Von Bastille bis Waterloo. Wiki

HGA Den Haag


Von Reisende.[]

Ralph Fell.[]

[1]

[1800]

Das Schloss des Statthalters, der jetzige Nazionalpallast, wo die Mitglieder des batavischen Direktoriums ihren Sitz haben und die Repräsentanten der beiden Kammern ihre Zusammenkünfte halten, ist ein Aggregat alter in verschiedenen Perioden und ohne regelmässigen Plan aufgerichteter Gebäude, die ein mit Zugbrücken versehener Kanal umgiebt, und hat im Ganzen ein munteres Ansehen. Der verbannte Prinz hatte die Absicht, ein neues Schloss zu bauen und bald nach Endigung des amerikanischen Kriegs wurde die eine Seite eines Vierecks in einem erträglichen Styl aufgeführt. Aber die schnell darauf folgenden Unruhen in Holland verhinderten die Ausführung dieses Plans, und jetzt ist es gar nicht wahrscheinlich, dass derselbe jemals ausgeführt werden wird.

RIJKS Amsterdam
RIJKS Amsterdam

In dem neuen Gebäude hält die erste Kammer der Repräsentanten ihre Sitzungen. Der hierzu angewiesene Saal war des Statthalters Konzertsaal und ist auf eine der Gesetzgeber einer reichen Nazion würdige Art ausgeschmückt. Die Sitze der Mitglieder sind mit grünem Boy bedeckt, in Form eines Amphitheaters aufgestellt, und mit den nöthigen Schreibpulten versehen. In der Mitte befindet sich auf einem mit einem reichen Teppich belegten erhöhten Platze der Stuhl des Präsidenten mit Kramoisin-Sammet gepolstert und mit dem Hute, dem Stabe und andern Sinnbildern der Freiheit verziert. An jedem Ende des Saals sind Gallerien für die Zuschauer errichtet und für den Einlass darf kein Geld genommen werden. Ich war bei einer Verhandlung zugegen, die im Haag ein besondres Interesse gewährte. Der Gegenstand betraf die Frage: ob Korn und andre Lebensmittel auf neutralen Schiffen aus der Republik nach Grossbrittannien dürften gebraucht werden? Diese Einschränkung wurde von der gegen England am feindseligsten gesinnten Partei vorgeschlagen und durch eine starke Majorität unterstützt. Aber die Debatte wurde mit der grössten Mässigung und Gelassenheit geführt und mehrere Mitglieder versicherten mich, es käme selten zu heftigen die Ehre der brittischen Nazion und der Regierung beleidigenden Äusserungen. Der Statthalter ist beinahe gänzlich vergessen, und wenn sein Name noch bei den Debatten erwähnt wird, so geschieht es mit kalter Gleichgültigkeit. Dies ist ohne Zweifel das klügste Benehmen, denn der abgedankte Prinz hat gewiss noch viel eifrige Anhänger, deren Unwille gefährlich und doch schwer zu besänftigen ist.

Auf einem viereckigen Platz vor dem Schlosse steht der sechste Freiheitsbaum, nachdem, wie ich versichert wurde, die Haager Munizipalität bereits fünf Bäume der Freiheitsgöttin zu Ehren vergebens hatte pflanzen lassen. Auch dieser war gestorben; ob aber eines natürlichen oder gewaltsamen Todes? kann ich nicht bestimmen; das letztere scheint wahrscheinlich, denn einige neidische Hände hatten ihm Zweige abgerissen und die Rinde verletzt. Ich habe nicht erfahren, dass jemand wegen dieser unwürdigen Behandlung des Sinnbilds der Nazionalfreiheit bestraft worden sey, auch fanden sich keine Vorbereitungen zur baldigen Anpflanzung eines neuen.


Dr. Johann Friedrich Droysen.[]

[2]

[1801]

Der alte Hof (oude Hof), ehemahliger Pallast des Erbprinzen, jetzt die Wohnung der Directoren und ihr Versammlungshaus, vor demselben große Wache; und ein schöner Garten hinter demselben, der jetzt als (National-Tuin) Nationalgarten zu öffentlichen Promenaden dient.

Der Hof, die ehemahlige Residenz des Erbstatthalters, jetzt der Sitz der Legationskammern. Man kann den Versammlungen dieser beyden Kammern, nicht aber denen des Directoriums auf den Tribunen beywohnen. In dem Versammlungssaale der ersten Kammer, in dem ehemahligen Tanzsaale saß der Präsident auf einem erhöheten Platze, auf einem Sessel, rechts und links die Secretäre, und vor ihm stand der Rednerstuhl; die 60 Mitglieder, von denen sehr viele fehlten, saßen auf amphitheatralischen Sitzen rund umher, schwarz gekleidet; das Ganze war mit grünem Tuche bekoriret. Durch einen Hammerschlag geboth der Präsident Stillschweigen, die Sitzung ward mit einem von ihm gesprochenen, kurzen Gebeth eröffnet; worauf die Berathschlagungen anfingen, deren Resultate durch einen Hammerschlag des Präsidenten Gültigkeit erhielten. Viele der Mitglieder schienen während den Vorlesungen unaufmerksam, und manche schliefen dabey ein. –

Die zweyte Kammer versammelte sich in einem andern Theil dieses großen Gebäudes, in einem minder prächtigen Saale, wo die Fremden nur durch eine Barriere von den Mitgliedern, deren 30 an der Zahl sind, getrennt waren. Auch hier fingen die Geschäfte mit Gebeth an. Beyde Kammern machen zusammen das gesetzgebende Corps aus. Die übrigen Zimmer dieses großen, alten Gebäudes, dessen innerer Hof ebenfalls mit Wachen versehen ist, sind für die übrigen Collegien bestimmt, und in einem großen Saale, der ehemahls wohl eine Capelle war, hingen die eroberten Fahnen der Holländer, und -- die Lotterie ward darin gezogen. -- Mehrere der andern schönen Gebäude und ehemahligen Schlösser sind als Nationaleigenthum bald zu diesem, bald zu jenem Behufe gebraucht, in dem einen ist eine Caserne für das Französische Militär, in dem andern ein Magazin u. s. w. –


Quellen.[]

  1. Fell's Reise durch die Batavische Republik Aus dem Englischen übersetzt, und mit Anmerkungen begleitet von D. Karl Murhard. Leipzig, bei C. H. Reclam. 1805.
  2. Dr. Johann Friedrich Droysen's Bemerkungen gesammelt auf einer Reise durch Holland und einen Theil Frankreichs im Sommer 1801. Göttingen bey Heinrich Dieterich. 1802.