Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Bologna.[]


Bologna,[1] Hauptstadt in der päpstlichen Legation gleiches Namens, welche, nachdem sie lange einen Bestandtheil des Königreichs Italien ausgemacht hatte, in Gemäßheit der Schlüsse des Wiener Congresses, am 16. Juli 1815 dem römischen Hofe wieder zurück gegeben worden. Die Stadt liegt unter 44 Gr. 29 Min. 36 Sec. B. 1 Min. 15 Sec. L. am Fuße der Apenninen zwischen dem Flusse Savena und Reno; 63,000 Einwohner, 200 Kirchen, worunter die Kirche des heiligen Petronius, des Beschützers von Bologna, auf deren Fußboden die von Cassini auf eine Kupferplatte gezogene Mittagslinie ist, und in der Kaiser Carl V. 1530 vom Papste Clemens VII. gekrönt ward (der letzte vom Papste gekrönte deutsche Kaiser); Palast des Magistrats mit vielen Statuen, Gemälden und dem Sammlungen des gelehrten Ulysses Aldobrandus mit beinahe zweihundert von seiner Hand geschriebenen Folianten; die beiden Thürme degli Asinelli und de' Garisendi, wovon jener schief steht, indem sein Grund so sehr gewichen ist, daß eine von der Seite seiner Neigung herabgelassene Bleischnur sieben Schuh von dem Grunde abweicht, weßwegen man diesen 180 Schuh hohen Thurm abgetragen hat.

Hauptquartier einer Militärdivision, Universität, bononisches Institut oder eine Akademie der Wissenschaften und Künste mit Observatorium, anatomischem Theater, Antiquitätensammlung, Bibliothek xc. Musikschule, Seide-, Wollen-, Flor-, Papier-, Confituren-, Aquavit-, künstliche Blumen- und Früchte-, bologneser Flaschenfabriken xc. Die Fruchtbarkeit des Landes hat der Stadt den Beinamen la Grassa, die Fette, verschafft. In der Nähe findet man bei Paderno den Stein, Luminabile, spongia di luce benannt, der alle Arten von Licht in sich zieht und eine Zeit lang behält, so daß er im Finstern wie glühende Kohlen aussieht. (S. bononischer Stein.) Der bologneser Tabak und die kleinen Damenhunde, Bologneser genannt, waren sonst in großem Rufe. Die bologneser Flaschen oder Springkolben sind kleine, ziemlich dicke Flaschen, die, wie andere Gläser geblasen, aber in der freien Luft schnell abgekühlt werden, wodurch sie die Eigenschaft erhalten, daß sie von außen einen starken Schlag vertragen, inwendig aber so empfindlich sind, daß sie von einem hineingeworfenen kleinen Stein augenblicklich zerspringen. Sie wurden von Paul Baptista Balbi zu Bologna 1740 erfunden.


Von Reisende.[]

Johann Gottfried Seume. [2]

[1802]

Den andern Mittag langten wir hier in der alten päpstlichen Stadt Bologna an, wo man zuerst wieder nach meinem Passe fragte. Mit mir Fremden nahm man es nicht so strenge, als mit meinem Kameraden, dem Kommissär, der aus der Gegend von Parma war, und der ein förmliches Kandidatenexamen aushalten musste. Auf der Polizey, wo ich den Pass signieren lassen musste, war man eben so artig und höflich als an dem Gränzflusse. Hier in Bologna fand ich überall eine exemplarische Unreinlichkeit, die an Schweinerey gränzt; und wenn man der häuslichen Nettigkeit der Italiäner überhaupt kein grosses Lob geben kann, so haben die Leute in Bologna den grössten Schmutz aufzuweisen. Ausser dem Stolz auf ihr altes Felsine, behaupten die Bologneser noch, dass ihre Stadt so gross sey, wie Rom. Daran thun sie nun freylich etwas zu viel; wenn man aber auf den Thurm steigt und sich rings umher umschaut, so wird man den Raum doch gross genug finden, um in eine solche Vesuchung zu gerathen, zumahl wenn man etwas patriotisch ist.

British Library.

Der Hauptplatz mit der daran stossenden Kathedrale, und dem Gemeindehause rechts und den grossen, schönen Kaufmannshallen links, macht keine üble Wirkung. Der Neptun mitten auf demselben, von Jean de Bologna, hat als Statüe wohl seine Verdienste; nur Schade, dass der arme Gott hier so wenig von seinem Elemente hat, dass er wohl kaum den Nachbarn auf hundert Schritte in die Runde zu trinken geben kann. Der Eingang des Gemeindehauses ist von Franzosen besetzt, und die Bürgerwache steht gar demüthig in einem sehr spiessbürgerlichen Aufzuge daneben. Ueber dem Portal hängt ein nicht unfeines Bild der Freyheit mit der Umschrift in grossen Buchstaben: Republica Italiana; welches erst vor einigen Wochen hingesetzt war, da man die Cisalpiner in diese Nomenklatur metamorphosiert hatte. Vor dem Nationaltheater wurde ich gewarnt, weil man daselbst durchaus immer die niedrigsten Hanswurstiaden gebe und zum Intermezzo Hunde nach Katzenmusik tanzen lasse. Hätte ich mehr Zeit gehabt, so hätte ich doch wohl die Schnurrpfeifereyen mit angesehen. Dafür ging ich aber auf das kleine Theater Da Ruffi, und fand es für eine so kleine Unternehmung allerliebst. Ich kann nicht begreifen, wie die Leute bey einem so geringen Eintrittsgelde und dem kleinen Raum des Schauspielhauses den Aufwand bestreiten können. Man gab ein Stück aus der alten französischen Geschichte, den Sklaven aus Syrien, wo natürlich viel über Freyheit und Patriotismus deklamiert wurde; aber schon wieder mit vieler Beziehung auf Fürstenwürde und Fürstenrechte, welches man vielleicht voriges Jahr noch nicht hätte thun dürfen. Die Donna und Held waren gut. Der Dialekt war für mich deutlich und angenehm; die meisten Schauspieler waren, wie man mir sagte, Römer, und nur ein Einziger zischte venetianisch. Nach dem Stück gab man das beliebte Tombola, wovon ich vorher gar keinen Begriff hatte und auch jetzt noch keinen sehr deutlichen bekommen habe, da es mir an jeder Art Spielgeist fehlt. Es ist eine Art Lotterie aus dem Stegreif. die für das Publikum auf dem Theater nach dem Stücke mit allgemeiner Theilnahme enthusiastisch gespielt wird. Die Anstalten waren sehr feyerlich; es waren Munizipalbeamten mit Wache auf dem Theater, die Lose wurden vorher ausgerufen, alle gezeigt, und einem Knaben in den Sack geworfen. Ob man gleich nur um einige Scudi spielte, hätte man doch glauben sollen, es ginge um die Schätze Golkondas, so ein Feuereifer belebte alle Theilnehmer. Mir hätte das Spiel herzlich lange Weile gemacht, wie alle dergleichen Hazardspiele, wenn nicht die Physiognomien der Spielenden einiges Vergnügen gewährt hätten. Mein Cicerone war ein gewaltig gelehrter Kerl, und sprach und räsonnierte von Schulen und Meistern und Gemählden so strömend, als ob er die Dialektik studiert hätte und Professor der Aestetik wäre, und er konnte es gar nicht zusammen reimen, dass ich nicht wenigstens vierzehn Tage hier bleiben wollte, die Reichthümer der Kunst zu bewundern. Er hielt mich halb für einen Barbaren und halb für einen armen Teufel; und ich überlasse Dirs, in wie weit er in beyden Recht hat. Ich ging trotz seinen Demonstrationen und Remonstrationen den andern Morgen zum Thore hinaus.


Quellen.[]

  1. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  2. Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Von J. G. Seume. 1811.
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