Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Erstürmung des verschanzten Lagers bei Landrecy.[]

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Der 20. April 1794.

Um die Belagerung Landrecy's beginnen zu können, mussten früher, die am linker Sambreufer liegende Vorstadt, und die Anhöhen dieses Ufers, welche die jenseits liegende Festung beherrschen, genommen werden. Dieser Anhöhen hatten sich die Franzosen durch ein verschanztes Lager versichert dessen Fronte durch dicht mit Geschütz besetzte Werker, Wolfsgruben und Pfähle, die beiden Seiten aber durch die Uiberschwemmungen der Sambre unzugänglich gemacht waren. Kaiser Franz, der Hohe Zeuge dieser Belagerung, befahl das Lager zu stürmen, und begeisterte durch seine Gegenwart die Truppen zu den glänzendsten Waffenthaten. Dem Erbprinzen von Oranien wurde die Ausführung übertragen. Unter ihm befehligten die Generäle Latour, Kolowrat und Baillet die 3 Angriffs-Colonnen. Brigadechef Rouland vertheidigte Festung und Lager mit 7000 Mann. Der Angriff begann auf beiden Flügeln durch die Colonnen unter Baillet's und Kolowrat's Anführung. Als F. M. L. Latour des glücklichen Vordringens auf diesen Punkten versichert war, liess er, nachdem früher seine aufgefahrene Artillerie die Fronte des Lagers wirksam beschossen hatte, seine Abtheilung stürmen. Uiberall war der Widerstand hartnäckig. Hartnäckiger war die Tapferkeit der stürmenden Kaiserlichen und Holländer, welche alle Hindernisse überwand. Nach einem Verluste von mehr als 2000 Mann floh der Feind in die Festung. Er wurde von dem erlittenen Schlage so betäubt, dass er die sogleich angefangenen ersten Belagerungsarbeiten gar nicht störte. Die Sieger hatten 47 Offiziere, und 927 Mann eingebüsst.


Sieg bey Landrecy.[]

SceneKaiserFranzLandrecies

Fr: O! helft doch! - rettet, rettet!

Den 26. April 1794.

Der Feldzug von 1794 wurde in den Niederlanden von den Oesterreichern, Engländern, Holländern und Hannoveranern in Verbindung eröffnet. Der Anfang war glänzend für die Allirten. Unter den Augen des Kaisers, der zur Aufmunterung der Truppen selbst im Lager angekommen war, unternahm der Prinz von Koburg am 17. April einen Angriff auf die Franzosen bey Chateau Cambresis, und schlug sie glücklich in die Flucht. An demselben Tage wurde die Belagerung von Landrecy eröffnet. Die Verbundenen siegten zum zweyten Mahle in eben derselben Gegend, in Gegenwart des Kaisers, und vier Tage darauf mußte sich Landrecy ergeben.


Die Vestung Landrecies ergiebt sich den Alliirten.[]

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Der dreyßigste April 1794.

Nachdem die Franzosen von den Engländern, Holländern und Oesterreichern am 18. April bey Cateau-Cambresis geschlagen waren, wurde Landrecies durch einen Heerhaufen unter dem Prinzen von Oranien berennt. In der Nacht vom 20. auf den 21. April wurden die Laufgräben eröffnet und sogleich fieng das Bombardement an. Die Franzosen, die in einzelnen kleinen Gefechten durch den General Alvinzi bereits viele Leute verloren hatten, wollten nun einen Hauptschlag wagen und griefen die Oesterreicher von Cambrai bis Avesne auf vier Kolonnen an; allein sie wurden auf allen Punkten geschlagen, verloren über 5000 Mann und 50 Kanonen. Nun dauerte die Beschießung von Landrecies unaufhörlich mit gröster Heftigkeit fort und am heutigen Tag ergab es sich. Die Besatzung von 4718 Mann unter dem General Roullant ward kriegsgefangen, 117 Kanonen fielen den Siegern in die Hände, deren leichte Truppen schon bis Peronne in der Piccardie streiften Von hier aus bis Paris hatten sie keine Vestung mehr, sondern nur die schönste lachendste Ebene vor sich. Aber damals hatte die Stunde für die Eroberung der Hauptstadt Frankreich noch nicht geschlagen, sondern war dem Jahr 1814 erst vorbehalten.


Zeitungsnachrichten.[]

Lüttich vom 21 April.

Die braven Oesterreicher und ihre Verbündeten in den Niederlanden fliegen von Sieg zu Siege. Merkwürdig war der 17te Tag dieses Monaths, wo Franzens Helden unsern Feinden die Schwere ihrer Arme hart fühlen ließen; noch merkwürdiger aber der 18te, als an welchem sie den vollkommensten Sieg errangen. An diesem Tage wurde das verschanzte Lager von Landrecy mit einem solchen Muthe und mit solcher Entschlossenheit angegriffen, daß die Franzosen völlig in Unordnung geriethen; und sich gezwungen sahen, bis über Guise und Cambrai zu flüchten. Sie ließen 4000 Todte auf dem Platze, und 30 Kanonen nebst einer Menge Munizionswagen und 1 Fahne wurden den Siegern zur Beute. Dreihundert Franzosen geriethen in die Gefangenschaft. Hierauf wurde Landrecy von allen Seiten eingesperret und sogleich mit der Belagerung dieses Platzes angefangen. Indessen bedauern wir auch 500 der Unsrigen, denen das Schicksal des Krieges bei dieser glorreichen Schlacht den Heldentod zuzog. Se. Maj., der Kaiser, waren bei allen Unternehmungen gegenwärtig, und Ihr Anblick stahlte den Muth der wackern Kriegsleute. Herr Oberleutnant v. Peininger vom Regimente Brechainville sprengte heute um 6 Uhr frühe durch hiesige Stadt, um der Kaiserinn diese frohe Bothschaft nach Wien zu überbringen.


Briefe.[]

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Von einem Holländischen Officier. Aus Landrecy.

Landrecy, diese zwar nicht sehr große, aber sehr starke, und wichtige Festung hat sich nun auch unsern siegreichen Waffen ergeben müssen. Am 29 April ward die Stadt von dem Erbprinzen von Oranien zum zweytenmale aufgefordert, und als eine verneinende Antwort von dem Commandanten derselben erfolgte, so wurde am selbigen Abend das Bombardement auf die Stadt mit aller Heftigkeit wieder erneuert, und der Rest der Stadt in einen Steinhaufen verwandelt. Am 30 April, frühmorgens, schickte der Commandant einen Trompeter an den Erbprinzen, und erbot sich, zu capituliren. Der Commandant begehrte verschiedenes; aber alles ward abgeschlagen. Er mußte sich mit der ganzen Garnison zu Gefangenen ergeben. Um 11 Uhr des Morgens war die Capitulation zu Stande gebracht. Um 3 Uhr rückten unsre mit den Oesterreichern vereinigten Truppen bis an die Pallisaden der Stadt vor, ließen durch die Zimmerleute das so genannte Valencienner-Thor eröfnen, und die ruinirte Brücke, so gut als möglich herstellen. Gegen 6 Uhr kam der Erbprinz und der General Latour an gedachtem Thore an, ließen sogleich durch ein Detaschement vom Regiment, Teutschmeister, das Thor besetzen, und als die Brücke restituirt war, wurde die Stadt selbst von der braven Holländischen Schweizergarde in Besitz genommen. Gegen 8 Uhr zog die Französische, noch über 6000 Mann starke Besatzung aus der Stadt, und streckte vor dem Thore das Gewehr; worauf solche sogleich unter einer starken Bedeckung noch Mons transportirt wurde. Die Besatzung bestand noch aus der besten Mannschaft die ich bey den Franzosen gesehen habe. Es waren viele Linien-Truppen dabey, besonders 2 ganze Bataillons Teutsche. Es war ein schrecklicher Anblick. Alle Kirchen, Magazine, Häuser, mit einem Worte, alles ist ruinirt: in den Häusern, auf den Straßen, in den Graben, allenthalben lagen todte Körper von Menschen und Vieh, und halblebende Menschen unter den Todten. Mütter lagen mit ihren Kindern, halbverbrannt, unter den Steinhaufen. Bey alle dem haben die Werke selbst doch nicht sehr viel gelitten, so daß die Festung sich noch etwas hätte halten können. Man rechnet, daß über 60 brauchbare Kanonen auf den Wällen erbeutet worden sind. Die gesamte Anzahl der Kanonen, Mörser und Haubitzen beläuft sich auf 150 Stück. Die Franzosen haben, nach ihrer eigenen Aussage, während der Belagerung an 1700 Mann verloren. Den Alliirten hat die Belagerung selbst nicht so viel gekostet, als die Attaquen gekostet haben, da sie die Franzosen aus ihren Verschanzungen bey Preux au Bois vertreiben mußten.

Es war am ersten Ostertage mit Tages Anbruch, als der General Latour die dort verschanzten Franzosen angreifen ließ. Eine kleine halbe Stunde über diesem Dorfe liegt ein Wald, durch welchen die Landstraße nach Landrecy gehet, wo die Franzosen alles mit Batterien und Verhauen verschanzt hatten. Demungeachtet attaquirten die Oesterreicher. Schon hatten diese viel Volk verloren, und noch war der Sieg zweifelhaft, als die Holländer anrückten. Die Schweizergarde, und das Regiment Hessen-Darmstadt griffen die Batterien der Franzosen, vereinigt mit den Oesterreichern, an. Mit einer unbeschreiblichen Muth stürmten sie, den Degen in der Faust, auf selbige los, und bemeisterten sich auch derselben, ungeachtet einer verzweifelten Gegenwehr. Zuletzt geschah kein Schuß mehr, sondern die Soldaten waren so wüthend an einander, daß sie sich in den eroberten Batterien bey den Haaren herumzogen, und todtschlugen. Die Franzosen wurden nun in einem Tage auf ihren Verschanzungen bey Preux au Bois heraus, und bis an die Pallisaden der Festung Landrecy geschlagen. Die Holländer haben sich an diesem Tage ruhmvoll gehalten; und besonders haben die beyden genannten Regimenter sehr viel zu den Siege beygetragen. Beyde Regimenter haben auch viel gelitten. Die Schweizer-Garde hatte gegen 200 Todte und Bleßirte, und das Regiment Darmstadt, über die Hälfte verloren.

Auch während der Belagerung haben sich die Holländer sehr ausgezeichnet; und zwischen ihnen und den Oesterreichern herrscht die beste Harmonie. Von den Kaiserlichen haben die beyden Regimenter, Teutschmeister und Kinsky, sowohl bey der Attaque als bey der Belagerung vorzüglich brav gethan, aber auch am meisten verloren. Aber auch dem Commandanten der Festung muß man es zum Ruhme nachsagen, daß er sowohl bey den verschiedenen Attaquen und Ausfällen, als bey der Belagerung sich als wahrer Soldat betragen, und brav gehalten hat. Jeden Schritt machte er den Alliirten streitig, aber diese überwanden alle Schwierigkeiten, und allen Widerstand. -- -- -- .


Quellen.[]

  1. Historischer Militair-Almanach des 16. 17. 18. und 19. Jahrhunderts. Mit besonderer Hinsicht auf das letztere, und den oesterreichischen Kaiserstaat. Mit 15 Portraits, für Freunde der neueren und neuesten Kriegsgeschichte von Johann Ritter von Rittersberg. Prag bei C. W. Enders 1825.
  2. Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
  3. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1794.
  • Denkwürdigkeiten aus der Geschichte der österreichischen Monarchie. Auf jedem Tag des Jahrs gesammelt. Von G. A. Griesinger. Wien. Bey J. V. Degen, Buchdrucker und Buchhändler. 1804.
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