Von Reisende.[]
Ralph Fell.[]
- [1800]
Die jetzige Regierung von Holland ist vom Berliner Hofe vollkommen anerkannt und ein preussischer Gesandte wohnt im Haag. Der schwache Handel, welcher der Republik noch geblieben ist, wird unter dem Schutz der preussischen Flagge getrieben und in jedem beträchtlichen Hafen hält sich ein preussischer Konsul auf. Da ich nachher noch Gelegenheit haben werde, über den gegenwärtigen Handel von Holland ausführlicher zu reden, so will ich mich hier nur auf das beschränken, was den Haag näher angeht.
Während jener glänzenden Periode der französischen Literatur, da die Schriften eines Voltaire, d'Alembert, Helvetius, Rousseau u. s. w. von allen Gelehrten und Wissbegierigen in Europa gelesen wurden, veranstalteten die Buchhändler im Haag und zu Amsterdam von jenen Schriften viele neue Auflagen und trieben damit einen vortheilhaften Handel nach allen Gegenden, wohin ihnen der Debit offen stand. In den neuesten Zeiten aber ist kein einziges Buch, nicht einmal eine Broschüre, im Haag gedruckt worden, und die Buchhändler versehen sich nur mit sehr wenigen kostbaren Pariser Werken.
Der Verfall dieses Handels, -- des einzigen beträchtlichen Handelszweigs im Haag, -- rührt mehr von den Ursachen, wodurch der Verkehr der vereinigten Provinzen überhaupt zu Grund gerichtet worden, als von dem Umstande her, dass Frankreich in den letztverflossenen Jahren keine berühmte literärische Werke hervorgebracht hat. Im vorzüglichsten Buchladen im Haag, nämlich dem von Du Four, welcher zugleich Buchhändler zu Amsterdam ist, sah ich ein Verzeichniss neuerschienener französischer Werke. Ich wünschte einige davon zu kaufen; man konnte mir aber kein einziges, das ich verlangte, verschaffen; das einzige, was ich hier fand, waren die Reisen französischer Seefahrer und einige aus dem Englischen übersetzte Romane.
Der Verlust des Buchhandels im Haag wird kaum gefühlt, und nur von denen, die besonders dabei interessirt sind, bedauert. Dagegen wird der Mangel des Hofs und der reichen Fremden, die er ehemals hierher zog, von gar vielen stark empfunden. Vor der Revoluzion lebten im Haag nicht blos die Prinzen von Oranien, sondern mehrere andere kleinere deutsche Fürsten verzehrten hier ihre Revenüen. Sie alle haben jetzt den Ort verlassen und eben die Mässigkeit und Sitteneinfalt fängt jetzt an, im Haag zu herrschen, die das übrige Holland auszeichnet, jedoch zum gänzlichen Ruin derer, die blos von den Luxusbedürfnissen der Grossen ihren Unterhalt zogen.
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Leiden wetteiferte ehemals mit Amsterdam und dem Haag in der Herausgabe schätzbarer Werke neuerer Literatur, und übertraf beide in der Mannichfaltigkeit klassischer Schriften. Die Elzevire, mit Recht berühmt wegen ihrer korrekten und schönen Ausgaben der besten Schriftsteller des Alterthums, wohnten in dieser Stadt, und brachten ihre Pressen durch die schönen typographischen Muster, die ein ganzes Jahrhundert hindurch aus ihrer Druckerei hervorgiengen, in Aufnahme. Aber in den letztverflossenen funfzig Jahren hat dieser Handelszweig schnell angenommen, und kommt jetzt in gar keinen Betracht. Doch giebt es hier noch immer einige angesehene Buchhandlungen, wo man ausgesuchte Sammlungen der Klassiker und zwar zu weit geringern Preisen als in England erhalten kann, und im Fache der neuern Literatur kann Murray in der Breestraet den angesehensten Buchhändlern in Europa an die Seite gesetzt werden.
Von Reisende.
Dr. Johann Friedrich Droysen.[]
- [1801]
In den Buchläden fand ich mein Urtheil über Holländische Litteratur bestätigt; wenig neues, und fast nichts als Uebersetzungen Französischer und Deutsche Romane, theologische Schriften, Erbauungsbücher und theologische Streitschriften. Es ist überhaupt dem Holländer eigen, über theologische Gegenstände, viel zu lesen und zu sprechen; ich bin zuweilen erstaunt, in Gesellschaft oder an der Mittagstafel einen Streit über irgend einen theologischen Gegenstand so ausgeführt zu sehen, wie man es von diesen Männern, die nicht Theologen ex professo waren, nie hätte erwarten sollen, sie wanden sich unter schulgerechten Definitionen und feinen subtilen Distinctionen umher, wie auf einem Catheder. Die Freyheit in den Untersuchungen dieser Art, ist sonst durch das Verboth aller Schriften gegen die Religion, d. h. gegen die Dortrechtsche Synode, in der Provinz Holland, und durch die scharfe Censur aller theologischen Schriften sehr gehindert; und vielleicht liegt eben hierin der Grund des grössern Interesses für diesen Gegenstand. Sonst ist die Pressfreyheit freylich unbeschränkt, wenn man die Confiscationen der für gefährlich gehaltenen Schriften nicht als einen Eingriff in dieselbe ansehen will. Ein Censur-Collegium hat, so oft es vorgeschlagen ist, nie durchgehen können.
Unläugbar wird überhaupt in Holland Verhältnißmäßig weit weniger geschrieben und gedruckt, als in Deutschland, Frankreich und England; vielleicht keine 200 Bücher jährlich; die neuen Schriften werden mit vielen Lobe von den Buchhändlern in den politischen Journalen angekündigt, und daher können diese so ungeheure Pacht bezahlen, z. B. die Haarlemmer Zeitung 5000 Fl. jährlich. Die Schriftsteller müssen ihre Werke den Buchhändlern, die gewöhnlich auch Papierhändler sind, auf Discretion überlassen, und erhalten ein kleines Honorarium.
Quellen.[]
- ↑ Fell's Reise durch die Batavische Republik Aus dem Englischen übersetzt, und mit Anmerkungen begleitet von D. Karl Murhard. Leipzig, bei C. H. Reclam. 1805.
- ↑ Dr. Johann Friedrich Droysen's Bemerkungen gesammelt auf einer Reise durch Holland und einen Theil Frankreichs im Sommer 1801. Göttingen bey Heinrich Dieterich. 1802.