Von Bastille bis Waterloo. Wiki

Maaßregeln und Unternehmungen der Engländer, welche für Teutschland verderblich sind.[]

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Die Spinn- und andern Maschinen sezten die Engländer in den Stand, ihre Waaren gut und Verhältnißmäßig wohlfeil zu liefern. Der Geschmack der Teutschen an denselben nahm von Jahr zu Jahre zu, und der Absatz, den die englischen Kaufleute auf den teutschen Messen machten, wurde immer grösser. Die Menge der Waaren, die sie dahin schafften, gieng ins Ungeheuere. Teutsche Kaufleute brachten aus ihren eigenen Manufakturen ähnliche Waaren auf die Messen, aber man kaufte ihnen wenig ab. Was thaten nun die Engländer, um den teutschen Kaufleiten vollends alle Käufer zu entziehen? Sie verkauften ihre Waaren wohlfeiler, als die Teutschen die Ihrigen geben konnten; sie sezten sie zu einem Preise herab, um welchen sie dieselben selbst nicht in England erhalten konnten. Sie schlugen sie los, wenn sie nur baares Geld erhielten. Daher gab es englische Kaufleute, die eine halbe Million Thaler in einer Leipziger Jubilatemesse einnahmen. Wie konnten sie aber ihre Waaren um einen Preis verkaufen, um welchen sie dieselben selbst in England nicht erhielten? Einige englische Kaufleute standen mit ihrer Regierung in Verbindung, und sollen ihren Verlust durch diese ersezt bekommen haben. Sie hatten in jeder Messe ungeheuere Waarenlager und ihre Ansicht gieng dahin, den Markt für sich allein zu erhalten. Diesen Zweck glaubten sie dadurch zu erreichen, daß sie die teutschen Manufakturen durch die wohlfeilen Preise ihrer Waaren zu Grunde richteten. Die Teutschen konnten keine Concurrenz mit den Engländern aushalten, und wenn sie ein paar Messen hindurch wenig absezten, so mußten sie zu Grunde gehen. Die Engländer verschleuderten ihre Waaren, und überschwemmeten alles damit, und selbst die teutschen Kaufleute, welche mit englischen Waaren handelten, büßten ihre Kunden ein, weil sie nicht so wohlfeil verkaufen konnten, als die Humphries, Macdonald und einige andere englische Kaufleute. Dies Schleudern mit den Waaren mußte den teutschen Manufakturen den Todesstreich versetzen, und wenn es fortgedauert hätte und keine Sperrung des englischen Handels eingetreten wäre, so würden unsere Baumwollenmanufakturen gänzlich stillstehen.

Der Engländer rechnet beim Verkaufen der Waaren um einen geringern Preis, als er sie selbst hat, vorzüglich auf die Zukunft; wenn er den Markt mit seinen Waaren allein behält, wenn er die teutschen Manufakturen zu Grunde gerichtet hat, dann steht der Preis der Waaren in seiner Willkühr; er kann ihn nach Belieben erhöhen; die englischen Waaren sind die Einzigen auf dem Markte; sie werden gesucht; das Publikum findet Geschmack daran, und nunmehro gewinnen die Engländer das zehnfach wieder, was sie vorher zur Vernichtung der teutschen Manufakturen angewandt haben. Manufakturen errichtet man nicht so leicht wieder, wenn sie einmal ruinirt sind; ihr Verfall schreckt Andere von solchen Unternehmungen ab. Es ist eine Maxime der Engländer, erst etwas aufzuopfern und dann desto mehr Vortheile zu ziehen. Sie reinigen den Markt, indem sie andere Kaufleute durch einen wohlfeilern Verkauf ruiniren, und wenn es ihnen gelungen ist, einen Ort, ein Land ausschließend mit Waaren zu versorgen, dann können sie den Preis nach Belieben erhöhen. So machen sie es in Amerika, in Ostindien; so wollten sie es in Teutschland machen.

Den Engländern stehen größerere Capitalien zu Gebote, als den teutschen Kaufleuten; sie können Unternehmungen wagen, an die diese nicht denken dürfen. Die Einrichtung ihres Handels und die Güte ihrer Waaren sezt sie in Stand, Handelszweige an sich zu reißen, welche sie vorhero nie betrieben haben. Seit einigen Jahren kaufen die Engländer durch ihre Commissionnärs eine ungeheuere Menge von Wolle auf dem festen Lande auf; unsere Tuchmacher bekommen nichts als schlechte Wolle, und selbst diese steht mit ihrer Beschaffenheit in einem unverhältnißmäßig hohen Preis. Dies Produkt geht roh nach England, und wir kaufen es den Engländer verarbeitet wieder ab. Wir verlieren und sie gewinnen, und unsere Wollenmanufakturen gehen gänzlich zu Grunde. Wir können die Wolle nicht so theuer bezahlen, als die Engländer, weil unser Fabrikat, vielleicht aus Vorurtheil, nicht so hoch im Preise steht, als das der Engländer. Das Publikum ist einmal in alles, was Englisch heißt oder in England verfertigt ist, verliebt, und der teutsche Fabrikant richtet sich zu Grunde, ehe er dies Vorurtheil besiegt hat.

Nicht bloß Wolle führten die Engländer in einer Menge aus, welche für die teutschen Manufakturen sehr nachtheilig war, sondern auch Getraide, Lumpen und andere Sachen. Einige Spediteurs und Besitzer großer Güter gewannen zwar dadurch, aber Teutschland verlor durch die Ausfuhr. Ein Land, das so bevölkert und so aufgeklärt ist, kann nicht ohne große Nachtheile ein rohes Produkt sich entziehen lassen und es nachmals verarbeitet wieder kaufen; es büßt nicht bloß sein Geld, sondern auch das Zutrauen ein, das man sonst zu ihm oder zu seinen Fabrikaten hatte.

Durch diese Maaßregeln, welche die Engländer in Ansehung des Handels auf dem festen Lande, besonders in Teutschland befolgten, verarmte das leztere Land; wenn Einer reich wurde, so wurden dagegen Hunderte arm. Man entzog diesen die Arbeit, und Kummer und Noth stürzten sie in ein frühzeitiges Grab. Was kann nun gethan werden, um in Zukunft bei einem allgemeinen Frieden solchen Unternehmungen vorzubeugen, dergleichen die Engländer seit mehrern Jahren in Teutschland ausgeführt haben? Die Manufakturisten müssen ihre Waaren in vorzüglicher Güte und zu einem billigen Preise liefern; das Publikum wird Geschmack an denselben finden; das Vorurtheil, daß nur der Engländer schöne und wohlfeile Waare liefern könne, wird sich verlieren, und der Wohlstand Teutschlands wird wieder emporblühen. Zwang der Regierungen in dieser Hinsicht hilft nichts; Vorurtheile rottet man durch keine Verbote aus; Vortheile machen keine Ungerechtigkeiten gut. Man muß keinen Eingriff in die Freiheit thun, wenn man etwas Gutes bewirken will, denn jedes andere Gut hat nur einen geringen Werth gegen das, was der Zweck aller bürgerlichen Gesellschaft ist. Der Manufakturist und das Publikum müssen ein wohlthätiges Gleichgewicht hergestellt werden, dessen Vernichtung der Tod alles Gewerbfleißes ist.


Verbrennen Englischer Waaren in Marburg.[]

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Im Jahre 1773 verbrannte man in mehrern Gegenden von Nord Amerika die von der Englisch-Ostindischen Compagnie eingeführten Thee-Vorräthe und zu Boston wurden die Thee-Ladungen dreier Schiffe ins Meer geworfen. In unsern Zeiten sind und werden überall, wohin sich der Scepter Napoleons erstreckt -- und wessen Scepter erstreckt sich je weiter in Europa -- die Englischen Waaren confiscirt, aber bisher vor der Vernichtung durch Lösung mit Geld bewahrt worden. Ein neues, selbst noch nicht in Frankreich gegebnes Exempel, ist in dem neuen Französisch-Deutschen Königreiche Westphalen statuirt worden, indem am 1sten Februar mehrere Ballen Englischer Fabrikate, die zu Marburg in Beschlag genommen worden, öffentlich verbrannt wurden. Folgendes ist das Decret, welches hierzu authorisirte:

Wir Hieronymus Napoleon, xc. xc. haben, auf den Bericht Unsers Ministers der Justiz und der innern Angelegenheiten, verordnet und verordnen wie folgt:

Art. 1. Die Englischen Waaren, die man am 1sten dieses Monats zu Marburg auf Befehl des Präfekten des Werra-Departements in Beschlag genommen hat, und die als Englisches Fabrikat von den mit ihrer Untersuchung beauftragten Kaufleuten und Beisitzern der Commerz-Deputation anerkannt worden, auch in den gedruckten Anzeigen des Wetzlarschen Handlungshauses Wendecker & Comp. als solche bezeichnet sind, sollen sogleich auf den öffentlichen Plätzen von Marburg verbrannt werden. Art. 2. Unser Minister der Justiz und der innern Angelegenheiten ist mit der Vollziehung des gegenwärtigen Decrets beauftragt, welches in das Gesetz Bülletin eingerückt werden soll. Gegeben in Unserm Königlichen Pallast zu Cassel den 5ten Februar 1808, im zweiten Jahre Unserer Regierung.


Quellen.[]

  1. Brandraketen, ein Feuerwerk für Engländer. In zwanglosen Heften. London, 1808. Im Büreau der Ausländer.
  2. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1808.