wir zum ersten Male wieder ausruhen sollen. Wie ein ausgeträumtes Nachtgesicht steht jetzt Paris vor meiner Seele; denn hier seh ich mich mit einer Teutschen Tapete, mit Teutschen Bildern behangen und mit Teutschen Vorhängen versehen, wie in meinem Vaterlande umgeben; nur der Englische Kamin erinnert mich an die Annäherung der Brittischen Inseln.
Wir fuhren gegen Mittag in Gesellschaft zweyer Unbekannten mit einem sehr bequemen Reisewagen ab. Die Sonne beleuchtete mit goldnem Schimmer die Hügel von S. Denis und die anmuthsvollen Thäler, die wir am ersten Tage unserer Reise berührten. Bis Amiens führte uns der Weg durch manche reizende Gegend. Aber schon am andern Tage hatte sich der Himmel in schwere Dünste eingehüllt, und aller Ansichten uns beraubt, die wir durch den dicken Nebel nicht mehr errathen konnten. Desto belohnender war für uns am folgenden Morgen der Anblick von Boulogne, als wir von der Höhe herab die blaue Flut im schön geschweiften Busen des geräumigen Hafens eingeschlossen erblickten. Eine Menge von Schiffen, die hier vor Anker lagen, verschönerten das grosse Schauspiel. Vom erhabensten Standpunkte über den Wällen von Boulogne genossen wir beym Aussteigen die freye Aussicht in die offne See; und beym Heruntersteigen traten wir dich vor den Hafen, die Schiffe in der Nähe zu beschauen und die Wellen an das Ufer schlagen zu sehen. Nach einem kurzen Verweilen verliessen wir Boulogne, und kamen erst in später, trüber Dämmerung nach Calais, wo wir mit stiller Sehnsucht nach Erquickung dem kommenden Tage entgegen sehen, der uns in die Wellen hinauswerfen soll, wofern nicht ungünstige Umstände unsre Abfahrt verzögern.
Der Morgen erwacht. Was wir in Boulogne sahen, war nur ein Vorspiel von dem, was wir in Calais finden sollten. Hier traten wir ohne Vorbereitung mitten unter die Segelstangen und Strickleitern und Masten und Wimpel. Dort sahen wir auf dem grossen Wasserspiegel von der Höhe herab. Hier schäumten die empörten Wellen dem Ufer entgegen, und wälzten ihre ungeheuren Massen an den Bord der Schiffe, die sie im Staubregen übergossen. Der lange Holzdamm, der weit in die See hinausreicht, war eine bewegliche Flut von Menschen, die den Schiffen entgegen eilten, welche von England herüberschwankten. Das Schreyen der Matrosen, die mit ausgestreckten Armen die flatternden Segel ergreifen, das Brausen der Wellen, das Schneiden des Windes, der die Wasserberge immer höher über einander wälzt, das Schwanken der leichten Fahrzeuge, die sich von den grössern Schiffen abgesondert haben, hält uns immer noch in einiger Entfernung. Wir erblicken zwey neue Schiffe, wovon der eine schon vollendet da steht. Welch ein kunstvoller Bau! welch ein edler Schwung des Vordertheils mit seiner ausschweifenden Wellenlinie! Dort steht ein thurmhoher Baum, von starken Balken in der Höhe gehalten. Es ist das aufgethürmte Hintertheil eines neuen Schiffes, an seinen langen Kiel geheftet. Vor uns erheben sich die stolzen Masten der angelegten Schiffe. Wir schauen schwindeln zur Höhe hinauf, und zittern beym Anblick der menschlichen Ohnmacht und Verwegenheit. Und dieses alles hält uns nicht zurück, die unversuchte Fahrt zu wagen. Weht der Wind nach England hinüber, so sind wir in wenig Stunden in Dover.
Zeitungsnachrichten.[]
1806.[]
Frankreich. [3]
In der Nacht vom 13. auf den 14. Oct. suchten die Engländer eine Unternehmung gegen Calais auszuführen, worüber aus dieser Stadt folgendes gemeldet wird: "In der Nacht vom 13. auf den 14. erschienen die Engländer vor Calais, um diese Stadt zu bombardiren; ihr Versuch hat sich aber auf viel Lärmen und wenig Erfolg beschränkt. Der Feind hat 30 bis 35 Haubitzen geworfen, wovon ein Theil in der Luft zersprungen ist; niemand ist verwundet worden. Die Forts und die Batterien haben das feindliche Feuer nachdrücklich erwiedert. Die Manövres des Feindes am 14. schienen die Absicht anzukündigen, in der folgenden Nacht wieder anzufangen; allein eine Veränderung des Windes vereitelte dieses Vorhaben; inzwischen haben wir den Feind noch im Gesicht, jedoch in grösserer Entfernung."
1807.[]
Großbrittanien. [4]
London vom 10. Dez. Das Parlamentärschiff, die Elisabeth, ist in voriger Woche mit einem Staatsbothen von Dover nach Calais abgegangen. Da es sich dem Hafendamm näherte, kam ihm ein Französisches Fahrzeug entgegen, das den Staatsbothen an Bord nahm, und nach Calais brachte. Das Parlamentärschiff kam also nach Dover zurück, ohne in dem Französischen Hafen eingelaufen zu seyn.
Quellen.[]
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
- ↑ Reise nach Frankreich, England und Holland zu Anfange des Jahres 1803 gemacht und beschrieben von C. G. Horstig. Berlin, bei Friedrich Maurer 1806.
- ↑ Wiener Zeitung Nro 89. Mittewoche, den 5. November 1806.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 3. Sonnabend, den 9. Januar 1808.
