Von Bastille bis Waterloo. Wiki

Rijksmuseum Amsterdam


Bombardement des Festung Valenciennes.[]

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Der vierzehnte Junius 1793.

Nachdem Condé gefallen war, kam bald auch die Reihe an Valenciennes, eine Stadt am Einfluß der Rouelle in die Schelde, von 20,000 Einwohnern und stark befestigt durch den berühmten Vauban. Koburg kommandirte das Beobachtungs Heer, ohngefähr 35,000 Mann stark und der Herzog von York leitete mit dem Feldzeugmeister Ferraris die Belagerung, deren Armee in 25,000 Mann Oesterreichern, Engländern und Hannoveranern bestand. Die Belagerung wurde mit eben so vieler Kunst als Anstrengung geführt. Die Gipfel der beyden Höhen, welche die Stadt bestreichen, wurden durch eine Brücke verbunden, worauf man Batterien anlegte, um die Stadt von allen Seiten beschiessen zu können. Als nun in der Nacht vom 13ten auf den 14ten Junius die erste Parallele eröffnet ward, forderte der Herzog von York den Befehlshaber der Festung, General Ferrand, zur Uebergabe auf, bot ihm eine anständige Kapitulation und Schutz für die Einwohner an, im Gegentheil drohte er mit einer mörderischen Belagerung. Der Gemeinderath, der wirklich schon wegen einer Uebergabe deliberirte, wurde von bedenklichen Schritten nur dadurch abgehalten, daß Ferrand dem Herzog von York mit seiner abschlägigen Antwort auch zugleich eine Abschrift des Eides überschickte, den wenige Tage zuvor die Obrigkeiten, die Generale und alle Corps der Besatzung geschworen hatten: "sich eher unter den Trümmern der Stadt zu begraben, als sie dem Feinde zu übergeben." Auf diese Antwort fieng ein schreckliches und ununterbrochenes Bombardement an, das die Belagerten auf gleiche Art erwiederten. Der Himmel um und über Valenciennes schien eine Hölle zu seyn. Die Stadt war wie ausgestorben, denn die Bürger hatten sich in die Keller versteckt. Ganze Strassen wurden in den Schutt gelegt, selbst das Zeughaus mit dem ganzen Waffenvorrath brannte ab. Von den durch das Aufspringen der Bomben in die Höhe geworfenen Backsteinen schien der Himmel beständig von einer dichten Rauchwolke bedeckt, worinn röthlicher Staub flimmerte. Dieses fürchterliche Bombardement dauerte bis zum 25ten Julius.


Eroberung von Valenciennes.[]

Der sieben und zwanzigste Julius 1793.

Zwey und vierzig Tage lang blieb der Muth der Besatzung von Valenciennes, ohngeachtet des fürchterlichsten Bombardements unerschüttert, weil sie immer auf Entsatz von Custine gehoft hatte und daher immer die nemlichen Dienste thay, obgleich von 10,000 Mann kaum noch fünftausend übrig geblieben waren. Die Belagerer hatten indessen den Boden bis an die Pallisaden von Valenciennes durchwühlt und vier Doppleminen angeleget, wovon jede 40 Centner Pulver enthielt, die am 25ten Julius Abends loskrachten und große Verwüstung anrichteten. Unter brüllendem Geschrey drangen die Belagerer durch die Oefnung und die Niederlage der Franzosen war allgemein. Ein Ingenieur verbürgte zwar sein Leben dafür, daß er mit einem einzigen Bataillon den Feind wieder aus dem bedeckten Weg und der eroberten halben Bastion vertreiben wolle; allein der Kern der Besatzung war dahin, theils zusammen gehauen, theils verwundet; die Artilleristen wollten nicht mehr gehorchen und auch die andern Truppen bezeugten ihren Widerwillen, sich noch länger zu schlagen. Am Morgen des 26ten brachte ein feindlicher Trompeter mit der weissen Fahne Vorschläge zu einer ehrenvollen Kapitulation und drohte mit Sturm, wenn man sie verwerfen würde. Dies entschied! Bürger und Soldaten wollten nun nichts als von Kapitulation hören und diese kam am heutigen Tag wirklich zu Stande. Valenciennes wurde dem Kaiser übergeben und die Besatzung durfte, unter dem Versprechen, während des ganzen Kriegs nicht mehr gegen die Verbündeten Mächte zu dienen, nach Frankreich zurückkehren.


Geschichte der Vertheidigung von Valenciennes, im J. 1793.[]

Von dem damaligen Commandanten der Festung, General Ferrand.

SectieValenciennes1793

Siege de Valenciennes, en 1793.

Wir haben im Revolutions-Kriege mehrere sehr merkwürdige Belagerungen gesehn, die sich durch Angriff, oder durch Vertheidigung, oder auch durch ungewöhnliche Nebenumstände auszeichneten, und vielleicht mehr als die damals gelieferten Schlachten -- obwohl diese größere Resultate gaben -- die Aufmerksamkeit historischer Leser verdienen. Diese Belagerungen sind: die von Lille, von Valenciennes, von Dünkirchen, von Mantua, von Genua, von Ancona und von Mainz, wobey denn auch die lange, sonderbare, dem deutschen Namen ewig Schande machende Blokade von Ehrenbreitenstein nicht vergessen werden muß.

Am belehrendsten ist die umständliche Erzählung solcher Belagerungen, wenn der Commandant der Festung selbst, -- welches jedoch höchst selten der Fall ist -- oder ein anderer mit Ansehn und Macht versehn gewesener Staatsbeamter, die unter ihren Augen geschehenen Vorfälle, ihre Beweggründe und Triebfedern, mit den nöthigen Nebenumständen, die nur wenige so wie sie wissen konnten, schildert. Dies ist z. B. mit der Belagerung von Ancona geschehen, deren sehr interessante, von einem dort anwesenden Französischen Regierungs-Commissar verfaßte Beschreibung man vor drey Jahren ausführlich in der Minerva gelesen hat.

Der Französische General Ferrand, im J. 1793 Commandant von Valenciennes, hat ein Gleiches gethan, und, gereizt durch die neuesten kriegerischen Thaten der Franzosen, jetzt, freylich etwas spät, eine historische Nachricht jener Belagerung herausgegeben, die allerdings für ihn sehr rühmlich, und durch die Umstände in mancher Hinsicht sehr merkwürdig war; wenn man auch nicht geneigt ist, dem Verfasser beyzupflichten, wenn er von "einer erstaunungswürdigen Vertheidigung spricht, wovon die Geschichte wenig Beyspiele hat." -- Man wird hier seine, ohnehin nicht zu umständliche, Erzählung, vollständig liefern, und sie nur da abkürzen, wo das Gesagte entbehrlich ist.

Die Belagerung von Valenciennes dauerte acht und achtzig Tage, fieng im May ab, und endigte am 28sten Julius 1793, da sich der Hart bedrängten Besatzung keine Hülfe zeigte. v. A.


"Es war am 1sten May 1793, als Valenciennes von einem aus Hannoveranern, Hessen, Engländern und Holländern zusammengesetzten Heer belagert wurde. Diese große Truppen Masse war ungefähr 150,000 Mann stark, und wurde von dem Prinzen von Coburg und dem Herzog von York commandirt. Der berühmte Ingenieur, General Ferrary, sollte die Belagerung leiten."

"Dem Französischen Divisions-General, Jean Henri Bécays-Ferrand, aber war als Commandant die Vertheidigung übertragen. Die Garnison bestand aus 9,500 Mann."

Er sagt: "Es war längst meine Pflicht, der Majorität dieser Besatzung, so wie vielen Einwohnern dieser unglücklichen Stadt, die mir bey dieser erstaunungswürdigen Vertheidigung, wovon die Geschichte wenig Beyspiele hat, Beystand leisteten, öffentlich Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen. Gebieterische Ursachen aber haben mir bis jetzt Stillschweigen auferlegt."

"Als ich nach der Belagerung in Paris eintraf, wurde ich in Verhaft genommen, wovon die Veranlassung noch bis jetzt für mich ein Geheimniß ist. Ich blieb im Gefängniß bis zu Robespierre's Fall. Man hatte mir auf Befehl des Wohlfahrts-Ausschusses mein Belagerungs-Journal und einen großen Theil meiner andern Papiere genommen; und nie habe ich entdecken können, wo sie hingekommen sind. Ich brauchte also Zeit alles wieder aus dem Gedächtniß zu ersetzen."

"Ich bin immer ins Innerste meines Herzens betrübt, wenn ich an die ungerechte Behandlung des Convents und des Wohlfahrts-Ausschusses gegen die Bewohner des unglücklichen Valenciennes denke. Ich übergab im J. VI. dem Rath der Fünfhundert, so wie auch dem Rath der Alten, eine Bittschrift, worin ich um eine Schadloßhaltung für diejenigen bat, die ihre Häuser mit allem ihren Hausrath verloren hatten, desgleichen für die Familien derjenigen, deren Hausväter unter den Trümmern ihrer Wohnörter, oder fechtend in der Verschanzungen und auf den Batterien umgekommen waren. Es war aber in dieser Epoche der Tyranney nichts für sie zu erlangen. Ich muß hier laut sagen, daß ohne die Energie der Deputirten Convents-Glieder, Cochon und Briez, ohne die Talente einiger Generale und Chefs, ohne den großen Muth der Garnison und die Ausdauer vieler Einwohner, es mir nie gelungen wäre, einen so langen und hartnäckigen Widerstand zu thun."

"Am 26sten März 1793 erhielt ich von General Dumouriez, damaligen Oberbefehlshaber der Nordarmee, Befehl, die Stadt Mons zu räumen, und mit meinen Truppen, wozu am Tage zuvor noch 6000 Mann unter Commando der General Neuilly gestoßen waren, nach Valenciennes und Condé zu marschieren. Dabey wurde ich zum Commandanten von ersterer Festung ernannt, das Commando in Condé aber dem General Neuilly übertragen. In der Nacht vom 26sten zum 27sten März verließ ich Mons, nachdem ich zuvor die zu Crepain, Quièvrain und Marchipont über den Fluß Onio erbauten, so wie auch die vor Mons angelegten, Brücken hatte abbrennen lassen. Am folgenden Morgen, den 27sten, trafen wir in Valenciennes ein, wo ich sogleich die benachbarten Dörfer besetzen ließ."

"Schon am 29sten zeigte der Feind in großer Anzahl am Onio, wo er an Herstellung der Brücken arbeitete. Ich schickte hierauf einige Bataillons und die wenige Cavallerie, die ich bey mit hatte, ab, um den Feind auf das rechte Ufer dieses Flusses zu beschränken, und ihn zu hindern, vorwärts zu dringen; aber seine große Uebermacht nöthigte bald meine Hauffen sich nach Valenciennes zurückzuziehn, wo ich ohnehin nicht sehr sicher war, wegen der großen Anzahl Flüchtlinge von Dumouriez Armee, die nach dem Abzug aus Belgien sich in diese Stadt geworfen hatten."

"Es war in der Nacht vom 1sten zum 2ten April als die Verrätherey dieses Generals ausbrach. Ich war so glücklich zu der Vereitelung seines Entwurfs beyzutragen, und die drey Volks-Repräsentanten, Lequinio, Bellegarde und Cochon, und die Stadt Valenciennes zu retten. Die von Dumouriez und seinen Mitschuldigen angewandten Mittel, die Truppen zu gewinnen, hatten diese, nach seinem Abgang in der Ungewißheit gelassen, was sie thun sollten. Die Repräsentanten und ich erließen daher am 3ten April zwey Proclamationen und sandten solche an alle zerstreute Corps. Die sämmtlichen Truppen nahmen sie wohl auf, entsagten ihrem treulosen General, und stellten sich truppweise bey Valenciennes in einem Lager ein, das ich zwischen Famars und Briquette hatte abstechen lassen. Einige Tage nachher erließ ich an meine Besatzung und die cantonnirenden Truppen, noch eine Proclamation, die den besten Erfolg hatte. Die Subordination und Disciplin wurden gänzlich wieder hergestellt."

Die Convents-Deputirten übertrugen provisorisch dem General Dampierre das Obercommando der Armee, der auch alles that, die Truppen wieder zur Ordnung zu führen. Da er überiegte, daß sich die Armee zu nahe der Gränze befand, wo sich der Prinz von Coburg gelagert hatte, so ließ er sie am 5ten April bey Bouchain campiren. Hier blieb die Armee bis zum 20sten eben des Monats, da sie denn ihre erste Stellung wieder einnahm, und das Lager bey Famars bezog."

"Seit dem 8ten April hielt der Feind die Stadt Condé blockirt, dabey hatte er sich der Waldungen von Raismes, von Vigogne, und von Asnon bemächtigt, während die Armee die Läger von Maulde, von Bruille und die Stadt St. Amand besetzt hatte; auch hatte er längs den Dörfern St. Sauve, Persio, Trie und Fontenelle eine Circonvallations-Linie gezogen, wodurch ein Drittheil von Valenciennes eingeschlossen wurde."

"Aus diesem Linien und aus der ersten Parallele, die zum Theil fertig war, wollte der Genera Dampierre den Feind vertreiben. Dem zufolge vereinigte er am 1sten May einen Theil der Garnison mit seiner Armee, die er in vier Colonnen vertheilte, um den Prinzen von Coburg zu gleicher Zeit von Seburg bis St. Amand anzugreiffen, und wo möglich das blockirte Condé zu entsetzen. Diese Colonnen setzten sich Morgens um 4 Uhr in Marsch. Die erste vom General Lamarche commandirte, sollte die Dörfer Genlins und Seburg angreiffen; ein Hauffen Cavallerie aber warf diese Colonne, die keinen Schuß that, über den Hauffen, und nöthigte sie, sich in ihr Lager bey Famars wieder zurück zu ziehen. Dies war auch das Schicksal der zweyten Colonne unter dem General Rosiere, da sie von einer starken Uebermacht angegriffen worden war. Der dritten Colonne, die der General Dampierre selbst anführte, ergieng es nicht besser; sie fand den Feind bey dem Dorfe Etreux aber so stark, daß der Angriff unterblieb, so daß auch diese Colonne, so wie die beyden andern, unverrichteter Sache wieder ins Lager bey Famars eintraf."

"Ich hatte die Ehre die vierte Colonne zu commandiren, deren Stellung dem linken Flügel der Coburgschen Armee gegenüber, auf den Anhöhen bey einer Windmühle war. Hier wurde ich mit Macht angegriffen, und behauptete anderthalb Stunden meinen Posten, während welcher Zeit ich dem General Dampierre meine Lage wissen ließ. Seine Antwort war: mich schleunig zurückzuziehen. Ich that dies, obgleich mit großer Mühe, wobey ich, außer den Verwundeten, 150 Todte hatte."

"Die Besatzungen von Quesnoy, von Landrecies, und von Avesnes hatten sich indeß auch zu dieser Expedition unter dem General La Roque vereinigt, und trafen bey Genlis eine halbe Stunde hernach ein, als die Colonne des General Lamarche sich von hier zurückgezogen hatte. Es erfolgte ein sehr lebhaftes Gefecht zwischen diesen Truppen und der Coburgschen Armee, deren Uebermacht aber auch den General La Roque nach Quesnoy zurückdrängte. Auch die aus Anzin, Raismes, Vigogne und Asnon gekommenen Truppen schlugen sich einen Theil des Tages; endlich kam auch der General Lamarliere mit den Besatzungen von Lille und Douay an, die aber nur bis an die Stadt St. Amand vorrückten, und sich wenig mit dem Feinde schlugen, der, trotz aller dieser Versuche von unsrer Seite keinen Fuß breit Terrain verlor."

"Am 8ten erneuerten unsre Truppen diesen Versuch, allein mit gleichem Erfolg. Bey Anzin legte der Feind neue Batterien an. Diese wollte der Obergeneral Dampierre recognosciren, als ihm durch eine Kugel ein Schenkel zerschmettert wurde, woran er am folgenden Tage starb."

"Das provisorische Commando der Armee übernahm nun der General Lamarche, der sogleich alle Maaßregeln nahm, sich im Lager von Famars, so wie auch die Posten von Anzin, Asnon, Vigogne und Raismes zu behaupten."

"Am 23sten May mit Tagesanbruch griff der Prinz von Coburg den General Lamarche an, und zwar zugleich die rechte Flanke seines Lagers bey Famars und den Vorposten bey Anzin. Die Redouten, die diese Flanke deckten, wurden gleich bey dem ersten Angriff ersteigen; die Redouten von Aulnois aber, so wie die bey Fontenelle, und auch die meisten Posten bey Anzin hielten sich einige Stunden lang. Das Feuer war von beyden Seiten sehr lebhaft, und auch der Verlust beträchtlich; besonders zählte man viele Verwundete."

"Nachmittags um vier Uhr kam der General Lamarche selbst nach Valenciennes, begab sich zu den hier vereinigten Volks-Repräsentaten: Bellegarde, Cochon, Courtois, Briez und Dubois-Dubais, und erklärte ihnen, daß er wegen Uebermacht des Feindes sich nicht länger im Lager bey Famars halten, auch nicht die Posten bey Anzin und Asnon behaupten könne. Hierauf ließ der General mich rufen, und sagte mir in Gegenwart der Volks-Repräsentanten, daß mir jetzt die Vertheidigung von Valenciennes überlassen wäre, und daß ich folglich ohne Verzug alle nöthigen Maaßregeln eine Belagerung zu bestehn, zu nehmen hätte, da wahrscheinlich die Festung schon in der folgenden Nacht blokirt werden würde. Der General fügte hinzu, daß er gesonnen sey, seine Armee zwischen Bouchain und Cambray zu postiren. Ich machte ihm die Bemerkung, daß er die Fortschritte des Feindes vielleicht hemmen, und dennoch Valenciennes beschützeen konnte, wenn er die Posten der Avantgarde von Asnon bis Anzin ferner behauptete, den linken Flügel seiner Armee an den rechten der Avantgarde stützte, und so die Linie bis zur Brücke von Rouvigny ausdehnte; daß zufolge dieser Maaßregel seine Armee durch Waldungen und Dörfer, durch die Flüsse la Scarpe, la Ronelle und die Schelde, so wie durch die große beabsichtete Ueberschwemmung von Valenciennes gedeckt seyn würde. Der General erwiederte, daß diese Stellung nicht haltbar sey, und verwarf den Rath. Ich verlangte nun von ihm zum Vertheidigung zwanzig seiner vollzähligsten Bataillons, erhielt aber nur siebzehn, und diese bloß durch den Zufall gewählt und sehr schwach."

"Nun ließ ich der Municipalität, den Einwohnern und Flüchtlingen anzeigen, daß alle diejenigen, die nicht Augenzeugen von Belagerungs-Greueln seyn wollten, ohne Zeitverlust sich entfernen müsten. Ich gab ihnen selbst das Beyspiel, indem meine Frau sogleich die Stadt verlassen muste; eine Maaßregel, die nöthig war, da sie mir mitten unter den wichtigen und vielfachen Arbeiten die mir oblagen, nicht anders als hinderlich seyn konnte. Sie überwand ihren Widerwillen mich zu verlassen, und reißte ab, Abends am 23sten May. Ihr Gram über meine Lage und die beständige Unruhe, worin sie wegen der mir drohenden Gefahren lebte, wirkten so stark auf die, daß ich sie zehn Wochen nachher, als wir uns zu Paris wieder sahen, kaum mehr kannte. Vergebens wandte ich alle Vorsicht an, ihr den Ruin ihrer Glücksumstände zu melden, da die Feinde ihre bey Bavay liegenden Ländereyen verwüstet, und ihr Haus in Valenciennes durch Bomben eingeäschert hatten. Sie unterbrach mir aber ganz kurz durch die Worte: "Ich habe nichts verloren, da ich meinen Gatten wieder finde; er ist seinem Vaterlande nützlich gewesen; ich bin zufrieden."

"Am 24sten May früh morgens um zwey Uhr nahm die Blockade ihren Anfang. Ich wurde bald gewahr, daß nur sehr wenig Einwohner den ihnen gegebenen Wink sich zu entfernen benutzt hatten, so daß die Stadt immer noch eine Bevölkerung von 30,000 bis 35,000 Seelen enthielt. *) Die Convents-Deputirten Briez, Charles und Cochon giengen nun mit mir die verschiedenen Kriegs-Magazine und Depots zu untersuchen. Einige derselben fanden wir wohl versehn; andre gar nicht, oder doch für einen so wichtigen Ort nicht hinreichend. Es fehlte an Fourage, an Canonen, Mörser, Haubitzen, Bomben und Kugeln. An Feuerschlünden waren wenigstens 240 erforderlich; allein mit Ausnahme einiger Feldstücke, fand man deren hier nur 138, und wir hatten bey weitem nicht die benöthigte Munition, um aus jeder Canone tausend Schüsse thun zu können. An Fourage fanden wir kaum so viel, um unsre Pferde, Ochsen, Kühe und Schaafe acht Tage zu ernähren."

*) Dieser Mangel an Genauigkeit ist auffallend. Es war für den Commandanten in seiner Lage durchaus nothwendig, die Zahl der Einwohner sehr genau zu wissen. Er konnte sie in den Quartieren leicht zählen lassen. Ein Siebentheil mehr oder weniger durfte ihn sowohl in Hinsicht der Ernährung, als der Vertheidigung nicht gleichgültig seyn. v. A.

"Diese böse Entdeckung bestimmte uns, die Häuser in der Stadt und den Vorstädten zu durchsuchen. Sobald wir die bey den Privatpersonen befindliche Quantität Futter kannten, berechneten wir, wie viel Pferde wir wohl behalten könnten, wenn solche drey bis vier Monat ernährt werden sollten; in der Voraussetzung, daß man in dieser Zeit uns gewiß zu Hülfe kommen würde, wobey wir uns vorbehielten deren zu schlachten, wenn die Belagerung sich verlängern sollte. Die Zahl der zur Belagerungsarbeit erforderlichen Pferde wurde nun auf 369 festgesetzt; nämlich für die Cavallerie 240; zum Dienst der Artillerie 100; zur Transport der Lebensmittel 6; für die Ingenieurs 6; und für die Generale 17."

"In Betreff der andern Pferde, die theils Militärpersonen, theils Einwohnern gehörten, so wurde in einem Kriegsrath beschlossen, solche durch Sachverständige taxiren zu lassen, und sodann sie zu tödten. Dieser Beschluß aber, so wie die vorerwähnte Haussuchung, wurde gar nicht getreu vollzogen. Uebelgesinnte verheimlichten eine große Anzahl von den Pferden, die getödtet werden sollten; auch kamen diese Thiere bald wieder zum Vorschein, geritten von unbekannten Männern, die sich an den Tagen vom 26sten, 27sten und 28sten Julius 1793 unter die Aufrührer mischten."

"Bey dieser Haussuchung fanden wir ungefähr 1200 Mann, die müßig waren: Officiere, Unterofficiere, gemeine Soldaten, Recruten, die man noch nicht eingestellt hatte, viele Feldbecker und Fuhrknechte; sämmtlich Menschen, die am 23sten May, als das Lager bey Famars angegriffen wurde, die Armee verlassen und sich nach Valenciennes geflüchtet hatten, wo sie jetzt eingesperrt waren. Ich wieß nun allen diesen Flüchtlingen ihre Plätze in den Bataillons der Besatzung an; ein großer Theil derselben wurde dem sehr schwachen, zum Standquartier der Festung gehörigen, Bataillon einverleibt."

"Vermittelst dieser 1200 Flüchtlinge war meine Besatzung nun ungefähr 10,000 Mann stark, worunter sich 800 Artilleristen und 300 Mann Cavallerie befanden. Der Umfang des bedeckten Weges von der Stadt und der Citadelle mit Inbegriff der Aussenwerke, war 11,000 Klafter; daher ich wenigstens eine Besatzung von 14,000 bis 15,000 Mann hätte haben müssen."

"Die 800 Artilleristen, die trefliche Dienste leisteten, waren bunt zusammen gesetzt. Es waren: mehrere von tüchtigen Officieren geführten Compagnien von der Pariser Nationalgarde; eine aus den Einwohnern von Douay zusammengesetzte Compagnie; und aus dem vornehmsten Einwohnern von Valenciennes hatte man vier andre Compagnien geformt. Die meisten dieser letztern dienten ganz umsonst, und hielten aus bis zu Ende der Belagerung. Zu allen diesen Gelegenheits-Artilleristen kamen noch einige Detachements Canoniers von den Linientruppen."

"Am nämlichen Tage, am 24sten May, befahl ich die obere Ueberschwemmung. Ich ward gewahr daß sie nur sehr langsam vor sich gieng, und ließ daher in meiner Gegenwart die Ursache untersuchen, da man den die Grundlagen der Schleusen in dem schlechtesten Zustande fand. Schon zwey zuvor hatte ich den Divisionsgeneral Blacquetot, der hier als Ingenieur en Chef commandirte, in Begleitung dreyer andrer Ingenieur-Officiers dahin abgeschickt, das Nöthige zu untersuchen; ihr Raport war: daß alles im Stande sey, so gut es die Umstände in der Eile nur hätten gestatten wollen. Dieser bey den Schleusen von ihnen übersehene Mangel hätte jedoch großes Unglück veranlassen, und die Vertheidigung der Festung sehr abkürzen können. Ich ließ also noch bey den Schleusen Pfäle einrammen, und den Grund mit viel Mist und Erde bedecken. Diese Anstalten hatten den besten Erfolg, und die nun immer zunehmende Ueberschwemmung erreichte nach und nach die erwartete Höhe. Bey Ronelle war sie schon einige Tage früher vollständig erfolgt. Die untere Ueberschwemmung konnte nicht vor sich gehn, weil der Feind sich bereits am 8ten April der zwischen Valenciennes und Condé liegenden Schleusen bemeistert hatte."

"Ich hatte mit der obern Ueberschwemmung bis zum letzten Augenblick gezögert, um den Landleuten soviel als möglich Zeit zu lassen, ihre Fourage fortzubringen; auch wollte ich dem Feinde nicht zuvor den Bereich der Ueberschwemmung zeigen, in der Hoffnung, daß er vielleicht auf einen Theil des zu Ueberschemmungen bestimmten Erdreichs, sich lagern, und seine Communications-Dämme unrecht anlegen dürfte. So geschah es auch; die Landleute haben den Aufschub benutzt, und die Feinde dagegen ihre Dämme zu niedrig gemacht; sie waren gezwungen, solche nachher zu erhöhen und diese Arbeit beständig zu wiederholen; und doch konnten ihre Dämme nur für Fußgänger dienen. Wäre die Ueberschwemmung früher geschehen, so hätte der feind solche groß genug gemacht, um sein Fuhrwerk herüber zu bringen, womit er jetzt einen Umweg von vier Lieues zu nehmen gezwungen war."

"Ich entwarf nun ein Belagerungs-Reglement, worin ich auf alles Rücksicht nahm, was zu einer nachdrücklichen Vertheidigung führen konnte. Der Erfolg zeigte die Richtigkeit meiner Maaßregeln, da ich im Stande war mit einer 10,000 Mann starken Besatzung drey Monat lang einer Macht von 140,000 Mann zu widerstehn, die 43 Tage und 43 Nächte ohne Aufhören, aus 400 Feuerschlünden Valenciennes bedonnerte."

"Ich formte einen Kriegsrath, der aus den Volks-Repräsentanten, aus den Municipalitäts- und District-Beamten, den Generalen, den Befehlshabern der Corps und den Kriegs-Commissaren bestand. Hier wurden alle militärische Administrations-Angelegenheiten behandelt; alles andre aber, was auf die Vertheidigung und die Disciplin abzweckte, gehörte zu einem Belagerungs-Ausschuß, den ich zu gleicher Zeit formirte. Die Mitglieder desselben waren: die beyden Volks-Repräsentanten Cochon und Briez, die Generale und alle andre Befehlshaber der Corps. Täglich erhielten diese Befehlshaber von mir schriftliche Instructionen, was in den nächsten vier und zwanzig Stunden zur Sicherheit des Orts vorgenommen werden sollte."

"Am 26sten May, mit Tagesanbruch, griff der Feind die Vorstadt Marly mit achtzig Feuerschlünden an, und dies von benachbarten Anhöhen, die diesen Aussen-Ort dominirten. Ich wollte ihn verschanzen lassen, um den Belagerern schon die erste Annäherung zu erschweren; auch war die Arbeit angefangen, aber nicht vollendet worden; daher sich der Feind, durch sein schreckliches Beschießen, in zehn Stunden Zeit von dem Ort Meister machte, der fast ganz in Asche lag. Das feindliche Feuer hatte unsre Artilleriestücke sehr beschädigt, und alle Lavetten zertrümmert; dabey hatten wir viele Todten und Verwundete; auch waren viele Einwohner unter den Trümmern ihrer Häuser begraben worden. Der Brigade-General Beauregard, der diesen Posten vertheidigte, war gezwungen, ihn ganz zu verlassen. Er zog sich in der grösten Ordnung nach der Stadt zurück, und brachte seine ganze Artillerie mit."

"Der Feind fuhr noch den nämlichen Tag fort, an seinen Redouten und Batterien stark zu arbeiten, woran wir ihn durch unser lebhaftes Feuer so viel als möglich zu hindern suchten. Ich empfahl jedoch die Munition nicht zu verschleudern, sondern sie bis zu der Zeit aufzubewahren, wenn die Belagerer sich dem bedeckten Wege nähern würden, da alsdann auch die Schüsse mit größerer Genauigkeit geschehen könnten."

"Während der Feind seine Arbeiten und wir unsre Gegenanstalten fortsetzten, legte ich der Besatzung und den Einwohnern einen auf die hartnäckigste Vertheidigung der Stadt abzweckenden Eid vor, der auch von uns allen am 30sten May geleistet wurde."

"Am 14ten Junius hatte der Feind seine erste Parallele vollendet, und führte nun allenthalben seine Canonen auf. Um vier Uhr Nachmittags schickte der Herzog von York einen Trompeter mit zwey Briefen ab, die eine Aufforderung enthielten, den Ort zu übergeben. Der eine Brief war an die Commune von Valenciennes, der andre an mich gerichtet, folgenden Inhalts:"

"Mein Herr!"

"Bevor ich eine mörderische, verheerende Belagerung anfange, fordre ich Sie auf, den Ort, dessen Commandant Sie sind, Sr. Maj. dem Kayser zu übergeben. Ich biete Ihnen eine Capitulation an, welche die Ehre, das Leben und das Eigenthum der Besatzung, so wie der Einwohner, sichern wird. Im Weigerungsfall werden die Folgen schrecklich seyn. Ich bitte Sie daher, mein Herr! sehr ernstlich, die von Ihnen zu ergreiffende Parthey wohl zu erwägen, die eine führt zur Erhaltung und zum Schutz, und die andre zum unvermeidlichen Untergange aller Besitzungen in dieser Stadt. Möchten Sie doch meinen Antrag in eben der Stimmung zur Menschlichkeit beantworten, worin dieser geschrieben ist!"

"Aus den Laufgräben vor Valenciennes am 14ten Junius 1793, um vier Uhr Nachmittags."
"Friedrich, Herzog v. York.

"Meine Antwort erfolgte eine Stunde nachher."

"Ich habe den Brief erhalten, womit Sie mich beehrt haben, und worin Sie mich auffordern, den Ort zu übergeben, dessen Commandant ich im Namen der Französischen Republick zu seyn die Ehre habe. Ich finde es sehr leicht, Ihnen schleunig meine Antwort zuzusenden, da sie in den Eid enthalten ist, den ich mit meiner Besatzung und den Einwohnern kürzlich erneuert habe."

"J. H. B. Ferrand."

"Diese Antwort schickte ich dem Herzog durch meinen Adjutanten Lavignette, der ihm zugleich ein Exemplar des Eides überbrachte."

"Die Municipalität sandte auch eine Antwort auf die erhaltene Aufforderung, und zwar von einem solchen Inhalt, daß ich ihrer und der Einwohner kräftige Unterstützung versichert seyn konnte. Dies war auch der Fall während der ganzen Belagerung. Der Maire M. Pourtales und alle Mitglieder des Districts haben die grösten Beweise ihres Eiffers für dem öffentlichen Dienst gegeben."

"Die Drohungen der Herzogs von York wurden sehr bald erfüllt. Noch am nämlichen Abend um sieben Uhr fiengen zu gleicher Zeit alle Batterien aus Canonen, Mörsern und Haubitzen auf die Stadt zu spielen an, und zwar auf den nach Tournay zu liegenden Theil. In sehr kurzer Zeit wurden mehrere Häuser eingeäschert und viele Einwohner verwundet; zehn Feuersprützen aber dämpften bald das Feuer, so daß es nicht um sich griff, während es unsern wackern Canoniers gelang, in weniger als vier und zwanzig Stunden die Lavetten der feindlichen Canonen zu zertrümmern und die sie beschützenden Häuser in Flammen zu setzen."

"Am 16ten, 17ten und 18ten Junius legte der Feind viele Batterien auf Anhöhen, auf der Front von Cambray an, und sein ganzes Feuer war auf diesen Theil der Stadt und die Festungswerke gerichtet; in der Nacht vom 19ten wurden noch achtzig andre Feuerschlünde, theils auf noch unbesetzte Anhöhen, theils in die Trancheen gebracht. Das Feuer aus dieser so zahlreichen Artillerie dauerte unablässig bis zum 26sten Julius. Die halbe Stadt lag in Asche, und die andre Hälfte war sehr beschädigt."

"Ich kann nicht anders, als daß dieses schreckliche Unglück die Wirkung einer von unbekannten Menschen angesponnenen Verrätherey war, wodurch der Feind die nöthigen Weisungen erhielt. Selbst der Obristlieutenant der Artillerie, Ober-Director des Arsenals, schien mit verdächtig. Es wurde ein Kriegsrath gehalten, wozu er auch gerufen wurde, und wo die Convents-Deputirten ihn in meiner Gegenwart einige Vernachläßigungen vorwarfen, die er nicht leugnen konnte. Auch ich als Präsident des Kriegsraths, that ihn verschiedene, auf die Vertheidigung der Stadt Bezug habende, Fragen. Er schien dabey in großer Verlegenheit und verlangte Zeit bis zum folgenden Tage, um die ihm vorgelegten Fragen zu beantworten; allein noch in der nämlichen Nacht schoß er sich eine Kugel durch den Kopf, und im nämlichen Augenblick brach auch ein Feuer in allen Theilen des Zeughauses aus, worin alles, was wir nur Kostbares hatten, aufbewahrt war. Es befand sich hier auch ein Depot von 14,000 Stück Gewehren; alle diese waren vorsätzlich mit Kugeln geladen und auf Gerüsten horizontal gelegt, so daß in dem Augenblick, wo das Feuer diese Gewehre berührte, deren Kugeln auf die benachbarten Häuser gerichtet waren, die schreckliche Wirkung alle Hülfe und alles Hemmen der Feuersbrunst unmöglich machte. In weniger als vier Stunden war hier alles durch die Flammen verzehrt." *)

*) Der General Ferrand, aus einer unzeitigen Schonung, die zum Wohlstande der Französischen Autoren, besonders der Journalisten gehört, nennt den Namen dieser Artillerie-Obersten nicht, dessen Verrath mit so teuflischer Bosheit gepaart war, und dessen Andenken daher so sehr verdient, mit Fluch belastet auf die Nachwelt zu kommen. -- Indeß ist es schwer zu begreiffen, wie diese so vielfache Arbeit erfordernde That ohne Theilnehmer ausgeführt werden konnte. v. A.

"Die Ursache des so grausam fortgesetzten Bombardements war die Hoffnung des Feindes, dadurch die Einwohner sowohl, als die Flüchtlinge zu vermögen, die Stadt desto geschwinder zu überliefern. Auch versammlete sich am 21sten Junius eine Anzahl der letzten auf dem Waffenplatz, gieng von da nach der Municipalität, und verlangte mit großem Geschrey eine Capitulation. Die Convents-Deputirten und ich verfügten uns sogleich nach dem Sammelplatz des Hauffens, wo ich den Rebellen im Namen des Gesetzes befahl, sich ungesäumt zu entfernen, daß ihnen aber gestattet wäre, mir eine Deputation zu senden, der ich den Beschluß der Kriegsraths, welcher sich so eben versammlen würde, kund thun wollte. Ich fügte hinzu, daß, wenn sie nicht sogleich gehorchten, ich gegen sie die strengsten militärischen Maaßregeln nehmen würde. Diese Drohung zerstreute den Hauffen; man dachte an keine Deputation; ein jeder gieng nach Hause, um meine Antwort zu erwarten. Diese war folgende Proclamation, die ich mit Zustimmung der Volks-Repräsentanten und des Kriegsraths, an alle Einwohner von Valenciennes erließ."

"Bürger!"

"Der Gemeinde-Ausschuß hat mir gemeldet, daß ihm verschiedene Einwohner, in Betreff der unglücklichen Lage, worin sie sich befinden, Vorstellungen gemacht haben. so wie Euch, meine lieben Mitbürger! geht auch mir dies Unglück sehr zu Herzen; allein ich darf hier nichts in Erwägung ziehn, als meine Pflicht gegen das Vaterland. Das Gesetz befiehlt mir bey Lebensstrafe, die Wälle nicht eher bis zur letzten Extremität zu verlassen. Könnt Ihr wohl verlangen, daß, nachdem ich bis jetzt mit Ehre gedienet, ich nun meine Nation verrathe und meinen Kopf aufs Blutgerüst trage? Nein! Nie werde ich ein Verräther meines Landes werden, entschlossen auf meinem Posten rühmlich zu sterben."

"Bedenkt, Bürger! daß die Stadt Valenciennes der Französischen Republick gehört, und daß sie einer der Hauptschlüssel Frankreichs ist. Wolltet Ihr wohl, daß ich die ganze Nation verriethe, die sich auf die Festigkeit dieses Orts verläßt, und wahrscheinlich schon eine beträchtliche Armee zu unsrer Hülfe marschieren läßt. Man weiß, daß unsre Stadt nur eine gewisse Zeit Widerstand thun kann; eine längere Vertheidigung als dieser berechnete Zeitpunct kann nur allein das Resultat außerordentlicher Maaßregeln seyn, die man jedoch von dem Muthe einer braven Besatzung, von der großmüthigen Aufopferung der Einwohner fürs Vaterland, und von meinem rastlosen Eiffer erwarten kann, den ich der Republick gewidmet habe."

"Ihr sehet, Bürger! die barbarische Wildheit, womit die Feinde der Republick Eure Häuser bombardiren und verbrennen. Noch weit größer aber würde Euer Unglück seyn, wenn diese grausamen und blutdürstigen Menschen je in unsere Mauern eindringen könnten. Ihr kennt die Gräuel, die sie auf dem Lande, verübt haben, wo verbrannte Häuser, geschändete Weiber und Mädchen, und aus der Wiege, so wie von der Mutterbrust, weggerissene und erwürgte Kinder, Euch das gräßlichste Gemählde darstellen. Das nämliche Schicksal würdet auch Ihr haben. Dies aber ist noch nicht alles. Die Engländer würden an Euch die schrecklichste Rache nehmen, und Eure Schwäche bestrafen; statt der Euch von der Republick versprochenen Entschädigungen, würden sie Eure ganze Stadt dem Erdboden gleich machen. Ja! eure Häuser werden auf Kosten der Nation wieder aufgebaut, und Euer ganzer Verlust wird Euch ersetzt werden. Seyd überzeugt, daß die Nation die Stadt Valenciennes wie eine Vormauer der Republick betrachtet, und daß alles Unglück, was Ihr dadurch leidet, daß die Stadt die Fortschritte des Feindes aufhält, von der großen Volks-Familie lebhaft beherzigt werden wird."

"Ueberdieß werden die Verwundeten und die Familien derjenigen, die das Unglück haben, bey dieser Belagerung umzukommen, als Kinder des Vaterlandes angesehen werden, und gerechte Ansprüche auf Pensionen erhalten. Die Volks-Repräsentanten Briez und Charles Cochon haben zu diesem Zweck dem Gemeinde-Rath die summe von 100,000 Franken übergeben, um dringende Bedürfnisse dieser Art befriedigen, bis der Verlust eines jeden berechnet und erwiesen werden kann. Verlaßt Euch indeß auf die Vorsehung, und auf die zu unsrer Befreyung angewandten Mittel, die wir täglich erwarten. Nie wird meine brave Besatzung so wenig wie ich den geleisteten Eid verletzen: dem Gesetz und der Nation getreu zu seyn."

"Ich beschwöre Euch, Bürger! Euch indeß gänzlich auf meine Sorgfalt zu verlassen. Ihr könnt über mein Leben verfügen, aber nie die Aufopferung meiner Pflicht erwarten."

"Jetzt will ich mich mit den Mitteln beschäftigen, allen Weiber, Kindern und Greisen Zufluchtsörter zu verschaffen. Laßt also meinem Betragen Gerechtigkeit wiederfahren, und mißtrauet alle diejenigen, die vor dem durch das Gesetz bestimmten Termin, Euch vor einer Capitulation mit dem Feinde vorplaudern. Wolltet Ihr wohl Eure Magistrats-Personen, eure Gatten, eure Väter, eure Kinder einem gewissen und schimpflichen Tode aussetzen, wenn sie sich durch eine Regung von Mitleid, die hier vor dem Gesetz schweigen muß, zu Handlungen von Schwachheit verleiten ließen?"

"Ich ermahne Euch daher, alle meine Bemerkungen in Erwägung zu ziehn, besonders aber bitte ich Euch ruhig zu seyn und zu bleiben; denn, wenn ich die geringste unruhige Bewegung, den kleinsten Auflauf, oder irgend eine andre durch das Gesetz verbotene Handlung sähe, so würde ich nicht umhin können, meine Pflicht zu thun, und die gröste Strenge zu gebrauchen, so viel es auch meinem Herzen, und meiner für Euch alle fühlenden Neigung kosten würde."

"Am 21sten Junius 1793."
"J. H. B. Ferrand."

"Diese Proclamation macht einen so starken Eindruck auf die Rebellen, daß sie sich bis zu dem unglücklichen Tage vom 26syen Julius ruhig verhielten."

"Der Feind veränderte von jetzt an seine Angriffsmethode und setzte die Belagerung nur langsam fort; er hatte viel Menschen verloren und eine Menge seines Geschützes war durch unsre Artillerie zum Dienst unbrauchbar gemacht worden. Seit dem 18ten Junius hatte er seine zwote Parallele angefangen. und solche unter dem Schutz eines längs der Angriffsfronte lauffenden Hohlwegs auch bald vollendet. In der Nacht vom 28sten zum 29sten Junius that er aus dieser zwoten Parallele an zwey verschiedenen Orten einen Ausfall, der, in der Entfernung von den Laufgräben, mit einem dritten Angriff auf die Hugenotten-Bastion verbunden war. Nun entwickelten wir alle unsre Vertheidigungsmittel, wobey der Feind einen großen Menschenverlust erlitt, und in seinen fernern Arbeiten sehr gehemmt wurde. Unser Feuer machte auf ihn einen solchen Eindruck, daß er es nie wagte, aus seiner dritten Parallele herauszugehen, obgleich sich diese schon bis ans funfzehn Toisen dem bedeckten Weg genähert hatte."

"Der Feind legte nun in der Richtung von Mons Gegenminen an, in der Hoffnung unsre Minen auszuspähen. Da ihm dies nicht glückte, so beschloß er, um unsern Minen auszuweichen, durch einen starken Angriff den bedeckten Weg und die Aussenwerke zu forciren. Ich muthmaßte das Vorhaben des Feindes, der schon seit einiger Zeit Bresche geschossen hatte. Seit dem 19ten Julius war die Bresche auf der Hugenotten Bastion ersteigbar, und so breit, das dreißig bis vierzig Mann in Front solche besteigen konnten. Da der Feind Herr des Damms war, der die Gewässer aufhielt, so hätte er in weniger als vier und zwanzig Stunden die Festungsgräben trocken machen können, und dies um so leichter, da man hier neue Werke angelegt hatte, die aber nicht geendigt worden waren. Diesem Unglück vorzubeugen, ließ ich so viel als nur möglich, obwohl auf Kosten der obern Ueberschemmung, das Wasser in den Festungsgräben anschwellen."

"Es waren noch zwey andre Breschen gemacht, die aber noch nicht so weit gediehen waren, wie die erstere; auch war die Annäherung zu denselben um so schwerer, da der Theil der Wallmauer, den die Kugeln nicht erreicht hatten, täglich von aller losen Erde, die sich vom Parapet kommend gesammlet hatte, gesäubert worden war. Sobald der Feind diese meine Vorsicht erfuhr, so ließ er ein sehr lebhaftes Artilleriefeuer gegen die untern Theile der Breschen richten. Dies hinderte jedoch meine braven Soldaten nicht, mit der so nothwendigen Aufräumung fortzufahren. Wurde das Feuer gar zu stark, so legten sie sich in die Graben der benachbarten Werke, wo sie keiner Gefahr ausgesetzt waren; sobald aber das Feuer nur etwas nachgelassen hatte, so kamen sie gleich wieder zu ihrer Breschen-Arbeit zurück. Ohne diese Maaßregel würden die Breschen gegen uns einen Monat früher im Stande gewesen seyn; auch hatte der Feind dazu soviel Munition verbraucht, daß er nicht mehr mit Kugeln, sondern mit gerundeten Feldsteinen schoß."

"In der Nacht vom 22sten zum 23sten Julius griff der Feind mit der grösten Lebhaftigkeit den bedeckten Weg und die Außenwerke an, allein er wurde mit Verlust zurückgeschlagen. Zwey neue Versuche in den nächsten Nächten hatten keinen bessern Erfolg. In der Nacht vom 25sten zum 26sten ließ der Feind nach dem Hornwerk von Mons zu, einige Minen springen, da denn im Augenblick der Betäubung 25,000 bis 30,000 Mann auf den bedeckten Weg losrückten. Unsre Truppen aber setzten den Angreifern, theils durch ein starkes Gewehrfeuer, theils durch ihre Bajonette, einen starken Widerstand entgegen, wobey von beyden Seiten ein großes Gemetzel war. Endlich aber wurden unsre Truppen, die bey den Minen fochten, von der Uebermacht der Feinde überwältigt und in Unordnung in die Festung zurückgetrieben. Auf einen andern Punct aber behaupteten sie sich noch. Ich flog dahin, nachdem ich die Flüchtigen gesammelt und zurückgeführt hatte. Kaum aber fiengen wir an uns zu formiren, so stürzte eine zahllose Menge Belagerer aus den Gräben und Außenwerken von allen Seiten auf uns los, so daß wir von neuem zum Rückzuge gezwungen waren. Alle eilten die Festung wieder zu erreichten, wo sie sogleich den Wall besetzten, und den übrigen Theil der Nacht durch, auf der ganzen Angriffs-Fronte, ein beständiges Feuer mit Musketen, Haubitzen, Granaten, Bomben, Canonenkugeln, und wegen der Nähe des Feindes auch mit Cartätschen unterhalten musten. Außerdem war alles andre, worunter auch Fäßer mit zermalmenden Dingen angefüllt sich befanden, in Bereitschaft, den Feind fürchterlich zu empfangen, wenn er durch die Breschen einen Sturm gewagt hätte."

"Bey Tagesanbruch ward ich gewahr, daß der Feind blos das Hornwerk Mons und einen halben Mond hatte behaupten können; ich berief sogleich die vornehmsten Officiere, um auf der Stelle von allen verlassenen Posten Besitz zu nehmen, welches auch ohne Verzug geschah. Sie fanden, daß der Feind den grösten Theil seines Geschützes vernagelt hatte; da dies aber nur mit gewöhnlichen Nägeln geschehen war, so wurden die Löcher bald wieder geöffnet, und die Artillerie-Stücke schleunig auf die Batterien gebracht; so daß man auf zwey noch von den Belagerern besetzten Außenwerke, mit dem ganzen Geschütz ein sehr heftiges Feuer anfangen konnte. Ich schmeichelte mich schon im Besitz derselben zu seyn, als eine unerwartete Fatalität diese Hoffnung vereitelte."

"Am 26sten Julius, um 11 Uhr des Mittags, wurden unsre Truppen von einem panischen Schrecken überfallen, und verließen die Außenwerke, ohne einmal angegriffen zu seyn. Vergebens wandten wir alle Mittel an, diesen Soldaten ihren Kleinmuth zu benehmen und sie wieder zurückzuführen; es war uns aber nicht möglich mehr als den ersten Graben und den Wall nebst den drey Breschen besetzt zu halten."

"In diesem Augenblick kam ein Trompeter vom Herzog von York, der zwey Briefe brachte, einen für die Municipalität und einen für mich. Der letztere war folgenden Inhalts:"

"Der Wunsch, so viel als nur möglich das Unglück zu hemmen, das ein nutzloser Widerstand nach sich sieht, hatte mir den Antrag dictirt, den ich Ihnen am 14ten Junius machte. Sie haben nicht daruaf gehört; es sey, weil Sie glaubten, den Angriffen nachdrückliche begegnen zu können, oder daß Sie auf einen Entsatz hofften. Jetzt aber, da muthmaßlich dieser Ihr doppelter Irrthum berichtigt ist, treibt mich dieselbe Liebe zur Menschlichkeit an, Ihnen eine Capitulation anzutragen, die zu gleicher Zeit Ihre Ehre, so wie das Eigenthum der unglücklichen Schlachtopfer Ihrer Hartnäckigkeit tetten würde."

"Wollen Sie nicht der gänzlichen Zerstörung dieser schönen Stadt ein Ziel setzen, und dasjenige noch retten, was bis jetzt der Vernichtung entgangen ist? Ich muß Ihnen sagen, indem ich über die schrecklichen Folgen einer Halsstarrigkeit ohne Gränzen seufze, daß Ihr Betragen weder politisch, noch militärisch recht ist."

"Ihre Antwort wird das Schicksal Valenciennes unwiderruflich entscheiden. Nach Ablauf des heutigen Tages ist für Sie an keine Capitulation mehr zu denken. Ich werde keinen Antrag mehr anhören, und wird die Stadt mit Sturm eingenommen, so wissen Sie selbst, was die grausamen Folgen davon seyn werden."

"Friedrich. Herzog v. York."

Schreiben des Herzogs an die Municipalität.

"Ich schicke Euch hier eine Abschrift des Schreibens, das ich an den Commandanten Eurer Stadt erlassen habe, wobey ich Euch vorläufig anzeige, daß wenn er diesmal die Capitulation ausschlägt, die ich ihm antrage, und welche die Ehre der Garnison, so wie Euer noch übriges Eigenthum retten wird, Ihr einem schrecklichen Unglück ausgesetzt seyn werdet. Dies Unglück könnt Ihr sodann allein einer in der jetzigen Lage der Dinge schlecht überdachten Hartnäckigkeit zuschreiben; da es Euch wohl nicht entgehn kann, daß er Euch weder zu vertheidigen vermag, noch daß Ihr Entsatz erwarten dürfet.

Seine Proclamation vom 21sten Junius ist eine Schmähschrift auf die Armeen, die vor Euren Mauern stehen. Der Ruf dieser so braven als disciplinirten Truppen, kann durch solche Verläumdungen nicht befleckt werden; allein fürchtet die Rache des durch Schriften dieser Art aufgebrachten Soldaten. Der menschfreundlichste Befehlshaber würde Euch dieser Rache nicht entziehn können, wenn Ihr es zu diesem Aeußersten kommen laßt. Nehmt Euch vor listigen Vorspiegelungen in acht, durch welche alles was Ihr noch besitzet, dem Interesse eines Einzigen aufgeopfert wird. Ich wünsche daher, daß diejenigen unter Euch, die das Gute wollen und es zu bewirken vermögen, durch eine kluge Berathschlagung der Zerstörung und dem Gemetzel, als die unausbleiblichen Folgen eines fernern fruchtlosen Widerstandes, wäre er auch nur noch von einigen Tagen, schleunig vorbeugen. Wenn Euer Commandant heute nicht capitulirt, so wird man ihn morgen nicht mehr anhören. Wird Eure Stadt mit Sturm eingenommen, so wird sie geplündert, und nichts kann sodann verhindern, daß sowohl die Soldaten, als die Bürger niedergemetzelt werden. Möchte dies schreckliche Schicksal, das ich Euch so gerne ersparen wollte, alsdann den andern Städten zum Beyspiel diesen, und den guten Einwohnern Energie genug geben, sich der bösen Lage zu entreißen, die in Eurer Stadt das Loos der Guten ist, die es, aus einer unverzeihlichen Nachgiebigkeit, mit den bösen Menschen theilen."

"Friedrich, Herzog v. York."

"Ich versammlete sofort den ganzen Kriegsrath, wozu auch eine Deputation von sämmtlichen constituirten Gewalten eingeladen wurde. Bevor noch die Sitzung ihren Anfang nahm, hatten die oben erwähnten Flüchtlinge, in Verbindung mit einer großen Menge Volks, das Gemeindehaus umringt. Man achtete dies nicht und laas die vorbesagten beyden Briefe vor, worauf sowohl die Municipalität, als der Kriegsrath dringend verlangten, den Zustand der Festungswerke bey den Angriffspuncten zu erfahren. Während wir diese Sache erklärten, begieng jemand, ohne daß ich es wuste, die Unvorsichtigkeit, die eingelaufenen Briefe dem unten versammleten Volkshauffen vorzulesen, worauf ein fast allgemeines Toben erfolgte. Der große Kriegsrath beschloß hierauf, daß man ohne allen Verzug einen blos militärischen Kriegsrath versammlen sollte, um den Zustand der Außenwerke genau zu constatiren, und von allem Bericht zu erstatten. Die untersuchung geschah nun mit großer Genauigkeit, da denn die Mehrheit dahin stimmte, daß die Festung sich noch einige Tage halten könnte. Ich, meinestheils, erklärte, daß die Vertheidigung noch wohl vierzehn Tage verlängert werden könnte, ja noch mehr, wenn nur die Munition uns nicht ganz ausgienge; daß freylich nur noch wenig Bomben und Haubitz-Granaten uns übrig wären; da aber die dritte Parallele nicht vom bedeckten Wege entfernt sey, so könnten wir uns derjenigen Kugeln bedienen, die von den Belagern in die Festung waren geworfen worden, und nicht zerplatzt waren."

"Ich hatte nämlich seit einigen Tagen diese Bomben und Granaten sorgfältig auflesen lassen; wobey ich hier einen Umstand bemerken muß. Schon seit Anfang der Belagerung hatte ich, sowohl für die Soldaten, als für die Bürger, bey Vergehungen eine besondre Strafe eingeführt, wovon das Resultat für die Vertheidigung des Orts nützlich war. Ich ließ die Straffälligen in eine Kirche einsperren, aus welcher sie zweymal des Tages in die Festungsgräben und Außenwerke gebracht wurden, um hier die nicht geplatzten Bomben und Granaten, desgleichen die abgeschossenen Canonenkugeln der Belagerer aufzusuchen. Ich erhielt dadurch 25,000 bis 30,000 Stück."

"Indessen vermehrten sich die Volkshauffen auf dem Waffenplatz. Größtentheils waren es die oft erwähnten Flüchtlinge, zu denen sich viele Soldaten von der Besatzung gestellt hatten. Diese letztern erkannte ich bald als die Ausreisser aus dem Lager bey Famars, die sich am 23sten May in die Festung geworfen, und ich hernach in die Besatzungs-Bataillons incorporirt hatte. Diese Leute zeigten sich jetzt als Empörer, und wollten durch ihr aufrührerisches Geschrey, durch ihre Drohungen, und durch allerhand Zeichen von Verzweiflung, mich zwingen, sofort zu capituliren, ja sogar alle Bedingungen anzunehmen, die der Herzog von York nur vorschreiben würde."

"Während dieser Volks-Bewegungen berathschlagte das nicht minder beunruhigte Conseil der Gemeinde, und sandte mir am nämlichen Tage folgende Vorstellung:"

"Die Aufopferungen, die diese Stadt gemacht hat, sind jedermann bekannt. Der gröste Theil unsers Eigenthums ist vernichtet; eine große Anzahl Einwohner ist unter den Trümmern der Häuser begraben, oder durch das Eisen des Feindes gefallen. Fast alle unsre Weiber und Kinder sind in unterirdischen Gewölben und Oertern lebendig begraben, wo sie eine verpestete Luft einathmen, deren Bösartigkeit ansteckend ist, und sie in einen höchst elenden Zustand versetzt. Sehr viele von ihnen sind bereits Opfer dieser Krankheiten geworden, da sie keine Arzneymittel hatten, und keine Aerzte noch Wundärzte ihnen zu Hülfe kamen, weil auch von diesen die meisten todt, oder krank, oder verwundet sind."

"Die unsre Stadt umgebenden Felder sind verheert; so daß dies äußere Elend mit dem innern vereinigt, eine trostlosen Zustand erzeugt. Hiedurch bewogen glaubt das General-Conseil dieser Gemeinde berechtigt zu seyn, dem General Ferrand, als Commandant unsrer Stadt vorzustellen, daß sie jetzt bereits sieben und achtzig Tage lang belagert, und seit drey und vierzig Tagen und drey und vierzig Nächten ohne Aufhören bombardirt worden ist; und daß in dieser ganzen Zeit keine Armee sich zum Entsatz auch nur von weitem gezeigt hat, da doch die Zeit des muthmaßlichen Widerstandes einer Festung wie diese, der Regierung und unsern Generalen nicht unbekannt seyn kann. Wir können nicht vergessen, daß unsre Armee dreymal versucht hat, Conde zu entsetzen, aber immer ohne Erfolg, so daß dieser Ort fallen muste; ferner, daß in dem Augenblick, da wir die Gegenwart dieser Armee am nöthigsten hatten, sie fast ohne Widerstand die wichtige Stellung verlassen hat, die den Feind abhielt uns anzugreiffen. Endlich können wir auch nicht unbemerkt lassen, daß als diese Armee das Lager bey Famars verließ, sie 23,000 Mann weniger zählte, als da sie Conde entsetzen wollte."

"Die Verbindlichkeiten der Republick gegen unsre Mitbürger, und wiederum diejenigen unsrer Mitbürger gegen die Republick sind gegenseitig. Nun aber ist die Republick uns gar nicht zu Hülfe gekommen; vielleicht aus sehr wichtigen Ursachen und um nicht die Armee in Gefahr zu setzen. Sie hat dadurch gezeigt, daß sie uns einzig und allein uns selbst, und dem vornehmsten aller Naturgesetze überläßt; demjenigen, das gebieterisch von uns fordert, für unsre Erhaltung zu sorgen."

"Warum sollten wir denn nicht nach einem so hartnäckigen Widerstande, wie die Geschichte wenig Beyspiele zeigt, jetzt, da es noch Zeit ist, die Ehre und das Leben der Besatzung durch eine ehrenvolle Capitulation zu erhalten suchen, die der Oberfeldherr der vereinigten Armee uns anträgt? Späterhin würde man dem Feinde keinen hinreichenden Beweggrund aufstellen können, ihn zu vermögen, seinen Vorsatz, die Stadt auf Discretion zu nehmen, aufzugeben, wenn er uns schon so gut wie ganz in seinen Händen haben wird. Könnte alsdann wohl unser General, auch wenn er es gern wollte, sein feyerliches, in der Proclamation vom 2ten Julius enthaltenes, Versprechen erfüllen, wodurch er sich verbindlich machte, das Leben der Einwohner und der Besatzung zu schützen."

"Da eine jede Verteidigung einen nützlichen Zweck haben muß; so ist das General-Conseil, nach Erwägung des oben angeführten, und nach der an die Municipalität von Friedrich, Herzog von York, ergangenen Aufforderung, überzeugt, daß ein nutzloser, auf einige Tage verlängerter, Widerstand, den unausbleiblichen Untergang einer großen Stadt, einer Menge Einwohner, die schon soviel gelitten haben, und vieler braver Truppen, ohne allen Nutzen für die Republick nach sich ziehn würde."

"General! Sie können stolz genug seyn, einen solchen Widerstand in einer belagerten und so schrecklich bombardirten Stadt gethan zu haben, um sich zu überzeugen, daß Sie ihr Pflicht vollkommen erfüllt, und den ehrenvollen Dank der Nation verdient haben."

"Diese Vorstellung war von dem Maire Portalés, von dem Gemeinde-Procurator Hamois, von dem Stadt-Secretair Mortier, und siebzehn andern Municipal-Beamten von Valenciennes unterschrieben."

"Schon lange war ich bemüht gewesen, bey vielen den Muth zu stärken, bey andern ihre Beharrsamkeit, durch das Versprechen einer baldigen Hülfe aufrecht zu erhalten. In der That vermuthete ich fest, daß der General Kilmaine, Oberbefehlshaber der damals zwischen Bouchain und Cambray campirten Armee, so wie der Kriegsminster Bouchotte und der Wohlfahrts-Ausschuß des Convents, den Vortheil einen so wichtigen Ort zu retten, besser würdigen würden; um so mehr, da sie wusten, das er nur mittelmäßig befestigt, und sowohl mit Proviant, als mit der zu einer rechtlichen Vertheidigung nöthigen Munition schlecht versehn war. Ferner musten sie die Schwäche meiner Besatzung kennen, und daß diese Festung, nach Vaubans Berechnung, nur höchstens sechs Wochen sich halten könne. Bey allen Gelegenheiten hatte ich die Einwohner versichert, daß die zum Entsatz gesandte Armee unverzüglich eintreffen würde; sie stand nur drey Lieues von uns, und konnte jeden Schuß hören. Endlich aber schwand bey ihnen alle Hoffnung, und sie überließen sich ganz der Verzweiflung, da sich keine Spur von Hülfe zeigte, nachdem die Belagerung drey Monat und das Bombardement drey und vierzig Tage unaufhörlich Tag und Nacht gedauert, und der Feind in dieser Zeit in die Stadt und die Außenwerke, wenigstens 300,000 Kugeln, Bomben und Haubiz-Granaten, die andern Granaten und Steine ungerechnet, geworfen hatte."

"Diese unerwartete Empörung und das Zusammenhalten der Rebellen, von denen ein Theil bewaffnet war, verband sich nun mit allen andern großen Uebeln: der elende Zustand der zerschossenen Festungswerke, drey existirende Breschen, die Hälfte der Stadt ein Schutthaufen; nur ein Drittheil der Artillerie war noch in gutem Zustande. Viel Geschütz konnte gar nicht mehr gebraucht werden. Bey einer Anzahl Canonen aber hatte ich die Mündungen absägen lassen, wodurch sie denn sehr kurz geworden waren, und blos in der nähe beym Sturmlauffen der Feinde dienen konnten. Alles dies war eine solche Lage, daß der Kriegsrath endlich beschloß zur Unterhandlung zu schreiten."

"Wir entwarfen nun einen aus 25 Artikeln bestehenden Capitulations-Plan, den ich durch meinen Adjutanten Lavignette dem Herzog von York zusandte. Statt aller Antwort durchstrich dieser fast alle unsre Artikel. Ich sandte ihm hierauf einen Brief, worin ich ihn bat, wenigstens sich mit der Verweigerung einiger Artikel zu begnügen, wobey ich bemerkte, daß wenn er auf seine Härte gegen uns bestünde, ich und meine Besatzung nebst dem grösten Theil der Einwohner fest entschlossen wären, auf den Breschen umzukommen, indem ich ihn zugleich aufmerksam machte, daß noch keine einzige, wenn gleich offen, zum Sturm ganz geeignet sey. Ich fügte hinzu, daß ich sechs Commissare, drey Militär- und drey Civil-Personen, zu ihm schicken würde, die erstern mit Vollmacht versehn über das Schicksal der Festung bestimmt zu unterhandeln und alles abzuschließen."

"Diese drey Commissare waren: die Generale Tholozé und Boiland, desgleichen der Capitain Brumieres vom ersten Bataillon der Nievre."

"In der That war es hohe Zeit zu capituliren, um größerm Unglück, sowohl für die Einwohner, als für die Besatzung, vorzubeugen, da die Festung drey offene Breschen hatte, die halbe Stadt in Asche lag, und die andre Hälfte voller Verräther war. Der Herzog von York sagte den Commissaren, daß er beständig durch abgeschlossene Schwärmer genaue Nachrichten von allem, was in der Stadt vorgieng, erhalten hätte, und in den letztern Tagen wären alle Stunden solche Berichte bey ihm eingegangen."

"Die Commissare bewirkten endlich den freyen Abzug der Besatzung ins Innere von Frankreich; allein sowohl der Herzog, als der Prinz von Coburg, bestanden darauf, daß die beyden Volks-Repräsentanten ohne alle Auszeichnung, und ohne in der Capitulation als Convents-Glieder erwähnt zu werden, blos als Personen meines Gefolgs mit der Besatzung ausmarschieren sollten."

"Die Capitulation wurde am 28sten Julius unterzeichnet, und drey Tage nachher verließen wir die Stadt. Ich hatte zur Räumung eine Frist von sechs Tagen verlangt; eine Forderung, die Verwunderung erregte, und auch abgeschlagen wurde; sie war auf die Hoffnung der Möglichkeit gegründet, daß vielleicht in dieser Zeit etwas von unsrer Armee noch geschehen könnte, das den Feind zur schleunigen Aufhebung der Belagerung zwingen dürfte."

"Auch diese Hoffnung schlug fehl; und nichts blieb uns übrig, als die Festung zu räumen. Wir hatten während der Belagerung an Todten von der Besatzung 550 Mann verloren; dabey waren an 2500 Soldaten, theils durch Wunden, theils durch Krankheiten, unfähig zum Dienst. Von den Einwohnern waren an 4000 umgekommen, theils als Streiter auf den Wällen, theils durch Bomben und Kugeln, theils durch das Einstürzen der Häuser, oder auch durch eine ansteckende Krankheit, die durch die böse Luft in den Kellern und unterirdischen Gewölben, wohin die unglücklichen Einwohner sich geflüchtet hatten, erzeugt worden war."

"Am 1sten August zogen wir aus Valenciennes in der größten Ordnung aus. Die feindlichen Truppen hatten ein Spalier gemacht. Da man meine Proclamationen Schmähschriften auf die Armee genannt hatte, so erwartete ich von den feindlichen Soldaten Ausbrüche von Zorn, oder Empfindlichkeit zu hören; allein nichts dieser Art war bemerkbar; im Gegentheil, als ich vor dem Herzog von York und dem Prinzen von Coburg vorbey marschirte, versicherten mich beyde, daß es ihnen angenehm sey, die braven Soldaten zu sehen, die, ohngeachtet ihrer Verständnisse in der Stadt, dennoch mit ihnen so lange gekämpft hätten. Bey der Ueberzeugung, meine Pflicht gethan zu haben, war mir dies Zeugniß von Feinden sehr schmeichelhaft."

"Indeß fiel jedoch etwas Ordnungswidriges beym Ausmarsch vor. Es war in der Capitulation bestimmt, daß die Volks-Repräsentanten in bürgerlicher Kleidung mit der Besatzung abziehn sollten. dennoch wurde der Repräsentant Briez gleich am Thor von den Kayserlichen Truppen verhaftet. Ich eilte auf der Stelle um ihn zu reclamiren, zum Herzog von York und zum Prinzen von Coburg, worauf er auch sofort wieder in Freyheit gesetzt wurde."

"Wir nahmen unsern Marsch nach Avesnes-le-Sec, einem Dorfe, in dessen Nähe die Französische Armee gelagert war. Hier nahm die Besatzung ihr Nachtquartier, während ich mich nach Cambray ins Hauptquartier begab, wo ich schon eine Ordre des Kriegsministers fand, unverzüglich nach Paris zu kommen, und alle zur Belagerung gehörigen Papiere mitzubringen. Die Truppen aber musten, theils nach der Vendee, theils zur Belagerung von Lyon marschieren."

"Ich traf am 6ten August in Paris ein, und übergab dem Kriegsminister Bouchotte alle Festungs-Papiere, die ich bey dem Brande meines eignen Hauses in Valenciennes hatte retten können. Er versprach mir, daß der Bericht über diese Belagerung nächstens dem Convent vorgelegt werden sollte. Man eilte aber damit gar nicht. Statt des Berichts wurde ich am 15ten August verhaftet und nach der Abtey St. Germain-des-Près gebracht. Ich blieb hier aber nur bis zum 20sten, da man denn diese Verhaftung im Gefängniß, auf einen Haus-Arrest beschränkte, unter der Bewachung von zwey Gensd'armen, die ich bezahlen muste. Dies sollte eine provisorische Maaßregel seyn, bis der Wohlfahrts-Ausschuß im National-Convent seinen Bericht über diese Belagerung abgestattet haben würde. Robespierre aber, der bey dem Ausschuß präsidirte, wollte von diesem Bericht nie etwas hören. Wahrscheinlich sahe er ein, daß er durch die Bekanntmachung des tapfern Betragens der Besatzung und der sich hingegebenen Einwohner dieser unglücklichen Stadt, zugleich das Verbrechen des Ausschusses bekannt machen muste, dem Convent den Zustand der Festung nicht angezeigt, und wegen dringender Hülfe Vorstellung gemacht zu haben."

"Unmöglich konnte, als Valenciennes zuerst berennt wurde, dem Ausschuß die Schwäche der Nord-Armee unbekannt seyn; sie war nur 40,000 Mann stark, und mit diesen konnte sie die 140,000 Mann starken Belagerungs-Armee nicht angreiffen; mit einiger Verstärkung aber hätten wohl Versuche zum Entsatz von ihr gemacht werden können. So aber war die ohnehin sehr schlecht verproviantirte Festung allein ihrem Schicksal überlassen. Indessen gestanden der Herzog von York und der Prinz von Coburg selbst ein, daß unser nachdrückliche Widerstand den ganzen Plan ihres Feldzugs vereitelt hätte. Die feindliche Armee hatte während der Belagerung an 25,000 Mann verloren. Hätte ich nach der Einäscherung des Arsenals capitulirt, so wäre es dem Feinde leicht gewesen, ins innere Frankreichs vorzudringen, und seine Plane auszuführen. -- Ich bin also meinem Vaterlande nützlich gewesen, und zur Belohnung muste ich ein ganzes Jahr gefangen sitzen."


Plan der franzoesischen Festung Valenciennes wie sie von der Kaysl. Koenigl. und Koenigl. Englischen, wie auch Hannöverischen alliirten Armee den 13 July 1793 foermlich angegriffen, u. mit Ende July erobert worden ist.


Auszug aus dem Briefe eines Hannöverschen Officiers.[]

Aus dem Lager zu Famars, den 6ten Junius 1793.

Wir stehn jetzt hier so nahe bey Valenciennes, daß die Kanonenkugeln aus der Festung nahe vor uns niederschlagen. Wir haben saure Tage gehabt, und vor dem entscheidenden Treffen mußten wir 2 Tage marschiren, und hierauf zwey Nächte unter dem Gewerbe stehen, und mit Tages Anbruch attaquiren, welches in verschiedenen Colonnen geschah, die auch alle den Feind bis hinter Valenciennes zurück trieben. Die Franzosen haben sich schlecht gehalten, und am zweyten Tage die Hauptverschanzungen, welche wir an demselben Tage angreifen sollten, und die uns sehr viel Menschen würden gekostet haben, verlassen. Unsere Garde du Corps hat bey dieser Gelegenheit sich allein von uns auszeichnen können, indem sie eine schanze stürmte, und 4 Schwadronen Franzosen daraus vertrieb. Doch verfolgte sie solche etwas zu weit, und verlor durch die Jäger einige Officiere und Soldaten. Die Franzosen haben selbst gesagt, daß sie oft mit der Kaiserlichen Cavallerie zusammen gewesen, aber noch nie so zusammen gehauen wären, wie von uns. Wie die Schanze von uns mit vollem Geschrey und fürchterlicher Kanonade eingenommen wurde, hatten die Engländer den Einfall, mit ihrer schönen Janitscharen-Musik zu spielen: ça ira, ça ira. Eine Colonne hat der General Walmoden angeführt, und große Ehre dabey eingelegt. Die Kaiserlichen Soldaten sind die abgehärtesten Truppen, die man sehen kann. 80000 Mann so verschiedener Truppen beysammen und mit einander wetteifern zu sehen, ist ein großer Anblick! Die Französische Armee ist in schlechten Umständen. Das große Rühmen von ihrer Artillerie, ist sehr übertrieben. Sie schießen freylich viel und mit großen Stücken, treffen aber selten: Und hieraus ist der unbedeutende Verlust zu erklären, welchen unsere Armee bey allen den vielen Attaquen gehabt hat. Im Freyen lassen sich die Franzosen gar nicht sehen, sondern stehen bis an beyde Ohren verschanzt, und unsere Leute machen vor der Festung Beute, ohne von ihnen beunruhigt zu werden. Der Feldmarschall, Prinz von Koburg, ist den ganzen Tag der Schlacht mit seiner Suite nicht aus der Kanonade gewesen. Er ist ein alter tapfrer Krieger, dem mehrere mahle die Kanonenkugeln vor der Brust weggiengen, ohne daß er es zu bemerken schien. Noch diesen morgen hat er sich bis nahe an Valenciennes geschlichen, und zwar in ein Haus, durch welches die Kugeln oft giengen, woraus er aber die Anstalten der Franzosen auf den Wällen erkennen konnte. Auch der Herzog von York scheuet kein Feuer. Er commandirt die Belagerung. Er schont aber auch die Truppen nicht, wo er dieses nöthig findet. -- Die Verwüstungen des Krieges sich hier schrecklich. Viele Dörfer liegen in Asche, und noch mehrere sind von den Einwohnern verlassen, welche sich jetzt doch nach und nach wieder einfinden. Es ist hier jetzt entsetzlich theuer, welches wohl so lange dauern wird, bis wir aus dem schönen und reichen Brabant gehörig mit Lebensmitteln versehen werden, wozu schon alle Anstalten getroffen sind.


Augenzeugenbericht.[]

Fünfter Brief.

Mons, am 22sten Julius.

In meinem vorigen Briefe habe ich Ihnen bereits gesagt, daß mich meine Neugier bis in die Laufgräben von Valenciennes getrieben hätte. Ich bin nicht genug in der Belagerungskunst unterrichtet, um Ihnen eine deutliche Beschreibung von diesem Werke machen zu können. Alle Kenner behaupten, daß seit langen Jahren noch keine Belagerung mit so vieler Kunst und Schwierigkeit betrieben worden sey als diese. Allein gewiß ist auch noch keine unternommen worden, die so außerordentlich theuer und kostbar gewesen wäre. Ein Kaiserlicher Artillerie-Offizier hat mir versichert, daß, nach einer angestellten Berechnung, (die Transportkosten des Belagerungsgeschützes, welches zum Theil tief aus Ungarn hieher ist gebracht worden, mit eingerechnet) man im Durchschnitte annehmen könnte, daß jeder Schuß, Bomben schwere und leichte Kanonen durch einander gerechnet, über zwanzig Kaisergulden zu stehen komme: und deren geschehen oft an einem Vormittage einige sechszig Tausend.

Der Muth, die Arbeitsamkeit, die heilige und beinahe fürchterliche Stille, mit welcher die Kaiserlichen in den Transcheen und bei ihren Batterien arbeiten, übersteigt alle Vorstellung. Jeder Gemeine weiß ganz genau, ohne daß ihm ein Wort braucht gesagt zu werden, was er zu thun hat. Das Niederfallen und Zerspringen der Bomben unterbricht kaum auf zwei Minuten ihre Arbeit. Sie verstehen so bestimmt und richtig die Wirkung derselben zu berechnen, daß sie meistens glücklich ausweichen. Eine Batterie, die des Abends um sechs Uhr vielleicht zerstört worden ist, steht des Nachts um Ein Uhr schon wieder eben so gut da, und fängt wieder an zu spielen. Ihre Vorsicht, ihre Ruhe, ihre Ordnung, machen, daß sie, des schrecklichen Feuers der Belagerten ungeachtet, nicht viel Leute verlieren. Es ist beinahe unbegreiflich, wie Menschen das aushalten können, was die Kaiserlichen Artilleristen, nun schon seit dem 14. Junius, in den Batterien (besonders bei der außerordentlichen Hitze, die einige Wochen lang anhielt) ausgestanden haben. Es thut Niemand einen Schuß auf die Festung, als die Kaiserlichen Artilleristen. Sie haben nicht länger als vier und zwanzig Stunden frei, und oft nicht einmal so lange. Sie sehen alle aus, wie uns die alten Dichter die Zyklopen schildern. Aber, auch das muß man sagen, der jüngste Bombardier sogar ist im Stande den richtigsten und deutlichsten Begriff von dem Gange und der Führung der Belagerung, falls er darum gefragt wird, zu geben.

Ganz das Entgegengesetzte von allen dem findet man bei einer von den Engländern besetzten Transchee. Man sollte glauben, man träte in die Wachstube einer Garnison in Friedenszeiten. Der gemeine Engländer trinkt seinen Rum, der Offizier seinen Punsch, mit eben so freudigem Getöse, als wenn er in einem Weinhause säße. Sollten Sie glauben, theurster Freund, daß die Sorglosigkeit, oder der Muth der Engländer (ich weiß nicht wie ich es nennen soll) so weit geht, daß sie Freudenmädchens in die Transcheen mit nehmen? Diese ihre unglaubliche Sorglosigkeit ist Schuld, daß sie im Verhältnisse weit mehr Leute verlieren, als die andern Truppen.

Der Heße ist in der Transchee wie überall. Er kennt die Gefahr, allein er fürchtet dieselbe nicht. Wenn ihm der, immer aufmerksame, Kaiserliche zuruft: -- "Bombe!" -- so weicht er ihr aus; läßt seine Pfeife dabei nicht ausgehen; trinkt, wenn es irgend möglich ist, seinen Schnaps; und schläft, wenn es nicht anders seyn kann, ein wenig im Stehen. Die Heßen haben, während der acht Tagen, während welcher sie täglich sechs Hundert Mann in die Transcheen geben, nicht mehr als einen einzigen Todten und ungefähr vierzig Verwundete gehabt.

Auch die Hannoveraner sind sehr tapfer und scheuen keine Gefahr. Sie haben in den Transcheen mehr Leute verloren als die Heßen: bloß deßwegen, weil sie den Bomben nicht geschwind genug ausweichen.

Sobald ein Mann in der Transchee todt geschoßen wird, legt man ihn auf eine, dazu in Bereitschaft stehende, Bahre. Sechs seiner Kameraden tragen ihn alsdann, mit feierlichem Ernst, in die Oeffnung der Transchee, wo er eingescharrt wird. Man verrichtete dabei ein kurzes Gebet. Alsdann trägt Einer die Bahre wieder zurück. Sobald dieselbe abgewischt ist kehrt man sie um, breitet ein Tuch darüber, und sie dient zum Tische, um welche man sich so ruhig als es die Bomben erlauben, herum setzt, trinkt, plaudert, scherzt und singt. Wo ist der Philosoph, der es wagen darf, zu entscheiden, ob dieses Stoicismus, Tapferkeit, Unempfindlichkeit, Stumpfsinn oder Leichtsinn sey?


Siebenter Brief,

Quievrain, am 27. Julius.

So eben komme ich von einem ganz sonderbaren, und in seiner Art einzigen, Auftritte zurück. In der Nacht vom 25. auf den 26sten machte das Belagerungskorps eine Art von Sturm auf den bedeckten Weg der Festung Valenciennes. Die von demselben angelegte Mine sprang, wiewohl nicht mit sonderlichem Effekt, da sie die in die Luft geworfene Erde, mehr rückwärts in die Trancheen, als nach dem Walle zu warf. Die Kaiserlichen, Engländer, Hannoveraner und Hessen, drangen mit großem Muthe und in der besten Ordnung, die erstern aber mit Wuth, in die gemachte Oefnung ein. Ohne bestimmten Befehl dazu zu haben, und ohne sonderlichen Widerstand zu finden, drangen sie bis in das Hornwerk vor. Die darin befindlichen Frankreicher wurden theils mit dem Bajonette niedergestoßen, theils retteten sie sich aus dem Werke in den Graben, und von da weiter auf die Wälle. Die Ungarn, welche den größten Antheil an diesem Sturme hatten, waren untröstlich, als sie Befehl bekamen, sich wieder zurück zu ziehen. Sie wollten die Stadt stürmen und alsdann selbige, so wie einen mit stürmender Hand eroberten Ort, behandeln. Die Bestürzung der Besatzung war so groß, daß ich überzeugt bin, man hätte in dieser Nacht die Stadt mit Sturm, ohne sehr beträchtlichen Verlust, bekommen: aber Held Koburg, der dem Potemkin nicht gleich dachte, wollte dem Vergnügen, die Festung zwölf Stunden früher zu haben, nicht das Leben einiger Tausend Menschen sowohl, als den Untergang einer blühenden Stadt aufopfern.

In der Stadt selbst war die Angst auf den höchsten Grad gestiegen. Man zog die Sturmglocken, und das wimmernde Jammergeschrei der Einwohner, welche einen Sturm nebst dessen Folgen besorgten, ertönte weit in die Luft. Noch schaudert mir wenn ich daran denke. Man müßte fühllos seyn, wenn man durch das Wimmern der Verzweiflung so vieler Tausend Menschen nicht bis in das Innerste der Seele erschüttert werden sollte.

Am 26sten war das Feuer aus der Stadt sehr unbeträchtlich, das der Belagerer aber noch immer ziemlich lebhaft. Gegen Mitternacht kam ein Trompeter von der Besatzung und brachte Depeschen an den Prinzen von Koburg, und an den, die Belagerung führenden, Kaiserlichen General Ferrari. Das Feuer hörte auf, und die Unterhandlungen begonnen.

Am 27sten den Morgens sah man bereits die Leute der Garnison mit den Transcheewachten sowohl, als mit der Wacht auf dem bedeckten Wege, sprechen. Leute, die seit dem 14. Junius, sich gegenseitig, wenn es möglich gewesen wäre, gerne von der Erde vertilgt hätten, sprachen, assen und tranken jetzt mit einander, wie Brüder. So ganz erstaunend wenig gehört dazu, um den, sich der Vollkommenheit so nahe, und der Weisheit so voll dünkenden Menschen, zum blutdürstigen Tyger, oder zum sanften Lamme umzuschaffen! Die Einwohner der unglücklichen, und weit über die Hälfte verwüsteten Stadt, giengen auf den Wällen spazieren. Man sah es ihnen deutlich an, daß sie in beinahe sieben fürchterlichen Wochen, jeden Tag ihr Leben wie eine beute davon getragen, und Mangel an frischer Luft gehabt hatten. Allein auch hier verleugnete sich der leichtsinnige Französische Nationalkarakter nicht. Die Damen giengen schön frisirt und geputzt, spazieren, machten den Leuten, von denen sie so entsetzlich geängstigt worden waren, die freundlichsten Komplimente, und schienen sich des Vergnügens der, mit ihnen zu machenden Bekanntschaft, schon im voraus zu freuen. Diese Freundlichkeit kontrastirte sehr sonderbar mit dem Unwillen der Ungarn, Kroaten und Tyroler Scharfschützen, welche auf die Plünderung und Zerstörung der Stadt schon ganz sicher gerechnet hatten. Sie murrten laut, über das Fehlschlagen ihrer, seit so langer Zeit genährten, Hoffnung. Auch beantworteten sie die ihnen unverständlichen Komplimente der Einwohner mit derben Schimpfwörtern, welche freilich den Einwohnern eben so unverständlich waren.

Die wenigen Linientruppen der Besatzung, die ich sah, waren lauter schöne, reinlich gekleidete und artige Leute. Den Nationalgarden sah man es aber an, daß es zusammen gelaufenes, elendes Lumpengesindel, oder mit Gewalt, zur Vertheidigung der sogenannten Freiheit, zusammen getriebene Menschen waren.

Einer von den, hinter den Pallisaden Schildwache stehenden, Soldaten der Linientruppen, bot einem Engländischen Offizier zu trinken an. Dieser schlug es aus. Mit der freundlichsten und höflichsten Art nahm der Soldat seine Flasche, und sagte trinkend: Ah! venez Monsieur, c'est de bonne foi. Während er trank, fragte ich ihn: ob es ihm lieb wäre, daß sich die Festung übergeben hätte? "Unstreitig, gab er zur Antwort, hätte uns der verfl. . . . Nationalkommissaire Cochon nicht daran verhindert, so würden wir uns schon vor vierzehen Tagen ergeben haben." Er versicherte sehr weise: es wäre den Gesetzen der Kriegskunst gemäß, zu kapituliren, wenn der Feind die dritte Parallele gemacht und besetzt hätte, und keine Hoffnung zum Entsatze da sey.

Zum beweise, daß nicht Mangel an Lebensmitteln die Festung zur Uebergabe nöthigte, trieb mnn eine Heerde von wenigstens Hundert Stück Hämmeln auf dem Walle herum. Dennoch behauptet man, es sey Mangel an Brod in der Stadt gewesen: allein ich zweifle ob dieses der Grund der Uebergabe gewesen sey.



Kapitulation der Festung Valenciennes.[]

27. Julius.

Kapitulation der Festung Valenciennes. Die Besatzung, unter General Ferrand, erhält freien Abzug, unter Bedingung, während des Krieges nicht mehr gegen die coalirten Mächte zu dienen.


Von dem Nationalkonvent.[]

[1793]

Paris, vom 15. April. [2]

Am 12. erhielt das N. Convent ein Schreiben von seinen Commissarien aus Valenciennes vom 9. dieses, worinn sie melden: Die Sachen befinden sich ungefehr noch immer in dem gleichen Zustand. Die Feinde zeigen sich von Zeit zu Zeit jenseits Conde; sie haben einige Haubizenschüsse gegen diesen Ort gethan, die aber denselben nicht erreichten. Man glaube, die Absicht dieser Kanonade sey blos ihren Marsch anders wohin zu verbergen; u. s. w. Zugleich übersendeten sie dem N. C. ein ihnen durch einen Oesterreichischen Trompeter überbrachtes Paket geöfneter Briefe, von denen sie vermuthen, daß sie bey den vom Dümourier arrettierten Commissarien gefunden worden seyen.

. . . . . . .

Indessen, ehe dieses geschah, wurde in der Seßion am 13. ein Schreiben der Commissarien aus Valenciennes vom 12. verlesen, worinn sie berichten: der Feind liege noch immer vor Conde; der Communikazion mit Valenciennes, wie auch mit Quesnoy sey unterbrochen; zwey Trompeter haben dem General Dampierre die Addresse des Prinzen von Coburg an die Franzosen und ein Memoire von Dümourier gedruckt überbracht. -- Dieser leztere Umstand veranlaßte ein Dekret, nach welchem jeder General mit dem Tod bestraft werden soll, der sich mit dem Feind in Traktaten einläßt, ehe derselbe die Souveränität des Volcks und der Republick anerkannt hat. Zugleich wurde auch dekretiert: "Das N. Convent wolle sich nicht in die Angelegenheiten auswärtiger Regierungen mischen; aber eher werde Franckreich unter seinen eigenen Ruinen sich begraben, als irrgend einen Traktat unterzeichnen, der nicht die Anerkennung der Republick und der Souveränität des Volcks zur Grundlage habe."

Paris, vom 19. April. [3]

Die Commissarien berichten aus Valenciennes vom 12. dieses: Die Vorposten unserer dortigen Armee seyen angegriffen und zum Weichen gebracht worden, weil ihnen der Feind an Anzahl überlegen und mit guter Artillerie versehen war.

Paris, vom 22. April. [4]

Die Commissarien in Valenciennes haben in ihrem Schreiben vom 16. berichtet: Conde sey noch immer eingeschlossen; Maubeuge sey aufgefordert worden, wolle sich aber vertheidigen; am 15. seyen die Feinde in einem Gefecht zurük getrieben worden, und es dörfte nächstens, vielleicht am folgenden Tag, zu einem wichtigen Treffen kommen.

Paris, vom 26. April. [5]

Nach den Berichten der Commissarien in Valenciennes an das N. Convent, und des General Dampierre an den Kriegs-Minister befinden sich die Sachen an den dortigen Gränzen ungefehr immer noch in dem gleichen Zustand, und anstatt daß die Feinde weiter vorgerükt seyn solten, haben vielmehr unsere Truppen Vortheile über dieselben erhalten. Als unter anderm die erstern am 21. dieses einen unsern Vorposten bey Maubeuge angreffen, fiel ein Gefecht vor, welches von 5. Uhr Morgens bis 3. Uhr Nachmittags daurte, und nach welchem endlich der Feind sich in der grösten Eilfertigkeit zurückzog. Givet und Charlemont erwarten angegriffen zu werden, auch glaubt man, es stehe Valenciennes eine Belagerung bevor; aber man ist, wie die Commissarien versichern, in Ansehung des Erfolg von beyden unbesorgt.

Paris, vom 29. April [6]

Zufolg eines Schreibens der National-Commissarien aus Valenciennes vom 24. haben die Feinde einige ihrer Vorposten zurük gezogen, und eines ihrer Lager abgeändert. Unsere Armee, sagen sie, sey mit Proviant wohl versehen und täglich kommen Rekruten bey derselben an. Es scheine nicht, als wenn die Feinde etwas vorhaben, weßwegen man sich sehr fürchten müsse. Sie selbst, die Commissarien, haben durch das vom N. Convent gegen sie abgefaste Dekret das Zutrauen des dortigen Departements verlohren, welches nicht mehr mit ihnen korrespondieren wolle. Sie verlangen deßwegen, daß ihnen das N. Convent entweder sein Zutrauen wieder schenken, oder sie in ihrer Stelle durch andere ablösen lassen soll. Ihrem Schreiben war eines vom Prinzen von Coburg an den General Lamorliere beygelegt, womit er Briefe von Beurnonville und den arrettierten Commissarien an ihre Familien begleitete, und wünscht daß man diesen HHerrn bald zu ihrer Beruhigung Nachricht von den ihrigen verschaffen möchte.

Paris, vom 6. May. [7]

-- In der Session am 3. wurden Briefe von den National-Commissarien bey der nördlichen Armee und von dem Befehlshaber derselben, General Dampierre verlesen, welche von dem am 1. dieses Monats zwischen Valenciennes und Quievrain vorgefallenen Treffen eine (von der jüngst mitgetheilten Oesterreichischen ziemlich verschiedene) Nachricht enthalten: Das Gefecht hatte zufolg diesen Briefen zur Absicht, die Communikazion zwischen Valenciennes und Conde wieder herzustellen. Der Angriff habe anfänglich einen glücklichen Erfolg gehabt; aber eine vom feindlicher Kavallerie gedeckte Batterie habe eine Colonne unserer Armee zum Weichen gebracht, indessen sey der Rückzug in guter Ordnung geschehen. Wir haben wenig Volck verlohren; hingegen habe unsere Avantgarde über 600. von den Feinden theils getödtet, theils verwundet. Nach einem zweyten Schreiben des General Dampierre aus Valenciennes vom 3. dieses besteht unser Verlust bey diesem Treffen in 300. Todten und 600. Verwundeten; die Kayserl. Armee hingegen soll 600. Todte und 1000. Verwundete gehabt haben.

Paris, vom 13. May. [8]

-- In einem Schreiben vom 9. dieses berichteten die Commissarien bey der nördlichen Armee aus Valenciennes, daß unsere Truppen am 8. Vortheile über die Oesterreichische Armee erhalten haben. Aber ein zweytes Schreiben von gleichem Datum meldet, daß dem General Dampierre, dem Nachfolger von Dümourier, bey diesem Anlaß durch eine Kanonen-Kugel der Schenkel weggeschossen, und daß derselbe bald darauf an dieser Verwundung gestorben sey. Sie, die Commissarien, haben einsweilen das Commando dem General Lamarche aufgetragen; weil er aber dasselbe, als einen für seine Kräften zu wichtigen Auftrag, nicht behalten wolle; so werde es nöthig seyn, daß das vollziehende Conseil ungesäumt einen Ober-Befehlshaber der nördlichen Armee ernenne. Wirklich ist auch dasselbe mit dieser Wahl beschäftiget. Dem gebliebenen General Dampierre hat das N. Convent, wiewohl nicht ohne Wiederspruch, die Ehre der Beysezung in dem Pantheon zuerkannt

Paris, vom 17. May. [9]

Noch wurde in eben dieser Seßion das bereits erwähnte Schreiben des General Cüstine verlesen, worinn er neuerdings und dringender als vorher seine Dimißion verlangt. Als man eben in Erwartung eines Gutachtens hierüber von dem Committe der allgemeinen Wohlfahrt zu der diesmahligen Tages-Ordnung fortschreiten wolte, so lief ein Schreiben der Commissarien aus Valenciennes vom 11. dieses ein, worinn sie unter anderm sagen: Wir erwarten mit Ungedult die Ernennung eines Generals an Dampierres Stelle. Wir stehen gegen eine Armee im Feld, d_ren Anzahl sich täglich vermehrt, und die von einer dreyfachen Reihe von Redouten gedekt ist. Die Stadt Conde, wenn man ihr nicht eiligst zu Hülfe kommt, wird nächstens den Feinden in die Hände fallen. Die Armee verlangt Cüstine zu ihrem General, und äussert seit Dampierres Tod diesen Wunsch deutlicher als jemals. -- Nach Verlesung dieses Schreibens zeigte Barrere dem N. Convent an, daß das vollziehende Conseil in Uebereinstimmung mit diesem Verlangen der Truppen wirklich den General Cüstine zum Ober-Befehlshaber der vereinigten Armeen in Norden und den Ardennes ernannt habe. Houchard soll einstweilen die Armeen am Rhein und der Mosel kommandieren, und Cüstine einen General vorschlagen, dem man das eigentliche Commando von der Rheinischen Armee übergeben könne. Das N. Convent hat hierauf diese Wahl des vollziehenden Conseils einmüthig und mit geäussertem Beyfall der Galerien bestätiget.

Paris, vom 27. May. [10]

In der Seßion am 24. wurde ein Schreiben der National-Commissarien aus Valenciennes vom 23. dieses verlesen, worinn sie berichten: Unsere Vorposten und die vordersten Schanzen des Lagers bey Famars seyen am 22. von den Feinden mit überlegener Macht angegriffen, und unsere Armee dadurch genöthiget worden, aus Besorgnis eines noch grössern Verlustes, dieses Lager zu verlassen und sich zurückzuziehen, dadurch befinde sich nun die Stadt Valenciennes in Gefahr, von den Feinden rings um eingeschlossen zu werden. -- Aber auf diese Nachricht folgte bald in der vorgestrigen Seßion eine für das N. Convent erfreulichere, in 2. Schreiben der Commissarien vom 24., aus Douay und Lille, deren lezterm ein Schreiben von dem General Lamarliere an eben diese Commissarien beygelegt war, und deren samtlicher Inhalt noch in eben dieser Seßion durch einen mündlichen Bericht des von der nördlichen Armee angekommenen General-Adjutanten, Levasseür, bestätiget wurde. Dieser theilte dem N. Convent folgende Nachricht mit: Die bey Menin kampierenden Holländischen Truppen seyen bis Busbeck, Tourcoin und Roncq vorgerükt; hierauf habe der General Lamarliere am 24. bey Tages Anbruch diese 3. Posten zugleich angreiffen lassen; die Feinde haben sich nach einer muthigen Gegenwehr überall zurük gezogen, und die genannten 3. Posten seyen ihnen weggenommen worden; 500. Mann von ihnen seyen auf dem Plaz geblieben und 300. zu Kriegs-Gefangenen gemacht worden, nebst 28. Officiers, unter denen sich 3. Staabs-Officiers befinden. Der Feind habe auf dem Schlachtfeld seine Verwundeten zurük gelassen, welche auf 20. Wagen nach Lille transportiert worden. Ausserdem haben ihm unsere Truppen 3. Kanonen, nebst seinen Munitions Wagen, Kriegs- und Mund-Vorrath und der Kriegs-Casse weggenommen. Die Feinde haben sich hinter Menin zurückgezogen; auf unserer Seite seyen einige verwundet und nur wenige getödet worden. -- Der Ueberbringer dieser Nachricht, (mit welcher, wie gesagt, das Schreiben des Generals Lamarliere übereinstim't; ausser daß es noch den Umstand beyfügt; die feindliche Cavallerie sey ganz theils geblieben theils gefangen worden) hat dem N. Convent zugleich eine Standarde überreicht, welche ein Grenadier vom 2ten Infanterie Regiment dem Feind abgenommen. Wer die Holländischen Truppen kommandiert habe, und was für Regimenter sich bey diesem aus 7. bis 8000. Mann bestehende Corps befunden, wird in allen diesen Nachrichten nicht gesagt.

Paris, vom 1 Heumonat. [11]

In der vorgestrigen Seßion wurde ein Schreibe' v. dem General Leveneür aus dem Hauptquartier zu Abancourt vom 26. des vorige' Monats verlesen, woriñ er berichtet: Die Besatzung von Valenciennes habe am 15. 16, 17 u. 18. Ausfälle auf die sie belagernde Armee gethan, von denen besonders der am 17. die Feinde viel Volk gekostet habe; und wobey denselben 18. Kanonen vernagelt und sonst unbrauchbar gemacht worden. In der Nacht vom 20. auf den 21. seyen ihnen bey einem neuen Ausfall 3. Redutten und 13. Kanonen weggenommen und sie viele Leute theils getödtet, theils verwundet worden, daß von den leztern 126. Wagen voll nach Mons transportiert wurden. Unsere Truppen seyen von den eroberten Verschanzungen und dem Posten bey Marli Meister geblieben. Die Festung Conde vertheidige sich noch immer muthig.

Paris, vom 5. Heumonat. [12]

-- In einem zweiten Schreiben vom 2ten dieses Monats berichtet der General die Truppen der R__ublik seyen am 1. zu gleicher Zeit von einer überlegenen feindlichen Macht angegriffen worden; haben sich aber theils standhaft auf ihrem Posten behauptet, theils die Feinde mit Verlust zurükgetrieben; so daß die Communikation zwischen Douai und Lille noch nicht abgeschnitten sey. Uebrigens ist das alles, was die Umstände und Vorfälle bey den Armeen an den Niederländischen Grenzen anbetrift. Weder von Valenciennes noch von Conde ist nichts neues einberichtet worden.

Paris, vom 15. Heumonat [13]

-- Ein anderes Schreiben der Commissarien im nördlichen Departement vom 11. meldet die Genehmigung der Constitution von den Primar-Versammlungen in Maubeuge, Lille, Cambray, u. s. w. nnd sagt zugleich, daß schon seit 3. Tagen die Batterien der Belagerer von Valenciennes diesen Ort nicht mehr bombardieren.

-- In eben dieser Seßion ließ das Wohlfahrts-Committe dem N. Convent anzeigen: die Armee, welche Valenciennes belagern, habe in der Meinung, daß die dortige Besazung aus Mangel an Munizion zu schiessen aufgehort habe, in der Nacht zwischen dem 5. und 6. dieses Monats einen Sturm auf diese Festung unternemmen wollen, welchen die Engelländer, Hungarschen Grenadiers und Hanoveraner ausfuhren solten. General Ferrand, der Commandant des Plazes (so schreibt der Brigadier Dupont aus dem Haupt Quartier zu Cambraj vom 10. dieses) merkte das Vorhaben der Feinde und ließ sie anruken; aber, als sie nahe genug waren, wurde mit kleinem Gewehr und Kartätschen so heftig auf sie gefeuret, daß man den feindlichen Verlust an Todten wohl auf 6000. Mann schäze. Die Belagerer, heist es, nahmen in gröster Unordnung die Flucht und wurden bis in ihr Lager verfolgt. Eine ge_prengte Mine vollendete ihre Niederlage. -- Zugleich mit dieser Nachricht erhielt das N. Convent auch eine andere, daß nemlich die Festung Conde nach einer vierthalb Monate langen Gegenwehr aus gänzlichem Mangel an Lebens-Mitteln habe kapitulieren und sich an die Feinde ergeben müssen. Ein Umstand, welcher Valenciennes immer noch grosser Gefahr ausseze, weil nun 2. feindliche Armeen gegen diese Festung sich vereinigen können.

Zeitungsnachrichten.[]

[1793]

Mons, vom 20. April. [14]

Valenciennes wird jezt mehr als jemals von den kombinirten Truppen beobachtet, so daß selbst das Liebfrauenthor nicht mehr frey ist. In diesem Augenblike wird versichert, daß die Oesterreicher oberhalb Valenciennes eine Schleusse gesprengt und dadurch den niedern Theil der Stadt bis ans erste Stockwerk unter Wasser gesezt haben. Die Lebensmittel stehen daselbst in einem ausserordentlich hohen Preise. Unsere Truppen haben einen Transport von 500. Ochsen, welcher unter Bedeckung von 2. Kanonen nach Valenciennes gebracht werden sollte, sammt diesen Kanonen vor der Stadt weggeschnappt. Es sind 180. Kanonen eingetroffen, womit die Belagerung von Valenciennes am 22. oder 23sten dieses angefangen werden soll. Auch die Stadt Maubeuge ist engest einge_chlossen. Allenthalben werden Batterien aufgeworfen, um selbige zu belagern. Stündlich erwartet man die Nachricht von der Uebergabe der Stadt u. Vestung Conde. Die Preussen und Engelländer haben sich gen Ryssel hin gezogen.

Brüssel, vom 6. May [15]

Morgens um 6. Uhr, (so lautet eine Nachricht von gestern aus dem Hauptquartier) hat ein Corps Franzosen bey Anapes unsere Vorposten angegriffen, sie bestanden aus lauter Jäger, welche wegen der Uebermacht des Feindes, dessen Stärke in 1000. Mann Cavallerie und 2000. Mann Infanterie bestand, sich auf eine kurze Strecke zurückziehen mußten, als auf einmahl eine Verstärkung von Michael Wallis und Kheul, dann Czezwiz Küraßier und Esterhazy Husaren dem Feind in die Flanke fielen, welcher aber jähling die Flucht nahm, und 2. Kanonen mit Pferden und Munitionswagen zurückließ. Man verfolgte ihn, machte nur 22. Gefangene, säbelte ihrer 30. nieder, und zerstreute die übrige gänzlich, wir verlohren 1. Lieutenant von den Jägern, und 4. Mann, wovon einer gefangen ward. Heute fieng man an auf dem Berge bey Valenciennes, welcher es gänzlich bestreicht, Laufgräben und Batterien zu errichten, wozu vorzüglich die der Gegend kundige, vom Crinzen Coburg in Dienste genommene französische ausgewanderte Ingeneur arbeiten. Bey dem heutigen Gefechte ward das Pferd des Flügel-Adjutanten von Mack erschossen, und er leicht am Fusse verwundet. Man arbeitet Tag und Nacht an Bombenfüllen, und eine Menge Menschen ist beschäftiget, Verhaue, Minen, Laufgräben, Batterien xc. zu verfertigen. Die Franzosen halten sich ganz still in ihren Vestungen, und lassen alles ruhig geschehen, die Ursache dieses Stillschweigens weißt man nicht zu entziffern.

Brüssel, vom 12. Brachmonat. [16]

In dieser kommenden Nacht wird endlich die Bombardirung von Valenciennes beginnen; sie wird eine der fürchterlichsten werden, Schreken und Verheerungen verbreiten. Die erste Salve von tausend Kanonenschüssen ist bestimmt, daß gräßliche Schauspiel zu eröffnen. Heute um Mittag erhielt Erz-Herzog Karl die Nachricht davon und reißte schon Nachmittag um 2 Ihr mit dem Baron von Brandenstein ab. Gestern hat man im Lager von Valenciennes einen französischen Spion ertappt, welcher die Rolle eines Marketenders spielte, und sich dabey wohl die Zahl und den Standort der Kanonen bemerkte. Er ward gleich der That überwiesen, und heute auf den Vorposten aufgehangen.

Ein anders, vom 15. Brachmonat. [17]

Die Laufgräben von Valenciennes sind, ohngeachtet des höllischen Feuers des Feindes, glücklich eröfnet worden. In der verwichenen Nacht haben die Kanonen und Mörser auf die Batterien gebracht werden sollen. Heute wird die Vestung vermuthlich noch einmal aufgefordert, auf eine abschlägliche Antwort aber der Anfang mit dem Bombardement sogleich gemacht werden.

Gent, vom 13. Brachmonat.

Vorgestern ist eine Abtheilung von den in Holländischem Solde stehenden Schweizerschen Grenadieren aus Sas van Gent hierdurch nach dem Lager gezogen. Es heißt, man erwarte aus dasiger Gegend noch mehrere Truppen. Es ist nun drauf und dran, daß die Belagerung von Valenciennes eröfnet werden soll. Zweyhundert und 40 schwere Kanonen grinzen ihre Feuerschlünde fürchterlich gegen diese Vestung und drohen derselben unvermeidlichen Untergang. Nur auf einen einzigen Fleck sind 48 Stücke gerichtet, die mit solchem Nachdrucke in ein und dasselbige Ziel spielen sollen, daß auch Mauern von natürlichen Felsen der Gewalt weichen und den stürmenden Oesterreichern einen Eingang in die Stadt bahnen müßten. -- Gestern in der Frühe hörte man aus der Gegend von Türcoing und Menin stark kanoniren.

Mons, vom 15. Brachmonat.

Gestern Vormittag wurde Herr Obristlieutenant Graf von Merfeldt nach Valenciennes abgeschickt, um die Vestung zur Uebergabe aufzufordern. Der Hr. Obristlieutenant wurde gar nicht in die Stadt gelassen, sondern mußte vor dem Thore drithalbe Stunde lang auf die Antwort warten, welche sowohl von der Garnison als Municipalität abschlägig erfolgte, mit dem Beyfügen, daß man sich bis auf den lezten Mann vertheidigen würde. Hierauf fieng eine links von Ansain unweit von Valencieñes angelegte Batterie von sechs 30pfündern die Stadt zu beschiessen an, wodurch in der Stadt Feuer entstand, das aber bald wieder gelöscht wurde. In kommender Nacht wird die Vestung von unserer Seite aus 2. Batterien beschossen werden; aber erst übermorgen wird alles im Stande seyn, die Belagerung ordentlich und allgemein vorzunehmen. Ausserdem wird an unsern Verschanzungen und den Vorbereitungen zur Belagerung von Maubeuge eifrig fortgearbeitet.

Niederrhein, vom 21. Brachmonat. [18]

-- Der Tagzettel aus dem Hauptquartier Herin vom 15. meldet, daß bey der Eröfnung der Trenscheen vor Valenciennes in der Nacht auf den 14. dieses die ganze erste Paralelle, ohne vom Feinde gestört zu werden, fertig geworden sey, daß der General Schröder gemeldet, daß die Franzosen am 12ten dieses Arlon wieder verlassen, und sich gänzlich aus dem Luxemburgischen nach Longwy zurück gezogen, und daß die von dem zusammen gehauenen französischen Carabinier-Regiment eroberte Leib-Standarte ins Haupt-Quartier gebracht worden sey. Ein anderer Bericht sagt: die Laufgräben vor Valenciennes sind doch noch am 13ten, Nachts um halb 12. Uhr von 4500. Miliz-Arbeiter in gröster Stille eröfnet worden. Um aufs möglichste die Aufmerksamkeit der Belagerten zu hintergehen, mußten die Lagerwachen beständig ihr Halt! Wer da? Patrouille, rufen. Die Lagerfeuer wurden vermehrt, und das Tabakrauchen und laute Reden bey schwerer Strafe untersagt. Am 14ten frühe um 3 Uhr waren die Arbeiter schon vier Schuhe in der Erde als sie entdekt wurden. Nun glaubten die Belagerten durch einen erschrecklichen Regen von Bomben, Granaten, Haubizen und Kanonenkugeln den Tag hindurch der Arbeit Einhalt zu thun. Allein das war vergebens, und sie tödteten in allem nur 7. Arbeiter, und 13. wurden verwundet. Vom 14. Nachts bis auf den 15. blieben nur 11. Mann, und 8. wurden verwundet. Am 16. solte die erste Parallel-Linie fertig werden, und ohne die zweyte abzuwarten in der Nacht, wenn es in Valenciennes 12. Uhr schlagen würde, die Beschiessung dieser Stadt aus 32. Batterien anfangen. Dieses Feuer solte aus 286. Kanonen und 94. Mörsern unterhalten werden, und 30. Kanonen beständig mit glühenden Kugeln abwechseln. Am 14. Vormittags ward die Vestung zum zweytenmal aufgefordert, und nach der wieder abschlägigen Antwort der Garnison ein kleiner Vorgeschmak von 34. Bomben, die in die Stadt geworfen wurden, gegeben. Zwey Kirchendächer fiengen sogleich zu brennen ab; der Brand wurde aber bald wieder gelöscht. Sollte es zum Sturme kommen, so haben sich bereits die Engelländer und Hannoveraner hierzu angebotten, sich aber auch verschworen, alles niederzumachen.

Dornick, vom 16 Brachmonat.

Nach Berichten aus dem K. K. Hauptquartier, hat Ferrant, Kommandant zu Valenciennes, am 13. dieses einen Trompeter an den F. M. Prinzen von Koburg gefertigt, um einen Aufschub zu erhalten; der Herr Feldmarschall soll aber geantwortet haben, seine Zeit sey bestimmt, und der Kommandant würde solches bey dem Angriffe der Stadt erfahren. Dieser Angriff soll so fürchterlich ausfallen, daß Valenciennes denselben schwerlich über 4. Tage werde aushalten können. -- Das feindliche Lager zu Casar, 3. viertel Stunde von Cambrai, rechnet man 40,000. Mann stark und eine Menge Fourage ist in demselben angekommen; sie bleibt aber auf den Wagen unabgeladen. Der Feind hat wenig Reuterey und Artillerie. Das 7te und 20ste Regiment nebst den schwarzen Husaren sind von da abgezogen. Cüstine zieht von den Regimentern 3. Mann aus jeder Kompagnie, um gesagtes Lager zu verstärken. Von der kombinirten Armee sind 30,000 Mann anderthalbe Meilen von Ryssel gelagert. So eben treffen 4. Wagen mit einigen und 40. französischen Kriegsgefangenen unter holländischer Bedeckung allhier ein.

Brüssel, vom 21. Brachmonat. [19]

Das grosse Bombardement auf die feindliche Festung Valenciennes hat nun in der Nacht vom 18, auf den 19, wirklich den schrecklichen Anfang gemacht. Das Feuer war so, daß, wenn die Stadt einen auch nur langen Widerstand thut, sie bald nichts mehr seyn wird, als ein Stein und Aschenhaufen; jedoch machte die Besazung auch von ihrer Seite ein fürchterliches Feuer auf die Belagerer. Am 19ten wagte die Besazung noch einen heftigen Ausfall, der viel Blut kostete, aber ohne Wirkung blieb. Die Arbeiten, welche Prinz Koburg zur Sicherung und Beschleunigung des Falles von Valenciennes hat machen lassen, sind bewundernswürdig. Augenzeugen versichern, nie hätten die Römer etwas kühneres unternehmen und nicht so schleunig ausführen können, als er seine Anstalten. Da der Prinz die Ueberschwemmungen besorgte, welche seine Approchen hätten zerstören können; so hat er einen Kanal von beynahe 2. Stunden graben lassen, welcher für die Schelde ein neues Bett formiert und sie von den Mauren von Valenciennes ableitet. Ferner hat der Prinz, da ihn der Zwischenraum hinderte, der die beyden Anhöhen trennt, die Gipfel von beiden zu verbinden, und er hat ihn ausgeführt. Von einem derselben bis zum andern ist eine solide und festständige Brücke von starken Balken geworfen worden, daß nun Batterien darauf errichtet sind.

Frankfurt, vom 27. Brachmonat. [20]

Am 20ten dieses bemerkte man eine starcke Bewegung der Franzosen über die Rheinbrücke nach Castel. Sogleich verdoppelten die diesseits des Rheins bestehende Deutschen ihr Feuer auf die Costheimer-Schanze und auf Castel, in welchem auch wircklich 2. Häuser zusammen geschossen wurden. -- Am 21ten wurde jenseits des Rheins, ohnweit dem heil. Kreuz, eine französische Schanze überrumpelt, 2. Kanonen erbeutet, und bey 100. Franzosen gefangen. -- Am 22ten schlugen die Deutschen in dem Mombacher-Wald ein Lager auf. Die Franzosen wollten es verhindern, wodurch ein starckes Musquetten Feuer entstand, allein sie wurden zur eiligen Flucht nach Maynz gebracht. -- Die in der Gegend von Laubenheim, Hechtsheim und dem heil. Kreuz eröffente Laufgräben sind so breit, daß 2. Wägen ungehindert neben einander hin und her paßiren können. Auch sind die Brustwehren so hoch; daß auch _in Reuter von den feindlichen Kanonen nicht getroffen werden kan. Sobald sich jemand ausser den Laufgräben sehen läßt, oder die Arbeiter oder ihre Bedeckung abgelöset werden, so verdoppeln die Franzosen ihre Canonade gegen dieselben, die dann von den Deutschen beantwortet wird. Daher entstehen meistens die starcke Canonaden. -- Ausser dem Lager bey Hochheim müssen täglich 200. Mann über den Rhein zur Schanz-Arbeit. -- Von den bereits errichteten Batterien können die Deutschen nicht nur Mainz, sondern auch die bey Zahlbach auf der Anhöhe befindliche, und von den Franzosen noch besezte Schanze erreichen. In die Gegend des Mainzer Doms und in die Schustergasse sind bereits Haubizen gefallen, und 2. Häuser dadurch zertrümmert worden. -- Es verlautet, die Franzosen hätten unterirrdische Gänge und Mienen von Costheim aus gegen die preußische Schanze bey der Ziegelhütte diesseits des Mains zu graben angefangen, und seyen bereits damit bis an die preußischen Vorposten gekommen, wo sie aber von einem wachthabenden Jäger entdeckt worden. Ein Corps Mineurs von 50. Mann, welche auch wirklich durch Hochheim gegangen, sey dahin detaschirt worden, um durch Gegenminen das Vorhaben der Franzosen zu vereiteln. -- Am 24ten führten die Franzosen viele Weiber nebst ihren Kindern, die theils keine Lebensmittel mehr hatten, oder auch die Stadt verlassen wollten sie wieder nach Castel zurückkehren, allein die Franzosen schossen auf sie und tödteten 6. Personen. Einige Weiber stürzten sich mit ihren Kindern verzweiflungsvoll in den Main. Die übrigen lagen bis gestern unterm freyen Himmel zwischen den französischen und preußischen Vorposten, wo Befehl aus Mainz kam, daß sie wieder nach Mainz zurück kommen sollten, welches dann auch geschahe. -- Gestern Morgen griffen die Franzosen die deutschen Verschanzungen bei Weisenau an, wobey es zu einem heftigen Kanonen- und Musquetenfeuer kam, und die Franzosen wieder zurückgeschlagen worden.

Mons, vom 14. Brachmon. [21]

In der Nacht vom 22ten auf den 23. war das Feuer von unsern Batterien auf die Festung Valenciennes sehr lebhaft; dagegen wurde aus derselbe sehr schwach auf unsere Truppen gefeuert. Nach der Aussage einiger Ueberläufer von der Besazung, führen die beiden Commissarien von dem Naz. Konvent das Commando in der Festung, und hatten den General Ferraud abgesezt, weil sie auf ihn einen Verdacht geworfen haben, daß er zur Uebergabe geneigt wäre. Sie fügen hinzu, daß aus Mangel der Ammunizion schwach auf die Belagernden gefeuert werde, und die Bürger, da sie sehen, daß die Monser- und U. L. Frauenstrassen durch unsere Bomben wirklich verwüstet sind, sich ergeben und einen gänzlichen Umsturz vermeiden wollen. So viel ist gewiß, daß sie auf die Kriegstalente der Kommissarien wenig Zutrauen sezen. -- Aus Conde sind auch Ueberläufer bey der Armee angekommen, welche aussagen, daß der dasige Mundvorrath kurz beygeht. Die Einwohner und Linientruppen wollen kapituliren; der Commandant aber trägt Bedenken, und die Freiwilligen sind gar nicht dazu gestim't. Diese Spaltung dörfte die Uebergabe der Festung baldigst befördern. Gestern fertigte sie eine Deputazion an den kommandierenden General, Prinzen von Würtemberg; der Beweggrund aber ist noch unbekannt.

Feldlager vor Vale_ciennes, vom 24. Brachm.

Valenciennes und Conde werden nun vermuthlich bald fallen. Wenigstens hoffet man, daß der 26ste dieses für ersteres der entscheidende Tag seyn dörfte. Die Kirchen und Thürme, dann die Gebäude, welche über die Festungswerker hervorragten, sind zum Theil nun unsichtbar und durch die hereingeschickten Bomben und feurigen Kanonenkugeln in Grund gelegt. Wie es in der Tiefe mit den Häusern und Gassen aussieht, läßt sich nicht bestimmen; man kan sich aber leicht hievon einen Begriff machen, wenn ich mit Wahrheit sage, daß bereits 8000 Bomben und 15000 Kugeln dahin gespielt worden. Heute, den 24ten, fängt das Bombardement aus der 2te Parallele an. Ob die Belagerten dasselbe eben so standhaft als das erste aushalten werden, wird sich zeigen. Auf den ersten Werkern haben sie kein Geschüz mehr; alle sind zu Grunde geschossen, und sie beschütten solche des Nachts, so viel möglich, mit lockerer Erde. Alle ihre Kanonenschüsse kommen aus den höchsten Bollwerkern. Unser Belagerungskorps besteht aus 4 Kaiserl., dann ein Englisch- und Hannöverischen Infanterie-Regimente, dann 2 Divisionen Kaiserl., einem Englischen und einem Hannöverischen Cavallerieregimente. F. M. Coburg und General Clerfait sind mit der grossen Armee gegen Ryssel vorgerückt, um den unter Commando des Generals Cüstine allenfalls ankommenden Hilfstruppen Einhalt zu thun.

Am 22ten ward von dem Kommandanten aus Valenciennes das Ansuchen gemacht, die Weiber und Kinder auswandern zu lassen, welches aber den Deputirten abgeschlagen wurde.

Quiverain, vom 27. Brachmonat. [22]

Nach der Aussage einiger französischer Deserteurs, war das gemeine Volck in Valenciennes bey dem Kommandanten Ferrand, um denselben zur Uebergabe der Vestung zu bewegen. Dieser soll ihnen geantwortet haben: Meine Freunde! ich weiß kein Mittel dazu und wenn ich wircklich eins wußte, so wäre es gefährlich, dasselbe in Vorschlag zu bringen. Diese Antwort machte ihn verdächtig, er wurde ab und ein gewisser Olivier an seine Stelle gesezt. Andere Deserteurs versichern, einer der Konvents-Commissarien, vermuthlich Cochon, sey durch die Einstürzung des Niklasthurms getödtet worden. Die Kaiserl. waren benachrichtigt worden, daß die Com'issarien des Pariser-National-Conventes täglich auf diesen Thurm giengen, wo sie unser Lage durch Seheröhre ausspäheten. Alsbald ward dieser Thurm beschossen, und schon auf den dritten Bombenwurf stand der Thurm in lichten Flammen und stürzte ganz zusammen. Das Strohmagazin, das Zeughaus, das Karmelitenkloster, worinn 3. Mahlmühlen angelegt waren, und die Feldbeckerey sind von den Flammen aufgezehrt. Das Stadthaus ist mercklich beschädigt. Die Strassen St. Gery, Delsaut, Cordon, die Monserstrasse liegen im Schutte. Ueberhaupt alle Stadtviertel führen Merckmahle der Bombardirung. In der Stadt sollen wircklich bey 1000. Menschen umgekommen seyn.

Brüssel, vom 28. Br_chmonat.

Ein dritter Theil von Valenciennes liegt schon in der Asche; der Ueberrest wird es auch bald seyn. In der vor- und gestrigen Nacht haben alle Batterien der zweyten Parallele, die aus 72. Kanonen, 40. Mörsern und 24. Haubizen bestanden, zu spielen angefangen. Die rechte Flanke des Hornwerks im Mittelpunkte der Attake ist schon ganz zerstört und kan keine Batterie mehr halten.

Brüssel, vom 1. Heumonat. [23]

Noch rollt der Donner der Verwüstung über Valenciennes, und der hartnäckige Feind will sich noch nicht zum Ziele legen; scheint seinem Worte treu bleiben zu wollen, sich unter dem Schutte des Plazes begraben zu lassen. Der Commandant Ferrant hat wenigstens dergleichen Gesinnungen in einer an die Einwohner von Valenciennes gerichteten Erklärung geäussert; er beschwört sie standhaft auszuhalten, die Sieger nur Schutt und Leichen finden zu lassen; er für sich behauptet den Plaz nie übergeben zu wollen, und verspricht den unglücklichen Bürgern, wenn sie, wie möglich wäre, gerettet würden, allein Ersaz von der ganzen Nation. Allein, dadurch muß er ja ihr endliches Schicksal verschlimmern: Die Belagerer werden eben so wenig nachgeben, und Valenciennes fällt dann endlich durch Verachtung ~~ Güte den aufgebrachten Siegern in die Hände. Am 27. verhinderte der anhaltende Regen in etwas das Feuern aus den Batterien der zweyten Parallele; desto lebhafter gieng es am 28ten fort: in kurzer Zeit flogen mehr als 400. Bomben in Valenciennes, doch zeigte sich gar kein Brand. Das erst angegriffene Hornwerk ist gänzlich zerstört, und des Morgens wurden 2. Batterien auf dem Mittelwalle des Plazes, welche den linken Flügels des Hornwerkes an der Spize des Monser Thores bestreichen, unbrauchbar gemacht. Alles, was das Feur noch nicht in der Stadt aufgezehret hat, ist doch äusserst beschädiget. So lautet ein Bericht aus dem Lager bey Raismes. Cüstine ist wircklich in Dünkirchen. Er zieht alle mögliche Truppen zusammen, und es mag wohl wie man schon lang vorsehen wollte, der Provinz Westflandern gelten, und Dümourier, der wieder hier ist, soll Willens seyn, seinen Aufenthalt in Luxemburg aufzuschlagen.

Mons, vom 1. Heumon.

Der Kanonendonner von den Batterien vor Valenciennes ist so anhaltend und so lebhaft, daß die Fenster an den hiesigen Häusern zittern, ob wir gleich 7 Stunden von gesagter Stadt entfernt sind. Ganz ohne Hoffnung eines Entsazes wird sie sich doch nun bald ergeben müssen. Cüstine klagt darüber, daß seine Armee weder disziplinirt, noch exerzirt ist. Er hat einen Brief an seine Soldaten drucken und unter sie austheilen lassen, worinn er ihnen unverhohlen sagt, daß sie den Dienst vernachlässigen; daß die Vorposten und Patrollen nicht ihre Schuldigkeit thun; daß die Gemeinen, anstatt ruhig im Lager zu bleiben, auf den benachbarten Dörfern herumziehen, um mehr Lebensmittel zu finden und sie gemächlicher als im Lager verzehren zu können. Das alles will er nun abgestellt wissen, und befiehlt, daß die Rekruten jeden Morgen um 4 Uhr ausrücken, und im Feuern, im Marschiren und Schwenken sich üben sollen. Die Preussen vermutheten bisher täglich, von ihm angegriffen zu werden; allein, mit einer Armee, wie Cüstines eigenes Zeugniß sie beschreibt, attakirt sichs wahrscheinlicher weise nicht gut. Also scheint dies noch so lange aufgeschoben zu seyn bis die Rekruten werden Schwencken und Feuern gelernt haben.

Brüssel, vom 10. Heumonat. [24]

Die Schwierigkeiten und Gefahren bey der Belagerung von Valenciennes vermehren sich in dem Maaße, je näher die Belagerer vorrücken. Die Approchen zu den Glacis der Vestung und die Vollendung der dritten Parallele sind noch nicht ganz fertig, wegen dem heftigen Artillerie und Musquetenfeuer der Belagerten. Die Nähe ihrer Werke nöthigt nunmehr die Sappirer ihre Arbeit unter dem Schuze von Schanzkörben voll Erde zu verrichten. Die Feinde beschiessen von der Brustwehre des bedeckten Weges die Arbeiten fast unaufhörlich, während die Kanonen und Mörserbatterien mit gutem Erfolg auf die Werke der Vestung spielen. Am 7ten war die 3te Parallele an mehreren Punkten nur noch etwa 20. Klafter von dem Obertheile des bedeckten Weges entfernt, und man führte bereits Batterien von Steinstücken und Mörser darin auf, die bald hernach auf den bedeckten Weg zu spielen anfiengen. Die Minierer gruben sich ein, um die allenfallsigen feindlichen Minen zu entdecken, und man machte Anstalten, die Contreescarp an mehreren Gegenden zu sprengen, um den förmlichen Angriff der bedeckten Wege vorzunehmen. In der Nacht versuchten die Feinde wieder durch einen Ausfall die Arbeiten zu stören; aber ihr Versuch war wieder vergebens. Wie man durch Deserteurs aus der Vestung vernimmt, ist die Frau des Commandanten Ferrand durch eine Bombe getödtet worden, wornach derselbe noch wüthender geworden ist. Die Einwohner sind fast alle in Kellern und unterirdischen Gängen auf einander gehäuft, und die Guillotine auf dem Marktplaze droht jedem, der von Uebergabe sprechen wollte. Nun ist noch der größte Theil der Reserve-Artillerie von Ath zu dieser blutigen Belagerung abgeführt worden.

Feldlager vor Valenciennes, vom 13. Heum. [25]

Heute ist die in Conde zu Kriegsgefangenen gemachte Französis. Besazung, worunter sich 147. Officier befanden, nebst vieler Kriegsmunizion, dann 178. Kanonen, 36. Bombenmörsern und 1300. gefüllten Bomben durch einen K. K. General, einen Major von der Artillerie und 3. Bataillons Infanterie übernommen worden. Die Kriegsgefangenen sollen theils nach Mastricht und Achen, theils nach Ruremonde gebracht werden.

Valenciennes will sich noch nicht ergeben, sondern sehen, ob Cüstine sein Wort halten werde. Er soll versprochen haben, die Kayserl. Truppen von der Festung zurückzudrängen. Es scheint aber, daß er diese Hofnung durch die in der Nacht vom 10. auf den 11ten bey Fenoi empfangene Schlappe, welche ihm 200. Todte und 187. Gefangene gekostet hat, werde fahren lassen.

Acht Tage kan es mit Valenciennes noch dauern, deñ solche Zeit wird bey uns noch zu Verfertigung der Mine, welche bereits bis unter die Palisaden der Vestung gegraben sind, erfordert werden. Heute ist ein Pulver-Magazin durch eine von unsern Bomben in die Luft gesprengt worden.

Vorgestern sind 4000. Hessen hier eingerückt, und man erwartet von den unserigen noch 11. Bataillons und 2. Kavallerie-Regimenter.

Brüssel, vom 24 Heumonat. [26]

Die Garnison von Valenciennes versuchte in der Nacht vom 20. abermals einen Ausfall, allein sie wurde zurückgeschlagen. Unser heftiges Feuer hat indessen einige ihrer Batterien zum Stillschweigen gebracht, und ihr Kriegshospital und ein Magazin von Lebensmitteln in Brand gesteckt. Den guten Erfolg der Arbeit der Kayserlichen Minirer konnte man schon am 19. sehen. Eine ihrer Pulverkammern sprengte einen Theil der Contrescarpe des angegriffenen Hornwerks, welches durch die Explosion erschütterte. Ein Theil des Glacis und des verdeckten Weges war auch ganz unterminirt, und sollte erster Tagen gesprengt werden. Alsdann erst wird man am Korps der Vestung Bresche machen können. Nach der am wenigsten übertriebenen Berechnung, wird die Bresche nicht vor dem 10. oder 12. Augstm. praktikabel seyn können.

Seit dem Anfange des Bombardements sind schon 24000 dreißig und 60 pfündige Bomben 60000 achtzehen- und 24pfündige Kanonenkugeln, und 14000 Granaden von verschiedenem Kaliber in die Vestung geworfen worden, und doch war noch kein so anhaltendes Feuer wie bey Belgrad. Jede 60 pfündige Bombe kostet den Kaiser bis sie aus dem Kessel geworfen wird, 46 fl. Deserteurs versichern, daß über 3000 Todte und Verwundete Soldaten, Bürger, Weiber und Kinder in der Stadt seyen, und daß man vor Gestank nicht mehr bleiben könne.

Am 19ten ist bey Comines zwischen einem Corps Holländer und einem Trupp feindlicher Nationalgarden ein sehr lebhaftes Gefecht vorgefallen, wobey leztere dergestalt mitgenommen wurden, daß die meisten am Ende ihre Gewehre von sich warfen, um geschwinder wegzukommen. Am 20. griff ein feindliches Truppenkorps, das aus dem Lager bey Douay gekommen war, die preußischen Vorposten oberhalb Orchies mit solchem Ungestüm an, daß es anfänglich durch seine Uebermacht einige derselben zum Rückzuge nöthigte. Dreist nach diesem Erfolge, wollte der Feind seine Vortheile weiter treiben, ward aber, da verschiedene Corps Infanterie und Cavallerie herbeygeeilt waren, nun auch so nachdrücklich angefallen, daß er mit Verlust mehrerer Leute die Flucht ergreifen mußte. -- Der Truppen-Cordon der Alliirten, welcher Ostflandern deckt, scheint sich zusammen ziehen zu wollen, um einige Städte in Französisch-Flandern anzugreifen. Die Feinde haben deshalb ihre Läger bey Cassel und Dünkirchen verstärckt.

Herin, vom 24 Heumonat.

Heute sind 41 Tage, daß die Trenscheen vor Valenciennes eröfnet wurden, und während dieser Zeit besteht unser ganzer Verlust in 500 Todten, und 1500 Verwundeten. Der Aufwand von Munition ist sehr beträchtlich, und die Zufuhr zur Belagerungs-Armee erstaunlich. Wir zeigen den Feinde' den grösten Ernst, gleichwohl scheinen sie entschlossen zu seyn, es auf das äusserste ankommen zu lassen. Die Stadt selbst ist von grossem Umfange, alle Häuser von Stein, wohl verwahrt, und überall Wasser genug vorhanden, um jeden entstehenden Brand sogleich zu löschen. Ein Theil des Glacis soll durch Minen in den verdeckten Weg gesprengt, und dann Bresche-Batterien angelegt werden: Heute Abend oder Morgen frühe soll die erste gesprengt werden. -- Gestern unternahm der Feldmarschall von Coburg eine grosse Recognoscirung, und kam bis auf einen Kanonenschuß weit vom feindlichen Lager. Bey dieser Gelegenheit entstanden zwischen der unsrigen und der feindlichen Cavallerie einige Attaquen wobey auf beyden Seiten Todte und Verwundete blieben. Der Feind wurde in sein Lager zurück gejagt, und und einige Mann gefangen genohmen. -- Bey Marchiennes war gestern ebenfalls ein Gefecht, wobey die Franzosen über 200 Todte verlohren, und von dem Obristen v. Karaczay gegen 20 Mann gefangen eingebracht wurden. -- Die Uebergab von Valenciennes dürft sich sicher noch 14 Tage verziehen.

Brüssel, vom 7 Heumonat. [27]

Am 24ten thaten die Feinde aus Valenciennes einen Ausfall sie wurden aber mit einem sehr beträchtlichen Verluste zurückgeschlagen, und am 25ten die Compressions-Globen unter dem bedeckten Wege, und unter einem Theile des grossen Hornwerks fertig wurden, was um halb 10 Uhr Abends der bedeckte Weg förmlich angegriffen. Die Contrescarpe ward durch 3 jener Globen an verschiedenen Orten auf 20 Klafter in der Distanz, unter einem erschrecklichen Geprassel gesprengt, und die Truppen-Kolonnen der Belagerer drangen, ungeachtet des höllischen feindlichen Feuers, über die Ruinen der Contrescarpe in den Graben, und nahm so den bedeckten Weg und die Lunette zugleich ein. Das Musquetenfeuer dauerte nicht lange, aber war ausserordentlich heftig. Dieser erste Erfolg belebte die Sieger mit neuem Muthe, und sie stürzten mit einer beyspiellosen Unerschrokenheit nun auf das Hornwerk los, und eroberten es nach einem kurzen, aber sehr blutigen Gefechte. Der Feind ward gänzlich daraus vertrieben, und ließ alle seine Kanonen im Stich, deren 14. vernagelt in die Gräben geworfen wurden. Der feindliche Verlust ist beträchtlich und sind von ihm 2. Hauptleute und 30. Mann gefangen. Das Odonellische Freykorps hat die Redoute von St. Rochus eingenommen, die Besazung theils niedergemacht, theils gefangen und 3. Kanonen vernagelt.

Schreiben aus Herin, vom 26. Heumonat.

Gestern ist unsere Mine gegen den feindlichen bedeckten Weg welche 45. Centner Pulver enthielte, mit der besten Wirkung gesprengt worden. Unmittelbar darauf wurde der bedeckte Weg gestürmet, und in 5. Minuten von den Engelländern weggenommen, während die östreichis. Truppen eine Lünette und das Ravelin wegnahmen, worauf General Gray mit Odonel Frey-Korps über das Wasser schwamm und die ganz im Wasser liegende Redoute St. Roche wegnahm.

Dem Feind wurden auf dem grossen Hornwerck 13. Kanonen vernagelt, und überall, besonders von den Engelländern kein Pardon gegeben. Der Verlust des Feindes ist über 550. Mann. Der unsrige über 150 Todte und Verwundete. Unsere Truppen sind nun in der Contrescarpe des Hornwerks logirt.

Frankfu_t, vom 1 Augstmonat

Gestern Mittag gieng der Graf von Dietrichstein als Kourier hierdurch nach Wien, wohin er die wichtige Nachricht überbringt, daß Valenciennes am 28ten Julii. durch Capitulation in die Hände der Deutschen gefallen sey. Die dasige Besazung mußte ohne alle militairische Ehrenzeichen ausziehen.

Niederrhein, vom 1. Augstmon. [28]

Nachdem die Kaiserlichen und Englischen Truppen in der Nacht zum 26ten den bedeckten Weg und das Hornwerk nebst der vorliegenden Flesche mit Sturm eingenohmen hatten, ließ der commandirende General der Belagerungsarmee, Herzog von York, den Vestungscommandanten zum leztenmale zur Uebergabe auffordern. Die feindliche Besazung war durch die kurz vorher bewiesene Tapferkeit der Alliirten so in Schreken gesezt worden, daß sich Ferrand bewogen fand, ein Frist von 24 Stunden zur Bedenkzeit zu verlangen. Diese ward ihm bewilligt, und alle Feindseligkeiten wurden gegenseitig eingestellt. Nach Ablauf von 22 Stunden erbot sich Ferrand zur Uebergabe, und man kam durch Capitulation überein, daß die Garnison als Kriegsgefangene angesehen werden, am 1ten August mit allen Kriegsehren ausziehen, am Glacis das Gewehr strecken, und alsdann die Freiheit haben solle, sich wieder nach Frankreich zu begeben, unter dem Bedinge jedoch, daß sämmtliche Officiers und Gemeine sich verbindlich machen sollten, so lange der gegenwärtige Krieg dauren würde, nicht mehr gegen die alliirten Mächte zu dienen. Diese Capitulation ward am 28ten Abends um 5 Uhr von beyden Seiten unterzeichnet.

Aus den Niederlanden, vom 5. Augstmonat. [29]

Der Oberbefehlshaber der Belagerungsarmee, Herzog von York, hat den Abzug der Franzosen aus Valenciennes mit Waffen und fliegenden Fahnen, und mit einem 4. oder 8pfündigen Feldstücke nebst einem Munitionswagen für jedes Bataillon, anfangs abgeschlagen, auch keine verdeckte Wägen ausziehen lassen wollen, und die gegenseitige Beybehaltung der Deserteurs in ihren Corps verweigert, worauf aber der feindliche Commandant Ferrand sowohl, als auch auf den freyen Abzug der Convents-Commissarien Cochon und Jean-de-Brie mit ihren Secretairen, unter der Bedeutung bestanden, dass im widrigen Falle die Garnison ihre rühmliche Laufbahn auf der Bresche der Vestung zu endigen entschlossen sey. Die Ablieferung von 3. Geiseln ist gegenseitig geschehen, und solten diese nach völliger Ausführung der Capitulation wieder ausgeliefert werden. Am 1 August um 11. Uhr Morgens sind die alliirten Truppen in die Vestung ein, und die feindliche Garnison, an deren Spize Ferrand und die Conventscommissarien waren, ausgezogen. An der Ebene von Famars, wo vormals Dampierres Grabmal, nun aber ein Trophee von den Fahnen der vereinigten Mächte mit einer weissen Fahne oben drauf, errichtet worden war, legte die Garnison ihre Waffen nieder, und zog weiter, wohin sie wollte. Eine düstere Stille herrschte während des Einzuges der Alliirten in Valenciennes; blos einige Damen auf dem Marktplaze klatschten eine Weile in die Hände. Man fand an die Hälfte der Stadt in einem Ruinenhaufen verwandelt; ganze Strassen waren öde, und der gröste Theil der Einwohner verdorben. Kein Kauf- und Handelsmann und niemand hatte mehr Gold noch Silber, sondern blos Aßignate, so, dass wenn diese ausser Cours gesezt werden sollte, der Ruin total werden müßte. Dagegen fand man eine sehr beträchtliche Menge Artillerie, und unermeßliche Magazine von Kriegsmunitionen. Die Garnison solte von den Walloneregimentern, wie zu Conde, formirt werden, die in diesem Feldzuge besonders viel gelitten haben. Man traf nun Anstalten, alles auf den alten Fuß wieder herzustellen. Zu Conde ist die Geistlichkeit wieder völlig eingesezt, und das Capital solte daselbst am 4. August seine erste Messe feyern. -- Nach allen Bewegungen der Alliirten, die sich stark auf Dornick, Ypern und Menin gezogen haben, ist es sehr wahrscheinlich, dass Lille nun angegriffen werden wird. Auch haben die Feinde das Lager von Magdalene bereits aufgehoben, und eine starke Garnison in die Vestung gelegt. Eine Colonne der Artillerie ist auf Flandern, eine andere gegen Maubeuge gezogen. Quesnoy ist enge eingeschlossen. Auch Dünkirchen wird mehr und mehr, sowohl von der Land- als Seeseite bedrohet. Am 31ten Jul. haben die Feinde von Comines aus wieder die Oestreichischen und Holländischen Vorposten angegriffen, sind aber derbe zurükgewiesen worden. Das Lager von Cäsar bey Cambrai soll auch schon von ihnen geräumt, und sie sich hinter die Vestung zurükgezogen haben.

Valenciennes, vom 2. Augstmonat. [30]

Kaum war gestern Morgen um 9 Uhr die Französische ungefähr 7000 Mann starke Garnison ausgezogen, und die Kaiserlichen unter Commando des Generalmajors Baron von Lilien eingerückt, als jene Kaiserl. Königl. Verordnung welche in Conde abgekündiget ward, auch hier bekannt gemacht wurde, dieser zufolge ward vorerst unser Magistrat vom Jahre 1789, der Sr. Majestät dem Kaiser den Eid der Treue schwur, wieder eingesezt, und alles vernichtet, was die letzte republikanische Verwaltung angeordnet hatte.

Dornick, vom 4. Augstmonat.

Gestern ward in dem Hauptquartier bey Valenciennes ein grosser Kriegsrath gehalten, davon aber der Ausschlag noch nicht bekannt ist. Inzwischen sagt man, das K. K. Lager werde nach der Gegend von Cambrai, das englische hingegen nach Dünkirchen aufbrechen. Es bestätigt sich, dass die Franzosen, da sie fürchteten, in dem Cäsarlager angegriffen zu werden, sich bis hinter Cambrai zurückgezogen haben und die Vorposten der Clerfaitschen Armee schon vor dieser Stadt stehen. Quesnoy, Maubeuge und Bouchain sind wircklich eingeschlossen. -- Man giebt die Zahl der in Valenciennes ganz zerstörten Häuser auf 900. an; die übrigen sind alle mehr oder weniger beschädiget. Man rechnet, dass an die 3000. Bürger während der Belagerung umgekommen sind. Die Zahl der vorgefundenen Kanonen wird noch nicht angegeben. An Pulver sollen 3000. Centner vorräthig gewesen seyn.

Frankfurt, vom 15. Augstmonat. [31]

In Valenciennes hat man unter andern 367586. Pf. gesalzenes Rindfleisch, 16000. Pf. Speck, 86068. Pf. Bohnen, vielen Brandwein, 343000 Liv. in baarem Gelde, und 1. Million 37.~00. Liv. in Assignaten, und 180. Kanonen gefunden.

Von dem Nationalkonvent.[]

[1793]

April.[]

Paris, vom 12. April. [32]

-- In einem zweiten Schreiben vom 8. melden eben diese Commissarien: die Oesterreicher haben den Waaffenstillstand wieder gebrochen, und das Lager von Maulde, wo kürzlich noch Dümourier mit seiner Armee sich befand, in Besiz genommen. Coburg und Clairfait stehen ziemlich weit von einander entfernt. Der erstere scheine gegen Lille oder gegen des Cüstine Armee anrüken zu wollen. In Valenciennes stehe es so gut, als es an einem Ort möglich sey, wo so viele zerstreute Corps und Bataillons ankommen, von denen die meisten alles ihr Feldgeräth verlohren haben.

Paris, vom 15. April. [33]

Am 12. erhielt das N. Convent ein Schreiben von seinen Commissarien aus Valenciennes vom 9. dieses, worinn sie melden: Die Sachen befinden sich ungefehr noch immer in dem gleichen Zustand. Die Feinde zeigen sich von Zeit zu Zeit jenseits Conde; sie haben einige Haubizenschüsse gegen diesen Ort gethan, die aber denselben nicht erreichten. Man glaube, die Absicht dieser Kanonade sey blos ihren Marsch anders wohin zu verbergen; u. s. w. Zugleich übersendeten sie dem N. C. ein ihnen durch einen Oesterreichischen Trompeter überbrachtes Paket geöfneter Briefe, von denen sie vermuthen, daß sie bey den vom Dümourier arrettierten Commissarien gefunden worden seyen.

Indessen, ehe dieses geschah, wurde in der Seßion am 13. ein Schreiben der Commissarien aus Valenciennes vom 12. verlesen, worinn sie berichten: der Feind liege noch immer vor Conde; der Communikazion mit Valenciennes, wie auch mit Quesnoy sey unterbrochen; zwey Trompeter haben dem General Dampierre die Addresse des Prinzen von Coburg an die Franzosen und ein Memoire von Dümourier gedruckt überbracht. -- Dieser leztere Umstand veranlaßte ein Dekret, nach welchem jeder General mit dem Tod bestraft werden soll, der sich mit dem Feind in Traktaten einläßt, ehe derselbe die Souveränität des Volcks und der Republick anerkannt hat. Zugleich wurde auch dekretiert: "Das N. Convent wolle sich nicht in die Angelegenheiten auswärtiger Regierungen mischen; aber eher werde Franckreich unter seinen eigenen Ruinen sich begraben, als irrgend einen Traktat unterzeichnen, der nicht die Anerkennung der Republick und der Souveränität des Volcks zur Grundlage habe."

Paris, vom 19. April. [34]

Die Commissarien berichten aus Valenciennes vom 12. dieses: Die Vorposten unserer dortigen Armee seyen angegriffen und zum Weichen gebracht worden, weil ihnen der Feind an Anzahl überlegen und mit guter Artillerie versehen war.

Paris, vom 22. April. [35]

Die Commissarien in Valenciennes haben in ihrem Schreiben vom 16. berichtet: Conde sey noch immer eingeschlossen; Maubeuge sey aufgefordert worden, wolle sich aber vertheidigen; am 15. seyen die Feinde in einem Gefecht zurük getrieben worden, und es dörfte nächstens, vielleicht am folgenden Tag, zu einem wichtigen Treffen kommen.

Paris, vom 26. April. [36]

Nach den Berichten der Commissarien in Valenciennes an das N. Convent, und des General Dampierre an den Kriegs-Minister befinden sich die Sachen an den dortigen Gränzen ungefehr immer noch in dem gleichen Zustand, und anstatt daß die Feinde weiter vorgerükt seyn solten, haben vielmehr unsere Truppen Vortheile über dieselben erhalten. Als unter anderm die erstern am 21. dieses einen unsern Vorposten bey Maubeuge angreffen, fiel ein Gefecht vor, welches von 5. Uhr Morgens bis 3. Uhr Nachmittags daurte, und nach welchem endlich der Feind sich in der grösten Eilfertigkeit zurückzog. Givet und Charlemont erwarten angegriffen zu werden, auch glaubt man, es stehe Valenciennes eine Belagerung bevor; aber man ist, wie die Commissarien versichern, in Ansehung des Erfolg von beyden unbesorgt.

Paris, vom 29. April [37]

Zufolg eines Schreibens der National-Commissarien aus Valenciennes vom 24. haben die Feinde einige ihrer Vorposten zurük gezogen, und eines ihrer Lager abgeändert. Unsere Armee, sagen sie, sey mit Proviant wohl versehen und täglich kommen Rekruten bey derselben an. Es scheine nicht, als wenn die Feinde etwas vorhaben, weßwegen man sich sehr fürchten müsse. Sie selbst, die Commissarien, haben durch das vom N. Convent gegen sie abgefaste Dekret das Zutrauen des dortigen Departements verlohren, welches nicht mehr mit ihnen korrespondieren wolle. Sie verlangen deßwegen, daß ihnen das N. Convent entweder sein Zutrauen wieder schenken, oder sie in ihrer Stelle durch andere ablösen lassen soll. Ihrem Schreiben war eines vom Prinzen von Coburg an den General Lamorliere beygelegt, womit er Briefe von Beurnonville und den arrettierten Commissarien an ihre Familien begleitete, und wünscht daß man diesen HHerrn bald zu ihrer Beruhigung Nachricht von den ihrigen verschaffen möchte.

Mai.[]

Paris, vom 6. May. [38]

-- In der Session am 3. wurden Briefe von den National-Commissarien bey der nördlichen Armee und von dem Befehlshaber derselben, General Dampierre verlesen, welche von dem am 1. dieses Monats zwischen Valenciennes und Quievrain vorgefallenen Treffen eine (von der jüngst mitgetheilten Oesterreichischen ziemlich verschiedene) Nachricht enthalten: Das Gefecht hatte zufolg diesen Briefen zur Absicht, die Communikazion zwischen Valenciennes und Conde wieder herzustellen. Der Angriff habe anfänglich einen glücklichen Erfolg gehabt; aber eine vom feindlicher Kavallerie gedeckte Batterie habe eine Colonne unserer Armee zum Weichen gebracht, indessen sey der Rückzug in guter Ordnung geschehen. Wir haben wenig Volck verlohren; hingegen habe unsere Avantgarde über 600. von den Feinden theils getödtet, theils verwundet. Nach einem zweyten Schreiben des General Dampierre aus Valenciennes vom 3. dieses besteht unser Verlust bey diesem Treffen in 300. Todten und 600. Verwundeten; die Kayserl. Armee hingegen soll 600. Todte und 1000. Verwundete gehabt haben.

Paris, vom 13. May. [39]

-- In einem Schreiben vom 9. dieses berichteten die Commissarien bey der nördlichen Armee aus Valenciennes, daß unsere Truppen am 8. Vortheile über die Oesterreichische Armee erhalten haben. Aber ein zweytes Schreiben von gleichem Datum meldet, daß dem General Dampierre, dem Nachfolger von Dümourier, bey diesem Anlaß durch eine Kanonen-Kugel der Schenkel weggeschossen, und daß derselbe bald darauf an dieser Verwundung gestorben sey. Sie, die Commissarien, haben einsweilen das Commando dem General Lamarche aufgetragen; weil er aber dasselbe, als einen für seine Kräften zu wichtigen Auftrag, nicht behalten wolle; so werde es nöthig seyn, daß das vollziehende Conseil ungesäumt einen Ober-Befehlshaber der nördlichen Armee ernenne. Wirklich ist auch dasselbe mit dieser Wahl beschäftiget. Dem gebliebenen General Dampierre hat das N. Convent, wiewohl nicht ohne Wiederspruch, die Ehre der Beysezung in dem Pantheon zuerkannt

Paris, vom 27. May. [40]

In der Seßion am 24. wurde ein Schreiben der National-Commissarien aus Valenciennes vom 23. dieses verlesen, worinn sie berichten: Unsere Vorposten und die vordersten Schanzen des Lagers bey Famars seyen am 22. von den Feinden mit überlegener Macht angegriffen, und unsere Armee dadurch genöthiget worden, aus Besorgnis eines noch grössern Verlustes, dieses Lager zu verlassen und sich zurückzuziehen, dadurch befinde sich nun die Stadt Valenciennes in Gefahr, von den Feinden rings um eingeschlossen zu werden. -- Aber auf diese Nachricht folgte bald in der vorgestrigen Seßion eine für das N. Convent erfreulichere, in 2. Schreiben der Commissarien vom 24., aus Douay und Lille, deren lezterm ein Schreiben von dem General Lamarliere an eben diese Commissarien beygelegt war, und deren samtlicher Inhalt noch in eben dieser Seßion durch einen mündlichen Bericht des von der nördlichen Armee angekommenen General-Adjutanten, Levasseür, bestätiget wurde. Dieser theilte dem N. Convent folgende Nachricht mit: Die bey Menin kampierenden Holländischen Truppen seyen bis Busbeck, Tourcoin und Roncq vorgerükt; hierauf habe der General Lamarliere am 24. bey Tages Anbruch diese 3. Posten zugleich angreiffen lassen; die Feinde haben sich nach einer muthigen Gegenwehr überall zurük gezogen, und die genannten 3. Posten seyen ihnen weggenommen worden; 500. Mann von ihnen seyen auf dem Plaz geblieben und 300. zu Kriegs-Gefangenen gemacht worden, nebst 28. Officiers, unter denen sich 3. Staabs-Officiers befinden. Der Feind habe auf dem Schlachtfeld seine Verwundeten zurük gelassen, welche auf 20. Wagen nach Lille transportiert worden. Ausserdem haben ihm unsere Truppen 3. Kanonen, nebst seinen Munitions Wagen, Kriegs- und Mund-Vorrath und der Kriegs-Casse weggenommen. Die Feinde haben sich hinter Menin zurückgezogen; auf unserer Seite seyen einige verwundet und nur wenige getödet worden. -- Der Ueberbringer dieser Nachricht, (mit welcher, wie gesagt, das Schreiben des Generals Lamarliere übereinstim't; ausser daß es noch den Umstand beyfügt; die feindliche Cavallerie sey ganz theils geblieben theils gefangen worden) hat dem N. Convent zugleich eine Standarde überreicht, welche ein Grenadier vom 2ten Infanterie Regiment dem Feind abgenommen. Wer die Holländischen Truppen kommandiert habe, und was für Regimenter sich bey diesem aus 7. bis 8000. Mann bestehende Corps befunden, wird in allen diesen Nachrichten nicht gesagt.

Juni.[]

Paris, vom 1 Heumonat. [41]

In der vorgestrigen Seßion wurde ein Schreibe' v. dem General Leveneür aus dem Hauptquartier zu Abancourt vom 26. des vorige' Monats verlesen, woriñ er berichtet: Die Besatzung von Valenciennes habe am 15. 16, 17 u. 18. Ausfälle auf die sie belagernde Armee gethan, von denen besonders der am 17. die Feinde viel Volk gekostet habe; und wobey denselben 18. Kanonen vernagelt und sonst unbrauchbar gemacht worden. In der Nacht vom 20. auf den 21. seyen ihnen bey einem neuen Ausfall 3. Redutten und 13. Kanonen weggenommen und sie viele Leute theils getödtet, theils verwundet worden, daß von den leztern 126. Wagen voll nach Mons transportiert wurden. Unsere Truppen seyen von den eroberten Verschanzungen und dem Posten bey Marli Meister geblieben. Die Festung Conde vertheidige sich noch immer muthig.

Juli.[]




Quellen.[]

  1. Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
  2. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 24. April, 1793. Num. 33.
  3. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 27. April, 1793. Num. 34.
  4. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 1. May, 1793. Num. 35.
  5. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 4. May, 1793. Num. 36.
  6. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 8. May, 1793. Num. 37.
  7. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 15. May, 1793. Num. 39.
  8. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 22. May, 1793. Num. 41.
  9. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 25. May, 1793. Num. 42.
  10. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 5. Brachmonat, 1793. Num. 45.
  11. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 10. Heumonat, 1793. Num. 55.
  12. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 13. Heumonat, 1793. Num. 56.
  13. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 24. Heumonat, 1793. Num. 59.
  14. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 4. May, 1793. Num. 36.
  15. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 18. May, 1793. Num. 40.
  16. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 22. Brachmonat, 1793. Num. 50.
  17. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 26. Brachmonat, 1793. Num. 51.
  18. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 29. Brachmonat, 1793. Num. 52.
  19. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 3. Heumonat, 1793. Num. 53.
  20. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 3. Heumonat, 1793. Num. 53.
  21. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 6. Heumonat, 1793. Num. 54.
  22. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 10. Heumonat, 1793. Num. 55.
  23. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 13. Heumonat, 1793. Num. 56.
  24. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 20. Heumonat, 1793. Num. 58.
  25. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 27. Heumonat, 1793. Num. 60.
  26. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 3. Augstmonat, 1793. Num. 62.
  27. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 7. Augstmonat, 1793. Num. 63.
  28. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 10. Augstmonat, 1793. Num. 64.
  29. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 14. Augstmonat, 1793. Num. 65.
  30. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 17. Augstmonat, 1793. Num. 66.
  31. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 21. Augstmonat, 1793. Num. 67.
  32. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 20. April, 1793. Num. 32.
  33. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 24. April, 1793. Num. 33.
  34. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 27. April, 1793. Num. 34.
  35. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 1. May, 1793. Num. 35.
  36. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 4. May, 1793. Num. 36.
  37. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 8. May, 1793. Num. 37.
  38. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 15. May, 1793. Num. 39.
  39. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 22. May, 1793. Num. 41.
  40. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 5. Brachmonat, 1793. Num. 45.
  41. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 10. Heumonat, 1793. Num. 55.
  • Tagbuch der Belagerung und Bombardirung der französischen Festung Valenciennes, durch die Kaiserlichen, Königlichen, Königlichen Englischen, und Chur-Hannöverschen Truppen, im Monat Junius und Julius, des Jahres 1793. den Kaiserlichen Königlichen Herren Artillerie-Officiers gewidmet von Freyherrn L. von Unterberger xc. General-Major, und Kommandanten der Kaiserlichen Königlichen Belagerungs-Artillerie. Verlegt, bey Johannes Walch.
  • Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1793. Herausgegeben von einer Gesellschaft von Gelehrten. Hamburg, auf den Post-Aemtern und in der Hoffmannschen Buchhandlung 1793.
  • Minerva. Ein Journal historischen und politischen Inhalts. Herausgegeben von J. W. v. Archenholz. vormals Hauptmann in Königl. Preußischen Diensten. 1806. Im Verlage des Herausgebers und in Commission bey B. G. Hoffmann in Hamburg.
  • Politische Annalen herausgegeben von Christoph Girtanner. Berlin. Bey Johann Friedrich Unger. 1793.
  • Chronologisches Register der fränkischen Revolution, von Eröffnung der ersten Versammlung der Notablen, bis zur Einführung der Consular-Regierung, 22. Febr. 1787 - 15. Dec. 1799. Von D. E. L. Posselt. Bedeutend vermehrt und fortgesetzt von Karl Jochmus, Königlich-Preußischem Geheimen Sekretär. Tübingen, in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. 1808.