Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Zeitungsnachrichten.[]

[1808]

Preussen. [1]

Berlin den 11. Jun. Der Brodmangel hat hier seit acht Tagen aufgehört; man erhält wieder, obgleich zu ziemlich hohen Preisen, die nothwendigsten Lebensmittel, und so ist der furchtbarste Grad des Elendes der geringen Volksklassen vor der Hand gehoben. Dagegen haben die häufigen kalten Fieber noch nicht aufgehört. An dem Lager zwischen Charlottenburg und Spandau ist noch nicht zu bauen angefangen, vielmehr sagt man, daß die dazu bestimmten Truppen nur bivouacquiren werden. Wahrscheinlich berücksichtigt das Gouvernement die Ersparung der Baukosten. Die Zahl der kampirenden Mannschaft wird jetzt nur auf 5000 Mann angegeben, da mehrere Regimenter eine andere Bestimmung erhalten haben sollen. Auch jenseits der Oder finden Truppenversammlungen Staat. So wird bey Stargard in Pommern ein Bivouacq seyn, der in der Mitte dieses Monats beginnt. Nach Schwedisch-Pommern gehen fortwährend kleine Abtheilungen Französischer Soldaten nud nach Schlesien Artillerietransporte ab, welche zum Theil von den durch den Rheinbund gestellten Fuhrknechten begleitet werden. Das Berliner Comité administratif hat sein Kurzem einen neuen Weg zur Verpflegung des dort garnisonirenden und durchmarschirenden Militärs eingeschlagen, indem es alle Liferanten (Zwischenhändler) abgeschaft hat, und selbst Kontrakte mit den Besitzern von Naturalien abschließt. Dadurch hat man z. B. bey Anschaffung des Schlachtviehes für die zum Lager bestimmten Truppen die Summe von 20,000 Thalern erspart. Die neue Kontribuzion, welche die wohlhabendsten Mitglieder der Kaufmannschaft zu Berlin in den ersten Tagen d. M. zu bezahlen übernehmen sollten, betrug 620,000 Thaler; die hatten sich deren, unter der Anführung, daß sie bereits ansehnliche Summen gegeben, andere nicht unbedeutende durch die Folgen des Kriegs verloren, und keine Aussicht zu neuem Erwerb hätten, Anfangs geweigert; später ist es jedoch dahin gekommen, daß die Erwählten schriftlich versprachen, 60,000 Thaler zu zahlen. Ob das Ganze aufgebracht werden muß, ist zur Zeit noch nicht entschieden. Ein Theil dieser Summe soll den Bäckern als Zuschuß zum Getreide-Einkauf gereicht werden, damit die Armen wohlfeileres Brod erhalten, der andere ist zu Instandsetzung der Militärspitälern bestimmt, wohin auch am Ende des Maymonats Hemden und Bettücher von der Stadt abgeliefert werden mußten.

Politische Notizen. [2] [August.]

In Berlin heißt es allgemein, die Ankunft des Königs sei nicht mehr weit entfernt, und es ist bereits der Befehl aus Königsberg angekommen, das Berliner Palais in Ordnung zu bringen. Die Offiziere der Berliner Garnison müssen sich jetzt selbst verpflegen und erhalten dagegen vom Gouvernement Geld. Das Lager bei Charlottenburg ist nun ganz im Stande.

Politische Notizen. [3] [August.]

Alle Deutschen Blätter sind mit Beschreibung der Feierlichkeiten angefüllt, die in den vornehmsten Städten Deutschlands am Napoleonsfeste statt gefunden haben. In Berlin erhielt den Abend zuvor ein Theil der Garnison und mehrere Truppen in Charlottenburg plötzlich Ordre noch in der Nacht aufzubrechen. Es heißt, sie hätten ihren Marsch nach dem Mecklenburgischen genommen, und würden von da weiter gehen.

Preussen. [4]

Berlin den 8. Okt. Gestern kam ein Adjutant des Marschalls Soult, Herzog von Dalmazien, von Erfurt mit der Nachricht hier an, daß der Herzog, unser seitheriger Gouverneur, nicht wieder hieher zurückkehre; er läßt die sämmtliche Equipage desselben einpacken. Der größte Theil des grossen Generalstabs ist bereits abgereist, und man glaubt nun, daß vielleicht bis zum 20. dies Berlin geräumt s_yn dürfte.

Politische Notizen. [5] [August.]

Der König von Preußen wird noch in diesem Monat zu Berlin erwartet, und zu seinem Empfange sind bereits viele Anstalten getroffen worden. Ein Theil der Französischen Truppen hat Berlin verlassen, und sind solche nach Stettin, Stralsund und nach der Insel Rügen marschirt.

Preussen. [6]

Der Generalintendant Daru ist gestern Morgens von Erfurt wieder hier eingetroffen. Hr. Daru und Hr. Bignon, bisheriger Intendant der Kurmark, werden nun nicht mehr lange hier verweilen. Hr. Daru soll zum Intendanten von Hannover, und Hr. Bignon zum Gesandten am großherzogl. Badenschen Hofe ernannt seyn. Die ganze Equipage des Marschalls Soult (Herzog von Dalmazien) ist ihm bereits nach Frankreich gefolgt. Der Hr. Marschall trat die Reise dahin gleich von Erfurt an. Man erwartet nun den Marschall Davoust (Herzog von Auerstädt), dessen hiesiger Aufenthalt aber nur von kurzer Dauer seyn wird. Den bisherigen Kommandanten von Berlin, General St. Hilaire, bestimmt man zum Kommandanten derjenigen Truppen, die in den Festungen Stettin, Küstrin, Glogau und in Stralsund, so wie in ganz Schwedisch-Pommern zurück bleiben. Berlin wird also in Kurzem wieder von Preussischen Truppen besetzt seyn. Die bisherige Garnison von Kolberg und diejenigen Regimenter, welche bis jetzt unter dem Befehl des würdigen Generals v. Blücher den noch freygebliebenen Theil von Pommern besetzt gehalten haben, sollen dazu bestimmt seyn. Gegen das Ende des künftigen Monats erwartet man die königl. Herrschaften aus Königsberg.

Preussen. [7]

Berlin, den 8. Nov. Am 10. dieß geht der bisherige Französische Kommandant, Gen. St. Hilaire, von hier ab; das Arsenal wird gereinigt, die Arbeiten darin haben nun aufgehört. Auch das königl. Palais wird zum Empfang unsers Monarchen in Bereitschaft gesetzt. Strenger als je werden jetzt die Rückstände von Requisizions- und Speise- Kassen-Beyträgen von dem Kommitte administratif eingefordert. Den 3. dieß verließ auch das 72. Linienregiment das Lager bey Charlottenburg, und da dasselbe dadurch ganz ledig wurde, so übernahmen 100 dazu aus den benachbarten Dörfern kommandirte Bauern die Bewachung desselben so lange, bis es am 14. dieses zum Besten der Provinz öffentlich verkauft ist. -- Die Errichtung einer Universität in Berlin wird nun als entschieden angegeben.

Politische Notizen. [8] [Dezember]

Berlin ist nun gänzlich von Französischen Truppen geräumt, und General Lestocq als künftiger Gouverneur angekommen. Auch die meisten Preußischen Ortschaften sind von Franzosen verlassen worden, die drei bekannten Festungen ausgenommen.

Preussen. [9]

Berlin den 13. Dez. Der bereits angekündigte Einmarsch unserer einstweilligen Preussischen Garnison, erfolgte am verwichenen Sonnabend auf nachstehende Weise. Der hiesige Kommandant, Major von Chasot, war den ankommenden Truppen nach Weisensee entgegen geritten, und führte sie von dort bis zu dem, vor dem Bernauer Thore bestimmten Randezvons, wo sie um 11 Uhr eintrafen, und vom Gouverneur Generallieutenant von Lestocq, an der Spitze der vornehmsten hier anwesenden Militärpersonen, und begleitet von dem General-Staabe der Nazionalgarde, sämmtlichen Kapitainen derselben und der Schützengilde empfangen wurden. Innerhalb des Thores erwartete ihrer eine Deputazion des Magistrats, des Komitee administratif und der Stadtverordneten dieser Residenz. Jetzt wurden auf Befehl des Gouverneurs sämmtliche Offiziere der ankommenden Truppen vorgerufen, begaben sich zum Stadtthore herein, und formirten unter Vortretung des ältesten Majors Herrn von Witzleben vom Fußjägerkorps einen Halbkreis, dessen andere Hälfte die vorgedachten Magistratspersonen xc. bildeten. In dieser und der Bürgerschaft Namen wurden sie statt des Krankheitswegen abwesenden Stadt-Präsidenten Büsching, von dem geheimen Kriegsrath und Bürgermeister Koels, mit folgender Anrede, bewillkommt: "Vaterländische, tapfere Krieger! Erfreulich ist uns und unsern Mitbürgern (die wir als deren Stadt-Obrigkeit und Stellvertreter Ihnen entgegen kommen) der lang ersehnte Augenblick, wo sie einziehen zu unsern Thoren. Er wird uns und unsern Kindern immerdar denkwürdig bleiben. Berlin empfängt Sie mit warmer Herzlichkeit, und dankbarer Achtung für das, was Sie für unsern König, für unser Vaterland thaten! Gefahren und Schicksale haben uns getrennt, der wohlthätige Geist des Friedens führt und wieder zusammen. Dieser Moment unserer freudigen Wiedervereinigung, verlöscht das Andenken an das -- was wir gelitten! -- Ein glückliches Loos erwartet uns nun! -- Der Verein aller Stände zu einem Zweck, wird das Vertrauen, die Liebe und Achtung aller Staatsbürger gegen einander erhöhen, und fest erhalten, und nicht zu stöhrende Harmonie begründen. Der Wille -- der Wunsch unsers Königs wird -- muß erfüllt werden. Er geht mit seinen beglückenden Tugenden uns voran -- Ihm wollen wir Hand in Hand folgen. Er der gerechte König, Er lebe! -- Es lebe das Preussische Militär." Ein dreymaliges lautes: Es lebe hoch! erscholl von allen Seiten. Der Herr Major von Witzleben nahm hierauf das Wort, und dankte der Stadt-Obrigkeit in wenigen herzlichen Worten, für die geäusserten Gesinnungen. Der Gouverneur, der zu Pferde neben dem Kreise hielt, bezeigte seine Rührung über den herzlichen Empfang, und das liebvolle Benehmen der Bürger Berlins, und versprach für sich und im Namen der künftigen Garnison, alles Mögliche zu thun, um die gute Simmung zwischen Bürger und Soldat zu erhalten und zu befestigen. Nunmehr kehrten die Offiziere wieder zu ihren Korps zurück, und die Truppen, an deren Spitze sich der Gouverneur, umgeben und begleitet von den vornehmsten Militärpersonen, dem Stabe der Nazionalgarde xc., befand, defilirten unter Vivatrufen und Freudensbezeugungen der Bürgerschaft, durch die Bernauer- und Königsstrasse über den Schloßplatz nach dem Lustgarten, dort marschirten die Truppen Bataillonweise hintereinander auf, wurden vom Gouverneur gemustert, und verfügten sich alsdann jedes nach seinem Revier. Die Leibkompagnie des Leib-Infanterieregiments marschirte zuvor nach dem königl. Palais, und brachte dort die Fahnen des Regiments hin, und die reitende Artillerie ihr Geschütz ins Zeughaus. Bey diesem Anlaß sowohl, als beym Einmarsch der Fahnen durch das Stadtthor, begrüßte sie das versammelte Publikum mit sichtbarer Rührung über den lang entbehrten Anblick. Mittags gab die Stadt dem gesammten Offizierkorps der angekommenen Truppen im Konzertsaale des königl. Nazionaltheaters, der reich erleuchtet und mit Blumengehängen und den aufgestellten Büsten des Königs und der Königin geziert war, ein Gastmal. Nach aufgehobener Tafel ward das gesammte Militär-Offizierkorps in den Schauspielsaal geführt, wozu auch eine Auswahl von 180 Gemeinen freyen Eintritt erhalten hatte. Lange anhaltendes Vivatrufen erscholl, als Generallieutenant v. Lestocq eintrat. Eben diese Auszeichnung widerfuhr auch dem Chef des hier eingerückten Hussarenregiments, v. Schill. Nun begann das von der Direkzion sehr passend gewählte Stück: der dankbare Sohn (von Engel); die darin auf dem Theater dem Könige ausgebrachte Gesundheit wurde von den im Parterre überaus zahlreich versammelten Zuschauern mit unbeschreiblichem Enthusiasmus und kaum zu stillendem Jubel aufgenommen, und so tief gewiß empfunden als laut gewünscht.


Quellen.[]

  1. Wiener-Zeitung. Nro. 53. Sonnabend, den 2. July 1808.
  2. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
  3. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
  4. Wiener-Zeitung. Nro 80. Mittwoch, den 5. Oktober 1808.
  5. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
  6. Wiener-Zeitung. Nro 90. Mittwoch, den 9. November 1808.
  7. Wiener-Zeitung. Nro 95. Sonnabend, den 20. November 1808.
  8. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
  9. Wiener-Zeitung. Nro 103. Sonnabend, den 24. Dezember 1808.
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