Bestürmung der Festung Oczakow.[]
Der siebenzehnte December 1788.
Der Fürst Potemkin fieng am 18ten Junius des Jahrs 1788 an, die Festung Oczakow am schwarzen Meer zu belagern. Viele blutige Angriffe waren vergebens geschehen und man mußte endlich die Belagerung in eine Blockade verwandeln. Hunger, Kälte und Unmuth der Armee brachten nun den Feldherrn dahin, am heutigen Tag einen Sturm zu wagen, der über alle Erwartung vortheilhaft für die Russen ausfiel. Freylich war das Gemetzel schrecklich, denn sieben bis achttausend Türken und über viertausend Russen blieben auf dem Platz. Ein Pulverthurm, der in die Luft flog und über tausend Menschen zerschmetterte, beförderte den Sieg der Stürmenden. Die Türken hatten mit ausserordentlichem Muth gefochten und dadurch die Russen in eine solche Wuth gebracht, daß sie auch der Fliehenden und solcher, die sich in Keller und Gewölbe versteckten, nicht mehr schonten. Die ganze Stadt war mit Leichen bedeckt, die in Strömen von Blut schwamen. Hiezu kam eine fürchterliche Kälte, die jedem auch nur leichte Verwundeten das Leben raubte, nichts zu gedenken von dem Gewinsel und Geschrey, das in tausend Stimmen zum Himmel drang. Der türkische Passa Hassan wurde gefangen vor dem Fürsten Potemkin geführt. Dieser macht ihm Vorwürfe und warf alle Schuld auf ihn, daß so viele Schlachtopfer gefallen seyen; allein der Türke antwortete: "Verschone mich mit Vorwürfen. Ich that meine Schuldigkeit, wie du die Deinige. Das Schicksal hat über uns entschieden."
Quellen und Literatur.[]
- Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.