Von Reisende.[]
Francis William Blagdon.[]
Paris, den 8ten Februar 1802.
Jetzt habe ich Ihrem Wunsch, in Rücksicht der Nationalbibliothek, Genüge geleistet; ich eile nun, Ihnen einen kurzen Entwurf von andern öffentlichen Büchersammlungen mitzutheilen.
Die Mazarinsche Bibliothek. Der Cardinal Mazarin vermachte diese Bibliothek in seinem Testament der Benutzung der Gelehrten. Gabriel Naudé hat in ihr alles zusammen gebracht, was damals sowohl in Frankreich als im Auslande Merkwürdiges und Seltenes aufzutreiben stand. Sie nimmt einen der Pavillons und andere Zimmer ein, von dem vormaligen Collége Mazarin oder des Quatre Nations, letzt genannt Palais des Beaux Arts.
Seit der Revolution hat diese Sammlung keine bedeutende Zusätze bekommen, aber sie wird in der treflichsten Ordnung erhalten. Die Aufseher (Conservateurs) Le Blond, Coquille und Palissot, Männer von unveränderlicher Gefälligkeit, sind in der gelehrten Welt hinreichend bekannt.
Diese Bibliothek ist an jedem Tage von 10 bis 2 Uhr offen; Sonntag, Donnerstag und die Tage der National-Feste ausgenommen.
Bibliothek des Pantheons. Nach der Nationalbibliothek soll sie die größte Anzahl von gedruckten Werken und Handschriften halten, die in Rücksicht ihres Alters, der Seltenheit und der guten Präservation schätzbar sind.
Vormals führte sie den Namen Bibliotheque de St. Genevieve, und sie gehörte den Domherren dieses Ordens; diese hatten sie auch besonders bereichert.
Der Zuwachs, den sie seit der Revolution erhalten hat, ist zu gering, um einer besondern Erwähnung zu verdienen. Ueberhaupt hat keine der öffentlichen Bibliotheken in Paris, die einzige National-Bibliothek ausgenommen, das Glück gehabt, beträchtlich vermehrt zu werden. Die Bibliothek des Pantheons steht an gleichen Tagen offen mit der Mazarinischen.
Die heutigen Aufseher sind Daunon. Ventenant und Viallon. Die beyden erstern sind Mitglieder des National-Instituts.
Die Bibliothek des Zeughauses. Diese Büchersammlung, einer der reichsten in Paris, war vormals das Eigenthum des Grafen von Artois. Sie ist für den Wohlfahrts- oder Erhaltungsrath (Senate Conservative) bestimmt, in dem Pallast desselben wir auch ein eigener Platz dazu eingerichtet, indessen wird noch wohl anderthalb bis zwey Jahre darauf hingehen, ehe man sie dorthin schaft. In der Gegend des Arsenals giebt nur wenig lehrbegierige Menschen, und die Bibliothek steht auch nur allein Mittwochs, Donnerstags und Freytags, von 10 bis 2 Uhr offen. Ameilhon vom National-Institute ist ihr Administrator, und Saugrain ihr Conservator. Ehe ich diese Bibliothek verlasse, wünschen Sie unstreitig etwas über das Arsenal selbst zu hören.
Das Zeughaus. Es ist eine Gruppe oder eine Masse von Gebäuden, die mehrere Höfe bildet. Zwischen der Quay der Augustiner und dem Freyheits-Platze, vormals
dem Platze der Bastille. Carl V. hatte hier einige Magazine für die Artillerie errichtet; diese wurden nachmals von dem Prevot de Paris sehr ungern dem Könige Franz I. zum Kanonengießen geliehen. Was man voraus sehen konnte geschah; der König behielt sie für sich; man verwandelte sie in seine Residenz. Im Jahre 1562 fiel der Blitz auf einen von ihren Thürmen und zündete 15 bis 20 tausend Tonnen Pulver. Mehrere Menschen verloren dabey des Leben, und eine zweyte Wirkung davon war, daß alle Fische in dem Flusse (der Seine) dadurch starben (doch wohl nur bis auf eine gewisse Distanz). Carl IX., Heinrich III. und Heinrich IV. baueten das Zeughaus wieder auf, und vergrößerten es beträchtlich. Vor der Revolution dienten die hiesigen Gießereyen zum Gusse der Bronzfiguren, die die königlichen Gärten zieren.
Das Arsenal enthielt damals nur einige alte (rostige) Musketen und alte unbrauchbare Mörser: dennoch zierte folgende Inschrift das Thor der Seite der Quay des Celestins.
- Aetnae haec Henrico Vulcania tela ministrat.
- Tela gianteos debellatura furores.
Nicola Bourbon war der Verfasser dieser harmonischen Verse; die erregten die Eifersucht des berühmten Poeten Santeuil so sehr, daß er ausrief: hätte ich sie doch gemacht und dann gehangen!
Während der Revolution wurden die Gebäude des Zeughauses auf verschiedene Weise benutzt; anjetzt scheinen sie noch keine feste Bestimmung zu haben. *)
- *) Kurz vor der Revolution 1788 war hier das Bureau des Pelvers und der berühmte Lavoisier war einer der Hauptdirectoren davon.
Der Garten des Arsenals ist treflich gelegen; er gewährt den Bewohnern dieses Quartiers von Paris eine angenehme Promenade.
Die vorhin erwähnten Bibliotheken sind die bedeutendsten von Paris. Indeß haben das National-Institut, das gesetzgebende Korps, das Tribunat, ihre eigene Büchersammlung, so wie ebenfalls die polytechnische Schule, die Bergwerks-Schule, das Cassationstribunal, das Conservatorium, das Museum der Natur-Historie u. s. w.
Unabhängig von diesen Bibliotheken befinden sich hier noch drey litterairische Niederlagen (depots). Sie diesen dazu, die schon vorhandenen und noch zu errichtenden Bibliotheken zu suppliren, besonders die für die öffentlichen Unterricht.
Als die constituirte-Versammlung die Besitznehmung der Geistlichen Güter für die Nation beschloß, richtete die Commité d'Alienation ihr Augenmerk auf die Klöster der Kapuziner, der großen Jesuiten und der Cordelirer in Paris, als Niederlagen für die Bücher und Handschriften, welche sie vor der Zerstörung der Revolution retten wollte.
Anon.[]
Am 28. November 1804.
An die Gerüste für die Zuschauer in den Straßen, durch die der Zug gehen soll, scheint noch nicht gedacht zu seyn, obwohl die Polizei dazu durch eine lange Ordonance gleichsam eingeladen hat. Auf eine liberale Art hat der hiesige allgemein geschätzte Minister des Innern, Champagny, an die Bequemlichkeit der Fremden gedacht, indem er die Ordre gegeben hat, daß durch einen ganzen Monat alle seinem Ministerium untergebenen Etablissements allen Fremden unter der Vorzeigung ihrer Pässe offen stehen sollen; obgleich nun das Interessanteste von allem, [[das Musée Napoleon]] recht oft geschlossen ist, und ein Plakat dem Fremden, der eine halbe Meile gelaufen ist, sagt: fermé par ordres superieurs, so findet doch keine Ausnahme in allen andern Kabinetten, Collectionen und Etablissements Statt. -- Mit deinem Passe oder Sicherheitskarte gehst du jetzt gerade hinein, in dieses oder jenes öffentliche Haus, wo sonst 4 Tage in der Woche ein imposanter Portier dir den Weg vertrat und dir anzeigte, daß du in 3 -- 4 Tagen wieder kommen möchtest. Ich genieße jetzt, indem ich freien Eintritt in die hiesige elende National-Bibliothek habe, diesen Sieg über einen hochmüthigen Gehülfes Gehülfen, der mir, wenn ich die durch geflochtenen Eisendraht wohl verwahrten Bücher nur anschaute, zurief, Monsieur, la bibliotheque n'est pas publique aujourd'hui! das will nämlich so viel sagen, als: die Bibliothek ist zwar wohl alle Tage der Woche für Lesende offen, aber nur zwei Tage ist es jedem erlaubt, in den Saal hineinzugehen und die eingeschlossenen Bücher anzuschauen, wobei dich mehrere Aufseher begleiten, um zu verhüten, daß du nicht durch verschlossene Thüren gehst. Es kann aber wohl seyn, daß dieses ein ewiges Denkmahl jenes niederträchtigen Englischen Diebes ist, der aus dieser Bibliothek einen Theil eines sehr kostbaren Werkes stahl und nach seiner Zurückkunft nach England zurückgeben mußte, so wie der Fremde viele Unannehmlichkeiten in Frankreich den Englischen Conspirationen zu verdanken hat. –
Vermischte Bemerkungen, Anekdoten, Neuigkeiten aus Paris und den Departementen.[]
Neulich erschien auf der National-Bibliothek ein junger Mann, und verlangte denjenigen der Administration zu sprechen, dem der Ankauf von Manuscripten übertragen wäre. Man wies ihn zu Hrn. Dutheil. Dieser glaubt, daß der junge Mann einen kostbaren Schatz bringt, und ist voller Erwartung. Der Fremde öffnet sein Portefeuille, und zieht ein Schauspiel hervor, das seiner Aeusserung nach werth ist, den schönsten Moliere's an die Seite gesetzt zu werden. "Ich will, setzt er hinzu, "den Besitz desselben lieber der Bibliothek gönnen, als einer gegen das Verdienst oft blinden Theaterdirektion." Man hatte Mühe, dem jungen Dichter begreiflich zu machen, daß die Bibliothek ihre Fonds nur dem Ankaufe solcher Manuscripte bestimmt, die das Gepräge des Alterthums an sich tragen, aber keinesweges den unreifen Früchten der Muse eines modernen Schauspieldichters.
Quellen.[]
- ↑ Paris wie es war und wie es ist. Ein Versuch über den vormaligen und heutigen Zustand dieser Hauptstadt in Rücksicht der durch die Revolution darin bewirkten Veränderungen. Nebst einer umständlichen Nachricht von den bedeutendsten National-Anstalten für Wissenschaften und Künste, wie auch von den öffentlichen Gebäuden. In einer Reihe von Briefen eines reisenden Engländers. Aus dem Englischen übersetzt und mit Erläuterungen und einer Einleitung versehen. In drei Theilen. Leipzig bey Gerhard Fleischer dem Jüngern. 1805.
- ↑ Paris zur Zeit der Kaiserkrönung. Nebst einer Schilderung der Hauptpersonen bei diesem merkwürdigen Schauspiele. Aus den Briefen eines Augenzeugen. Kölln, bei Peter Hammer. 1805.
- ↑ Französische Miscellen. Tübingen in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. 1804.