Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Kurze Beschreibung der Belagerung von Danzig.[]

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Nach dem Französischen des Brigadegenerals Kirgener.

Man eröffnete die Trancheen vor dem Hagelsberge in der Nacht vom 1. bis zum 2. April. Die erste Parallele lag ungefähr 300 Toisen von den Pallisaden.

In der Nacht vom 2. April griff man eine feindliche, auf dem linken Ufer der Weichsel vor dem Olivaer Thore gelegene Redoute an, und fing zwei Zickzacks zur rechten der Parallele an.

Den 3ten nahm der Feind die Redoute, welche man ihm den Tag zuvor abgenommen hatte, wieder ein. Verschiedene Umstände verhinderten es, sie von neuem anzugreifen, daher konnte der Belagerte sie völlig verpallisadiren.

Die folgende Tage verlängerte man die erste Parallele auf dem linken Flügel, um sich mehr auszudehnen, und um einige Höhen zu umgeben, die sich zu Batterien eigneten. Man fuhr auch in den Laufgräben gegen die zweite Parallele fort. Man baute auch einige Redouten und andere Contravallationswerke, welche die Schwäche der Belagerungs-Armee nöthig machte.

Den 9ten eröffnete man die Trancheen vor dem Bischoffsberge, und die erste Parallele war auf die Art dirigirt, um die Festung in der Entfernung der zweiten Parallele auf ihrer linken Flanke enger einzuschließen.

In der Nacht vom 10ten machte man die Dispositionen, um eine Contre-Approsche, welche der Feind gegen unsern linken Flügel bildete, anzugreifen und zu demoliren. Um 10 Uhr eroberte man das Ravelin, welches uns von dem Werke trennte; eine Compagnie Grenadiere stürzte sich auf die Wache, welche sich überfallen ließ. Um 1 Uhr des Morgens wurde der Feind, welcher in sein Werk wiedergekommen war, zum zweitenmale daraus vertrieben.

In der Nacht vom 11ten fing man mit der zweiten Parallele an. Der Feind setzte sich wieder in die Contre-Approsche, von der unsere Trancheen noch zu weit entfernt waren, um sich darin behaupten zu können.

In der Nacht vom 12ten griff man von neuem die Contre-Approsche an, und logirte sich darin ein, indem man den linken Flügel der zweiten Parallele verlängerte. Der Bataillons-Chef vom Geniecorps Rogniat dirigirte diese verschiedenen Attaken unter den Befehlen des Generals Puthod.

Den 13ten um 3 Uhr Morgens griff der Feind die zweite Parallele an, und warf die Wachen; das Gefecht war eins der lebhaftesten. Der Marschall Lefebre eilte selbst an der Spitze eines Bataillons vom 44. Regiment herbei, und stürzte sich zuerst mit dem Degen in der Faust auf die ausfallenden Truppen, welche über den Haufen geworfen wurden. Er war vom Divisions-General Michaud und von den Brigadegeneralen Puthod und Dufour begleitet.

In der Nacht vom 14ten zerstörte man ein zweites Werk von Contre-Approsche, welches noch in der Mitte der zweiten Parallele war. Diese Operation führte Thomas, Sergeant der Sappeurs, mit vieler Klugheit aus.

Den 15ten machte man verschiedene Werke links von der zweiten Parallele, um sie zu unterstützen, und sich daselbst gegen das Flankenfeuer zu schützen, welches der Belagerte vielleicht hätte aufbewahren können. -- Auf der Insel, welche unterhalb der Stadt durch die Weichsel und durch einen Canal, welcher von der Mündung der Motlau bis zum Fort Weichselmünde geht, gebildet wird, occupirte man die Spitze des Canals stromabwärts durch zwei tüchtige Werke, vermittelst derer alle Gemeinschaft mit der Stadt und dem Meere abgeschnitten wurde. -- Sabatier, Bataillons-Chef vom Geniecorps, dirigirte diese Arbeiten mit glücklichem Erfolg.

Den 16ten setzte man die Arbeit der zweiten Parallele fort, und näherte sich zur Linken derselben gegen die dritte.

In demselben Tage versuchte der Belagerte einen doppelten Ausfall, von der Festung und von Weichselmünde aus, gegen die Werke auf der Insel, die die Nacht zuvor angefangen worden waren. Das Gefecht dauerte den ganzen Tag; der General Schramm warf den Feind mit vielem Ruhm. -- Der Bataillonschef vom Geniecorps Lesecq, und der Capitän der Sappeurs Queru zeichneten sich aus.

Den 17ten umgab man die Anhöhe (plateau) vor der Linken Parallele. Eine Sappe, welche ihre Richtung gegen die niedern Theile der Stadt nahm, verband diesen halben Waffenplatz mit der zweiten Parallele.

Gegen 5 Uhr Abends hatte ein bewaffnetes Fahrzeug die Verwegenheit, in die Weichsel zu gehen und unsern Arbeiten gegenüber anzulegen; das Feuer der leichten Artillerie und das der Besatzung der Redouten, welche Lesecq, Bataillonschef vom Geniecorps, kühn an das Ufer der Weichsel brachte, zwang das Fahrzeug, sich zurückzuziehen.

Man legte alsdann eine neue Redoute auf dem linken Ufer des Flusses an, um zu bewirken, daß sich das Feuer dieser Redoute mit dem Feuer von der auf dem rechten Ufer an der Spitze des Canals gelegenen Redoute kreuzen möchte. Der Bataillonschef vom Geniecorps der kaiserlichen Garde Boissonet dirigirte diese Arbeit.

In der Nacht vom 18 machte der Feind von seinem bedeckten Wege ein sehr lebhaftes Feuer auf den halben Waffenplatz, aus dem man, wie er glaubte, debouchiren würde. Man täuschte ihn, indem man von der Linken der zweiten Parallele drei Zickzacks, dem Bastion auf der rechten Seite des Hagelsberges gegenüber poussirte.

Den 19ten zwang das schlechte Wetter zur Unterbrechung der Arbeiten.

Der 20ste wurde dazu angewendet, den Schnee aus den Trancheen zu schaffen.

Den 21sten bereitete man die Eröffnung der dritten Parallele, durch einen zweiten halben Waffenplatz, welcher rechts vor der zweiten Parallele lag. Man umgab auch eine Anhöhe, welche vor der Batterie von Stolzenberg lag. Der Feind schoß viel. Diese Arbeit brachte uns 50 Toisen weit vom Bischoffsberg. Da dieß nur der Scheinangriff war, so begnügte man sich auf dieser Seite mit diesen letzten Arbeiten.

In der Nacht vom 22sten poussirte man nach der Linken des halben Waffenplatzes vom rechten Flügel vier Zickzacks, um sich der dritte Parallele zu nähern. Das heftige Feuer des Feindes warf die Schanzkörbe, so wie man sie setzte, um. Der Mond schien so hell, wie die Sonne am Mittage.

Den 23sten stürzte das feindliche Kanonenfeuer das Vordertheil der Sappe ein; verschiedene Sappeurs, welche sie dirigirten, wurden getödtet oder verwundet. -- In der Nacht machte der Feind einen kleinen Ausfall, welcher die Arbeiter störte.

Den 24sten des Morgens um 1 Uhr fing die Artillerie aus Haubitzen und Mörser an zu schießen; um 3 Uhr spielten alle Batterien. Der Feind antwortete lebhaft, allein er wurde bald die große Wirkung gewahr, welche unsere Artillerie, die der Artilleriegeneral Lariboissiere geschickt dirigirte, hervorbrachte.

In der Nacht dehnte man sich um 95 Toisen weit aus, wodurch man der Festung wo Toisen näher kam. Da die Belagerten gegen 11 Uhr diese Arbeit merkten, so machten sie ein heftiges Musketenfeuer, welches nur am Tage aufhörte.

In der Nacht vom 25sten rückte man durch eine außerordentliche Arbeit vom halben Waffenplatz des linken Flügels bis auf 35 Toisen von den Pallisaden vor. Man fing die zweite Parallele an (on a fait amorces sur la troisième parallèle.) Der Feind machte einen Ausfall, welcher unsere Arbeiter verjagte; man brachte sie doch ungeachtet des sehr heftigen Kartätschen- und Musketenfeuers zur Arbeit. Thomas, Sergeant der Sappeurs, wurde bei Wiedersammlung der Arbeiter gefährlich verwundet.

In der Nacht vom 26sten setzte man die Arbeit der dritten Parallele fort, und poussirte acht Communications-Boyaux nach dem rechten Flügel, um sich daselbst zu vereinigen.

Gegen 11 Uhr machte der Feind mit 400 bis 500 Grenadiere, die von einer beträchtlichen Anzahl Arbeitern begleitet waren, einen Ausfall; die Unsrigen zogen sich zurück, um die Waffen zu ergreifen. Die französischen Compagnien, die von dem Tranchee-Major Rogniat dahin gestellt waren, sprangen mit gefälltem Bajonnet aus den Trancheen und warfen den Feind. Die Sappeurs zeichneten sich aus. Vernon, Sergeant-Major von den Sappeurs der 1sten Compagnie des 2ten Bataillons, erhielt, nachdem er einen preußischen Officier, der ihn aufforderte, sich zu ergeben, getödtet hatte, drei Bajonnetstiche. Geoffroy, Sergeant in der 4te Compagnie des 4ten Bataillons, wurde gefährlich verwundet. -- Die Preußen verlangten einen Waffenstillstand von 2 Stunden, um ihre Todten zu begraben.

In der Nacht vom 27sten wagte der Feind einen geringen Ausfall, welcher aber auf der Stelle geworfen wurde. Das Feuer der Belagerten, welches nachzulassen schien, wurde wieder heftig, weil sie alles, was sie nur konnten, auf dem Angriffspunkte zu Batterien machten.

In der Nacht vom 28sten waren alle Arbeiter wie gewöhnlich beschäftigt, als der Feind gegen 11 Uhr mit ungefähr 2000 Mann einen Ausfall machte; was sich auf unserer Linken zeigte, wurde von den französischen Truppen, die von Trancheemajor Rogniat angeführt wurden, geworfen; der ungestüme Muth einer Voltigeurcompagnie brachte dieselben bis an die Pallisaden. Der Feind machte von seinem bedeckten Wege ein sehr heftiges Feuer, und schickte seine Reserve, welche er in ein Ravelin am Fuße des Glacis versteckt gehalten hatte, vor den rechten Flügel unserer dritten Parallele. Die Unordnung, welche unter den Arbeitern überhand genommen hatte, erlaubte dem Feinde in dem noch unvollendeten Theil unserer Trancheen vorzudringen; er wurde aber bald durch die guten Anstalten des Generals Menard, welcher in den Trancheen war, in seine Festung zurückgejagt. -- Breune, Lieutenant vom Geniecorps, ein Corporal und zwei Sappeurs wurden gefangen.

Den 29sten verlängerte man die dritte Parallele auf dem rechten und linken Flügel, und endigte die Communicationsgänge.

In der Nacht vom 30sten griff man den zirkelförmigen Theil auf dem ausspringenden Winkel des halben Mondes des Hagelsberges an; diese Arbeit ging sehr langsam von Statten. Der feind hörte nicht auf, ein sehr heftiges Feuer aus dem kleinen Gewehr zu machen, und das Terrain durch eine große Menge Feuerkugeln zu erleuchten.

Den 1. Mai setzte man die Sappe gegen den halben Mond fort, allein sie avancirte nur mit vieler Mühe und Gefahr.

Den 2ten erfuhr die Sappe noch viele Unannehmlichkeiten; die Kanonenkugeln des Feindes stürzten die Schanzkörbe, so wie man sie setzte, um.

In der Nacht wurden die beiden Teten der Sappe des zirkelförmigen Theils auf dem ausspringenden Winkel des halben Mondes vereinigt, und man brachte auf dem linken Ende der dritten Parallele eine Sappe an, um zu versuchen, den ausspringenden Winkel des bedeckten Weges, dem Bastion gegenüber, zu gewinnen.

Den 3ten beunruhigte der Feind die Sappenarbeit weniger, welche daher mit mehrerem Erfolg vorwärts gehen konnte, sowohl gegen das Bastion als gegen den halben Mond, wo man eine Sappe eröffnet hatte. -- Beisaubert, Capitän der 9ten Compagnie des 5ten Bataillons der Sappeurs, wurde getödtet; dieß war ein braver und sehr kluger Officier.

Den 4ten am Tage bemerkte der Feind die in der Nacht gemachten Fortschritte in unsern Arbeiten, und machte daher ein sehr lebhaftes Artilleriefeuer, welches noch einmal die Sappenarbeit aufhielt. Die Nacht wurde dazu angewendet, die am Tage geschehenen Verwüstungen in den Arbeiten wiederherzustellen.

Den 5ten verlängerte man die Sappe, welche gegen den ausspringenden Winkel des Bastions und des halben Mondes gerichtet war.

Den 6ten versuchte man die Sappenarbeiten, welche die feindlichen Batterien bisher gezwungen hatten zu unterbrechen, fortzusetzen. In der Nacht näherte man sich dem ausspringenden Winkel des halben Mondes bis auf 6 Toisen; der Feind warf aus der Festung viele Steine, Bomben und Leuchtkugeln.

Der Marschall Lefebre hielt es für dienlich, die zwischen der Weichsel und dem Canal gelegene Insel wegzunehmen. Er ließ daher gegen 2 Uhr des Morgens auf dem rechten Ufer angreifen, zu derselben Zeit, als der General Drouet auf dem linken Ufer die kleine Redoute, welche schon in dem Laufe der Belagerung genommen und wiedergenommen war, angreifen ließ, der Feind wurde überfallen. Aimé, Adjutant-Commandant, dirigirte den Angriff auf die Insel. -- Man baute in der Folge Verschanzungen, und bedrohte die feindlichen Werke gegen die Festung. Man schlug auch eine Schiffbrücke über den Canal und über den Fluß. Fauvi, Capitän und Aide-de-Camp des Generals Kirgener, wurde bei der Redoute des linken Ufers verwundet. Jacquemart, Mineur in der 8ten Compagnie, hieb unter dem feindlichen Kartätschenfeuer den Pfahl ab, an welchem das Seil der Fähre befestigt war, durch welche der Feind Gemeinschaft mit der Insel bekam; er versuchte lange Zeit die Kette zu durchfeilen, ob man ihn gleich sicher treffen konnte. Einige Mann vom Geniecorps wurden verwundet.

Die Eroberung der Insel und der kleinen Redoute auf dem linken Ufer verschaffte uns die größten Vortheile, besonders war der Vortheil zu achten, daß man von hinten neue Batterien gegen die Angriffsseite richten konnte, und daß man keiner Traversen bei jedem Schritte bedurfte, um unsere Trancheen in der Flanke und zuweilen auch im Rücken zu decken.

In der Nacht vom 7ten krönte man den bedeckten Weg an dem ausspringenden Winkel des halben Mondes

Den 8ten setzte man die Arbeit der Krönung des bedeckten Weges fort; man erreichte auch durch die andere Sappe den ausspringenden Winkel des Bastions, das man angriff.

Den 9ten beschäftigte man sich, nachdem der Marschall Lefebre die Ingenieurgenerals benachrichtigt hatte, daß er den andern Tag den Hagelsberg wolle stürmen lassen, mit allem, was hiezu nöthig war, und bereitete zu diesem Zweck Debouschées in den bedeckten Weg. In der Nacht gelangte man in den bedeckten Weg. Zwei Detachements Sappeurs, unterstützt von einem Piket Infanterie, recognoscirten die Blockhäuser der Waffenplätze; man schoß bald aus diesen Blockhäusern sehr lebhaft auf sie, und da die Kanoniere auf den Wällen Nachricht davon bekamen, so schossen sie mit Feuer- und Kartätschenkugeln. Die Sergeanten Gorius und Schwartz, welche die beiden Sappeurdetachements commandirten, waren beide verwundet, dem letztern war der Schenkel weggenommen. Boyer, Sergeant bei den Mineurs, sprang des Hagelsberges. Diese Operation, welche man immer für eine der gefährlichsten einer Belagerung hält, gelang völlig durch das gute Betragen der Linientruppen und der des Geniecorps, welche mit der größten Standhaftigkeit fochten, durch die klugen Anstalten der Generale und des Bataillonschefs Rogniat von den Ingenieurs, der Trancheemajor war, und durch die Sorgfalt und Tapferkeit des Obersten Lacoste, Aide-de Camp Sr. Majestät und Commandant der Attake, und des Capitäns Blanc, Chefs der Geniebrigade.

Die Herren Beaulieu und Barthelemy, Officiere bei dem Geniecorps, wurden gefährlich verwundet. Man entdeckte an dem ausspringenden Winkel des halben Mondes einen Minenbrunnen; Choppot, Sergeant der Sappeurs, stieg ganz allein hinunter, und machte die 12 Mineurs der Preußen, welche an den Gallerien arbeiteten, zu Gefangenen.

einer der ersten in den bedeckten Weg, und überzeugte sich, daß der Feind noch keine Minen an dem ausspringenden Bastionswinkel angebracht habe.

Den 10ten beschloß der Marschall, da die Recognoscirung der Blockhäuser während der Nacht bewiesen hatte, daß die Schanzen der Waffenplätze noch besetzt wären, den gegebenen Befehl zum Sturm noch aufzuschieben.

Die Verlängerung der Sappe auf dem bedeckten Wege gegen die rechte Face des halben Mondes konnte nicht viel Fortschritte machen, weil der Feind nicht allein durch Kanonenschüsse die Schanzkörbe der Sappe über den Haufen warf, sondern auch durch seine Bomben und Haubitzen die vorher gemachte Arbeit zerstörte. Collet, Capitän von den Ingenieurs, wurde leicht verwundet.

Den 11ten war man nicht im Stande, an der Verlängerung der Sappe des Centrums zu arbeiten; der Feind warf so viel Bomben und Granaten dahin, daß wenigstens 6 Toisen von der Tete angefüllt wurden; allein die Krönung des angegriffenen Bastions ging etwas von Statten.

Den 12ten brachte man die Descenten in den bedeckten Weg an (on a amorcé les descentes dans le chemin couvert) und die Sappen der Krönung vereinigten sich. Der Sergeant Choppot wurde durch eine Sappe an dem Kopf verwundet.

Den 13ten machte der Feind den ganzen Tag hindurch ein sehr heftiges Musketen-, Bomben-, und Granatenfeuer, welches an der Fortsetzung der Sappen hinderte.

Um 5 Uhr wurde der Ingenieur-Capitän Paporet, Aide-de-Camp des Generals Bertrand, getödtet. Dieser Officier wurde allgemein in der Armee, und besonders von seinen Cameraden bedauert. In der Nacht debouschirte man bis an den auswärts gehenden Winkel des einwärts gehenden Waffenplatzes; die Sappe wurde bis auf 3 Fuß von den Pallisaden gebracht.

Den 14ten setzte man die Sappe fort, welche in den bedeckten Weg der Face des halben Bastions, welches rechts lag, debouschiren sollte (on a continué la sape qui devait déboucher dans le chemin couvert de la face du demi-bastion de droite); man poussirte auch ein Boyau nach dem Umriß der Höhe, um daselbst Leute zu placiren, die das einzige Stück unterstützen sollten, welches man der Flanke gegenüber, welche die Passage des Grabens vertheidigte, anbringen konnte. -- Das Terrain war ganz zum Vortheil des Belagerten; auch gelangte die französische Artillerie nur durch Standhaftigkeit und unerhörte Anstrengungen dahin, eine Haubitze in diese enge, und von den Kanonen des Bastions bestrichene Logement placiren zu können.

Den 15ten fing man eine Mine gegen das Blockhaus des rechts einwärts gehenden Waffenplatzes an. In der Nacht machte man verschiedene Eingänge in den bedeckten Weg des halben Mondes und des halben Bastions zur Rechten.

Den 16ten gegen Abend ließ man die Mine springen; sie war mit 400 Pfund Pulver geladen. Das Blockhaus wurde sehr beschädigt; allein die Wirkung erfüllte nicht das, was man davon wünschte. Man krönte den Minentrichter. -- Der Ingenieurcapitän Migneron, der bei der Grenadierdivision war, wurde getödtet. Der General Oudinot wollte seinem Leichenbegängnisse mit seinem ganzen Generalstabe beiwohnen; dieß ist für den Verstorbenen der größte Lobspruch.

Man machte den Mineur wieder an dem Grunde des Minentrichters fest, um bis an den Fuß des Blockhauses zu kommen, in der Absicht, dasselbe zu verbrennen.

Den 17ten setzte man die an dem Minentrichter unternommene Arbeit fort. Der Ingenieurlieutenant Tholozé wurde dabei getödtet. Dieser junge Mensch, dessen Vater und Bruder im Dienste des Staats gestorben waren, war ganz seiner ehrwürdigen Familie werth.

Der Feind machte um 7 Uhr Abends einen kleinen Ausfall von seinen Gräben aus auf die Krönung des Minentrichters, und auf die Haubitze, welche gegen den aufspringenden Bastionswinkel gerichtet war; er vernagelte sie. Die Truppe, welche so eben erst in die Trancheen gekommen war, befand sich zum erstenmale darin, und noch gar nicht daran gewöhnt, allein sie sammelte sich bald und schlug den Ausfall tapfer ab. Der Sappeur Revingliame tödtete zwei Preußen, welche die Haubitze vernagelten, und nöthigte die drei andern sich zurückzuziehen.

Den 18ten kam man an den Fuß des Blockhauses, welches der Feind noch besetzt hielt, und von wo aus er die Gegend bestrich; man legte daselbst Theerfaschinen an. Man machte zu gleicher Zeit eine gedeckte Debouschirung in den bedeckten Weg, welcher, da er keine Traversen hatte, auch keine Gelegenheit darbot, sich zu defiliren. In der Nacht warfen sich der Corporal Gaucia, drei Sappeurs und sechs Infanteristen in den Graben des halben Mondes, um sich durch die Pikets und Sturmpfähle, welche ihn vertheidigten, einen Weg zu bahnen. Diese Operation wurde ungeachtet des beständigen Kartätschenfeuers ausgeführt. Man warf auch eine Bombe in den Brunnen der alten feindlichen Mine, um diese einzustürzen.

Den 19ten fingen unsere Mineurs von neuem die Gallerien gegen die Mitte der Face des angegriffenen Bastions an, um zu versuchen, die Böschung des Grabens, welche, ob sie gleich von Erde, doch sehr steil war, zu einer Tiefe von 27 Fuß zu bringen, (pour essayer d'adoucir le talus du fossé qui s'est trouvé, quoi-qu'enterre, tiès roide, à une profondeur de 27 pieds.) Man fing auch eine Descente in dem Graben desselben Bastions von der rechten Seite an, und versuchte die Pallisaden der Face dieses Bastions, so wie die des halben Mondes durch Faschinen und Pulvertonnen zu verbrennen; die Wirkung entsprach aber nicht den Erwartungen, die man hegte.

Gegen 5 Uhr Nachmittags wurde eine englische Corvette von 24 Kanonen, die mit Pulver und Kugeln beladen war, und sich bemühte, Danzig mit Kriegsmunition zu versehen, durch das Feuer der an die Ufer des Flusses herbeieilenden Infanterie gezwungen, die Segel zu streichen.

Den 20sten machte man eine Passage über den Graben, und ein Logement an dem Rande der Contrescarpe zur Unterstützung dieser Passage; alsdann konnte man 60 Pallisaden ausreißen, welches eine Oeffnung von ungefähr 90 bis 100 Fuß gab. Der Feind hatte diese Arbeit sehr beunruhigt; er richtete sein ganzes Feuer dahin.

Gegen 4 Uhr gelang es dem Feinde, sein Feuer gegen das Epaulement der Descente und der Passage des Grabens zu richten (vers le quatre heures, l'ennemi a rêussi à mettre le feu à l'épaulement de la descente et du passage du fossé). Drei Stücke, die in die Flanke des halben Bastions, welches links lag, placirt wurden, schossen unaufhörlich auf dieses Feuer; man gelangte endlich dahin, es zum Schweigen zu bringen (on est parvenu cependant à l'éteindre). Die Belagerten machten mit vieler Entschlossenheit einen neuen Ausfall; die Garden stutzten Anfangs ein wenig, vereinigten sich doch bald mit den Mineurs und Sappeurs gegen den Feind, aber dieser behauptete sich ziemlich lange in unsern Logements der Contrescarpe, um seinen Arbeitern Zeit zur Zerstörung eines Theils des 24pfündigen Werkes zu verschaffen. Der größte Theil der Mineurs und Sappeurs vertheidigte mit den Kanoniers die Haubitze in dem Logement auf dem Glacis. Der Sappeur Alanor wehrte sich tapfer, um die Preußen an die Debouschirung und die Vernagelung des Stücks zu verhindern, (pour empêcher les Prussiens de déboucher et d'enclouer la pièce). Durch die Uebermacht zum Rückzug gezwungen, durchbohrte er mit dem Bajonnet zwei Mann, welche ihn gefangen nehmen wollten. Dreißig Mann vom 12ten leichten Infanterieregiment, die an ihrer Spitze einen braven Officier von den Voltigeurs hatten, sprangen über die Brustwehr weg, verjagten den Feind und machten den Rest zu Gefangenen. Der Capitän Percher von der 1sten Compagnie des 2ten Sappeurbataillons und der Lieutenant Brulé von der 8ten Compagnie des 4ten Bataillons wurden bei dieser Gelegenheit getödtet. Diese braven Officiere waren die letzten Opfer dieses blutigen Kampfes.

In der Nacht stellte man die Verwüstungen, die der Feind in unsern Logements, Descenten und Grabenpassagen angerichtet hatte, wieder her.

Den 21sten setzte man dieselben Arbeiten fort, und machte Anstalten zum Sturm. Einen Augenblick vor der bestimmten Stunde bot sich Vallé, Soldat im 12ten leichten Infanterieregiment, welcher schon Pallisaden in dem Graben ausgerissen hatte, an, drei starke Stücken holz, welche durch Seile an die äußere Böschung der Escarpe befestigt waren, und die die Angriffscolonnen zurückwerfen (renverser) konnten, loszumachen; er führte dieses Wagestück aus, und wurde in dem Augenblick, als er wieder kam, von einer Kugel getroffen. -- Da der Sturm, welchen man auf den Hagelsberg thun mußte, nur nach Abbrechung der eröffneten Unterhandlungen Statt haben konnte, so setzte man in der Nacht die Arbeiten des Grabens bis um 3 Uhr Morgens fort, wo der Befehl mit Aufhörung der Arbeit ankam.

Den 22sten und 23sten fiel nichts neues vor.

Den 24sten wurden die Capitulationsbedingungen, welche in Ausübung gebracht werden sollten, wenn bis zum 26sten Mittags die Garnison nicht entsetzt würde, durch den General der Cavallerie, Grafen von Kalkreuth, Gouverneur von Danzig, und den [[Divisionsgeneral Drouet]], Chef des Generalstabs des Marschalls Lefebre, unterzeichnet.

Den 25sten nichts neues.

Den 26sten Mittags wurden der Hagelsberg, die Thore Oliva und Neugarten den französischen Truppen überliefert.

Den 27sten marschirte um 9 Uhr Morgens die Garnison mit allen kriegerischen Ehren aus, um über die Nehrung bis an die Vorposten der preußischen Armee gebracht zu werden. Sie verpflichtete sich, während Jahr und Tag nicht wider Frankreich und seine Alliirten zu dienen. Die Truppen Sr. Majestät des Kaisers der Franzosen und seiner Alliirten rückten zu derselben Zeit in die Festung ein.

Den 28sten räumten die Feinde in großer Eil das Lager von Neufahrwasser und das Fort Weichselmünde, welche nach unserm Eintritt in die Stadt zur Uebergabe aufgefordert wurden.

Man hätte in dieser Erzählung gern alle Züge von Tapferkeit erwähnt, welche die verschiedenen Waffen verherrlichten, aber außerdem, daß man davon keine hinlänglichen Nachrichten hatte, mußte man sich hier bloß auf das beschränken, was in besonderer Beziehung mit dem Geniecorps stand. Doch kann man nicht umhin, von einem Capitän, Tardivella von der Nordlegion, zu reden, welcher sich von dem Anfange der Belagerung an mit seiner Compagnie in ein Haus an dem Ufer der Weichsel, an dem untern Theile des Baches Schnellmühle, warf, und in diesem Posten standhaft unter dem Kartätschenfeuer von 5 Kanonen, die in der Insel, 50 Toisen weit von ihm, placirt waren, aushielt. Diese Handlung schien der ganzen Armee so ausgezeichnet, daß man den Posten, wo sie geschah, nur unter dem Namen des Tardivellschen Hauses erwähnte. Der Feind wurde nun müde, so fruchtlos gegen dieses Haus zu schießen, und unsere Anlagen auf dem linken Ufer der Weichsel wurden weniger gehindert. Diesem braven Officier wurde in einem der letzten Gefechte auf der Insel der rechte Arm zerschmettert.

Der Kaiser Napoleon hielt seinen Einzug in die Festung Danzig den 3. Juni. Er zeigte bei der Untersuchung der Arbeiten seine Zufriedenheit.


Allgemeine Beobachtungen.

Diese merkwürdige Belagerung gab zu vielen Untersuchungen Gelegenheit. Man kann behaupten, daß viele von denen, welche darüber urtheilen werden, sich trügen können, weil sie nicht genug die örtlichen Umstände kennen. Die vorzüglichsten Hindernisse dieser Belagerung waren:

1. daß der Marschall Lefebre erst eine weit kleinere Armee hatte, als der General Kalkreuth, und daß diese Armee Anfangs größtentheils aus neuen Truppen bestand, da alle die, die zur Belagerung bestimmt waren, noch nicht Zeit gehabt hatten, sich einzustellen.
2. Daß die Artillerie wegen der Schwierigkeit der Wege und der bösen Jahreszeit unendliche Mühe hatte, ihre Convoys ankommen zu lassen, welches das Etablissement der Batterien aufschob, und bis zum Ende der Belagerung zur Sparung der Munition nöthigte.
3. Daß, da die Festung eine große Circonvallation erforderte, die nur nach Ankunft der Verstärkungen ganz geschlossen werden konnte, die Quartiere sehr schwach waren, und nur wenig Arbeiter auf einmal und noch weniger Wachen für die Trancheen geben konnten.
4. Daß man endlich keinen guten Plan von der Festung und keine Idee von der Tiefe der Gräben hatte, und daß, da die Schwierigkeiten des Terrains sich unendlich häuften, man sie nur nach dem Maße, als die Arbeiten weiter kamen, erkannte. Diese Umstände, die Nothwendigkeit, den größten Theil der Truppen bis an die Schußweite des Neufahrwasserlagers zu bringen, woher die Unterstützungen auf dem Meere kommen konnten, und endlich der Vortheil, welchen die Belagerten daraus schöpfen konnten, daß sie Herrn eines Theils ihrer Vorstädte blieben, entschieden dafür, die Hauptattake auf den Hagelsberg zu leiten. Ich halte dafür, daß der wahre Angriffspunkt die lange Reihe Linien auf der Pläne sei, welche an dem Bastion rechts vom Hagelsberge anfängt (que le véritable point d'attaque etait la longue branche de lignes de la plaine qui se rattache au bastion de droite du Hagelsberg); dieß war die schwache Seite der Festung: allein man mußte die kleine Redoute, welche unmittelbar zum Angriff der Insel führte, nehmen. -- Diese Operation wurde beschlossen, und der General der Artillerie, Lariboisiere, ließ schon die Fahrzeuge zu diesem Ende ankommen. -- Alsdann würde man in aller Sicherheit bis an den Fuß der Höhen gekommen seyn; man rikoschetirte alle flankirenden Linien, und nahm sie in den Rücken, und sogar, wenn man einen regelmäßigen Angriff voraussetzt, geschah die Descente des Grabens -- so zu sagen -- ebenen Fußes; allein da die kleine Redoute nicht wieder genommen werden konnte, so war kein anderes Mittel anzuwenden möglich, als die Attake auf den Hagelsberg fortzusetzen. Doch hätte man sich gleich Anfangs bei dem Stolzenberg und in das Ravelin am Fuße des Bischoffsberges etabliren können, was auch hätte geschehen müssen, wenn man gleich bei der Ankunft mehr Truppen gehabt hätte; so würde auch der Vortheil, sich an dem Fuße des Glacis des Bischoffsberges zu finden, zu Gunsten dieses Angriffspunktes hingeneigt haben, ungeachtet dieser größern Frontweite gegen die andere.

Es ist wahr, daß diese Vortheile der Befestigung des Bischoffsberges durch die Tiefe der Gräben des Hagelsberges und durch die Verbindung seiner Fronte mit der seines linken Flügels aufgewogen werden. Sie bilden zusammen eine einzige gerade Linie, wo man wirklich zu thun hat (à la quelle on a réellement à faire), außer daß der Bischoffsberg und die Insel ihr Feuer dahin wenden können, was nicht gegenseitig der Fall ist (ce qui n'est pas réciproque.)

Die äußerliche Gestalt der Festung von hinten kann hier in keinen Betracht kommen; denn da die Werke daselbst ganz unter einander verbunden sind, so kann man, sobald man die letzte Pallisade passirt hat, frei sich ausbreiten, und folglich die neue Attake anfangen, wo man will. Aber -- ich wiederhole es noch einmal -- in den Umständen, worin man sich befand, konnte man nichts anders thun, als was man gethan hat; und wenn man auch verschiedener Meinung über die Wahl der Angriffspunkte seyn konnte, so war es doch nicht möglich, auf dem Punkt, wo man war, wider den Sturm zu seyn.

Man konnte auf den Bischoffsberg nur einen falschen Angriff thun, und mußte allein auf den Hagelsberg sich rechnen, daß die erste Attake auf denselben glücken würde, weil auf der Seite gegen den Stolzenberg ein Punkt war, welcher einige Leichtigkeit zum Ueberfall darbot. -- Man muß oft die Theile einer Befestigung, welche zu einem Ueberfall oder zu einem Sturm sich eignen, von den Punkten unterscheiden, wohin man regelmäßige Angriffe leiten kann. In Ansehung dieser Festung waren die Punkte zu einem Ueberfall oder zu einem Sturme die Rückseiten des Hagels- und Bischoffsberges, so wie auch die Ufer des Flusses; da hingegen die Punkte zu einem regelmäßigen Angriff sich nur in den Plänen von Oliva finden konnten. Um daraus einen Schluß zu fassen, kann man sagen, daß die Befestigung des Bischoffsberges besser ist als die des Hagelsberges.

Der Feind fühlte diese Wahrheit so sehr, daß er sich standhaft in den Gärten und Vorstädten vor dem Bischoffsberge so lange hielt, bis die Attake auf den Hagelsberg schon zu weit, als daß man sein System ändern konnte, vorgerückt war, und man hat oben gesehen, daß es wichtigere Beweggründe waren, welche nöthigten, die Partie, welche man nahm, vorzuziehen.

Was das verschanzte Lager von Neufahrwasser anbelangt, so waren die meisten der Meinung, es gleich Anfangs anzugreifen, wodurch die Gemeinschaft mit dem Meere abgeschnitten worden wäre; allein die Meinungen waren über die Art der Ausführung verschieden: der Sturm schien mir nur mit Kanonen anwendbar. Ich gründete meine Meinung darauf, daß kein Beispiel vorhanden wäre, wo man ein so gutes Lager, das durch zwei Reihen Werke (par deux lignes d'ouvrages) von denen, die einen für die andern unangreifbare Plätze waren, und die von zwei Reihen Pallisaden in großer Ausdehnung (à grosses dimensions) gedeckt wurden, forcirt hätte. Ich glaubte, daß, da man im ersten Augenblicke nicht genug Artillerie hatte, um den Platz zu belagern, man hätte alles, was man davon besaß, dazu gebrauchen können, um die Werke des Lagers zu zerstören und die Pallisaden umzustürzen, die, so stark sie auch waren, den Kanonenkugeln von großem Caliber nicht widerstehen konnten; endlich da mittlerweile die Belagerung unternommen wurde, erlaubte es die Nothwendigkeit, alle seine Kräfte gegen die Stadt zu concentriren, nur daran zu denken, durch Operationen, die unmittelbar mir den Attaken verbunden waren, der Stadt die Gemeinschaft mit dem Meere abzuschneiden.

So erklären sich die Anstrengungen, welche der Feind machen konnte, um Danzig zur See zu Hülfe zu eilen, und die eiligen Rückzüge, die er nach Uebergabe der Festung aus Neufahrwasser und Weichselmünde that.


Tagebuch der Belagerung von Danzig.[]

[2]
Das 71. Französisch-kaiserliche Armee-Bulletin enthält das Tagebuch dieser Belagerung. Es folgt hier im Auszuge:

Der Marschall Lefebvre schloß den Platz enger ein, nachdem er die Stellung des Gen. Schramm auf der Halbinsel durch Redouten mit einer doppelten Reihe von Verhauen hatte verstärken lassen. Er ließ die Spitze der Dörfer Hotzenberg und Schiditz vor den Werken von Bischoffsberg und dem Dorfe Siganiksdorf vor dem, Hagelsberg besetzen. Der Gen. Schramm begab sich nach dem Dorfe Heubuden, 6 bis 700 Klafter von den Werken am rechten Ufer der Weichsel, lehnte seinen linken Flügel an dieses Dorf, welches befestiget wurde, und seinen rechten an das Meer. --

Am 1. April ließ der Gen. Puthod das Dorf Aller angreifen und besetzen; auch wurden Posten auf dem linken Ufer der Weichsel aufgestellt, um die Schiffahrt zu beunruhigen.

Am 2. d. machte der Feind einen Ausfall, und bemächtigte sich des Dorfes Siganiksdorf; wurde aber wieder zurückgetrieben.

In der Nacht vom 2. bis 3. wurde die Tranchee 200 Klafter von den Werken des Hagelsberges eröffnet.

In der Nacht vom 3. bis 4. wurde die erste Parallele zu Stande gebracht; auch wurden 2 Schanzen aufgeworfen. Ein Preussisches Korps Infanterie und Kavallerie, welches auf der Halbinsel Pillau gegenüber gelandet war und sich zeigte, wurde geworfen, und 200 Gefangene gemacht, die übrigen flüchteten sich in der größten Unordnung auf Fischerböten.

In der Nacht vom 4. bis 5. machte man Zikzaks auf der rechten und linken Seite der ersten Parallele, und fieng die Batterien der ersten Parallele an.

In der Nacht vom 5. bis 6. errichtete man eine Schanze auf der Ebene zwischen der Weichsel und den Anhöhen.

In der Nacht vom 6. bis 7. eröffnete man die Tranchee vor dem Bischoffsberg, und warf eine Schanze auf, um solche gegen Ausfälle zu schützen.

In der Nacht vom 7. bis 8. befestigte man einen Hügel auf der linken Seite der ersten Parallele vor dem Hagelsberge, und fieng 2 neue Batterien an der Spitze der Zikzaks an.

In der Nacht vom 8. bis 9. verlängerte man die Parallele vom Bischoffsberg, um sie mit der vom Hagelsberg in Verbindung zu bringen.

In der Nacht vom 10. bis 11. war es sehr lebhaft. Am 11. giengen von 10 Schiffen, die am Tage vorher angekommen waren, 8 wieder ab; ohne Truppen an's Land gesetzt zu haben.

In der Nacht vom 11. bis 12. eröffnete man die zweyte Parallele.

Am 12. wurden die Batterien von 4 Schanzen zu Stande gebracht, und Geschütz eingeführt; auch wurde eine neue Batterie zu 2 Haubitzen angefangen, und der Platz zu 4 Batterien in der zweyten Parallele bestimmt. Die 3 Schanzen vor Heubuden wurden ebenfalls vollendet, mit Pallisaden versehen, und jede mit 2 Feldstücken bewaffnet. Aus Warschau kamen 6 24pfünder nebst Kugeln und Pulver, und aus Stettin eben so viel, 23 12pfünder, 2 Mörser und 200 Bomben an.

In der Nacht vom 12. bis 13. war es wieder sehr lebhaft.

In der Nacht vom 13. bis 14. wurde die Verbindung mit der zweyten Parallele zu Stande gebracht.

Am 14. näherten sich 2 Englische Kriegsschiffe, die seit mehreren Tagen auf der Rhede lagen, dem Lande, und feuerten auf unsere Schanzen.

In der Nacht vom 14. bis 15. machte der Feind einen vergeblichen Ausfall gegen die Tranchee. Es wurde eine neue Batterie angefangen, und die Arbeiter waren bey Tage sicher, ungeachtet des überaus lebhaften feindlichen Feuers. Die Batterien der zweyten Parallele rückten weit vor.

Am 15. feuerte der Feind den ganzen Tag ohne Erfolg, und ohne daß man ihm antwortete, auf die erste Schanze. Es kamen viel Kugeln und Patronen von dem Direkteur des Feldparks an, ingleichen aus Glogau viel Pulver, Kugeln und 500 Bomben. Zwey Kauffahrteyschiffe sind in den Hafen eingelaufen, und zwey bewaffnete Schiffe haben sich so gelegt, daß sie die Ausfälle aus dem verschanzten Lager unterstützen können.

In der Nacht vom 15. bis 16. wurden Belagerungsarbeiten vollendet.

In der Nacht vom 16. bis 17. wurden wieder mehrere Belagerungsarbeiten zu Stande gebracht und neue angefangen, unter andern eine zweyte Schanze, um die Stellung am Kanal zu verstärken.

Fortgang der Belagerung von Danzig.

Ein weiterer Bericht über den Fortgang der Belagerung Danzigs vom 15. bis 19. April enthält wesentlich folgendes:

"Um die Kommunikazion von Danzig mit Weichselmünde, die bisher noch zu Wasser und zu Lande offen war, zu verhindern, mußte eine Schanze zwischen Weichselmünde und Danzig, bey dem Ausfluß des Baake-Kanals in die Weichsel erbaut werden. Dieses Gefährliche Unternehmen wurde in der Nacht zum 16. von den kombinirten Truppen, unter Anführung des Generals Gardanne, glücklich ausgeführt, und nicht nur ein 400 Schritt langer bedeckter Weg aufgeworfen, sondern auch eine Redoute, und eine ganz am Ufer liegende Flesche bis zu einer Höhe gebracht, daß die Mannschaft ziemlich gedeckt war. Am 16. früh 9 Uhr machte die Garnison von Danzig mit 1000 Russen gegen diese neue Arbeit einen Ausfall. In der Redoute standen 250 Mann Französischer, Sächsischer und Pohlnischer Truppen ohne Kanonen, unter Befehl des Generals Gardanne. Die Russen drangen, des heftigen kleinen Gewehrfeuers aus der Redoute ungeachtet, über eine schmale Brücke von Holm, und griffen die Schanze in der Nähe von 30 Schritten an. Gegen diese grosse Uebermacht faßte General Gardanne den raschen Entschluß, Allarm schlagen zu lassen, mit der ganzen Besatzung über die Brustwehr zu springen, und den Feind mit dem Bajonet anzugreifen, wodurch die Russen überrascht und geworfen wurden. Gleich darauf aber kamen 12 bis 1500 Preussen aus der Festung, nahmen die gänzlich zerstreuten Russen auf, und erneuerten den Angriff. Das Gewehrfeuer war ausserordentlich, aber die Schanze wurde behauptet. Der Verlust der Russen und Preussen ist gegen 400 Mann zu rechnen. Um 4 Uhr Nachmittags war das Gefecht beendigt. Mehrere Feinde fanden in den Wällen ihr Grab, die übrigen zogen sich in die Festung zurück, und ein Theil nach Weichselmünde, und in die nahe liegenden Häuser, aus welchen sie vertrieben, und die Häuser verbrannt wurden. Dieses Gefecht war eines der hartnäckigsten dieser Belagerung. An beyden Ufern der Weichsel sind nun Redouten errichtet, welche sich gegenseitig unterstützen können, und die Durchfahrt unmöglich machen werden. Am 17. Abends 8 Uhr, lief ein dreymastiges Schiff mit vollen Segeln in die Weichsel, und machte ein fürchterliches Kartätschenfeuer gegen die neue Redoute, wurde aber, so wie ein zweytes Schiff, durch die Heftigkeit des diesseitigen Feuers vom Ufer, gezwungen, sich zu wenden und zurückzukehren. Bey dieser Affaire verlor der Sächsische Lieutenant Hochheimer das linke Bein durch einen Kanonenkugel."

Fortsetzung des Tagebuchs der Belagerung von Danzig bis zum 30. April.

"In der Nacht vom 22. auf den 23. April feuerten die Belagerer sehr heftig; die Arbeiten der Belagerer wurden wirklich dadurch erschwert, aber gleichwohl fortgesetzt, und alle Batterien in völligen Stand gestellt.

In der Nacht vom 23. auf den 24. wurden die Arbeiter durch einen kleinen Ausfall des Feindes etwas aufgehalten. Um 1 Uhr Morgens begann das Feuer der Belagerer mit Mörsern und Haubitzen. Mit Anbruch des Tages feuerten alle Batterien, der Feind antwortete sehr lebhaft, aber Mittags wurde unser Feuer überlegen. Es fieng mehrmahlen in der Festung an zu brennen. Zwey Kanonen wurden uns demontirt, und eine Lafette von einem Mörser unbrauchbar gemacht.

In der Nacht vom 24. auf den 25. war das Feuer der Belagerer sehr wirksam. Die Bomben und Haubitzen hatten, nach einstimmiger Aussage der Deserteure, grossen Schaden in der Stadt angerichtet. Eine mit etlichen Soldaten besetzte Barke, die aus dem Fort Weichselmünde auslief, und sich nach Danzig begeben wollte, wurde von zwey Französischen Barken, die Gen. Gardanne hatte in die Weichsel bringen lassen, genommen, ein Theil der Soldaten entkam durch Schwimmen.

Am 25. um 3 Uhr Nachmittags ließ der Marschall Lefebvre das Feuer einstellen, und durch den kommandirenden Adjutanten Ayme den Gen. Kalkreuth, Kommandanten von Danzig, auffordern, der sich weigerte, irgend einen Antrag anzuhören, bevor Bresche geschossen wäre.

In der Nacht vom 25. auf den 26. zündeten unsere Bomben in der Stadt, der Brand war sehr stark, und dauerte Mittags noch.

In der Nacht vom 26. auf den 27. wurde beyderseits seht heftig gefeuert, und das Feuer auch den Tag über fortgesetzt, bis Abends 7 Uhr, wo der Feind ganz nachließ. Man machte sich deshalb auf einen Ausfall gefaßt, der auch wirklich Abends 10 Uhr mit 600 Grenadieren und 200 Arbeitern erfolgte. Der Feind wurde in die Flanken mit dem Bajonnet angegriffen und zurückgeworfen, so daß er an Todten 140 Mann verlor; wir hatten 11 Todte und 29 Verwundete. Da Gen. Kalkreuth einen Waffenstillstand zum Begraben der Todten begehrte, so bewilligte Marschall Lefebvre solchen von 3 bis 5 Uhr Morgens.

Am 27. kamen neuerdings 6 Vierundzwanzigpfünder an. Drey Kanoniere wurden durch das feindliche Feuer getödtet, und ein Artillerieoffizier verwundet. An diesem Tage haben wir 1900, und am 26. 1400 Schüsse gethan.

In der Nacht vom 27. auf den 28. feuerte der Feind sehr heftig, 2 Artilleristen, 2 Kanoniere und 1 Pontonnieroffizier wurden verwundet, und 1 Zwölfpfünder unbrauchbar gemacht.

In der Nacht vom 28. auf den 29. machte der Feind einen Ausfall auf die dritte Parallele. Er griff dreymahl an, und wurde dreymahl zurückgeschlagen, mit einem Verlust von 70 Todten, vielen Verwundeten und 200 Gefangenen. Wir hatten 25 Verwundete und 8 Todte. Marschall Lefebvre rühmt unter andern das Verhalten des Badenschen Majors v. Stokhorn und des Badenschen Korporals Hatzler vom Regiment Erb-Großherzog. Es waren abermahls 12 Vierundzwanzigpfünder-Kanonen, 6000 vierundzwanzigpfündige Kugeln, 1300 Bomben, 120,000 Pfund Pulver bey dem Belagerungskorps angekommen. Man hatte 3000 feindliche Kugeln aufgelesen. Zehn Mann von einem Pohlnischen Regimente stiessen auf eine Kosakenpatrouille, und tödteten 1 Offizier und 2 Mann.

Am 30. April geschahen von Seiten der Belagerer den Tag über 1700 Schüsse."

Die Belagerungsarmee vor Danzig ist also vertheilt: Auf dem linken Ufer der Weichsel 1) Gen. Michaud, kommandirt das erste Korps, formirt den linken Flügel, und hat sein Hauptquartier zu Langfurt. 2) Der Prinz von Baden im Zentro; Hauptquartier zu Pitzkendorf. 3) Gen. Gielgud, kommandirt das dritte Korps, formirt den rechten Flügel; Hauptquartier zu Onneberg. Auf dem rechten Ufer der Weichsel: Divisionsgeneral Gardanne, kommandirt das vierte Korps. Sein Hauptquartier ist zu Heiboden. Der Divisionsgeneral Lariboisiere dirigirt die ganze Belagerungsartillerie.

Folgendes waren die letztvorhergegangenen Nachrichten über den Fortgang dieser Belagerung.

In der Nacht vom 6. zum 7. ward eine Unternehmung von der größten Wichtigkeit bey der Danziger Belagerung glücklich ausgeführt. Es ist dieses die Wegnahme des Holms, und der darauf befindlichen Verschanzungen, so wie der Redoute auf dem linken Weichselufer an der alten Kalchschanze. Hiedurch ist alle Kommunikazion zu Wasser zwischen der Festung und den Forts, Fahrwasser und Weichselmünde, die noch des Nachts in Fischerkähnen bewerkstelligt wurde, völlig unmöglich gemacht. Die Truppen auf der Nehrung sind dadurch in eine viel bessere Lage gesetzt, die Attaque des Hagelberges ist gegen die, die Transchee en flank nehmende Kalchschanze gesichert, die Belagerungstruppen auf beyden Ufern durch eine zu schlagende Brücke in Verbindung gebracht, und die Wasserseite der Stadt, wichtig wegen der Waarenmagazine, dem Bombardement ausgesetzt worden. Zu dieser so nützlichen Unternehmung waren eine Anzahl Französischer Pontons angekommen, um die Truppen vom linken Weichselufer auf den Holm überzusetzen. Hiezu waren Französische Truppen, so wie zum Angriff der Kalchschanze zwey Kompagnien vom Regimente Sänger, unter Kommando des Hauptmanns v. Berge, und eine Kompagnie der Nordlegion bestimmt. Der Hauptmann v. Berge erhielt den Auftrag, die Schanze von der Front und in der Flanke zu attakiren, so wie die Kompagnie der Nordlegion im Rücken angreifen sollte. Die Schanze hat, wegen ihre Lage am Strohm und einem Sumpfe, auf der andern Seite zwey Thore. Die königl. Sächsischen Truppen führten dieses mit lobenswürdiger Entschlossenheit aus, drangen eines heftigen Feuers unerachtet über die Balken der zu dem Thore führenden abgetragenen Brücke, sprengten mit 25 Mann das Pallisadenthor, während die Truppen der Nordlegion von hinter herankamen, und machten die Besatzung von einem Kapitän, 2 Offizieren und 160 Mann zu Gefangenen, wobey 2 Kanonen erobert wurden. Der Verlust des Regiments Sänger besteht in 8 Mann, an einem Todten, 4 Schwer- und 3 Leichtblessirten, unter welchen der Lieutenant Sahr sich befindet. Die Unternehmung der Französischen Truppen gegen den Holm ward mit bewundernswürdiger Entschlossenheit ausgeführt. Auf beyden Ufern sind 17 Kanonen genommen, und 550 Gefangene gemacht worden.


Fortsetzung der Ereignisse vor der Uebergabe von Danzig vom 8. bis auf den 17. May.

"Nacht vom 8. auf den 9. May. Hagelsberg. Beym bedeckten Wege des Halbmonds wurde die Sappe rechts wegen des Hohlweges mit einer sehr hohen Traverse beschlossen, welche die Sappe vor dem Feuer der niedern Werke des Schidlizer Thors sichert. Die Sappe links wurde auf eine Strecke von 15 Klaftern fortgesetzt; man machte einen Durchschnitt, um in den bedeckten Weg zu kommen. Die Sappe auf der Bastey links rückte um 8 Klaftern vor. Zwey Stücke in den niedern Batterien des Feindes wurden unbrauchbar gemacht, und die Bastey links am Hagelsberge zum Schweigen gebracht. Die Bollwerkskatze, die man im Platz bewaffnete, feuerte auf unsere Trancheen; wir richteten 2 24Pfünder darauf. Auf der Insel wurden 2 Batterien errichtet, eine, um den bedeckten Weg rechts am Hagelsberg anzugreifen, die andere, um die Werke des Hauptplatzes hinter dem Hagelsberg von der Seite zu bestreichen. Wir thaten 1500 Schüsse. --

Nacht vom 9. auf den 10. Hagelsberg. Die Sappe links des Halbmonds rückte um 5 Klaftern vor; die gegen die Bastey wurde bis auf 3 Klaftern von der Pallisaden durch den eröffneten Durchschnitt in den bedeckten Weg des Halbmonds vorgetrieben; zwey Abtheilungen Sappeurs und Plänkler untersuchten die Blockhäuser, und machten einen Versuch, sich darin festzusetzen, aber sie waren noch nicht genug beschädigt. Der Feind hielt sie besetzt. Die Batterien feuerten auf die Blockhäuser; der Feind schleuderte viele Steine, Brandkugeln und Granaten; die Kalchschanze auf dem linken Weichselufer wurde mit 4 Stücken bewaffnet. Eine Abtheilung, die am 9. von dem Posten Kalberg gegen Polski 3 Stunden weit auf Kundschaft ausgezogen war, sah einige Truppen, die der Feind daselbst eben gelandet hatte; am 10. Morgens näherten sich die feindlichen Vorposten Kalberg, und thaten einige Flintenschüsse. Eilf Schiffe, mit Truppen am Bord, liefen in den von der Festung Weichselmünde geschützten Hafen ein; jede Verbindung zwischen dem Platze und Hafen ist jedoch unmöglich. --

Nacht vom 10. auf den 11. Hagelsberg. Die Sappe des Halbmonds wurde auf eine Strecke von 6 Klaftern fortgesetzt, rückte aber eigentlich nur 3 Klaftern vor; diese Sappe, welche in gerader Richtung auf die Bastey zugeht, wird von Kanonenkugeln und Bomben heimgesucht, wodurch die Spitze eingestürzt, und beständig Ausbesserungen nöthig wurden. Man bekrönte den Vorsprung der Bastey auf eine Länge von 10 Klaftern, und macht eine Traverse; den Tag über wurde diese Sappe auf eine Strecke von 16 Klaftern fortgesetzt. Die niedern Batterien wurden mit Erfolg von unsern Batterien der zweyten Parallele beschossen; wir machten ein Stück in der Bastey links am Hagelsberge unbrauchbar; in den Blockhäusern sprangen einige Haubitzen. Wir thaten 700 Schüsse. Dreyssig mit Truppen beladene Schiffe ankerten in dem Hafen und auf der Rhede, acht andere waren im Gesicht. Marschall Lefebvre traf Anstalten gegen die Ausfälle und den anfälligen Angriff der in dem Hafen angekommenen Truppen. Die Bewaffnung der Schanzen Nr. 5 und 6 wurden vermehrt; die Schanzen der Inseln stromaufwärts und stromabwärts bekamen ebenfalls eine Verstärkung an Artillerie, um die Ebene und die Weichsel zu bestreichen; 12 Stücke leichter Artillerie wurden neben der Reiterey aufgestellt. In den Batterien und Parallelen gab man für den Fall eines Ausfalls gegen die Trancheen Befehl. --

Nacht vom 11. auf den 12. Hagelsberg. An der Sappe des Halbmonds besserte man die durch Bomben beschädigte Spitze aus; man rückte sie in der Nacht um 6 Klaftern gegen den Vorsprung des einwärts gelegenen Waffenplatzes vor; der Feind beunruhigte die Spitze der Sappe mit Steingeschütz und Handgranaten. Wir thaten 500 Schüsse. Der Feind feuerte nur wenig aus seinen niedern Batterien; er hat auf der Vorderseite des Hagelsberges nur 3 kleine Stücke, 1 Mörser und 1 Steingeschütz. Man bemerkte eine häufige Verbindung auf Kähnen zwischen dem verschanzten Lager und dem Fort Weichselmünde; es wurden verschiedene Scheinangriffe von dem Fort gemacht, aber auf keinem Punkt fand ein eigentlicher Angriff Statt. --

Nacht vom 12. auf den 13. Hagelsberg. Die 2 Spitzen der Sappe wurden vereinigt; man verlängerte die Sappe rückwärts auf der rechten Seite des bedeckten Weges der Bastey; Morgens machte der Feind einen kleinen Ausfall auf die Sappe, und hatte 14 Todte. Man verlängerte den Graben der Kalchschanze bis an die Weichsel, und vernichtete die Verbindung, die vorher von der Festung zu dieser Schanze führte, und dem Feuer unserer Inselbatterien hinderlich war. Der Feind feuerte mehr, als gewöhnlich, besonders aus seinen niedern Batterien; man fieng 2 neue Haubitzenbatterien an, um die bedeckten Wege, und die Gräben der Basteyen auf der Vorderseite des Angriffspunkts der Länge nach zu bestreichen. Wir thaten 600 Schüsse. Von Dirschau kamen 500 24pfündige Kanonenkugeln, 2000 12pfündige, 500 Bomben und 1200 Haubitzen. --

Nacht vom 13. auf den 14. Man brach auf zwey Punkten aus der Sappe hervor, um in den bedeckten Weg der Bastey und der Waffenplatzes den Blockhäusern gegenüber zu kommen; die Sappen wurden bis auf 3 Fuß von den Pallisaden vorgetrieben. Die Haubitzenbatterien, welche die Gräben der Länge nach bestreichen, fiengen an, zu feuern; die neu errichteten Batterien links der zweyten Parallele fiengen ebenfalls an, auf die Bollwerkskatze des Platzes und die niedern Flanken der Aussenwerke zu feuern. --

Am 15. um 4 Uhr Morgens, rückte der Gen. Kamensky mit 9 Russischen neulich gelandeten Regimentern aus dem Fort Weichselmünde; nach einen mehrstündigen Kanonen- und Flintenfeuer wurden sie in Unordnung gebracht, und mit einem sehr beträchtlichen Verlust geworfen; der Platz unterstützte diese, zu seiner Befreyung gemachte, Unternehmung nur durch ein lebhaftes Kanonenfeuer; die Besatzung war Zeuge dieses Treffens, welches 1/2 Stunde von ihren Wällen geliefert wurde, und schien in der größten Bestürzung zu seyn.

Nacht vom 15. auf den 16. Man rückte mit dem Ausgang des Hornwerks auf dem bedeckten Wege bis an die Pallisaden vor, und fieng den Gang einer Mine an, um die Blockhäuser des Waffenplatzes rechts zu sprengen; da der Feind Bomben warf, so feuerten unsere Mörser auf die Werke und die Stadt; Morgens begann der Feind aus seinen niedern Batterien ein ziemlich lebhaftes Feuer, wurde aber bald zum Schweigen gebracht; 5 Mörser auf der Vorderseite des Angriffspunkts feuerten auch stark auf die Sappen des Hornwerks, sie wurden aber durch unsere Mörser und Haubitzen gezwungen, ihr Feuer einzustellen; man fieng 2 neue Batterien an, theils um die niedern Batterien des Feindes zum Schweigen zu bringen, theils die linke Seite seines bedeckten Weges zu beschiessen; die Floßbrücke über die Niederweichsel wurde zu Stande gebracht, und ein Brückenkopf auf dem rechten Ufer angefangen; der Gen. Beaumont ließ bey Fürstenwerder eine Schiffbrücke schlagen, und setzte mit einem Korps Infanterie und Kavallerie auf die Halbinsel über, griff das von Pillau gekommene Preussische Korps an, nahm 900 Mann gefangen, nebst 4 Kanonen und 12 Offizieren, und zwang die Uebrigen, sich in der größten Unordnung wieder einzuschiffen.

Nacht vom 16. auf den 17. Man rückte in den bedeckten Weg der Bastey durch einen Theil geblendeter Sappe ein, und machte einen Rückweg in den bedeckten Weg; mit dem Ausgange in den bedeckten Weg des Halbmonds rückte man bis an die Pallisaden vor; der Feind machte einen vergeblichen Versuch, die gegen die Blockhäuser gerichtete Mine zu lüften, die Blockhäuser wurden durch den Ausbruch nicht zerstöhrt, wohl aber beschädigt; der Trichter wurde sogleich bekrönt, und am Ende desselben ein anderer Gang angefangen; um 7 Uhr Abends machte der Feind einen kleinen Ausfall, und vernagelte die Haubitze links des Hornwerks, der Offizier und 4 Grenadiere, welche eingedrungen waren, wurden auf der Stelle getödtet; man zog den Nagel aus der Haubitze wieder heraus; der Feind verdarb zu gleicher Zeit den Eingang in den bedeckten Weg; konnte aber nicht in den von den Mineurs tapfer vertheidigten Trichter eindringen; man warf eine Schanze gegen die Ausfälle aus dem verschanzten Lager auf; das Feuer war während des Ausfalles lebhaft; man warf viele Bomben in den Halbmond und die Basteyen des Hagelberges, wo sich der feind gesammelt hatte; wir thaten 800 Schüsse; 10 Schiffe giengen nach Pillau unter Segel, man vermuthete; sie führten die im Treffen am 15. d. Verwundeten ab; am Morgen kam die feindliche Kavallerie zum Vorschein, und griff unsere Vorposten an, während 3 Kolonnen einen Ausfall aus der Festung machten, sie zogen sich aber wieder zurück, und wagten sich nicht weit heraus."

Schluß des Journals der Belagerung von Danzig.

"Nacht vom 17. auf den 18. May. Hagelsberg. Man besserte wieder aus, und setzte die Arbeiten an dem geblendeten Durchgang in den bedeckten Weg .. Bastey fort, aber der Feind warf den ganzen Tag über viele Bomben, und richtete wieder grossen Schaden an; man hieb die Pallisaden am Eingange in den bedeckten Weg des Halbmonds ab, und blendete den Durchgang; die Mine gegen das Blockhaus wurde forgesetzt; man fieng 2 Minengallerien im Couronnement an, in der Absicht, aus jeder in 2 Seitengängen vorzurücken, und durch 4 Kammern einen Theil der Kontrescarpe in den Graben zu sprengen, und den Sturm zu erleichtern. Unser Feuer war gegen die Mörser und die niedern Batterien des Feindes gerichtet, die nur Absatzweise feuern konnten. --

Nacht vom 18. auf den 19. Man besserte den geblendeten Durchgang des bedeckten Weges aus, und fieng einen andern an, beyde sollen durch eine Sappe vereinigt werden; man näherte sich dem Blockhause, und steckte es durch Theerfaschinen in Brand, welcher noch die folgende Nacht fortdauerte; 4 Sappeurs und 6 Jäger stiegen in den Graben des Halbmonds hinab, hieben das 3 Pallisaden ab, und rissen die kleinen Pfähle auf eine Breite von 10 Fuß heraus; das feindliche Feuer erlaubte nicht, weiter fortzufahren. Bey Tag zerplatzte eine Bombe beym Eingang eines Minenganges, und tödtete einen Mineur; in das Couronnement wurden 2 Mörser gebracht, welche von früh an spielten; wir thaten 700 Schüsse. Eine Englische Korvette mit 24 Karonaden, 120 Englischen Seeleuten, und 40 Russischen oder Preussischen Soldaten wollte den günstigen Wind benützen, um 180 Zentner Pulver, 500 Säcke Haber, Stückpatronen zu 24pfündern xc. nach Danzig zu bringen, wurde aber genommen, da unser Artillerie- und Kleingewehrfeuer die Matrosen am Manövriren hinderte, und das Schiff daher strandete. --

Nacht vom 19 auf den 20. Die 2 Sappen des bedeckten Weges wurden vereinigt, und ein geblendeter Weg hinab in den Graben angefangen; man stieg wirklich in den Graben hinab, und maß genau dessen Breite und Tiefe; die kleinen Pfähle auf dem Boden des Grabens wurden herausgerissen, und nebst Theerfaschinen an die Pallisaden gelegt und angezündet, die Pallisaden brannten jedoch nur zum Theil ab. Bey Tag wurden die Pallisaden des bedeckten Weges mit Hauen herausgerissen, damit die ersten Truppen beym Sturme einen breitern Weg in den Graben hinab hätten; man rückte aus dem Trichter der Mine in dem bedeckten Wege durch eine Sappe vor, um die Eingänge in den Graben zu vermehrten; der Feind feuerte wenig, und schickte bloß einige Bomben in unsere vorgerückten Werke. Die 2 Mörser im Couronnement spielten mit grosser Bestimmtheit, und machten eine Kanone unbrauchbar. Unsere Batterien zerstöhrten auch eine Verschanzung von Schanzkörben, die der Feind auf den Brustwehren des Halbmonds und der Basteyen des Hagelberges errichtet hatte, und von wo aus er unsere Plänkler sehr beunruhigte. Um 6 Uhr Abends machte der Feind einen Ausfall auf unsere Linke, drang in den bedeckten Weg, verstopfte die geblendeten Durchgänge, und beschädigte die Sappen, so wie den geblendeten Weg hinab in den Graben, er wurde aber bald mit grossen Verluste zurückgeworfen. --

Nacht vom 20. auf den 21. May besserte wieder aus, was der Feind verdorben hatte; der geblendete Weg in den Graben wurde bis auf dessen Grund vollendet, und auf der Seite gedeckt. Man warf eine doppelte Verschanzung von Faschinen und Erde im Graben auf, um sich rechts vor dem Flankenfeuer, und links vor Ausfällen zu sichern, auch allenfalls einen zweyten geblendeten Weg in den Graben hinab anzulegen, und einer andern Kolonne Mittel zu verschaffen, unter dem Schutze der zweyten Verschanzung nachzurücken. Man brachte 4 Fäßchen Pulver an den Fuß der Pallisaden, deren Entzündung nur in den Gräben des Halbmonds gute Wirkung that. Bey Tag riß man mit Hauen die Pallisaden am Fusse der innern Böschung von der Verschanzung bis zum Seitenwinkel der Bastey heraus; der Feind hatte in der Nacht 3 Stücke in den Gräben des Halbmonds angebracht, die bey Tag mit Kugeln und Kartätschen sehr lebhaft auf die Sappeurs, welche die Pallisaden abhieben, und auf die noch unvollendete Verschanzung feuerten; man richtete 5 Mörser darauf, 3 andere gegen die Seiten, welche die angegriffene Bastey vertheidigten, und 2 andere gegen das Innere des Hagelberges oder die Batterien, welche die Trancheen beunruhigten. Diese Mörser machten ein lebhaftes, die übrigen Batterien ein mässiges Feuer, um den Feind nicht aufmerksam zu machen. Der Sturm war auf 7 Uhr Abends beschlossen, und der Herr Marschall hatte bereits die nöthigen Verfügungen getroffen, als der Platz zu kapituliren verlangte, und die Unterhandlungen begannen."


Nachrichten aus Danzig vor und während der Belagerung.[]

[3]
Nachstehende Briefe eines bewährten Korrespondenten aus Danzig, die jetzt erst, nach langer vergeblicher Erwartung, zusammen hier angekommen sind, reichen zwar nicht bis zu den neuesten Zeiten, enthalten aber dagegen sehr spezielle, bis jetzt noch unbekannt, Nachrichten über die Lage und inneren Vorgänge Danzigs vor und während der Belagerung, denen man um desto mehr Theilnahme versprechen darf, je länger sie entbehrt wurden, und je gespannter die allgemeine Aufmerksamkeit seit mehreren Monaten auf das unglückliche Danzig gerichtet war.

Danzig vom 2. Jan. 1807.

-- -- Wenige nur vermutheten, daß das Kriegsübel sich auch bis zu unsern Mauern ziehen würde. Der Kriegsschauplatz war zu fern, und wir beklagten hier nur diejenigen, welche er traf. Aber wie hat sich alles so plötzlich geändert! Am 15. Okt. v. J. verbreiteten sich schon allerley dumpfe Gerüchte von einer gewonnenen oder verlornen Schlacht, bey welcher es blutig hergegangen seyn sollte. Am 17. Okt. bekamen wir noch Zeitungen, und in diesen eine kurze Nachricht von dem Tode des Prinzen Louis Ferdinand; aber nach der Zeit war der Postenlauf gehemmt. So würden wir vielleicht lange in Ungewißheit über die Kriegsereignisse geblieben seyn, hätten und nicht allerley Vorfälle auf das Unglück der preußischen Waffen schließen lassen. Es kamen nämlich am 19. eine Menge Flüchtlinge hier an, viele Packwagen, auf welche, wie es hieß, der königl. Schatz geladen war, einige Minister, andere hohe Personen, und unter diesen auch General Rüchel. Das Gewühl von Pferden, Wagen und Menschen war so groß, daß es Grausen erregte. Von hier gieng es weiter nach Königsberg zu, und auch manche hiesige Personen flüchteten sich. Am 24. trafen die königl. Prinzen und Prinzessinnen hier ein, die sich aber nach 8 Tagen weiter fort begaben. Nur die Prinzessin Wilhelm von Preussen blieb noch zurück, weil ihre Entbindung nahe war. Seit dem 21. kamen keine Briefe mehr über Berlin, und seit dem 31. auch keine mehr über Stettin, so daß wie nun völlig abgeschnitten waren. Unterdessen fieng man an, unsere Stadt in Vertheidigungsstand zu setzen. Man bot Bauern auf, welche an den Wällen arbeiten sollten, ließ, ohne weiter bey den Eigenthümern anzufragen, Holz aus den Stadtgräben ziehen, und daraus Palisaden schneiden. Die Rechtstadt, welche sonst von Einquartierung frey ist, ward auch damit belastet, und in dem Publikandum, welches am 6. Nov. darüber erschien, hier es: daß kein einiges Grundstück davon frey seyn sollte. Nach und nach rückten die Regimenter Besser, Courbiere, Reinhard, ein Füselierbataill. und mehrere dritte Bataillons hier ein, und man behauptet, daß unsre Garnison gegenwärtig aus 18,000 Mann bestehe. Klöster, Hospitäler, Prediger, alles fühlte die Last der Einquartierung; auf manches große Haus kamen bis 10 Mann. Dazu kamen noch die Kadette, welche aber nicht lange blieben, auch für ihre Beköstigung wenigstens einige Vergütung zahlten, die jedoch von vielen nicht angenommen ward. Allmählig gewöhnte man sich an die Last der Einquartierung, obgleich die Unreinlichkeit, welche aus der Menschenmenge entstand immer beschwerlich blieb, auch viel Krankheiten befürchten ließ.

Am 21. Nov. erhielten wir wieder einige Zeitungsblätter, nämlich den hamb. Korresp. vom 14. Okt. und 11. Nov. und mehrere Blätter der leidner Zeitung, die uns mit dem Hergange der großen Begebenheiten näher bekannt machten. Da nun der Postenlauf, wie es schien, wieder hergestellt war, so erwarteten wir eine frohe Aenderung der Umstände; aber die Freude dauerte nicht lange. Am 25. Nov. und an den folgenden Posttagen kamen zwar die Zeitungspakete, wurden aber nicht mehr ausgegeben, weil der Gouverner v. Manstein, nebst dem Kommandanten v. Hamberger, den Bürgern nichts Gutes zutrauen und sie alle für französische gesinnt halten. Auch Bücher und Journale erhalten wir nicht mehr!

Eifrig fuhr man indessen mit der Befestigung der Stadt fort. Die Gräben wurden zum Theil mit militärischer Strenge, vom Holz gereiniget; das hie und da um die Stadt in hohen Haufen liegende Holz mußte theils niedriger gemacht, theils weggeschaft werden. Nachdem man nun mit den Wällen ziemlich fertig war, kam eine neue Ordre, die viele tausend Menschen sehr erschütterte. Es ward nämich den Einwohnern der Vorstädte Danzigs angesagt, daß ihre Häuser abgebrochen werden müßten! Ob nun gleich in den Kaufkontrakten der Wohnungen auf jenen Stellen ausdrücklich bestimmt war, daß in Kriegszeiten alles abgebrochen werden müßte, so hatte doch niemand dieses gefürchtet, und Viele hatten sogar massive Häuser dahin gebaut. Das Klagen und Jammern war also sehr groß; man machte Vorstellungen, aber vergebens. Am 24. Dez. fieng man unter heftigen Sturm und Regen in der Vorstadt Zweyte-Neugarten mit Abbrechen der Häuser an, und fuhr damit die Weihnachtsfeyertage hindurch bis heute fort. -- Für die Armen der Gegend, wo abgebrochen war, sorgten die Kaufleute und besonders die Mitglieder der Concordia wenigstens in Soweit, daß sie für eine Kollekte, welche 1000 Rthlr. betrug, Fuhrwerke mietheten, um dadurch die Effekten der Unglücklichen wieder unter Dach und Fach zu bringen. Das war wenigstens etwas heilender Balsam in die tiefgeschlagene Wunde! Ausserdem ward noch von einigen Kaufleuten eine Hauskollekte für diejenigen angestellt, welche ihre Wohnungen und ihre Nahrungsquelle verloren. Die Kollekte brachte noch an 1000 fl. D. K. ein.


Danzig vom 12. März 1807.

Nachdem die Franzosen mit ihren Verbündeten eine zeitlang in entferntern Gegenden gewesen waren, rückten sie am 23. Febr., von Dirschau, wo sie mit den preuß. Truppen ein Gefecht gehabt hatte, allmählig in die Dorfschaften des ehemaligen danziger Gebiets. Sie besetzten mehrere Dörfer, schienen aber immer mit der Annäherung auf Danzig zu zögern, bis sie am 7. März eine Meile von hier das Dorf Praust besetzten. Am 10. März fand man auf der südwestl. westl. und nördlichen Seite schon mehrere Franzosen und heute ist die Stadt von ihnen fast überall umgeben. Nur der Nehrung sollen sie sich des Wassers wegen nicht nähern können. Von allen Seiten her strömen Flüchtlinge in die Stadt, und durch sie muß Verwirrung und Mangel noch früher entstehen. Ein schreckliches Schauspiel hatten wir in der Nacht vom 10. auf den 11. März bis auf heute! Es wurden nämlich die Vorstädte um Danzig, die zeither noch verschont geblieben waren, abgebrannt, als Altschottland, Schidliz, Stolzenberg, und eine Menge Menschen kamen mit einem Male um das Ihrige. Am 11. des Abends griff der Feind unsern Hafen und Festung Neufahrwasser an, ob er sich des Platzes schon bemächtiget, wissen wir noch nicht. Ein Trost für uns ist es, daß der von allen Bürgern geschätzte und geliebte Gouverneur Kalkreuth am 10. Abends wieder hier angekommen ist. Als er sich gestern zeigte, schwenkte alles die Hüthe. Wir wissen, daß er nicht Wunder thun kann; aber das wissen wir auch, daß er nicht ohne Noth uns Schaden zufügen und die zweckmäßigsten Anstalten treffen wird, um unser Schicksal zu erleichtern.


Danzig vom 26. März 1807.

Die Noth wird immer größer! Aus den Vorstädten, vom Lande, aus Weichselmünde sind viele Menschen zu uns geflüchtet, so daß der Esser immer mehr werden; aber Zufuhre erhalten wir durchaus nicht! Am 13. ward der Kanal, der unsere Mühlen treibt, vom Feinde abgelassen. Die Mühlen können also nicht mehr Mehl zu Brod schaffen; daher wird nun von einigen an der Motlau, da wo sie in die Stadt fließt, bloß Getreide geschrotet, und wir haben seit den 14. bloß schlichtgemahlnes Brod. Indessen sind wir zufrieden, wenn wir dieses nur zur Genüge haben. Das Fahrwasser wurde einigemal von den Feinden angegriffen, aber unser Kalkreuth hat Verstärkung hinausgeschickt, und der Feind mußte weichen. Noch war zeither unsere Nehrung frey, und der Generalmajor v. Rouquette hielt sie mit einem Korps besetzt. Allein der Feind hatte am 20. März Mittel gefunden, an mehreren Punkten über die Weichsel zu setzen, nahm verschiedene kleine, zerstreut postirte Truppenabtheilungen weg und verbreitete sich auch da. Indessen hat doch theils das vom Rittmeister Grafen Krockow errichtete Freykorps, theils eine Abtheilung der, seit den 17. hier angekommenen, Kosacken, die Feinde wieder zurückgetrieben, und man vermuthet, daß durch ein Korps von 7000 Russen Infanterie, welche bey Pillau übergesetzt haben sollen, die Franzosen zwischen zwey Feuer gebracht und die Nehrung zu räumen werden gezwungen werden. Heute wurde von früh 6 Uhr an ein heftiger Angriff auf unsere Aussenwerke gemacht, und der grüne Donnerstag, der uns schon durch die Besitznahme von Danzig im Jahre 1793 und durch einige andere Unruhen 1797 (s. Nat. Ztg. 1798 S. 5 ff.) merkwürdig war, sollte abermals für uns wichtig werden. Indessen schweigt jetzt doch (nach 11 Uhr Vormittags) der Kanonendonner und das kleine Geschütz; nur zuweilen fällt noch ein Schuß, und es scheint der Angriff den Feinden mislungen zu seyn.


Danzig vom 17. April.

Fast täglich ist seit dem Anfang dieses Monats kanonirt und tiraillirt worden! Einige ernste Affairen verursachte die sogenannte Kalkschanze an der linken Seite der Weichsel nicht weit von der Stadt. Die Preußen hatten sie besetzt; allein in der Nacht vom 2. zum 3. Apr. nahmen die Franzosen sie weg. Am 3. wurde sie wieder von den Unsern erstürmt, mit Hülfe der Russen, welche, einige 1000 Mann stark, am 29. März von Pillau her zu Schiffe in der Stadt angelangt sind. Auch kamen am 4. Apr. ohngefähr 1800 Mann von den zu Memel errichteten provisorischen Bataillonen zu Schiffe hier an, und so ist also unsere Garnison durch Kosacken, russische Infanterie, und die provisorischen Bataillons sehr verstärkt. Ueberdieß erwartet man auch noch Schweden und Engländer. Indessen rückt doch der Feind immer näher! In der Nehrung hat er sich, nicht weit von der Stadt, stark verschanzt, eben so auf Ziganchenberg, Johannisberg, Langfuhr, Schellmühl, Wonneberg, bey der Jesuiterkirche in Altschottland; und immer allarmirt er bald hier bald da unsere Besatzung. Beym oliver Thore rechter Hand von dem Hagelsberge war ein Hügel, der in der russ. Belagerung 1734 den Belagerern zu einer Schanze gegen die Stadt gedient hatte. Nach der Zeit hat man den Sand dieses Hügels zu allerley Bedürfnissen in der Stadt gebraucht, wodurch er kleiner geworden ist. Jetzt haben die Unsern auf demselben eine Schanze angelegt; aber ihre Behauptung hat schon viel Blut von beyden Seiten gekostet, besonders am 13. April. Uebrigens wird die um Danzig liegende Gegend sehr verwüstet! Besonders hat unsere schöne Allee, vom oliver Thore bis Langfuhr, sehr gelitten. Von den Unsrigen ist am 3. Apr. die Ziegelscheune vor dem oliver Thore und die Kirche nebst dem Hospital, Aller Gottes Engel, abgebrannt, weil die Franzosen sich in und hinter diesen Gebäuden versteckt hatten. Eben so wurden am 29. März die neu aufgebauten Wohnungen in der Nehrung, nebst den niedlichen Häusern am Schuitenwege von den Unsern weggebrannt, damit die preußische Besatzung auf dem Holm desto eher die Nehrung bestreichen könnte, wo sich die Franzosen immer mehr näherten. Das war auch in der verwichenen Nacht vom 16. auf den 17. der Fall, wo die Franzosen dem Schuitenwege näher rückten und hinter dem Platze, auf welchem noch vor einigen Wochen ein Wirthshaus, der große Holländer, gestanden, eine Schanze aufwarfen, mit welcher sie die Fahrt auf der Lake, (die zwischen dem Holme und der Nehrung gegraben ist und aus der Münde von der Weichsel heraufgeht bis wieder in der Weichsel) unsicher machen. Die Unsern suchen sie nun daraus zu vertreiben, und brennen deswegen die Häuser bey der Festung Weichselmünde weg, wodurch wieder viele Menschen Schaden leiden. -- Schon sind von den feindlichen Verschanzungen Kugeln in die Stadt geflogen; am 12. wurden einige Bürger verwundet, die sich zu weit gewagt hatten.


Danzig vom 30. April.

Das Unternehmen der Unseren auf die in der Nehrung aufgeworfene Schanze der Franzosen, ist nicht glücklich gewesen; auch ein englischer Kutter welcher am 17. Abends die Schanze beschoß, könnte nichts ausrichten, und wir sind nun von allen Seiten eingeschlossen, da die Wasserfahrt von hier nach Weichselmünde äußerst gefahrvoll ist. Die Lebensmittel steigen im Preiße sehr hoch. Das Brod ist theuer und schlecht, Holz wird bald nicht mehr zu haben seyn, und an Gemüse ist nicht zu denken, man muß vieles entbehren. Ein Glück ist es, daß die ärmere Volksklasse bey der Festung immer Arbeit hat. Die Soldaten erhalten jetzt Fleisch, Erbsen, Salz, Pfeffer, Bier, Reis, Brantwein, Taback und gutes Brod, und sind in diesem Stücke besser daran, als der größte Theil der Bürger.


Danzig, vom 28. April.

Die Zeit, in welcher wir jetzt leben, ist für und in Wahrheit eine betrübte Zeit! Seit dem 24. April, Morgens gegen halb 1 Uhr, werden wir fast ununterbrochen bombardirt. Wir legten uns, nichts ahnend, am Donnerstag Abends, den 23., ruhig nieder; aber bald schreckte uns der Donner der Kanonen, Haubitz-Granaten und Bomben auf. Besonders zielten die Feinde sehr nach den Kirchen, dem Zeughause und dem Rathhause; daher auch die dabey liegenden Gebäude am meisten litten. Die Marienkirche hat mehrere Kugeln und Haubitz-Granaten bekommen; in die Johanniskirche flog Eine am 25. Vormittags durch das Gewölbe, fiel bey der Kanzeltreppe nieder, splitterte eine Stufe derselben, richtete aber weiter keinen Schaden an. Mehrere haben an dieser Kirche gestreift, auch an der großen Sakristey die Fenster zersplittert. Da Langgarten, Eimermacherhof, Niederstadt xc. verschont blieben, so flüchtete der größte Theil unserer Einwohner gleich am Freytags Morgen dahin, besonders nach Langgarten, und es war für die Zurückbleibenden ein sehr trauriger Anblick, die Menschen mit Allem, was sie in der Geschwindigkeit fortbringen konnten, hinwegeilen zu sehen. Von nun an stockten alle Geschäfte, die Verwirrung nahm mit jedem Augenblicke zu, und die sonntäglichen Gottesverehrungen wurden wegen der großen Gefahr, in welcher die Kirchen schweben, und wegen der Zerstreuung, die überall herrscht, bis auf ruhigere Zeiten eingestellt. So geschah es zuerst in der Johanniterkirche, wo diese Nachricht auf Zettel geschrieben, an die Kirchthüren angeschlagen wurde, und dann auch in den übrigen Kirchen. -- Auch die Geflüchteten nach Langgarten sind nicht sicher, geblieben in ihrem Zufluchtsorte; denn in der Nacht vom 26. zum 27. flogen eine Menge Bomben und Haubitz-Granaten dahin, sogar bis in den Garten des Gouverneurs, und in die Speicher, wo sie an den Gebäuden Verwüstungen anrichteten. Am 26. des Morgens, gegen 1 Uhr, fiel eine Granate in das Fleischer-Gewerkshaus und zündete das daselbst sich befindende Heu und Stroh an. Der Schade hätte sehr groß werden können, zumal da wenig Wasser in den Brunnen war; aber nach einigen Stunden war dieß Feuer wieder gelöscht, eben so wie ein anders, welches das Laboratorium auf dem Walle anzündete. Heute früh nach 2 Uhr zeigte die Sturmglocke wieder Feuer auf der Altstadt ab; aber auch das ward bald wieder gelöscht. Die Belagerer wenden übrigens allen Fleiß an, und zu beunruhigen. Seit dem 24., Morgens 1 Uhr, hört das Gebrüll des groben Geschützes nicht auf, nur zweymal war bis jetzt eine kurze Ruhe, nämlich am Sonnabend, den 25. Nachmittags von 3 bis 4 Uhr und Montags den 27. von 4 bis 6. Der letzte kurze Waffenstillstand war von beyden Theilen besonders darum geschlossen, damit die vielen Todten beerdigt werden könnten. Man möchte verzagen, wenn nicht die Hoffnung, daß bald Entsatz kommen werden, und belebte. Schon sollen ja 10,000 Mann Russen die Nehrung herabkommen, auch ein anderes Korps in dem Fahrwasser ausgeschifft worden sey. Gott gebe, daß wir bald von diesem Uebel erlöset werden; die Unruhe läßt uns selten schlafen.


Danzig vom 30. April.

Die Nacht vom 29. zum 30. war wieder eine sehr unruhvolle Nacht! Die Belagerer warfen viele Bomben, deren mehrere an Orte fielen, wo feuerfangende Materien waren, und zündeten. Ein Feuer hätte besonders sehr groß werden können, weil die Bombe in einen Stall fiel, der viel Heu und Stroh hatte. Das Feuer flammte hoch auf, ward aber dich in einer halben Stunde wieder gelöscht. Ueberhaupt sollen in dieser Nacht über 14 Feuer in der Stadt gewesen seyn. In der heutigen danziger Zeitung befand sich ein Schreiben des, die Belagerung kommandirenden, Marschalls Lefebvre an unsern Gouverneur v. Kalkreuth, worin er ihn auffordert, die Stadt zu ergeben, und die armen Einwohner nicht ganz ruiniren zu lassen. Kalkreuth antwortete aber darauf: daß Lefebvre, als erfahrner Krieger, eben sowohl als er, wissen müsse, daß kein Gouverneur Vrrschläge von Uebergabe erwägen dürfe, bevor eine Breche in den Festungswerken für 12 Mann in der Reihe brauchbar sey. Wir müssen nun unser Schicksal abwarten! Unsere Festungswerke sollen schon merklich gelitten haben, und man arbeitet unaufhörlich an Verfertigung von Faschinen xc., weswegen auch die Bäume auf den innern Wällen heftig bekappt werden. An Nachrichten von russischer Hülfe fehlte es nicht; es scheint aber, als wenn wir jetzt eben so vergeblich auf sie hofften, als 1734 auf französische Hülfe. Der Gang der Belagerung ist fast derselbe wie damals. Die Feinde haben die nämlichen Berge besetzt, und haben dort, eben so wie damals, Schanzen aufgeworfen. Manche Häuser haben von den Bomben und Kugeln sehr gelitten, andere sind wieder verschont geblieben. Menschen werden verstümmelt, getödtet; andere wieder auf eine wunderbare Weise aus der Gefahr gerettet. Alle Geschäfte stocken, die Polizey- und Justizkollegien sitzen nicht, kein Kaufmann hat Geschäfte, kein Handwerker verrichtet seine sonst gewöhnliche Arbeit, kein Lehrer giebt Unterricht, kein Prediger hält Gottesverehrungen, die Aerzte besuchen ihre Kranken nicht, ausgenommen auf Langgarten, wo alles mit Menschen überfüllt ist, und wo oft mehrere Familien in einem nicht geräumigen Stübchen wohnen. Alles beschäftigt sich dort mit Spazierengehen, Spielen, Rauchen, Besuchen eines öffentlichen Hauses, und man verwundert sich, dort die Damen so geschmückt zu sehen, wie in der tiefsten Ruhe und in dem erwünschtesten Frieden. -- Uebrigens sind die Lebensmittel sehr theuer, und man fürchtet bald Mangel an einigen Artikeln. Ein Paar Tauben kostet 3 fl. danz. Kour., Butter eben soviel; der Faden Fichtenholz kostet 20 bis 24 fl., und man hat Mühe einen Fuhrmann zu bekommen, der es an seinen Bestimmungsort fährt. Ein Glück ist es, daß das schöne Wetter das Einheitzen nicht mehr nöthig macht. Das Paar Hühner hat bis 7 fl. d. K. gekostet, eine Mandel Eyer 2 fl. 12 gl. bis 3 fl. 1 Pf. Rindfleisch 1 fl. 18 gl. bis 4 fl., Kalbfleisch 1 fl. 18 gl. Ein Glück ist es, daß sich noch mancher Landmann auf einem Boote mit Viktualien über die überschwemmte Werdergegend nach Danzig wagt.


Danzig vom 6. May.

Noch ist in unserer Lage keine Aenderung! Es wird heftig kanonirt, auch fliegen noch Bomben und Haubitz-Granaten, doch nicht so häufig, wie in den ersten Tagen; auch ist kein Brand mehr entstanden. Es fehlte, wie es hieß, an Geld, um die Soldaten zu löhnen; daher wurden am 3. May die reichsten Kaufleute zusammen gebeten, um den Vortrag wegen einer Anleihe von 160,000 Thlr., zu 4 Proz. und innerhalb 6 Monaten zahlbar, anzuhören. Verschiedene fanden sich willig, machten aber doch einige Bedingungen wegen Sicherheit der Wiederbezahlung, die ihnen auch zugestanden wurden. Den Tag darauf ward bekannt gemacht, daß diejenigen, welche Pulver geliefert hätten, ihre Bezahlung erhalten sollten. -- Die Festungswerke sollen sehr gelitten haben, daher nun alle Bäume auf dem Walle und in verschiedenen Gegenden der Stadt gekappt worden sind, um aus dem Strauchwerk Schanzkörbe xc. zu machen. Unsere schöne Stadt sieht sich nicht mehr ähnlich, und dennoch tragen wir und haben Hoffnung der Hülfe! Denn am 3. erzählte man schon: es sey ein Korps von 600 M. Russen im Fahrwasser angekommen. Am 4. May ließ der Gouverneur wieder bekannt machen, er hebe aus einer telegraphischen Nachricht, daß ein ansehnliches Korps Russen als Sukkurs in der Nähe sey. Andere erzählten wieder, Graf Kamenskoy sey mit 20,000 Mann Russen und Preußen schon bey Pillau übergesetzt und in der Nehrung. Als Folge von diesem allen wollten verschiedene wissen, daß die Belagerer in Schottland xc. plünderten, Häuser anzündeten und viele Bauern-Fahrzeuge bereit hätten, um damit desto schleuniger fortzukommen; aber in ihrem Verhalten gegen die Stadt ist nicht die geringste Aenderung bemerkbar. Ein Brief unsers Königs an die Stadt, worin er ihre Anhänglichkeit, Ausdauer xc. rühmt, durch welche sie, als seine jüngere Tochter, die ältern beschäme, nebst dem Versprechen, daß er nie dieses vergessen werde, hat bey Vielen die Liebe zu Preußen und den Muth zu dulden wieder angefacht.


Danzig vom 7. May.

In der verflossenen Nacht haben wir wieder einen bedeutenden Verlust erlitten! Die Belagerer haben uns nämlich den Holm, welcher von den Russen besetzt war, weggenommen. Es heißt: die Russen hätten vorher gut gezecht und dann sich dem Schlaf übergeben; das hätten die Belagerer benutzt und mit Hülfe der Ueberläufer, welche ihre Avantgarde ausmachten, auf dem Holme gelandet, wo viel Russen getödtet, viel im Wasser umgekommen und einige nur gerettet worden sind. Auf diese Weise ist nun unsere Kommunikation mit dem Fahrwasser gänzlich abgeschnitten. Unterdessen erhalten sich die Gerüchte von Sukkurs; wenn sie wahr sind, so ist zu fürchten, daß die Hülfe zu spät kommt.


Danzig vom 9. May.

Die Belagerer glaubten vielleicht, unsere Garnison werde in der Nacht vom 7. zum 8. den Holm wieder nehmen, auch war das der Wille des russischen Kommandeurs; allein unser Gouverneur war nicht der Meynung, vielleicht weil er aus den Aeusserungen eines Parlementärs, welcher noch am 7. Abends ankam, schloß, der Feind werde etwas Andres unternehmen. Das geschah auch wirklich. Denn in der Nacht vom 7. zum 8. um 10 ½ Uhr fieng er an, den Hagelsberg zu stürmen. Er wurde aber mehrmals zurückgeschlagen und verlor, wie es heißt, bey dieser Gelegenheit 300 an Todte, eine größere Anzahl wurde verwundet. Wir hatten, nach der Aussage unserer Offiziere 7 Todte. Uebrigens wird unsere Lage immer trauriger, die Verwüstungen in den Häusern nimmt zu, Lebensmittel werden immer theurer, Krankheiten mehren sich unter unsern Einwohnern, die durch Angst und Mangel an gehöriger Pflege und Bequemlichkeit erzeugt werden. Die Militärlazarethe werden immer mehr angefüllt mit Kranken und Blessirten, besonders sollen viele Russen hier erkranken, weil sie die Luft nicht vertragen können. -- Die Anleihe von 160,000 Thlr. ist schon vollzählig. Wie lange aber wird dieses Geld dauern, wenn wir nirgends mehr etwas erhalten? Noch immer redet man viel von Hülfe die Avantgarde von dem Korps des General Blücher soll im Fahrwasser angekommen, das russische Hülfskorps schon bis Stutthof in der Nehrung vorgerückt seyn, ja man sagt sogar, die große französische Armee sey geschlagen. Da man aber so oft getäuscht worden, so findet so etwas wenig Glauben mehr.


Danzig vom 11. May.

Man schließt uns immer enger ein und wir werden immer mit Verheissungen von Hülfe vertröstet! Das ist das Gewöhnliche. Der Feind wirft Bomben, Kugeln, und Haubitz-Granaten in die Stadt, tödtet und verwundet hier und da ruhige Bürger, verwüstet Häuser, doch hat er sein Geschütz mehr auf die Wälle gerichtet, weil Kalkreuth ihm gesagt haben soll: "die Bürger hätten ihm je nichts gethan, mit ihnen habe er nichts zu thun, wohl aber mit dem Militär." Es werden auch viele Soldaten blessirt und getödtet. Seit einigen Tagen hieß es, daß die russische Hülfe ankomme, und heute wollen mehrere Personen von den Thürmen auf 30 Schiffe auf der Rhede gesehen haben, die, mit mehr Nachkommenden, 17,000 Mann Hülfe bringen sollen. Die Anleihe ist, wie es neulich hieß, nicht vollzählig worden; das Gouvernement hat das Projekt zurück genommen, weil der Kaufmann nicht gern die wahre Beschaffenheit seines Vermögenszustandes bekannt werden lasse. Dagegen sollte jeder Bürger und Einwohner von seinem Vermögen 1 Proz. abgeben gegen Kämmereyscheine zu 5 Proz. und nach 6 Monaten zahlbar. Aber auch dieses Projekt ist, wie es heißt, wieder abgeändert, und man fordert jetzt die Kaufmannschaft auf, soviel zu geben als nur möglich gegen Kammereyscheine zu 5 Proz. -- Es ist zu wünschen, daß unser Leiden bald sich ende. Schon kappt man auch die Bäume in den Straßen der Stadt, erst die Linden, nun auch sogar die Kastanien um das Strauchwerk zu Faschinen zu verbrauchen, dazu nimmt die Theuerung immermehr überhand! 1 Pf. gutes Rindfleisch kostote am Sonnabend 4 fl. d. K., der Fleischer hatte für den Ochsen 1500 fl. d. K. gegeben; ein Paar Hühner halten 5 fl.; Butter und Eyer behielten ihren alten Preis; Milch wird immer seltner, weil diejenigen, welche ihr Vieh vom Lande in die Stadt führen lassen, für dasselbe kein Futter mehr haben, und es also verkaufen müssen!


Danzig vom 18. May.

In dieser ganzen Zeit ist nichts vorgefallen, was in unserer Lage eine Aenderung machte! Der Sukkurs, welcher sich im Fahrwasser befindet, hat einen Ausfall gethan, wie es heißt, nach der Seite der Nehrung, ist aber nicht glücklich gewesen. Das geschah am 15. In der Nacht vom 16. zum 17. May warfen die Belagerer vorzüglich viele Bomben auf die Altstadt und in die Gegend der St. Johanniskirche. Die Verwüstungen werden dadurch allgemeiner und bald wird kein Haus mehr seyn, welches nicht wenigstens etwas gelitten hätte. Auch werden viele Menschen beschädiget und getödtet. Die Gegend um das Lazareth ist verschanzt; das Lazareth selbst soll zum Blockhause gemacht werden *), was wird nun aus den Kranken und Nothleidenden werden? Gestern Nachmittag soll eine Affaire auf dem oliver Felde zwischen dem im Fahrwasser liegenden Sukkurse und den Franzosen vorgefallen seyn, zum Nachtheil der letztern. Man sagte sogar, sie hätten 4000 Mann verloren! Ob das wahr, oder Sage ist, wird sich zeigen. Uebrigens wird unsere Lage immer schlechter. Wir werden uns aber dennoch halten, so lange als möglich. Diese Hartnäkkigkeit haben wir den Engländern zu danken, die um den Gouverneur sind.

*) Nach geendeter Belagerung fand man dieses unwahr; aber die Lazarethkirche hat durch die Bomben sehr gelitten.


Danzig vom 21. May.

Jene Affaire auf dem oliver Felde war allerdings vorgefallen und Mehrere versichern, daß die Franzosen 3000 Mann an Todten und Verwundeten verloren hätten. Das macht aber in unserer Lage keine Aenderung. Vorgestern schien unser Schicksal sich zu unserm Vortheil entscheiden zu wollen. Es kam nämlich den 19., Abends gegen 5 Uhr, ein engl. armirtes Schiff mit vollen Segeln die Weichsel herauf, feuerte gewaltig auf die feindlichen Batterien und war schon nahe an der Brücke, welche die Franzosen über die Weichsel, von Schellmühl nach dem Holme zu geschlagen hatten; allein die Franzosen begrüßten das Schiff heftig aus der Schanze in der Nehrung hinter dem großen Holländer, aus der Sommerschanze und von Schellmühl her. Die Unsern feuerten auch von den Wällen und dem Blockhause nach dem Holme zu, schon hieß es, der Holm und die Kalkschanze sind unser, das Schiff hat, da es mit gutem Winde kam, die Brücke gesprengt und liegt schon oben am Blockhause! Aber bald kam die richtigere und traurigere Nachricht, daß das Schiff auf einer Untiefe in der Weichsel festsitze, von dem Feinde einige Schüsse bekommen, die sein Steuer verderbt, und daß es nach 5 Minuten die Flagge herabgenommen habe. Das Schiff hatte 16 Kanonen, soll Ammunition, auch Geld gehabt haben, und ist nun in feindlichen Händen, welche die gemachte Beute gut brauchen werden. Die Kriegsgefangenen, deren über 200 seyn sollen, hat man vom Schiffe nach Langfuhr abführen sehen. Gestern thaten die Unsrigen einen Ausfall am Hagelsberge; die Franzosen lockten sie mit einer kleinen Mannschaft, aber sie kamen alsdann mit größerer Macht über sie, doch haben wir einige Tage Arbeit der Feinde vernichtet, auch ein Paar Haubitzen und eine Kanone vernagelt. Unser Verlust besteht aus 16 - 20 Todten und eben soviel Verwundeten Unterdessen nimmt doch unsere Garnison immer mehr ab, und es läßt sich berechnen, daß unser Schicksal in einigen Tagen entschieden seyn wird.


Danzig vom 23. May.

Am 21., Nachmittags um 2 Uhr, kam ein französischer Parlementär zu unserm Gouverneur, brachte die Kaufmannsbriefe, welche auf dem englischen Schiffe vorgefunden waren, auch einen Brief des jungen Kalkreuth an seine Mutter, die Gattin unsers Gouverneurs, zugleich that er wieder Vorschläge zur Uebergabe der Stadt; der Gouverneur soll aber ganz freyer Abzug der Garnison zur großen Armee, völlige Befreyung der Stadt von aller Kontribution und Neutralität derselben bis zum Frieden gefordert haben. In wiefern diese Punkte dem Marschall Lefebvre annehmlich waren oder nicht, kann nicht bestimmt werden; aber bald nachdem der Parlementär fort war, nach 6 Uhr Abends, erhob sich eine heftige Kanonade, und es schien, als sollte durch einen allgemeinen Angriff jetzt unser Loos entschieden werden. Gegen 8 Uhr wurde es wieder ruhig und unter mehreren umlaufenden Gerüchten hieß es nun: die Franzosen hätten vom Holme aus mit mehreren Fahrzeugen nach dem Bockenhausischen Holzraume übersetzen wollen, wären aber durch unsere Kanonen gehindert worden *). -- Nach dem heftigen Sturme kam Ruhe; ein Parlementär, der wieder Abends 11 Uhr in der Stadt war, brachte endlich einen 24stündigen Waffenstillstand zu Stande, der bis heute Morgen 2 Uhr dauern sollte. Da gestern alles ruhig war, so hatten unsere Einwohner Zeit, die Zerstörungen zu betrachten, welche angerichtet worden sind. Die Altstadt hat ausserordentlich gelitten! Die Häuser in den Straßen nächst dem Jakobsthore, auf dem kaschubischen Markte, in der Paradiesgasse, auf Pfefferstadt xc. sind fast alle zerstört und müssen zum Theil neu aufgebaut werden, die Katharinenkirche hat sehr viele Kanonenkugeln erhalten, auch mehrere Bomben und Granaten; das Pockenhaus hat sehr gelitten und die Kirche bedarf einer sehr starken Reparatur; die Häuser auf Neugarten sind sehr beschädigt; keine Kirche, die auf Langgarten ausgenommen, ist unbeschädigt geblieben, allein diese Kirche wurde zum Lazareth gemacht, früher war sie ein Heumagazin. Noch jetzt, 6 Uhr des Morgens, ist alles ruhig, es scheint also, als wenn der Waffenstillstand noch fortdauerte; indessen hört man doch hier und da einige Flintenschüsse fallen. Man sagt, daß Lefebvre unsere Garnison, weil sie sich in der Festung so lange halte, sehr schätze, daß er auch eine sehr gute Meynung von unsern Bürgern erhalte, die alles Ungemach so geduldig und männlich tragen. Unsere Garnison kann auch die Bürgerschaft nicht genug bewundern, und wenn sie abziehen sollte, wird sie gewiß uns im besten Andenken behalten. Uebrigens kann unser jetziger Zustand nicht lange mehr dauern. Die Garnison ist durch Krankheiten, Gefechte und Desertion sehr geschwächt; der Sukkurs bleibt aus, oder ist unbedeutend, dem Gouvernement fehlt es an Geld, der Stadt an Lebensmitteln; -- alles Gründe, welche eine Uebergabe nöthig machen. Man sagt, es sey ein Kourier an den König geschickt worden, vielleicht haben bald unsere Leiden ein Ende.

*) Eigentlich war das nur ein falscher Angriff, der wahre sollte auf den Hagelsberg gehen, der schon sehr zerschossen war und wo man die Laufgräben bis hart an die Pallisaden fortgezogen hatte.

Danzig vom 24. May.

Der Waffenstillstand dauert fort, und schon ist man, wie es heißt, in einigen Punkten wegen der Uebergabe übereingekommen, so daß die Furcht vom Wiederanfang der Feindseligkeiten immer mehr schwindet.


Danzig vom 31. May.

Die Kapitulation ward zwischen dem Marschall Lefebvre und dem Gouverneur Kalkreuth noch am 24. abgeschlossen, bis jetzt aber ist davon noch nichts bekannt. Schon am 25 sah man Grenadiere von Oudinot in der Stadt herumgehen; am 26. besetzten die Franzosen die Aussenwerke und am 27. marschirten unsere Preußen durch die Nehrung nach Pillau ab. Aber ihre Zahl war sehr klein; viele waren schon früher zu den Franzosen übergegangen, viele thaten dieses noch am Tage des Ausmarsches. Sie können entweder bey den franz. Hülfstruppen Dienste nehmen, oder auch zu den Ihrigen gehen, da sie dann ein Zertifikat erhalten. Alle Franzosen sagen, daß wenn man nicht am 21. Abends noch von unserer Seite einen Parlementär geschickt hätte, der Sturm angefangen und bis zum Sonntage den 24. fortgesetzt worden wäre, da man denn gewiß die Stadt gehabt hätte. Dieses ist nicht Aufschneiderey. Denn schon waren die Belagerer mit ihren Laufgräben bis an die Festung gekommen, hatten sich durch eine Miene bis an die Pallisaden gemacht und diese umgehauen. Es fehlte also weiter nichts als der Befehl zum Sturm; die verschiedenen Korps dazu waren schon ernannt. Den Soldaten ists eben nicht lieb, daß nicht gestürmt worden ist, weil sie nun keine Beute machen können; aber von uns ist dadurch ein großes Unglück abgewendet.

Nun hat jeder Bürger mit der Einquartierung zu thun, die bey vielen sehr lästig ist. Der Magistrat oder die Servicekommission hat vorher nicht angesetzt, daß und wieviel man Einquartierung bekommen werde; nur ein Plaklat verkündigte, was man der neuen Einquartierung geben sollte; nämlich: Morgens ein Glas Brandwein, dann zu Mittag Suppe und ½ Pf. Fleisch, eine Bout. Bier, 1 ½ Pf. Brod, den Offizieren nach Verhältniß ihres Grades. Dieß Plakat war unterzeichnet: Armand Major de place. Die Soldaten waren aber damit nicht zufrieden und verlangten an mehreren Orten Wein, Pantalons, Strümpfe, Hemden, besser Brod, so daß mancher Bürger große Unkosten hatte, auch nicht selten gemißhandelt wurde **). -- Der Exzesse wurden mancherley begangen; es war aber im Anfang nicht möglich, sie völlig zu hindern, weil die Truppen verwildert und ihre Zahl in der Stadt zu groß war. Man rechnet ihrer über 20,000 Mann, und doch ist noch eine große Anzahl im Lager und viele sind weiter gezogen. Man hofft, daß die Truppenzahl sich bald bis auf 6000 mindern werde, die hier in Garnison bleiben. Napoleon ist heute in Oliva angekommen, und wird morgen die Festung besehen und über die Truppen Revue halten. Von der Belagerungskorps, das zuletzt aus 45,000 Mann bestand, soll dann ein Theil nach Graudenz, ein Theil nach Kolberg und ein Theil zur großen Armee abgehen. Unsere Stadt ist sehr beschädigt und über 600 Zivilpersonen sind durch die Belagerer theils verwundet, theils getödtet worden. Die Franzosen versichern aber allgemein, daß der ausdrückliche Befehl gewesen wäre, die Stadt zu schonen; die Kanoniere hätten aber zuweilen wider Befehl gehandelt, zuweilen wären auch die Kugeln und Bomben, die auf die Wälle gerichtet waren, wider ihren Willen über dieselben weggegangen. Anfangs hieß es, daß die Häuser, welche gelitten, von Einquartierung frey seyn sollten, aber das ist nicht richtig befunden; jeder Bürger hat Einquartierung. Die Festungen Weichselmünde und Fahrwasser haben sich am 27. auch ergeben, weil 250 Kanoniere übergiengen, die vorher die Zündlöcher mit Werk und Theer verstopften. Noch kurz vorher ließ der Kommandant der Festung die dabey erbaute Kirche niederreissen! Von den Belagern sollen in der ganzen Zeit, da sie vor der Stadt lagen, 15,000 Mann verloren worden seyn. Das läßt sich denken, da die Preußen häufige Ausfälle machten, und die Franzosen sich oft unsern Kanonen sehr näherten. Am 28. fieng auch das Glokkenspiel vom Rathhause wieder an, die Berglocken wurden wieder, wie sonst, geschlagen, den 29. hörte man auch wieder das Glockenspiel vom Katharinenthurme, am 31. war in allen Kirchen, wie gewöhnlich, Gottesdienst. Die verschiedenen Autoritäten machten ihre Aufwartung beym Marschall Lefebvre, der sich sehr freundlich bewies. Zum Gouverneur der Stadt ist General Rapp ernannt, zum Kommandanten Gen. Menard und zum Major de place Armand.

**) Besonders war es mit dem Brode sehr übel; denn da uns das Wasser, welches die Mühlen treibt, abgeschnitten war, so mußten wir schlichtgemahlen Bord essen.

Danzig, den 2. Jun.

Am 1. Jun., Nachmittags halb 2 Uhr, kam der Kaiser Napoleon selbst in unsere Stadt. Er hatte am 31. May von Finkenstein sich nach Oliva begeben, den 1. Jun. früh von da aus seinen Weg nach dem Fahrwasser genommen, die Festungswerke daselbst besehen, dann den Holm, von da den Hagels- und Bischoffsberg. Mittags speisete er im Hause des Kaufmanns Almondi auf Langgarten, hielt hierauf Revue über die legion du Nord, welche auf Langgarten aufmarschirt war, schickte verschiedene Depeschen ab und erhielt welche; besuchte die übrigen Befestigungen der Stadt, und am 2. Jun., Nachmittags um 4 Uhr, gieng er wieder zur großen Armee ab. Man glaubt, er werde wiederkommen, weil ein Theil seiner Garde, auch ein persischer und türkischer Gesandter noch hier sind.


Danzig, den 24. Jul.

Am 21. Jul. war für unsere Stadt ein äusserst merkwürdiger Tag! Unsere vormalige republikanische Verfassung wurde an demselben wieder eingeführt *) Morgens halb 6 Uhr wurde die Feyer des Tages durch 20 Kanonenschüsse angezeigt, um 7 und 9 Uhr mit allen Glocken geläutet, während welcher Zeit sich der Gouverneur unsrer Stadt, General Rapp, der Kommandant Gen. Menard, die übrige Generalität, der neue Rath, die Schöppenherrn und die Repräsentanten der Bürgerschaft bey dem neuen Stadtpräsidenten, Hrn. v. Gralath, versammelten. Halb 10 Uhr begann unter Glockengeläute und Kanonendonner der feyerliche Zug aufs Rathhaus, angeführt von einer Kompagnie Grenadiere von Oudinot und beschlossen von einer Grenadierkompagnie und Husareneskadrons. Auf dem ganzen Wege standen auf beyden Seiten Grenadiere von Oudinot. Als alle auf dem Rathhause angekommen waren, hielt der Präsident eine kurze Rede, erst in deutscher, dann in französischer Sprache, in welcher er seinen Dank gegen den Wiederhersteller unserer Verfassung an den Tag legte, dann ward ein Dejeuné gegeben und der Zug gieng in der nehmlichen Ordnung, unter Glockengeläute und militärischer Musik, auch Musik vom Rathsthurme, wieder zurück. Des Abends war die Stadt erleuchtet; doch nicht so schön als 1793, und bey der Anwesenheit Friedrich Wilhelm III. Die Ursache war das Unerwartete dieser Feyer und der große Schade, den die Bürger erlitten, nebst dem Drucke der Einquartierung. Vor Sonnenuntergang wurden wieder die Kanonen gelöset und mit den Glocken gelautet. Die Akte, in welcher unsere Stadt für frey erklärt wird, lautet folgender Gestalt:

1) Se. Maj der Kaiser der Franzosen und König von Italien erkennt und garantirt die Stadt Danzig als eine freye und unabhängige Stadt unter dem Schutze des Theiles vom ehemaligen Königreiche Polen, der durch die Armeen Sr. Maj. erobert und von der preußischen Monarchie abgenommen worden, welches auch die Regierungsform seyn möchte, die dieses Land beherrschen wird.

2) Die Stadt Danzig und ihr Territorium werden alle die Verhältnisse unterhalten, welche ehemals zwischen derselben und der Republik Polen existirten.

3) Die Stadt Danzig erhält ihre alte Konstitution mit allen den Rechten die zu derselben gehören, und wird dem zu Folge, wie vor der Einnahme durch Preussen, regiert werden.

4) Keine Zölle und Abgaben dürfen von der Stadt Danzig auf der Weichsel angelegt werden, welche bis Warschau völlig frey bleibet.

5) Das Fahrwasser, wie es vor 1772 der Stadt gehörte, die Seite von Gletkau bis Oliva, Freudenthal, Matern, Goldkrug, Brentau, Ottomin, Bankau, Jenkau, Bolkau, Golmkau, Strazien, Pranszyn werden in die neuen Gränzen des danziger Territorium eingeschlossen seyn; das langenauer Feld, Münchengrebin, Gemlitz, Nassenhuben, Neuenhuben, Hochzeit, Quadendorf, Neuenburg, großer und kleiner Holländer, der Holm, die Vorstädte Langfuhr, Stries, Schitliz, Alt- und Neu-Schottland, der Stolzenberg, Bischofsberg und St. Albrecht werden einen unverletzbaren Theil des danziger Territorium ausmachen. Die Privilegien, welche die Stadt zur Unterhaltung der muntauer Spitze, die die Weichsel von der Nogat scheidet, besaß, und ihre Rechte im putziger Wick, werden hergestellt werden.

6) Die Stadt Danzig zedirt keine andere Entschädigung für die Vergrößerung des Territorium, die sie durch diese neue Eintheilung genommen hat, als Scharpau, Küchenwerder, bis zur Elbinger Weichsel.

In einigen Stücken ist schon eine heilsame Veränderung mit unserer alten Verfassung gemacht worden. Ehedem waren in der dritten Ordnung oder unter den Repräsentanten der Bürgerschaft blos Lutheraner, jetzt hat man auch Reformirte und Katholiken mit aufgenommen. In den beyden höhern Ordnungen konnten zwar Reformirte seyn, aber keine Katholiken; jetzt wird man wahrscheinlich auch die letztern nicht ausschließen, wenn sie sich nur zu diesen höhern Stellen qualifiziren. -- -- Die Stadt muß freylich eine starke Kontribution bezahlen; wenn wir aber nur erst wieder freyen Handel haben, dann werden wir vielleicht allmählig die tief geschlagenen Wunden wieder heilen.


Danzig, vom 13. Aug.

Noch ist es nicht möglich, die Vortheile der wieder erlangten Freyheit zu fühlen. Jede Haushaltung leidet unter dem Drucke einer starken Einquartierung, die bey dem Rückmarsch der französischen Truppen mehr zu- als abnimmt. Vor dem Hafen liegt ein englisches Schiff, welches nichts herein, oder heraus läßt. Unsere abgetackelten Schiffe faulen in der Motlau und Weichsel. Die ungemeine Hitze vermehrt die Krankheiten, die schon durch das Zusammendrängen so vieler Menschen, durch die Unruhen der Belagerung und durch die Menge der um die Stadt, oft nicht tief, verscharrten Leichname entstehen mußten. Wöchentlich sterben über 200 Menschen. In einigen Dorfschaften um Danzig ist auch unter dem Hornvieh eine Seuche entstanden. Das Fleisch bleibt daher sehr theuer, und man kann nicht hoffen, daß es bald wohlfeiler werden wird, da die großen Armeen alles aufgezehrt haben. Als Kriegssteuer muß Danzig 20 Mill. Franken zahlen, behält aber dagegen alles an Schiffen und englischen Waaren, die hier etwa seyn möchten. Ausserdem müssen für die Vergrößerung des Gebiets von Danzig noch 10 Mill. Franken gezahlt werden. Dieses Gebietes wegen sind schon einige Differenzen mit Preußen entstanden, welches auf der Südostseite unserer Stadt unser Gebiet verkleinern und blos zwey Meilen zugestehen wollte. Wir würden dadurch an sehr fruchtbaren Lande verloren haben. Man wendet sich deshalb nach Paris, und eben heute (am 13. Aug.) traf hier von Seiten Sr. Majestät des Kaisers Napoleon die bestimmte Nachricht ein, daß das danziger Gebiet nicht auf zwey französische, sondern auf zwey deutsche Meilen erweitert werden soll. Unser sehnlichster Wunsch ist jetzt auf den Seefrieden gerichtet, damit der Handel wieder empor komme, der allen Brod zu geben im Stande ist. Ausserdem wird es auch schwer halten, die Kontributionsgelder, die sich, wie gesagt, auf 30 Mill. Franken belaufen, zusammen zu bringen.


Aus den Briefen eines Danzigers.[]

[4]

D. 11ten März.

Eine der schrecklichsten Nächte meines Lebens habe ich durchmacht! -- Schon verbreitete sich gestern Abend das Gerücht, daß die Vorstädte Stolzenberg, Schottland und Neugarten bis vierhundert Schritte von den äußersten Festungswerken ab, durch Pechkränze in Brand gesteckt werden sollten. Allein da Kalckreuth noch immer nicht hier war und Manstein schon außer Thätigkeit gesetzt war, so glaubte man nicht, daß der Kommandant der Stadt, der Generalmajor von Hamberger, diese fürchterliche Maaßregeln ergreifen werde; um so weniger ergreifen werde, da der schon so nahe heran avancirte Feind ja hinter den ausgebrannten Mauern und den Schutthaufen der eingestürzten Häuser eine sichere Barriere finden könne. Allein urtheilen Sie von meiner Schrecken, als ich in der Mitternachtsstunde aus meinem unruhigen Schlafe erwache und meine, weiter als im Mittelpunkte der Stadt gelegene Wohnstube, wie vom hellsten Mondlicht erleuchtet und die benachbarten Dächer und Mauern mit Flammenrothe überflogen und den ganzen Himmel im Wiederschein der Gluth erblicke. Mit Zittern fliege ich aus meinem Bette und in das vordere Zimmer, welches seine Lage nach jener Schreckensgegend hin hat. Gott welch' ein Anblick! -- Der wird nie aus meinem Gedächtnisse schwinden. Allenthalben flammte hoch der Wiederschein der ungeheuern Feuermasse am Horizont in die Höhe. -- Tiefe Stille ruhte in den Straßen, niemand wankte, keine Stimme hörte man, aber eine gräßliche, schauerliche Helligkeit, wie aus der Hölle geborgt, überstralte die Straßen, und bald heller, bald matter flammte der Wiederschein des Feuers an dem benachbarten Kirchenthurme auf. Gräßlich schön war das Schauspiel, Milton hätte es zur Schilderung der Hölle brauchen können, und an das Herz greifend war der dumpfe Glockenschlag Eins in diese fürchterliche Stille. Rings in meiner Nachbarschaft bemerkte ich mehrere Personen in ihren Fenstern, aber Niemand sprach; Schrecken, Furcht, bange Ahndung der Zukunft hatte alle Zungen gefesselt. -- ---

Ich kleidete mich an, um irgendwo dem gräßlichen Schauspiele näher zu kommen und dem Ungeheuer, dessen Wiederschein ich nur aus meinem Fenster sah, näher ins Antlitz zu schauen. In dieser Absicht gieng ich zu einem Freunde, der diesen Unglücksgegenden näher wohnt, dessen Haus eine freiere Lage hat und dabei hoch genug ist, um aus dem obersten Stockwerk desselben über die Festungswerke hinaus zu sehen. -- -- Dort, Gott was für ein Schauspiel für Auge und Ohr. Allenthalben in den Straßen die bängste, ängstlichste Stille, aber in der Ferne das Jammergeschrei jener Armen, deren Häuser und Hütten mit Gewalt angesteckt wurden: die ihre ganze Haabe in Flammen aufgehen sahen, und wenn sie auch noch in der Geschwindigkeit Etwas retteten, nicht wußten wohin damit zu flüchten, weil Flammen und Feind sie allenthalben umringten; fürchterlich hörte man das Rufen der Eltern nach ihren Kindern, der Kindern nach den Eltern; das Krachen und Einstürzen der Häuser, das Rauschen der Flammen, das Fallen der Schüsse von Freund und Feind. Nein, ich vermags nicht Ihnen das alles in seiner ganzen Gräßlichkeit zu schildern; aber bebend fuhr das Wort: Krieg! das ich so lange nur aus Zeitungen, nur von Hörensagen kennte, durch alle meine Nerven. -- -- -- -- -- -- -- --

Das Feuer wüthete unterdessen fürchterlich fort; hohe Rauchsäulen stiegen riesenmäßig in die Luft und verdunkeln die Sonne so, daß die Straßen und Häuser mit einem braunröthlichen Flor überhangen zu seyn scheinen. Dabei ist es eine interessant rührende Scene am hohen Thor, wo beide Heerstraßen von Schottland einerseits und von Neugarten, Schildlitz und Stolzenberg andrerseits zusammentreffen, das Gedränge der Fuhrwerke und das Gewimmel von Menschen jedes Geschlechts, Alters und Standes anzusehen, die mit geretteten Mobilien und Haabseligkeiten, mit Lebensmitteln oder mit Baumaterialien, den Reliquien ihrer brennenden Häuser, belastet in die Stadt flüchten. Reichthum und Armuth, Wohlhabenheit und Dürftigkeit, Luxus und nothdürftigstes Bedürfniß, Alles theilt hier Ein Loos und drängt sich in dichten Haufen zusammen, und das Thor ist nicht weit genug, die Flüchtlinge zu fassen. Jene sieht man mit drängender Eilfertigkeit kommen und diese unaufhaltsam herausstürzen, um noch zurückgelassene Reste zu bergen, und so sperren sich Kommende und Gehende den Weg. In diesem Getümmel erblickt man Kranke auf Tragen, Greise am Stabe gebückt, kaum selbst im Stande sich fortzuhelfen und doch noch mit Resten ihrer Wohlhabenheit oder ihrer Dürftigkeit belastet, kleine Kinder an der Hand der weinenden Mutter, halb nackend, wie die Nachts ihrem Bettchen entrissen, aus dem brennenden Hause gerettet wurden; hoch beladene Wagen, die sich einer vor dem andern ins Thor drängen wollen, an einander stoßen, die Pferde sich verwickeln, die Fuhrleute fluchen, die Wachen mit dem Gewehr dazwischen schlagen und dadurch die Unordnung vergrößern, und das alles von einem Himmel überwölbt, der rings um in Dampf und Rauch verhüllt ist, aus welchem am Horizont rothe Flammen in die Höhe lecken und dazwischen hört man des Geschützes ehernen Donner rollen, der uns den Kommentar zu diesem Schauspiel in die Ohren brüllt. Sehen und hören Sie das alles mit ihrer Phantasie und ihrer Seele wird sich ein Bild darstellen, dessen Fürchterlichkeit nur durch das Wort: Krieg! übertroffen werden kann. Ja, Freund, wer dieses Gehen, Drängen, Durcheinanderlaufen angstvoller Menschen, auf deren Gesichtern allen Schrecken, tiefes Gefühl des zerstörten Glücks, Jammer über verlorenes Eigenthum und fürchterliches Fürchten der Zukunft geschrieben stand, wer das sehen konnte ohne sein Herz zerrissen zu fühlen, der stehle sich fort aus dem Kreise der Menschen und fluche der Natur, die sein Herz so hart erschuf. –

Achthundert Gebäude, unter denen sich das Kloster und die Kirche der Franziskaner auf Stolzenberg, die protestantische Kirche und das Rathhaus ebendaselbst, und das Kloster nebst der Kirche der barmherzigen Brüder in Schottland, nebst mehreren Brannteweinbrennereien, Lederfabriken und geschmackvollen Gartenhäusern Danziger Bürger befinden, sind zum Theil schon in Schutthaufen verwandelt oder brennen noch jetzt zu traurigen Ruinen, den fürchterlichen Ruinen dieses Krieges für die Nachwelt. Der bei weitem größte Theil der Bewohner dieser Gebäude hat sich in die Stadt geflüchtet, wodurch die Menschenzahl ungemein anwächst und die Konsumzion ausserordentlich vermehrt wird. Was steht uns bevor! -- --


Zeitungsnachrichten.[]

1806.[]

Koppenhagen, den 2. Dec. [5]

Mit Privatbriefen, welche ein am 26. v. M. von Danzig abgesegeltes Schiff mitgebracht hat, sind folgende Nachrichten über die Lage der Dinge daselbst hier eingetroffen: "Der Preussische General Manstein lag dort mit 17,000 Mann, und hatte alles in Bereitschaft gesetzt, um sich so lange wie möglich zu vertheidigen. Auf dem Langarten-Kirchhof, welcher gegen Bomben ziemlich gesichert ist, wird ein Magazin von Heu und Haber errichtet."

Hamburg, den 23. Dez. [6]

Man hat hier Berichte aus Danzig vom 13. dieß. An diesem Tage war daselbst noch Alles in dem bisherigen Zustand, und die französischen Truppen hatten keinen Angriff auf Danzig unternommen. Alle Anstalten waren getroffen worden, um eine lange Belagerung auszuhalten.


1807.[]

März 1807.

Hamburg, den 5. April. Der General Kalkreuth hat, nach altem Kriegsgebrauch, seine Ankunft in Danzig dem kommandirenden Französischen General wissen lassen, und eine höfliche Gegenbothschaft erhalten, mit dem Wunsche: daß sie sich bald verständigen möchten, der Stadt den Schaden eines Bombardements zu ersparen; worauf aber der Preussische General erwiedert haben soll; daß er entschlossen sey, sich eher unter den Ruinen der Festung begraben zu lassen, als sie zu übergeben.

Warschau, den 30. März. Seit dem 18. dieß hat das zur Belagerung von Danzig kommandirte Korps angefangen, Batterien zu errichten. Sobald die erste Parallele vollendet seyn wird, soll das Bombardement der Stadt den Anfang nehmen.

Zu Dresden wurde am 7. April folgendes bekannt: Am 19. März ist von dem k. k. Französischen General Schramm, durch kräftige Mitwirkung der Bataillons Süßmilch und Maximilian, die Passage von Pillau, auf der Landenge hin gegen Danzig, durch Vertreibung des dort befindlichen Preussischen Korps, von ungefähr 200 Mann und 200 Kosaken, unter Kommando des Generals Roquett, gesperrt worden, wobey der Kapitain v. Wangenheim nebst 3 Grenadiers, jedoch nur leicht, verwundet wurden. Bey dieser Gelegenheit haben Se. kaiserl. Maj. den königl. Truppen Ihren allerhöchsten Beyfall zu erkennen geben zu lassen, auch dem Major v. Süßmilch, genannt Hörnig, und 3 anderen Offizieren, auch 3 Soldaten, deren Nahmen noch bekannt gemacht werden sollen, das Kreuz der Ehrenlegion, nebst der damit verbundenen Pension angedeihen zu lassen geruhet. Am 26. März hat die Danziger Besatzung einen starken Ausfall gethan, ist aber auf allen Punkten mit beträchtlichem Verlust zurückgewiesen worden. Bey einem Angriff auf die dem Bischoffsberge gegenüber liegende, von den Franzosen und Sachsen besetzte Schanze, wo der Feind seine Versuch fruchtlos viermal wiederholte, hat der Premierlieutenant v. Wilucki xc., vom Regiment Sänger, die linke Hand verlohren; 2 Musketier sind getödtet, 7 sind blessirt worden. Der Korporal, Gottlob Kresse, von der Langenschen Kompagnie eben dieses Regiments, welcher zugleich, als der Premierlieutenant v. Wilucki blessirt wurde, das Kommando übernommen, und seinen Posten während einer Stunde, und zwar so lange tapfer vertheidigt hat, bis der Souslieutenant v. Vietinghof in die Schanze gekommen, das Kommando zu übernehmen, hierauf sein Kurzgewehr weggeworfen, das Gewehr und Patrontasche eines Blessirten genommen, und so bis zur Beendigung der Affaire als gemeiner Soldat gefochten hat, verdient einer besondern Ehrenerwähnung."

Die Königsberger-Zeitungen vom 26. und 30. März liefern folgende Kriegsberichte:

Danzig, vom 25. März. Die Kriegsereignisse haben seit mehreren Tagen den Spielraum für unsere Truppen um unsere Stadt herum, bedeutend eingeschränkt, indessen ist der Feind, so lange er nicht schwereres Geschütz an sich herangezogen hat, nicht im Stande, der Stadt besondern Schaden zuzufügen. Alle möglichen Arangements zu seinem guten und nachdrücklichen Empfange sind getroffen; unsere Werke sind in dem respektabelsten Zustande; die Artillerie und übrigen Truppen in der solidesten Verfassung; die Ammunizion- und Proviant-Magazine mit ungeheuern Vorräthen gefüllt, und ausser denen schon über die Nehrung erhaltenen Truppen-Verstärkungen sind noch sehr ansehnliche und bedeutende andere Russisch- und Preussische Verstärkungen aus Memel und Pillau zur See in Bewegung gesetzt worden, welche wir nun in wenigen Tagen erwarten. Ausser einigen kleinen Rekognoszirungen und Neckereyen bey der Festung, ist noch nichts bedeutendes vorgefallen; einzelne Kanonenschüsse geschehen verschiedentlich, um die Keckheit des Feindes in Schranken zu halten. Die Vorfälle seit dem 19. sind kürzlich folgende: Am 19. blieb es bis auf ein kleines Scharmützel bey Fahrwasser ziemlich ruhig. Den 20. gieng ein starkes Französisches Korps, welches auf 4000 Mann angegeben wird, beym Haupt, bey Stegen und bey Stutthoff, vermittelst Prahmen, über die Weichsel; das Detaschement im Haupte wurde geworfen, und die unterhalb davon, zwischen Stutthoff und dem Haupt gestandene Truppen wurden von ersteren dadurch getrennt, und nahmen ihren Rückzug nach Pillau. Das starke Pulk Kosaken des Majors v. Barabanczykow kam mit dem v. Krokowschen Freykorps dem Korps des Generals v. Rouqett zu Hilfe, der sich nach Krokau hatte zurückziehen müssen. Es ward sehr lebhaft zwischen beyden Theilen scharmuzirt, und Major Graf Krokow attaquirte mit grosser Lebhaftigkeit; da sich der Feind aber mit bey weit überlegener Macht auf der Nehrung festgesetzt hatte, so glückte es ungeachtet aller angewandten Mühe nicht, den Feind wieder aus seiner Posizion zurückzuwerfen, und unsere Truppen zogen sich gegen Weichselmünde zurück. Den 21. ward die Garnison von Fahrwasser mit 1400 Mann verstärkt; das Krokowsche Freykorps und 2 Regimenter Kosaken giengen nach Fahrwasser, und kaum waren sie eingetroffen, so attaquirten die Pohlen wieder auf die daselbst befindliche Schanze; sie wurden jedoch abermals zurückgeschlagen; Oberst Popow und Graf Krokow trieben sie bey dieser Gelegenheit bis Oliva, und zu gleicher Zeit geschah von hier aus der Festung ein lebhafter Ausfall durch Preussische Kavallerie und Kosaken, unter den Obersten von Massenbach und Malachow, welche durch Grenadiere unterstützt wurden. Der Feind wurde bis über sein Lager von Wennenberg hinausgetrieben, und dieses von den Kosaken angezündet. Ungefähr 60 Feinden wurden bey dieser Gelegenheit von den Kosaken erstochen. Eine Kosaken-Patrouille von einem Kornet und 7 Mann, holte aus dem Dorfe Krokau, auf der Nehrung, wo das übergegangene Korps, unter dem General Schramm steht, einen Kapitain und 10 Gefangene. Ueberhaupt wurden an diesem Tage 2 Kapitains und 60 Mann gefangen gemacht. Der Feind verschanzte sich im Walde bey Krokau; er scheint diese Posizion darum genommen zu haben, weil es der schmalste Theil der Nehrung ist. Dieses Schrammsche Korps besteht aus einem Bataillon von 2. Chasseur-Regiment, 2 Bataillons Sachsen, 2 Bataillons Pohlen und eines Eskadron Chasseurs zu Pferde. Den 22. rückte der Feind vor, um vermuthlich die Preussen aus Zigantendorff zu delogiren, replizirte sich aber sogleich wieder, als unsere Piquets vorrückten.

Ueber den Gang der Belagerung von Danzig, erschienen in Dresden und Berlin folgende Nachtrichten:

"Seit dem 10. März wurde Danzig immer enger eingeschlossen. Am gedachten Tage besetzten die Belagerer die drey Vorstädte: Ohre, Schottland und das sogenannte Stadtgebiet; acht Tage darauf, am 17. März, bemächtigten wir uns auch, der lebhaften Gegenwehr des Feindes unerachtet, der beyden übrigen Vorstädte: Stolzenberg und Schidlitz. Am 20. hatte sich ein Detaschement Kosaken, von Pillau her, heimlich in die Stadt hineingeschlichen, und wahrscheinlich um uns durch den unerwarteten Anblick dieser neu angekommenen Truppen zu erschrecken, machte der Feind mit ihnen bey Tagesanbruch am 21. einen Ausfall. Dieser glückte aber nicht; am 26. wiederholte der Feind diesen Versucht, und rückte zu dem Ende fast mit der ganzen Garnison aus. Sie war in zwey Kolonnen getheilt, und hatte schwere Artillerie bey sich. Da diese ganze Masse sich zuerst auf unsere Vorposten warf, so wurden diese zurückgedrängt. Als aber der die Belagerung kommandirende Marschall Lefebvre selbst an den Ort des Angriffs kam, ward der Feind überall geworfen, und der befestigte Zyganisberg weggenommen. Diese Anhöhe ist ein wichtiger Posten, weil er die Stadt dominirt, und von dort aus ein Theil der Festungswerke bestrichen werden kann. Am Abend vor diesem Ausfall war unsere Zirkumvallazionslinie nach der Nehrung hin vollendet, und dadurch dem Orte auch die Kommunikazion mit der See angeschnitten worden; früher schon hatte man das fliessende Wasser, die Radune, welche mehrere Mühlenwerke treibt, abgeleitet, und dadurch die Mahlmühlen in der Stadt in Verlegenheit gesetzt. Die Polen haben sich bey allen diesen Operazionen dermassen ausgezeichnet, daß ihnen der Marschall den Ehrenposten, überall den Preussischen Batterien zunächst, angewiesen hat."

April 1807

"Fünfhundert Schritte vor dem Olivathore ist eine nicht unbeträchtliche Erhöhung, auf welcher die Garnison eine Redoute angelegt hatte. Der Besitz dieser Redoute war nothwendig. Das 19. Linienregiment nahm sie in der Nacht vom 10. zum 11. April, und sie ward durch ein Kommando vom Regiment Bevilaqua, unter dem Lieutenant Just rasirt. Die Garnison warf jedoch die Redoute in der Nacht vom 11. bis 12. noch sorgfältiger auf. Bey der Unentbehrlichkeit des Besitzes dieser Schanze, welche das Vorrücken der Trenscheen erschweren konnte, erhielten der Oberste von Hartitzsch und Oberstlieutenant v. Cerrini, in der Nacht vom 12. zum 13. Befehl, solche zu nehmen, und sich darin zu logiren, welches dieselben entschlossen ausführten, und die Besatzung zu Gefangenen machten. Früh that die Garnison, unter Begünstigung einer neblichten Witterung, einen Ausfall mit 3 Bataillons, drängte die Sächsische Besatzung aus der Schanze, und attaquirte sogar die Laufgräben auf dem linken Flügel, indem sie durch ein heftiges Feuer vom Hagelsberge unterstützt ward. Indessen eilte der Marschall Lefebvre in Person mit dem 44. Regiment zu Hilfe, und dem Ausfall im Rücken; die Redoute wurde sogleich wieder genommen, von den Sächsischen Truppen besetzt, und 112 Gefangene gemacht. Es hat übrigens die Garnison bey diesem Ausfall einen bedeutenden Verlust gehabt. Bey einem äusserst heftigen Kartätschen- und Musketierfeuer konnte der Verlust der Sächsischen und Französischen Truppen nicht anders als beträchtlich seyn, so wie der feindliche. Gefallen sind für den Ruhm der königl. Sächsischen Waffen: Oberstlieutenant v. Cerrini, vom Regiment Sänger; Major Freyherr v. Kayserling, vom Reg. Prinz Anton, und Lieutenant v. Häußler, vom Reg. Bevilaqua; vom Grenadierbataillon: 3 Unteroffiziers und 10 Gemeine; Vom Regiment Prinz Anton: 3 Gemeine; vom Reg. Sänger: 1 Gemeiner, und vom Regiment Bevilaqua: 3 Gemeine. Blessirt wurden vom Grenadierbataillon: die Lieutenants v. Dürrfeld und Hille, beyde vom Regiment Sänger; vom Regiment Prinz Anton: der Hauptmann v. Brietzke, und der Fähndrich v. Klösterlein; vom Regiment Bevilaqua: der Major v. Könitz, Hauptmann v. Guden, Lieutenant v. Bauern; vom Grenadierbataillon: 1 Unteroffizier und 24 Gemeine; vom Reg. Prinz Anton: 13 Gemeine; vom Reg. Sänger: 2 Unteroffiziere und 10 Gemeine; vom Reg. Bevilaqua: 16 Gemeine. Vermißt werden vom Regiment Sänger: der Kapitain v. Dallwitz, welcher laut Aussage eines Preussischen Offiziers in Danzig an seinen Wunden gestorben seyn soll, und Premierlieutenant v. Kracht; vom Reg. Low: Souslieutenant v. Westin. Bey dieser lebhaften Affaire hat ganz besonders das Beyspiel des Obersten v. Hartitzsch die größte Aufmunterung gegeben. Er war jedesmahl der erste in der Schanze, und hat selbst 4 Gefangene gemacht. Der Fähndrich v. Klösterlein, schon verwundet, und auf einen Musketier gelehnt, feuerte noch die Gemeinen nach dem Falle des Majors und der Verwundung seines Hauptmanns, zur Vertheidigung der Trenscheen und Wiedernahme der Schanze rühmlichst an. Der Hauptmann von Brietzke, welcher gleichfalls, nach des Majors beym ersten Angriff erfolgten Tode, zur Vertheidigung der Trenscheen viel beytrug, da der Angriff gerade auf seinen Posten gerichtet war, so wie der Hauptmann v. Schönfeld, und der Lieutenant v. Obernitz, vom Regiment Bevilaqua, haben sich bey dieser Gelegenheit vorzüglich ausgezeichnet. Dem Verhalten der Sächsischen Truppen überhaupt bey dieser Affaire hat der kommandirende Marschall Lefebvre in dem Tagesbefehl vom 14. April ein rühmliches Zeugniß gegeben. Es verdient noch bemerkt zu werden, daß der Zimmermann Pretzel, und der Schütze Hempel, zuerst die Pallisaden in der Schanze umgehauen, der Tambour Horn, nach Verlust seiner Trommel, einem feindlichen Soldaten Gewehr und Tasche abgenommen, und der Gemeine Jurick, in Verfolgung des Feindes sich besonders hervorgethan hat."

Vor Danzig ist die zweyte Parallele, ohne grossen Widerstand der Besatzung eröffnet worden. Am 10. April war das schwere Belagerungsgeschütz noch nicht angekommen. Am 13. that die Garnison einen lebhaften Ausfall.


Von Reisende.[]

Jean-Philippe Graffenauer.[]

[7]

Am 24sten May ward die Capitulation von Danzig unterzeichnet, und der Feldmarschall Kalkreuth erhielt dieselben Bedingungen, die er vormals der französischen Garnison zu Mainz bewilligt hatte.

Am 26sten besetzten die französischen Truppen die Wälle und Mauern der Stadt, und am 27sten marschirte die preußische Garnison, die von drey und zwanzig Tausend Mann, vorzüglich durch Desertion, auf sieben Tausend geschmolzen war, zum Thor von Langgarten aus, um sich durch die Nehrung nach Pillau zu begeben. Einige Stunden nachher zogen die französischen und alliirten Truppen, den Marschall Lefevre, von seinen Generalen und Adjudanten umgeben, an der Spitze, feierlich ein. Dieser Einzug gewährte einen herrlichen Anblick. Unter den Truppen der Alliirten waren Sächsische, Polnische und Badensche.

Mit traurigen Empfindungen betrat ich die Stadt, da ich, zumal in der Vor- und Altstadt, die mehresten Häuser zerstört, dem Brande beschädigt oder von Kugeln durchlöchert sah. Sieben hundert Häuser waren gänzlich zerstört, wenigstens zwey Tausend mehr oder minder beschädigt, und vielleicht kein einziges, an welchem nicht die Fensterscheiben zerbrochen waren. In den Hauptstraßen hatte man das Steinpflaster aufgerissen; die Stadt schien verödet zu seyn; denn die Einwohner verbargen sich, oder kamen doch aus Furchtsamkeit nicht zum Vorschein. Es sollen mehr als siebenzig Tausend Bomben in die Stadt geworfen worden seyn.

Auf der Mottlau, einem Fluß, der durch die Stadt fließt, sah man Fahrzeuge, die mit dicken quer über einander gelegten Baustämmen bedeckt waren, worüber man noch mehrere Fuß hoch Erde und Mist geschüttet hatte. In diesen Fahrzeugen hatten sich mehrere Kaufmanns-Familien während des Bombardements verborgen gehalten.

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Schon in meinem vorigen Briefe sagte ich Ihnen, mein Herr, daß Danzig in diesem Kriege erstaunlich viel gelitten habe. Schon seit dem März 1807 blokirten französische Truppen die Stadt. In der Nacht vom 23sten auf den 24sten April fing das Bombardement an, und hörte erst am 22sten May auf. Beynahe wäre der Gouverneur, Graf Kalkreuth, von einer Bombe getödtet worden, die in eine Kasematte des Hagelberges fiel, als er sie eben verlassen hatte. Diese Bombe verwundete die Generale Laurens und Platen tödtlich, als sie eben an einem Tische saßen und eine Flasche Wein tranken.

Viele Einwohner von Danzig hatten sich nach Langgarten, und in die sogenannte Niederstadt geflüchtet, welcher sich der Feind wegen der Ueberschwemmung nicht nähern konnte. Hier waren öfter, in ganz kleinen Zimmern, zwanzig bis dreyßig Menschen beysammen. Die Kapitulation ward vorzüglich durch die Wegnahme des Holms und eines englischen Schiffes beschleunigt, welches sich in die Stadt schleichen und Munition herein bringen wollte. Der Holm ist eine Insel, die auf einer Seite durch die Weichsel, welche hier einen weit vorspringenden Winkel bildet, und auf der andern durch einen Kanal desselben Flusses gebildet wird. Diese Insel gehört einem Rathsherrn in Danzig, und ist nicht ganz klein; es liegen schöne Wiesen, mehrere Häuser, Scheunen, Ställe und Windmühlen darauf. Funfzehn hundert Russen, und eine Compagnie preußischer Artilleristen mit funfzehn Kanonen und fünf Mörsern vertheidigten sie. Diese Garnison, welche betrunken und eingeschlafen war, wurde theils niedergehauen, theils gefangen.

Das englische Schiff hatte sechs vier und zwanzig Pfünder, hundert und funfzig Tausend Thaler, und eine große Anzahl Briefe an Bord. Alles dieß fiel den Franzosen in die Hände.

Die Preußen haben selbst mehrere Vorstädte von Danzig, z. B. Neugarten, Schidlitz, Stolzenberg und Alt-Schottland (eine wohlgebaute Vorstadt am Königsberger Wege, mit vielen Fabriken und Waarenlagern), weggebrannt. Die Zerstörung dieser Vorstädte hat viele rechtliche Familien an den Bettelstab gebracht, und zahllose Thränen gekostet. Sachverständige behaupten, daß diese Maaßregel ganz unnöthig gewesen sey, daß man statt derselben im Prust, hinter Stolzenberg auf dem Wonnen- und Zigangenberge, hätte Batterien anlegen sollen. Die den Feind verhindert haben würden, sich der Stadt zu nähern.


Briefe eines Reisenden.[]

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Danzig, den 25sten Sept.

Da sind wir in der nunmehrigen freyen Hanseestadt, die sich jedoch erst ihrer Freyheit wird erfreuen können, wenn ein allgemeiner Friede eintritt; denn noch kreuzt ein englisches Schiff vor dem Hafen und hemmt alle Ein- und Ausfahrt. Danzig lebt in und durch den Handel. Kein Wunder also, wenn in diesem Augenblick, da er gänzlich darnieder liegt, und in der Erinnerung an das Erlittene, Aller Blicke sich zu Boden senken, und der Unmuth herrschend ist. Noch sind die Gränzen der Stadt nicht berichtigt, wenn nämlich die Zeitungsnachrichten richtig ist: daß das Gebiet der Stadt sich auf zwey Meilen umher erstrecken solle. Auf dem Wege nach Oliva und Neustadt steht ein Gränzpfahl mit dem Wappen der Stadt, aber die Entfernung vom Thor beträgt kaum eine deutsche Meile.

Bei dem Worte Gränzpfahl erinnere ich mich eines Scherzes von gestern. Wir essen zu Mittage mit einem preußischen Beamten und einem hiesigen Advokaten. Beide führten ihr Gespräch über die letztern Zeit-Ereignisse. Der preußische Beamte, noch durchglüht von der ehemalige Integrität des preußischen Staates im Allgemeinen, dehnte dieses Princip auch über die Partikeln desselben aus, und hatte eine hohe Meinung davon: "Denken Sie!" -- sagte er -- "Da hat die Stadt uns einen Gränzpfahl gerade in die Mitte unsrer Amtswiese geschlagen! Was soll das heißen? Meint man, wir werden mit der halben Wiese vorlieb nehmen? Es ist ein Gewaltstreich!" Der Mann hielt sine Amtswiese für ein Noli me tangere, für ein unverletzbares Heiligthum.

Auf dem Wege hierher sahen wir am Meeresufer einige französische Schildwachen stehen; wahrscheinlich, um die Engländer abzuhalten, daß sie nicht Waaren ans Land bringen, oder nicht etwa landen, um Neckereyen auszuführen.

Wenn ich Dir bei meiner Abreise versprach, alles mir aufstoßende Lobenswürdige und Gute, so wie jede Unordnung, Mißbräuche und das Schlimme zu berichtigen, so muß ich nothgedrungen auch etwas in letzterer Hinsicht über das preußische Postwesen sagen. Wir fuhren mit Extrapost. Da wir einen leichten Wagen besizzen, so glaubten wir mit zwey Pferden ausreichen zu können. In der Hauptstadt machte man uns keine Umstände; aber schon in Werneuchen fuhr uns der dortige bekannte strenge Posthalter, Petitjeandu, wie Paulus die Chorinder an, und machte uns die Offerte, 3 Pferde zu bezahlen, oder dort zurückzubleiben. Wir bewirkten es endlich, mit Hülfe einer derben Portion Geduld, den gestrengen Herrn dahin zu bewegen, daß er nur zwey Pferde in den Courszettel schrieb; so kamen wir denn unangefochten einige Stationen weiter. Hier aber, wo die Bürger oder Bauern dem Posthalter die nöthigen Pferde liefern, hing unser Fortkommen jedesmal von der Laune eines gewinnsüchtigen groben Postknechtes ab, der öfters erklärte: mit 2 Pferden gehe es nicht. Und doch sagt das Reglement: es soll auf die Beschaffenheit des Wagens Rücksicht genommen werden. Ist es nicht zum Tollwerden, wenn zwey Personen, ohne Gepäck in einem federleichten Wagen, gezwungen werden, drey, oft Rosinantenähnliche Rosse zu bezahlen, wenn sie mit einem recht gut fortkommen könnten? Setze Dich auf eine Muschel, komm vor der Posthalterey an, und der gebietende Herr, oder auch sein Knecht schnarcht Dir das Reglement entgegen: eine Person zwey Pferde, zwey Personen drey, dreye vier Pferde u. s. w. So wurden wir denn immerwährend an die heilige Zahl: drey, erinnert, und einige Male gezwungen, ihre Oberherrlichkeit anzuerkennen. Ist das nicht Mißbrauch, um dem Reisenden, der ohnehin überall geprellt wird, es auch hier bemerken zu lassen, daß er nicht ungeschröpft durchkomme? Wie oft kann dieser Mißbrauch, und Umständen, wie sie jetzt eingetreten sind, den Reisenden plötzlich in die peinlichste Verlegenheit setzen, wenn er nur so viel Geld mit sich führt, als er nach seiner Berechnung bedarf, und ihn nun der Postknecht nöthigt, mehr aufzuwenden?

So schön die Umgebungen von Danzig sind, so traurig ist es im Innern, so schmuzig sind in dieser Jahrszeit und bei dieser Witterung alle Straßen. Da reicht die Vortreflichkeit der jetzigen französischen Policey immer noch nicht hin, Reinlichkeit zu bewirken; der Fußgänger steigt fast überall bis über die Knöchel durch den Gassenkoth.

Von der Belagerung von Danzig halte ich es für Ueberfluß, Dir etwas Detaillirtes zu melden; nur summarisch stehe hier etwas Weniges: Es ging mit Danzig ungefähr, wie mit Colberg, nur das Colbergs Bürger alle für die Erhaltung der Festung sorgten und handelten, und hier ein großer Theil derselben die Uebergabe wünschte, um der preußischen Gewalt entzogen zu werden: Sonst geschah hier alles, wie dort. Der erste Commandant, Mannstein, war, was Loukadou in Colberg war; als Kalkreuth kam, war es schon zu weit hinein böse geworden. Der Vorgänger hatte so operirt, als hätte er die Ordres vom Kaiser Napoleon erhalten. Die Ausfälle wurden von so geringzähliger Mannschaft gethan, und so übel angelegt, daß sie nothwendig verunglücken mußten. Einige Anhöhen um die Stadt her wurden besetzt, die dominirenden aber den Belagerern überlassen. Selbst Kalkreuth that nicht Alles, obgleich er manches that. So war das Final natürlich. Punktum!

Bei meiner Anwesenheit las ich einen Anschlagzettel von dem französischen Gouvernement, nach welchem so eben die Gebäude in der Stadt, welche Königl. Preußisches Eigenthum sind, öffentlich verauctionirt werden sollten.

Wie man hört, so macht der Danziger Magistrat an den König von Preußen die Forderung: er solle den Schaden, welcher der Stadt durch die Abbrennung der Vorstädte und das Bombardement selbst erwachsen sey, durch Geldsummen ersetzen. Es wäre ein Betrag von acht Millionen Thalern. Da im Friedensschlusse davon nicht die Rede war, und man nicht gehört hat, daß der französische Kaiser darein gewilligt, so zweifle ich billig an der Wahrheit der Sage. Wäre es aber wahr, so ist die Summe groß genug für das Vergnügen, die Stadt einige Jahre hindurch besessen zu haben, und sie jetzt so mal apropos zu verlieren. Friedrich II. konnte sie in Besitz nehmen und that es nicht.

Ein ächt englischer Nationalzug von einem hiesigen Kaufmann, brittischer Abstammung, ist mir bekannt geworden. Höre ihn und urtheile: Der Gouverneur von Danzig, General Rapp, erließ eine Bekanntmachung, worin bestimmt wurde, daß der Einwohner seiner Einquartierung dies und jenes zu geben schuldig sey, außer diesen aber alles Andre refusiren könne. Durch diese Verfügung suchte der Gouverneur den möglichen Mißbräuchen und Unordnungen vorzubeugen. Aber der englische Kaufmann, Gipson, dehnte das Versagungs-Recht nach seinem Gelüste folgendermaßen aus: Ein französischer Capitain vom Oudinotschen Corps, Namens Blanchard, war bei ihm einquartirt. Nach einer kleinen in die Nähe gemachten Reise kehrte er eines Abends spät in sein Quartier zurück. Durstig geworden, ließ er sich durch seinen Domestiquen vom Wirth eine Bouteille Wein ausbitten. Herr Gipson aber berief sich auf jene Bekanntmachung vom Gouvernement, nach welcher er seiner Einquartierung, außer der Mahlzeit, nichts zu verabreichen schuldig sey, versagte mit ziemlich undelikaten Worten den Wein, und sandte eine Flasche Wasser hinauf. Begreiflich verdroß der Vorfall den Offizier. Er verfügte sich zum Wirth, verwies ihm, jedoch schonend genug, seine Unart, ihm so etwas durch den Bedienten sagen zu lassen, und setzte hinzu: er würde ihm auf Erfordern den Wein bezahlt haben. Gipson, unempfindlich für ähnliche Gutmüthigkeit, trieb die Unverschämtheit noch weiter, meinte, es habe Niemand die Franzosen herbeigerufen und so weiter. Jetzt hielt der Capitain es für rathsamer, zu schweigen und sich zu entfernen. Am andern Morgen aber ging er zum Gouverneur und verklagte Herrn Gipson. General Rapp ließ ein Commando von 25 gemeinen in Gipsons Haus legen, welche drey Tage bei ihm im Quartier blieben und von ihm ernährt werden mußte, und condemnirte ihn zu einer Geldbuße von 400 Thalern, die an das Danziger Stadt-Armen-Haus bezahlt wurden.

Gipson offenbarte sich hier ganz als Engländer; selbst der Drang der Umstände vermochte ihn nicht dahin, dem Nationalhaß zu entsagen, der, wie man begreift, hier sehr hart geahndet werden konnte, wenn es nicht im Charakter der Franzosen läge, sehr oft den Feind durch schonende Großmuth zu beschämen. Wir haben dieser Fälle mehr. Man sieht leicht ein, daß der Gouverneur, wenn er wollte, diesen Mann als einen Revolutionair ansehen, so der Sache eine schlimme Wendung geben, und ihn in dieser Hinsicht hart bestrafen konnte. Er begnügte sich, ihm durch eine Correction zur Reflexion zu bringen. Ueberhaupt erfahre ich hier, daß die Franzosen sehr schonend gegen die Engländer verfuhren. Man erkundigte sich weder nach den englischen Handelscomtoirs, noch nach Personen, die als National-Britten zu betrachten waren.


Quellen.[]

  1. Kriegsgeschichtliche und kriegswissenschaftliche Monographien aus der neuern Zeit seit dem Jahre 1792. Dritter Band. Leipzig: F. A. Brockhaus. 1819.
  2. Wiener-Zeitung Nro. 40. Mittwoch, den 20. May 1807.
  3. National-Zeitung der Deutschen. 31tes Stück, den 30ten July 1807 u. 32tes Stück, den 6ten August 1807 u. 37tes Stück, den 10ten September 1807 u. 38tes Stück, den 17ten September 1807.
  4. Nordische Miszellen. Achter Band. Hamburg, bei A. Bran, und in Commission bei B. G. Hoffmann, 1807.
  5. Wiener Zeitung Nro. 103. Mittewoche, den 24. December 1806.
  6. Augsburgische Ordinari Postzeitung, Nro. 1. Donnerstag, den 1. Jan. Anno 1807.
  7. Meine Berufsreise durch Deutschland, Preußen und das Herzogthum Warschau, in den Jahren 1805, 1806, 1807 und 1808. Von J. P. Graffenauer, Doktor der Arzneygelahrtheit, vormaligem Arzte bey der großen französischen Armee, mehrerer gelehrten Gesellschaften Mitgliede. Chemnitz, bey Carl Maucke. 1811.
  8. Neue Feuerbrände. Herausgegeben von dem Verfasser der vertrauten Brief über die innern Verhältnisse am Preussischen Hofe seit dem Tode Friedrichs II. Ein Journal in zwanglosen Heften. Zehntes Heft. Amsterdam und Cölln, 1808. Bei Peter Hammer.

Literatur.[]

  • Belagerung und Einnahme von Danzig 1807. Mit dem Portrait des Grafen von Kalkreuth und einem Plan von Danzig. Leipzig 1808. bey Heinrich Gräff.
  • Die Belagerung von Danzig im Jahre 1807. Aus den Original-Papieren Sr. Excellenz des Königl. Preuss. General-Feld-Marschalls Grafen v. Kalckreuth. Posen und Leipzig bei Johann Friedrich Kühn. 1809.
  • Geschichte der siebenjährigen Leiden Danzigs von 1807 bis 1814 von A. F. Blech, Diakonus an der St. Marienkirche und Professor der Geschichte am Gymnasium. Danzig, 1815. Gedruckt bey Carl Heinrich Eduard Müller.
  • Skizzirte Geschichte der Belagerung von Danzig durch die Franzosen im Jahre 1807. Nebst der Vertheidigung dieses Platzes. Nach den Hauptmomenten dieser Belagerung, nebst einer illuminirten Flaggentafel zum Telegraphiren. Mit Sachkunde und aus zuverlässigen Quellen, vornemlich nach denen in dem Büreau der Hauptquartiere gesammelten officiellen Tagesberichten. Von einem Augenzeugen. Berlin, 1817. In der Maurerschen Buchhandlung.
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