Von Bastille bis Waterloo. Wiki

National Gallery of Art, Washington


Frascati von neuem eröfnet einige Tage vor dem Krönungsfeste.[]

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Jede geringfügige Veränderung, die Gegenstände betrift, die wir in angenehmer Stimmung gesehen haben, ist dem Gemüthe zu vernehmen interessant, und da wir uns schmeicheln, viele Leser zu besitzen, die Paris mit der Heiterkeit, in welche das Reisen gewöhnlich zu versetzen pflegt, gesehen haben, so glauben wir uns berechtigt, ihnen auch die geringfügigsten Neuigkeiten mittheilen zu dürfen. -- Garchi, der Besitzer des so oft beschriebenen Gartens und Hotel Frascati, hat an seinen grossen Sälen, einen viel grössern von Zimmerwerk anbauen lassen, der so hübsch verziert und durch Ofen erwärmt ist, daß sich kaum seine ephemerische Construction ahnen läßt. Er prangt mit vielen eingemauerten Spiegeln und Kronenleuchtern, und die hellblaue Tapete ist mit silbernen Sternen besäet, denn Sterne sind als das Symbol der jetzigen Feste allenthalben angebracht. Zum ersten Feste um Mitternacht öffnete sich eine große breite Wand des Saals, und die Gäste erblickten aus ihren warmen Sälen ein hübsches Feuerwerk, wonach die Wand mit gleicher Leichtigkeit wieder verschlossen wurde. Ob es gleich ein Bal masqué und paré seyn sollte, und Niemand mit Stiefeln zugelassen ward, so gab es dennoch wenige Masken, und (einige Fremde ausgenommen) wenige Frauenzimmer überhaupt. Wahrscheinlich weil der Preis zu geringe (nur auf 3 Fr., etwa einen Gulden) angesetzt war, und die vornehmere Welt sich für diesen Preis nicht sehen lassen mag. Auch kam es nicht zum Tanz, aber die geübten Wirthe wissen ein solches unvorherberechnetes Unglück nun gleich wieder vergessen zu machen, denn sogleich wurde ein Concert veranstaltet, worin einige Frauenzimmer sangen; und die vermummten häßlicheren, mitunter schalkhaften feilen Mädchen der Stadt, verstehen, wie natürlich, den unerfahrnen Fremden mit Maskenwitz zu necken, und angenehm zu unterhalten, und malen der Einbildungskraft Zauber, die die Wirklichkeit nie gewährt, zur heilsamen Lehre für den, der sich locken und bethören läßt. Um Uebrigen läßt sichs fast sagen, daß man in diesem Augenblick an öffentlichen Oertern mehr deutsch, holländisch, spanisch und italienisch sprechen hört, als französische selbst. Wenigstens sind die französischen Gäste nur fremde Offiziere, und Leute aus den Departementen. Fast ist der jüngste Pariser solcher Feste überdrüssig und satt, und auch die Opernbälle würden nicht besucht seyn, wenn man durch die geringe Prätention auf Anzug und selbst Anstand den Zugang für den Haufen nicht sehr erleichterte, den nichts abhalten darf, als etwas erhöhter Preis. Der bessere Stand, den die Neugier und Intrigue dahin führt, bleibt zerstreut, vermummt, und ungekannt, und sagt es nur selten gerne, daß er sich da gefunden habe, mitunter aus Gründen, die der erfahrne Leser leicht errathen wird.


Von Reisenden.[]

Karl Christian Freiherr von Berckheim.[]

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Paris am 16ten April 1806.

Auf dem Boulevard Montmartre ist das niedliche Kaffeehaus Frascati, das in einem sehr großen Gebäude sein Locale hat, und mehrere schöne Säle, nebst reich und geschmackvoll verzierten Kabinetten, hat. Dieses Kaffeehaus hat sich vorzüglich einen Ruf erworben durch das vortreffliche Gefrorne, welches man hier bekommt; ganz besonders aber durch die musterhaft eingerichteten Festlichkeiten und Bälle, die der Unternehmer dieses Instituts im Winter in den Sälen, und im Sommer in einem allerliebsten kleinen Garten, der bei dem Hause liegt, giebt, wo sich die liebenswürdigsten und elegantesten Damen von Paris versammeln. Da in Paris Alles von der Mord und der Laune des Augenblicks abhängt, und eben daher das, was jetzt Beifall findet, in vierzehn Tagen als widrig und langweilig erscheinen muß, so kann es nicht fehlen, daß dieß seinen Einfluß auch auf die Versammlungs- und Vergnügungs-Oerter äußert. Wirklich ist dieß gerade jetzt mit Frascati der Fall, das, weil die größere Anzahl der Besucher solcher Lustörter sich nach Tivoli gewandt hat, jetzt so sehr verlassen ist, daß ich mehrmals beim Herausgehen aus dem Schauspiel hieher gekommen bin, und nie mehr als drei Menschen getroffen habe.



Musée Carnavalet, Paris


Quellen.[]

  1. Französische Miscellen Tübingen in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. 1804.
  2. Paris, wie es jetzt ist, oder Neuestes Gemälde dieser Hauptstadt und ihrer Umgebungen. In Briefen von einem reisenden Deutschen. Chemnitz bei Carl Maucke. 1810.