Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Oesterreichs Verhältnisse zu Frankreich.[]

[1]

[1808]

Es ist nicht lange her, da man noch ziemlich allgemein behauptete, Oesterreich sei willens gegen Frankreich Krieg zu erklären, und viele setzten hinzu, jetzt sei grade der Zeitpunkt, wo dieses geschehen müsse, wenn anders Oesterreich seiner Vernichtung nicht entgegen sehen wolle. Schon im vorigen Monats-Hefte dieses Journals sind diese und ähnliche Behauptungen zum Theil widerlegt worden, womit jedoch, wie man hört, nur wenige Leser zufrieden sind, die noch immer sich einbilden, durch die Unruhen in Spanien sei nun grade die Epoche eingetreten, in welcher Oesterreich für gehabten Verlust im Jahr 1805 sich schicklich rächen könne, und manche gehen noch weiter, und glauben, ganz Deutschland werde Vortheil davon haben, wenn aufs neue ein Krieg auf dem Continent schnell hervorgehe, und man Frankreich keine Zeit lasse, um gehörigen Widerstand zu leisten.

Wie ist es möglich, daß man aus einer Art von Partheiligkeit so ganz gegen alle Prinzipien der gesunden Vernunft urtheilen kann? Es sei mir erlaubt, noch einmal einen Versuch zu wagen, und zwar -- nicht wie im vorigen Monate geschehen ist, blos zu räsonniren -- sondern das Räsonnement mit Gründen zu begleiten, vielleicht daß es gelingt, die verschiedenen Meinungen dahin zu vereinigen, um einzusehen, wie nothwendig es für Oesterreich sei, gerade jetzt die friedlichsten Gesinnungen allen Kriegsprojekten vorzuziehen, weil jene nur den Oesterreichischen Staat erhalten können, diese hingegen dessen gänzliche Zertrümmerung zur Folge haben würde. Die Unruhen in Spanien haben durchaus keinen Bezug auf das, was in Deutschland unternommen wurde, im Fall Oesterreich auf den Gedanken käme, das sieggewohnte Frankreich zu bekriegen, welches nicht nöthig hätte, so wie im Jahre 1805, erst Truppen aus den entferntesten Gegenden Frankreichs herbeizuführen, sondern sich allein mit seinen in Deutschland stehenden Armeen begnügen könnte. Sehr richtig sagt einer unserer Schriftsteller: "Frankreichs Macht ist in sich selbst eine vollendete Einheit; die Hülfsmächte, die ihm zu Gebote stehen, haben keine Plane und keine Zwecke, als die Napoleon ihnen vorzeichnet." Ist dieses gegründet, wie man nicht leugnen kann, so ist Napoleon gegenwärtig vermögend, die Kräfte Deutschlands, Hollands, Italiens, selbst Rußlands nach seinem Willen zu benutzen, und wie wäre es also wohl möglich, daß Oesterreichs Armeen es mit allen diesen Mächten aufnehmen könnten?

So lange Oesterreich seine alten Verhältnisse behält, kann es nie daran denken, gegen Frankreich mit Erfolge etwas unternehmen zu können, denn die Ungarn, die für den Kern des Oesterreichischen Reichs anzusehen, haben, wie bekannt, im vorigen Kriege für Oesterreichs Erhaltung gar nichts gethan, und da sie einen Staat für sich bilden, so ist nicht zu glauben, daß sie jemals willens sind, ihre Kräfte für Oesterreich aufzuopfern.

Der letzte Krieg hat nur zu deutlich bewiesen, wie bald man eine Armee vernichten kann, sie ist wieder hergestellt, aber wenn sie abermals Verlüste erleidet, woher sollte sie wohl wieder ersetzt werden? -- Es ist thöricht, daß man noch immer, wenn von Oesterreichs Macht gesprochen wird, auch Ungarn mit in Anschlag bringen will, da doch die Ungarn noch auf dem letzten Reichstage 1807 sehr deutlich erklärt haben, wie sehr sie überhaupt den Krieg verabscheuen, und daß sie nur diejenigen Kriege billigen könnten, die unumgänglich nothwendig wären. Man kann wohl eine Armee haben, um den Krieg anzufangen, aber wie solchen wohl fortsetzen? Der Moniteur hat Oestreich deutlich belehrt, es fehle diesen Staate an Menschen und habe zu viel Papiergeld um Krieg anzufangen. Frankreich führte Krieg ohne Geld, aber -- auf feindlichen Boden, und könnte Oesterreich wohl Hofnung haben, je dergleichen auszuführen? -- Gesetzt nun aber auch, Oestreich habe eine sehr gute Armee und alle Hülfsmittel um Krieg zu führen, könnte es wohl hoffen, etwas gegen eine Französische Heeresmacht auszurichten, die von Französischen Feldherrn angeführt wird. Wo sollte wohl der Muth zu einem Feldzuge herkommen, da der im Jahre 1805 so unglücklich ausgefallen ist. Der Französische Soldat, wenn er ins Feld rückt, blickt voll Vertrauen auf Napoleon, aber bei den Oesterreichischen Soldaten ist es ganz anders. Erzherzog Carl wird zwar sehr verehrt, aber auf das Vertrauen, was Napoleon genießt, kann er keine Ansprüche machen, denn er hat sich zwar dem Sieger Deutschlands entgegen gesetzt, aber nichts ausgerichtet, wo sollte also das Vertrauen des Kriegers herkommen? Die übrigen Oesterreichischen Feldherren haben noch weniger gethan, und folglich können sie auch weniger auf das Vertrauen der Soldaten Anspruch machen. Nun wird zwar viel Gutes von der neuen Landmiliz in Zeitungen gesagt, aber wie sie auch sein mag, so ist nicht zu glauben, daß solche im Stande sein würde, sich standhaft gegen Französische Krieger zu vertheidigen. Wie viel Aufhebens wurde nicht im Jahr 1805 von den Tyrolern gemacht, und wir wissen, daß sie gar nichts gegen das Einrücken der Franzosen ausrichten konnten. Dergleichen Milizen werden gewöhnlich eben so schnell zerstreut, als man sie zusammenbringt, und mit den Französischen Nationaltruppen ist dergleichen nicht in Vergleich zu setzen.

Die Oesterreichische Kriegsmacht wird zu dreimal hunderttausend Mann angegeben. Das ist freilich viel, aber die von Frankreich beträgt sechsmal hunderttausend Mann, und wenn nur ein Drittheil davon gegen Oesterreich gebraucht würde, so wäre dieses schon hinreichend. Hierzu kommen noch wenigstens 80000 Mann Rheinische Bundestruppen, und Holländische, Italienische und Russische Truppen stehen ebenfalls Frankreich zu Gebote, wenn ein Krieg mit Oesterreich entstehen sollte, daher auf keinen Fall ein Verhältniß zwischen diesen Mächten anzunehmen ist. Uebrigens kann man annehmen, daß Napoleon auch auf ein solches Ereigniß längst vorbereitet war, und man nicht im Stande sei, diesen geübten Feldherrn zu überraschen. Nun freilich giebt es einige schlechte Politiker, die auf solche Art gar nicht zu kalkuliren pflegen, und im Gegentheil sich einbilden, alle übrigen Mächte würden, im Fall eines neuen Krieges, schnell auf Oesterreichs Seite treten, aber solche Hirngespinnste verdienen keine Widerlegung, da sich nicht einmal fähig sind, nach Wahrscheinlichkeit zu urtheilen.

Man muß der Oesterreichischen Regierung so viel Einsicht zutrauen, um zu wissen, daß es nicht möglich sei, einen Krieg mit Vortheil gegen Frankreich zu unternehmen, und das war auch der Grund, warum so oft in diesem Journale behauptet wurde, es werde nie zu einem Kriege zwischen Oesterreich und Frankreich kommen, denn gesetzt auch, daß letztere Macht hierzu Anlaß geben sollte, wiewohl dieses nie geschehen ist, so würde Erstere den Krieg auszuweichen suchen, in der festen Ueberzeugung, daß ein solcher Krieg nur neues Unglück über Oesterreich bringe, an Vortheil aber gar nicht zu denken sei.

Die Verhältnisse zwischen Frankreich und Oesterreich sind zu ungleich, daß das Wiener Kabinet auf den Einfall kommen könnte, einen so unsichern Krieg zu beginnen, der nur dazu führen würde, gleiches Schicksal mit Preußen zu haben, statt daß Oesterreich gegenwärtig noch immer eine respectable Macht ist, und sich gegen Angriffe vertheidigen kann, wenn es kleinen Mächten einfallen sollte, diesen Staat zu beunruhigen. Doch auch dergleichen ist gegenwärtig nicht denkbar, und man kann dreist behaupten, außer Rußland und Frankreich ist keine Macht gegenwärtig im Stande, Krieg zu führen, und um so weniger hat Oesterreich Ursache, sich vor einem seiner Nachbarn zu fürchten.

Welche Gründe könnten wohl bei Oesterreich statt finden, in so mißlichen Verhältnissen, als bereits erwähnt worden, einen in seinem Erfolge so unsichern Krieg zu beginnen? Viele glauben um deswillen, um seinen durch den letzten Krieg erlittenen Verlust zu ersetzen, oder auch, um sich zu rächen; aber wenn man dieses annehmen wollte, so hat man Ursache zu fragen: warum sollte Oesterreich die Zeit versäumt haben, wo es weit sichere Aussicht hatte, etwas auszurichten, als gegenwärtig, ich meine nämlich bald nach der Schlacht bei Eylau, wo die Französische Armee sich in bedenklicher Lage befand? -- Gewiß würde Oesterreich damals einen Streich gewagt haben, wenn es nicht den festen Entschluß gefaßt, nie wieder einen Krieg gegen Frankreich zu unternehmen, und die Dauer des Friedens allen Streitigkeiten vorzuziehen.

Es giebt eine Parthei Politiker, welche meinen, Oesterreich ist zum Kriege gezwungen, wenn es anders seine Existenz sichern wolle, und diese setzen also voraus, daß Frankreich darauf ausgehe, Oesterreich zu vernichten, oder doch wenigstens zu verkleinern. Höchst ungerecht ist diese Voraussetzung, denn Napoleon hat hierzu durchaus keine Veranlassung gegeben. Oesterreich befand sich ganz in Napoleons Händen, und war im Jahr 1805 in so mißlicher Lage, daß es einen Frieden anzunehmen genöthigt war, wie er vorgeschrieben wurde. Wer würde ihn gehindert haben, ganz Oesterreich als erobertes Land zu betrachten? -- Aber man kann annehmen, daß Napoleon dergleichen Zertrümmerung der Oesterreichischen Monarchie damals seinem Plane nicht angemessen fand, und warum sollte es gegenwärtig statt haben? -- Es hat sich seitdem durchaus nichts geändert, daß man annehmen könnte, Napoleon habe jetzt andere Plane als vor zwei Jahren, oder daß ihm Oesterreich nur im geringsten furchtbar wäre, wenn es auch mehrere Landmiliz und Reserven aufstellen sollte, als gegenwärtig geschehen ist. Man kann mit Recht fragen, warum sollte Oesterreich einen Angriff wagen, da im unglücklichen Fall es seinen Untergang herbeiziehen würde? Und wiederum kann man fragen: warum sollte Frankreich gegenwärtig Oesterreichs Untergang projectiren, da dieses bei Abschluß des Pressburger Friedens weit leichter geschehen konnte? Damals hätte Frankreich weit eher Grund gehabt, als gegenwärtig, wo Oesterreich gar nicht im Stande ist, dem mächtigen Frankreich Schaden zuzufügen, denn damals war eine neue Koalition auf Anstiften Englands denkbar, aber gegenwärtig gar nicht; es würde wenigstens ein Krieg von Seiten Oesterreichs wenig Einfluß auf Frankreich und noch weniger auf Spaniens Angelegenheiten haben, denn das ist doch nicht schwer einzusehen, daß eine Macht mit 600000 Mann guter Krieger an mehreren Orten zugleich fechten könne, und durchaus nicht genöthigt sei, sich auf einen Punkt nur einzuschränken.

Ich frage noch einmal: warum sollte Napoleon ietzt Oesterreich vernichten wollen, da es blos von seinem Willen abhängt, um dessen wiederhergestellte Kräfte zu seinen Zwecken zu benutzen, und sollte je der Fall denkbar sein, daß zur fernern Entwickelung der Plane Napoleons, eine Veränderung der Oesterreichischen Monarchie nothwendig wäre, so würde deshalb kein Krieg veranlaßt, im Gegentheil alles sehr friedlich beigelegt werden.

Ueberhaupt aber ist man sehr irrig, wenn man sich einbildet, daß Oesterreichs Rüstungen so ausserordentlich gewesen sind, denn aufrichtig gesagt, es ist nichts weiter geschehen, als daß man die Armee wieder hergestellt, die im Jahre 1805 vernichtet worden, und dagegen hat Frankreich gar nichts einzuwenden. Die Oesterreicher selbst waren Ursache, daß man von ausserordentlichen Rüstungen sprach, und sie furchtbar mahlte, obgleich dieses nicht der Fall war, und nichts weiter geschehen ist, als die Regimenter zu kompletiren und eine Landmiliz zu organisiren, wodurch die Armee nicht stärker geworden, als sie vor dem Pressburger Frieden war.

Wie gesagt, Oesterreich hat es sich selbst zuzuschreiben, wenn Frankreichs Minister auf die Rüstungen aufmerksam wurden, da man so viel Aufhebens davon gemacht und sie höher angegeben hat, als sie jemals gewesen sind, und so ist nichts gewisser, als daß Oesterreich sein angenommenes Friedenssystem noch ferner beibehalten werde.


Etwas über Oesterreich.[]

[2]

[1808]

Man versichert uns zwar, daß zwischen dem Wiener und Pariser Hof nur Friede und Freundschaft herrsche, und man hat auch Ursache anzunehmen, daß die Erklärungen von Seiten des Oesterreichischen Hofes zu Erfurt so eingegangen sind, daß man auf friedliche Gesinnungen rechnen konnte; demohngeachtet sieht man aus einigen Französischen Journalen, daß man daselbst nicht diese Meinung hege, sonst würde man sich nicht über die Osterreichischen Kriegsanstalten so lustig machen, daß in verschiedenen Blättern deren auf eine Art erwähnt wird, wie es sonst nicht gewöhnlich ist, wenn zwei Höfe mit einander im besten Einverständnisse leben. So beschreibt man z. B. die Insurrektion in Ungarn auf eine sonderbare Art, und scheint nur zu deutlich zu erkennen zu geben, daß man nicht begreifen könne, warum der Wiener Hof so große Kriegsanstalten treffe, da er versichere, in Frieden leben zu wollen.

Es scheint außer Zweifel zu sein, daß den Gränzen des Oesterreichischen Staats manche Veränderungen bevorstehen, wie selbst Wiener Nachrichten sagen, und diese setzen hinzu; an mehrern Punkten dürften unsre Gränzen eingezogen, an andern aber erweitert werden. Ob man gleich hierüber nichts Bestimmtes annehmen kann, so darf man doch, nach den Unterhandlungen, die bereits mit Frankreich gepflogen worden, mit einer Art von Gewißheit darauf schliessen. Bei dem Oesterreichischen Ministerium wird zwar ein tiefes Stillschweigen hierüber beobachtet, so wie dieses auch der Fall bei den Negociationen in Paris ist, aber verschiedene Vorkehrungen, die getroffen worden, und welche dem Scharfblick der Politiker nicht entgehen, deuten zu deutlich auf die bevorstehenden großen Veränderungen hin, und man glaubt, daß die Zeit nicht mehr fern ist, welche über alle diese Vermuthungen Licht verbreiten wird. Kurz, das alles hat das Publikum so bedenklich gemacht, daß man sehr natürlich findet, wenn es noch immer in der Meinung steht, die Stimmung des Oesterreichischen Hofes sei nicht so friedlich, als man uns einbilden will.


Zeitungsnachrichten.[]

1808.[]

Politische Notizen. [3] [Mai.]

Es sind eine Menge kriegerische Gerüchte in Umlauf, dahin gehört unter andern, daß Oesterreich, wie man vorgiebt, unzufrieden mit Frankreich, aufs neue Krieg erklären will, in dieser Absicht die bisherigen Truppen Bewegungen und die Organisation der Land-Miliz. In Briefen aus Wien wird nichts davon bemerkt, daher auch diese Nachricht noch sehr zu bezweifeln ist.


Quellen.[]

  1. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
  2. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
  3. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
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