Bodensee.[]
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Bodensee, welcher auch der Costnitzer- oder Bregenzersee genennt wird, ist ein fischreicher See, über 7 Meilen lang, und 3 Meilen breit, zwischen Schwaben und der Schweiz, durch welchen der Rhein fliesset. Die größte Tiefe soll bey 350 die mittlere 100 Klaftern betragen. Er wird in den Ober- und Unter-See abgetheilt. Der bey weiten größere Obersee, reicht von Bregenz bis Konstanz, der Untersee, wird wieder in den Zellersee, wo die Insel Reichonau ist, und in den eigentlichen Untersee abgetheilt, wo der Rhein fließt. Der nordwestlichern Busen, wo die Insel Meinau sich befindet, heißt der Bodmersee, auch der Ueberlingersee. Die Herrschaft über den See ist zwischen dem Schwäbischen Kreis und den Schweitzern getheilt. Der Fischfang war ehedessen noch beträchtlicher als er jezt ist, vorzüglich schäzt man die Gangfische oder jungen Lachsforellen des Bodensees überall. Handel und Schiffahrt, schränkt sich hauptsächlich auf Getreid und Salz ein, welches aus Baiern und Schwaben nach der Schweitz verführt wird. Der See hat seinen Namen von dem Schloß Bodmen.
Bodensee.[]
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Bodensee (eigentlich Bodmansee, von dem alten Schloß Bodman), oder costnitzer, constanzer See ist ein großer See zwischen Deutschland und Helvetien, zwölf Stunden in der größten Länge, vier Stunden in der größten Breite, und 368 Klaftern in der größten Tiefe; 1089 Fuß über dem Meere. Er wird in den Zelleruntern und bregenzer oder obern See getheilt. Mehrere Flüsse ergießen sich in denselben, z.B. der Rhein, der bei Rheineck hinein- und bei Stein am Rhein wieder hinaustritt, ferner die Bregenz, der Argen, die Schüssen und vier Flüsse, die den Namen Aach führen. In ihm liegen die Inseln Lindau, Reichenau und Meinau. Er enthält viele Fische, z.B. Gangfische oder junge Lachsforellen. Handel und Schifffahrt sind wegen des Rheinfalls bei Schafhausen nicht sehr beträchtlich, und beschränkten sich auf Getraide, Salz und Seewien, wie man den Wein dieser Gegend nennt. Er ist seit 1695 nie wieder ganz zugefroren.
Von Reisenden.[]
Georg Arnold Jacobi.[]
Constanz den 24ten August 1791.
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Lindau liegt auf einer Insel im Bodensee. Eine Brücke, die dreyhundert und funfzig Schritte lang ist, verbindet die Stadt mit dem nördlichen Ufer. Im Osten reihen sich in welchen Gestalten die Tyroler Vorgebirge, gleich einer dreyfachen Mauer, übereinander. An ihrem Fuss badet der See die weissen Mauern der Oesterreichischen Stadt Bregenz. Dann sieht man ein Thal, worinn der Rhein fliesst, die Tyrolischen Gebirge von den Helvetischen absondern. Diese liegen im Süden. Da heben sich die lachenden Höhen der Landvogteyen Rheinthal und Thurgau, wie ein mit Dörfern, Aeckern, Wiesen und Weingärten vermischter Obstwald. Ueber diesem Vorgebirge thürmt sich der Alpstein, die höchste Spitze des Cantons Apenzell, hoch in die Wolken, und an ihn reiht sich eine Kette von Schneegipfeln, die theils zu Tyrol, theils zu den Schweizerischen Langvogteyen gehören. Unten scheinen an dem Ufer die Städtchen Rheineck, Roschach und Arbon. Im Westen dehnt sich in unabsehliche Ferne der See, und gleicht der Höhe des Meeres. Nur die Bergfestung Hohentwiel ragt, wie eine ferne Insel, hinter ihm hervor. Das nahe nördliche Ufer streckt sich hin in lauter lieblichen Hügeln, die mit Wein und Obstgärten bedeckt sind. Die wilden Riesengestalten auf einer Seite, und auf der andern das sanfthingestreckte Gewässer, mit der Fülle des Segens, der es umgiebt, bilden eine Gegend, die so wunderschön ist, dass wir alle davon entzückt waren, und hier zu wohnen wünschten. Die Stadt selbst ist reichsfrey, und weder gross noch schön, aber auch die engen Gassen werden durch ihre Reinlichkeit und die weisse Farbe der Häuser freundlich. Es wohnen hier nicht über 4000 Menschen, aber diese sind durch den ansehnlichen Kornhandel und das Verkehr mit Italien sehr wohlhabend. Offenheit und Gefälligkeit, die aus ihren Augen, wie aus ihren Reden und aus ihrem Wesen sprechen, haben uns für sie eingenommen. Wir brachten den ganzen Tag auf und an dem See zu; ich dünkte mir etwas darauf, auch in dem Bodensee geschwommen zu haben. Den Abend setzten wir uns auf das Werft, um den Untergang der Sonne zu betrachten. Langsam tauchte sie ein, und ihr Bild strahlte herrlich über der glatten Fläche des Wassers. Keine Wolke war in dem Westen zu sehen, und die tiefen Thäler des Gebirges waren schon lange in finstere Nacht gehüllt, als wir noch dem hellen Abendroth zusahen, dass sich in dem stillen See spiegelte.
Den 22ten, da wir unsre Reise fortsetzten, mussten wir anfangs von diesen herrlichen Gestaden uns entfernen, um über die hochangeschwollene Arge zu kommen, erreichten sie aber wieder bey der kleinen Reichsstadt Buchhorn, wo man Pferde wechselt. Von dort läuft der Weg über lauter lachende Anhöhen, durch Dörfer, die den Schwäbischen Reichsabtheyen Weingarten, Salmannsweiler, Ottobeuren und Ochsenhausen und dem Hochstift Constanz gehören. Auch hier hat sich, wie überall, die Geistlichkeit in den Besitz der besten Plätze zu setzen gewusst, und häufig sieht man ihre Klöster und Landhäuser an den Ufern des Sees. Den Mittag erreichten wir Mörfpurg, die Residenz des Fürstbischofs von Constanz. Die fürstlichen Gebäude nehmen den grössten Theil der Stadt ein, die übrigens an dem jähen Abhang einer Anhöhe sehr mittelmässig gebaut ist. Den Nachmittag schifften wir uns ein, und fuhren über den See. Es leuchtete die schroffen Felsen des hohen Alpsteins, und es schimmerten die kleinen Wellen des mit Schiffen und Kähnen erfüllten Sees in dem Scheine der sinkenden Sonne. Als sie untergegangen war, zog ein leichter Duft über das Gewässer, das Gebirge schwand in der Dämmerung, und wie aus offenbarer See landeten wir hier an.
Constanz liegt an dem südwestlichen Ende des Bodensees, da wo er den lautern Rhein entlässt, dessen beyde Ufer eine hölzerne Brücke mit einander verbindet. Der Rhein ergiesst sich eine halbe Stunde von hier wieder in den untern See, der jenseit der Insel Reichenau auch der Zeller-See heisst. Wie sehr Constanz von seinem alten Wohlstande gesunken sey, habe ich Euch schon vorhin gesagt. Merkwürdig ist das sogenannte Conzilienhaus, eigentlich ein Kaufhaus. Der grosse Saal, worin die Kirchenversammlung gehalten ward, scheint ursprünglich ein Packraum gewesen zu seyn, und ist daher sehr unansehnlich. Man zeigt darinn zwey Sessel, auf denen Kayser Sigismund und Pabst Martin V. gesessen sind. Mir ward noch jetzt die Lust an dem Platz zu enge, wo, in der Person des edlen Huss, Unschuld und Wahrheit selbst verurtheilt werden durften. Ueber den Ort, was das Urtheil vollzogen worden ist, streitet man; doch setzt die wahrscheinlichere Meinung ihn vor das Paradiesthor, auf den innern Brühl (Ravelin.) Dahin gingen wir, voll Gedanken über das unglückliche Schicksal des Mannes, der den schrecklichsten Tod für die schönste Sache so standhaft duldete. Es ist eine Art von Wiese zwischen den Festungswerken und der Stadtmauer, und hat die Gestalt eines Dreyecks. Von dort wallfahrteten wir auch nach dem Hause, wo Huss gewohnt hat und eingezogen wurde. Noch sieht man sein Brustbild in einem Stein der Mauer. Es ist ein schöner Kopf; hoher Verstand und unerschütterliche Festigkeit blickt aus dem gen Himmel gerichteten Auge, und unaussprechliche Güte ruht in dem Hauptzuge des Mundes.
Den gestrigen Nachmittag haben wir zu einer Fahrt nach der Insel Reichenau angewandt, die anderthalb Stunden von Constanz, mitten in dem Zeller-See liegt. Die Ansicht dieses Sees ist so lieblich, als jene des Bodensees gross und erhaben durch die ihn umgebende Natur erscheint. Eine gleiche Fruchtbarkeit schmückt beyde Gestade, aber sie gleiten am Zeller-See sanfter in das Gewässer hinab, und strecken sich oft als Landzungen hinein. Auf der Insel Reichenau, die voll Wein und Obstgärten ist, liegt die uralte Benedictiner-Abtey, von Carl Martells Sohn, Carlmann, gestiftet, und dem Bischof von Constanz zugehörig. In der alten Kirche des Klosters ruht die Leiche Carls des Dicken. Unter dem ungemein reichen Kirchenschatz zeigt man einen vorgeblichen Vier und zwanzig Pfund schweren Smaragd, der höchst wahrscheinlich ein Stück gefärbtes Glas ist; den Leib des Evangelisten Marcus, der auch in Venedig seyn soll; ein wunderthätiges Kreutzlein, und Etwas Blut Christi. Die Kirche ist voll von historischen Gemählden der Wunder, die dieses Blut gewirkt haben soll. Wäre die Nordische Muse mir holder, so würde ich den Aberglauben des Mönchs besingen, der uns alle diese Dinge mit dem festesten Vertrauen zeigte; aber Muse und Feder versagen mir ihre Dienste, und so nenne ich Euch lieber noch einen uralten hölzernen Pokal, der mit trefflichen Figuren von Elfenbein geziert ist, und mir grade nicht zu einem geistlichen Schatz von unsern Vätern bestimmt zu seyn schien. Er gefiel mir zu gut; ich hätte gern ihn mitgenommen.
Von dem Gipfel der Insel hat man eine schöne Aussicht; aber noch schöner ist sie auf dem Arenaberge, der an dem südlichen Ufer des Sees liegt. Dort übersieht man ihn ganz mit der fruchtbaren Aue in seiner Mitte und seinen schönen, Seegen und Ruhe verheissenden, Ufern. Es war ein entzükkender Blick, und uns allen fiel fast zugleich der Ploener-See in Holstein ein, obgleich er den Reichthum des südlichen Himmels nicht aufweisen kann, womit die Gestade der hiesigen Gewässer prangen.
Heute Nachmittag haben wir die Insel Meinau besucht, die eine halbe Stunde von der Stadt in dem Bodensee liegt, und der Deutschen Ordens Commenthurey Alschhausen gehört. Diese kleine Insel hat alles, was zu des Lebens Nothdurft erforderlich ist: Ackerbau auf ihrer Nordseite, Obst und Wein gegen Süden, und Wiesen und Wald an den Ufern des Sees. Von dem Schloss, welches auf der Höhe liegt, und dem Commenthur gehört, hat man eine entzückende Aussicht über den ganzen See, auf die hohen Tyroler und Appenzeller Gebirge. Jeder von uns wollte hier als Einsiedler seine Hütte bauen, und am Ende würde über die Theilung wohl kein Krieg unter uns entstanden seyn.
Morgen reisen wir nach Schafhausen. Lebt wohl!
Quellen.[]
- ↑ Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor zu Altdorf. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1805.
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
- ↑ Briefe aus der Schweiz und Italien von Georg Arnold Jacobi in das väterliche Haus nach Düsseldorf geschrieben. Lübeck und Leipzig bei Friedrich Bohn und Compagnie. 1796.