Cadiz.[]
Cadiz, oder wie man gewöhnlich zu sagen pflegt, Cadix, ist eine der schönsten Städte Spaniens in Nieder-Andalusien und die reichste Stadt des ganzen Königreichs. Sie liegt auf dem westlichen Ende der langen und unförmlichen Erdzunge einer Insel, welche Leon heißt. Der südöstliche Theil dieser Insel ist durch einen schmalen Canal oder Arm des Meers von dem festen Lande getrennt, aber durch die alte Brücke Guazo damit verbunden. Die Stadt ist mit einer Mauer und unregelmäßigen Bastionen umgeben, wie es die Beschaffenheit des Erdbodens zugelassen hat. An der Südseite kann man ihr wegen der hohen und steilen Ufer nicht beikommen, an der Nordseite ist eine Landung wegen der Sandbänke und Klippen, welche sich unter dem Wasser befinden, gefährlich. An der Südwestspitze ist eine Reihe von Felsen, die zum Theil, wenn das Meer hoch geht, mit Wasser bedeckt sind, und auf der Spitze St. Sebastian ist ein starkes Fort zur Vertheidigung angelegt. Cadix kann also nur von der schmalsten Seite der Erdzunge angegriffen werden, und hier hat man alles angewendet, um es gegen feindliche Angriffe zu stellen. Man kann demnach Cadix für eine Hauptfestung ansehen. Die geräumige Bay von Cadix bildet einen trefflichen Hafen, und besteht eigentlich aus zwei an einander hängenden Meerbusen. Der erste von diesen Meerbusen heißt Bahia de Cadix, der andere Bahia de Puntales. Die Oeffnung des ersten beträgt 2000 Klafter, die des zweiten aber nur 500 Klafter. Diese Oeffnungen, so wie überhaupt der Hafen und die Stadt werden durch die Forts St. Catharina, St. Sebastian, Chiclane, Matagorda, Puntales und Fort Luis vertheidigt. Die Bahia de Cadix ist der allgemeine Hafen der Kauffahrteischiffe, die Bahia de Puntales aber der Hafen der Kriegsschiffe und der nach Amerika gehenden und von daher kommenden Kauffahrteischiffe, denn die Schiffe fremder Nationen durften daselbst nicht einlaufen. In Ansehung der Kriegsmarine galt Cadix immer für einen Hauptplatz und nach Bourgoings Meinung war es der vollständigste Seeplatz von ganz Europa.
Die Stadt ist seit dem Jahr 1786 sehr erweitert, verschönert und mit geschmackvollen neuen Gebäuden versehen worden. Sie hat ein Bisthum, eine alte und eine ungemein prächtige neue Kathedralkirche, dreizehn Klöster, eine Landcadettenschule, eine Steuermannsschule, eine vortrefflich eingerichtete Sternwarte, ein See- und Landhospital, ein chirurgisches Lehrinstitut, einen botanischen Garten, ein Nationaltheater, ein ansehnliches Versammlungshaus, fünfzehn Civilhospitäler. Die Zahl der Einwohner belief sich vor der Zeit, als die Stadt in Insurrectionszustand kam, über 70,000. Auf der Erdzunge bei der Stadt sind sehr wichtige Salzwerke und Weingärten, worin der beste spanische Wein wächst. Die Fischerei von Thunfischen ist erheblich. Unter die Unannehmlichkeiten der Stadt gehört der Mangel an trinkbarem Wasser. Es ist zwar jedes Haus mit einem Behältniß versehen, worin das Regenwasser gesammelt und aufbewahrt wird; aber das frische Wasser wird von der Stadt Puerto de Santa Maria geholt. Cadix ist die wichtigste Handelsstadt in Spanien und gehört überhaupt unter die beträchtlichsten Handelsplätze Europens. Sie ist der Mittelpunkt des amerikanischen Handels. Alle Handlung treibende europäische Nationen hatten hier ihre Consuln, Agenten und Correspondenten. Im Jahre 1795 waren 110 große Handelshäuser in Cadix; ohne die vielen kleinern zu rechnen. Im J. 1792 betrug der Werth der aus andern Welttheilen eingeführten Waaren 100 Millionen, und der Werth der Ausfuhr 270 Millionen Realen. Im Jahr 1804 belief sich die Zahl der eingelaufenen Schiffe auf 1386. Die Stadt Cadix ist auch wegen ihres hohen Alters berühmt. Sie wurde zuerst von den Tyriern erbaut und Gadix, d. h. ein Zaun oder ein eingezäunter Ort, genannt. Nach ihnen besaßen es die Carthaginenser und nach deren Unterjochung kam es unter die Botmäßigkeit der Römer, welche es Gades nannten. In der Folge bemeisterten sich die Araber dieser Stadt und besaßen sie bis zum Jahr 1262, wo sie ihnen durch die Spanier entrissen wurde. Im Jahr 1696 wurde Cadix von den Engländern geplündert und Verbrannt, von den Spaniern aber wieder, und zwar in einem festern Zustand hergestellt. Im J. 1702 versuchten die Engländer einen abermaligen Angriff, richteten aber nichts aus. Im Jahr 1800 raffte die Pest 8000 Menschen hin. Als Spanien mit Frankreich alliirt war, wurde Cadix mehrmals von den Engländern blockirt und auch ein Mal, jedoch ohne Erfolg, bombardirt. Im Jahr 1805 fiel in der Nachbarschaft die wichtige Seeschlacht vor, wovon in dem Artikel Trafalgar Meldung geschieht. Seit der Revolution von 1808 war Cadix ununterbrochen im Insurrectionszustande. Nach den Fortschritten der französischen Truppen in Andalusien zog sich die oberste Insurrections-Junta nach Cadix, versammelte dort ihre stärkste Macht, und wurde noch durch beträchtliche englische Corps aus Gibraltar und Portugal verstärkt. Sie ließ die Erdzunge vor Cadix abgraben und die 700 Schritt lange Brücke, welche das feste Land mit der Insel Leon verbindet, abbrechen. Cadix wurde dadurch gänzlich vom Lande getrennt und da es von der Seeseite von Festungswerke, Forts, vorzüglich aber durch starke spanische und englische Flotte geschützt war; so gehörte die Belagerung dieser Stadt zu den außerordentlichsten Unternehmungen.
Seit dem Februar 1810 blockirte sie General Sebastiani mit einem französischen Armeekorps von der Landseite; im März wurden die Laufgräben an mehreren Orten längs der Küste eröffnet, und ungeachtet des heftigsten Feuers aus den Forts, von den Schiffen und schwimmenden Batterien und unter mehrmaligen starken Ausfällen, die Belagerungswerke fortgesetzt, die Forts längs der Bay eingenommen und endlich auch das wichtige Fort Matagorda, Cadix gegenüber, erobert. Von hier aus wurde ein Versuch gemacht, die Stadt, ungeachtet der großen Entfernung, zu bombardiren, zu welchem Ende die Franzosen Mörser von Einer neuen Erfindung zu Sevilla hatten gießen lassen. Den 15ten December wurden die ersten Bomben und Granaden geworfen, und flogen bis in die Stadt. Die Beschießung wurde fortgesetzt, weil aber die Häuser in Cadix fast durchaus von Stein gebaut und mit wenig Holzwerk versehen sind, so entstand kein Brand und der Schaden war unbedeutend. Im Jahr 1811 wurden die ungeheuern Belagerungs-Anstalten der Franzosen vor Cadix fortgesetzt, obgleich die Vereinigten Engländer und Insurgenten mehrere Versuche zum Entsatz machten, auch wirklich ein Mal die Werke der Belagerer, wenigstens zum Theil, zerstörten. Vorzüglich war man mit dem Bau und der Ausrüstung einer Flottille beschäftigt, womit der Angriff auf die Insel Leon gemacht werden sollte. Dagegen waren die Spanier mit ihren Vertheidigungsanstalten in größter Thätigkeit, weil von der Eroberung der Insel das Schicksal von Cadix abhing. Dieser Zustand dauerte bis in die letzte Hälfte des Jahres 1812, wo Wellingtons siegreiches Vorrücken in die Mitte von Spanien, die Franzosen nöthigte, sich aus Andalusien zurückzuziehen und die mit seltener Anstrengung betriebene Belagerung für immer aufzugeben.
Quellen.[]
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
Literatur.[]
- Beschreibung und Geschichte der Stadt Cadix und der Insel Leon. Mit einem Plan. Wien 1823. Im Schrämblischen Bücherverlag, Dorotheengasse.