Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Aufhebung der Belagerung von Dünkirchen.[]

[1]
Der neunte September 1793.

Dünkirchen, an der Küste der Nordsee, wo dieses Meer sich in den Kanal von Calais zu engen anfängt, gelegen, diese große, berühmte und volkreiche Handelsstadt, der beständige Gegenstand der Eifersucht zwischen Frankreich und England, vor dem Utrechter Frieden (1713.) ein Meisterstück der Fortificationskunst, demolirt nach demselben, und wieder hergestellt nach dem Pariserfrieden von 1783, wurde seit dem 24ten August von den Engländern, Holländern und Hanoveranern unter Kommando des Herzogs von York heftig bedroht. Obwohl der Prinz von Koburg es sehr widerrathen hatte, über zehn Meilen von der österreichischen Hauptarmee entfernt, so etwas zu wagen, so war der Herzog doch nicht zu bewegen, seinen Plan aufzugeben, sondern betrieb mit Feuereifer die Anstalten zur förmlichen Belagerung. Aller Augen wandten sich auf diesen Platz, man erwartete täglich dessen Uebergabe, als plötzlich sich das Kriegesglück wandte. General Houchard, der an Custines Stelle das Kommando der Nordarmee übernommen hatte, kam dem Belagerungsheer bey Popringen so unerwartet schnell auf den Nacken und zu gleicher Zeit thaten die Belagerten einen der wüthendsten Ausfälle und verbanden ihn mit dem allgemeinen Angriff, daß York sich mit dem Feldmarschall Freytag, unter dem der kommandirte, zurückziehen, die Belagerung aufheben und den Franzosen zwey und dreyßig Kanonen samt dem grösten Theil des für die Belagerung gesammelten Vorrathes überlassen mußte. Die Belagerungstruppen wurden ganz auseinander gesprengt und Dünkirchen befreyt. Der Lohn seines Befreyers war sehr traurig; denn unter dem unerwiesenen Vorwand, er habe in verrätherischem Briefwechsel mit dem Feind gestanden, -- er habe die Engländer nicht vernichtet, sondern -- statt vor sich her uns Meer zu stürzen -- sie geschont, berief man ihn vor das Revolutionsgericht zu Paris, und sein Kopf fiel unter dem Mordmesser der Guillotine, wie seines Vorgängers Custine, mit dem er in gutem Verhältniß gestanden hatte, welches wahrscheinlich sein Unglück nach sich zog.


Aufhebung der Belagerung von Dünkirchen..[]

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Der 9. September 1793.

Der Herzog von York erschien am 23. August 1793 mit 22000 Engländern, Hannovranern und Hessen und 15000 Oesterreichern vor Dünkirchen, welches er vergeblich aufforderte, da der Feind das Missliche der Lage der allirten Armee (welcher es in der erschöpften Gegend an den nothwendigsten Bedürfnissen, selbst Trinkwasser, fehlte, und welche nebst der Belagerung Dünkirchens noch Bergues einschliessen, und die Strecke Flanderns von Ypern und Menin gegen eine noch ungeschwächte feindliche Armee decken musste,) kannte. Die Franzosen setzten durch Oeffnung der Schleussen die ganze Gegend, so weit als möglich, unter Wasser, und machten täglich Ausfälle. Demungeachtet, und obwohl man auch auf den nicht überschwemmten Strecken in dem lockern Sandboden in einer Tiefe von 1 bis 2 Schuhen überall auf Wasser stiess, wurden die Belagerungsarbeiten angefangen. Unterdessen hatte die französ. Obergeneral Houchard die Observations-Armee nicht ohne Erfolg angegriffen und zurückgedrängt. Alle diese Umstände machten es nothwendig, dass auch die Belagerungs-Armee die Eroberung Dünkirchens aufgeben, und sich in der Nacht vom 9. Septemb. mit Zurücklassung des Belagerungsgeschützes zurückziehen musste. Die Oesterreicher hatten vor dieser Festung den tapfern F. M. L. Dalton verloren.


Zeitungsnachrichten.[]

[1793]

Brüssel, vom 2. Herbstmonat. [3]

Die zur Blokirung von Dünkirchen zur See-Seite bestimmte Engl. Flotte ist am 29ten auf der Höhe gesagter Stadt angekommen, und die Belagerung wird nun ihren Anfang genohmen haben. Die Zahl der Todten und Verwundeten bey den Auftritte~ am 23. und 24sten Augstmonat vor Dünkirchen wird auf 71. Oesterreicher, 76. Engelländer und 55. Hessen angegeben.

London, vom 30 Augstmonat.

Die vorgestern publizierte Hofzeitung enthält zwo an den Staatssekretär, Dundas, eingelauffene Depeschen des Generalmajor Muray aus dem Lager bey Dünkirchen vom 24. und von Leffernick Hocke vom 26. August. In der leztern berichtet er: Se. K. H. der Herzog von York habe den Entschluß gefaßt, am 24ten den noch in einiger Entfernung von Dünkirchen postierten Feind anzugreiffen, um von der zur Belagerung nöthigen Gegend Besiz zu nehmen; die Franzosen seyen ihm aber durch einen Angrif auf unsern Vorposten zwischen Fürnes und dem Meer zuvorgekommen. Der Generallieutenat von Alton sey darauf mit dem auf dieser Seite kampierenden Reservekorps vorgerükt, um sie zu unterstüzen. Die Feinde seyen zurück und mit Verlust in die Stadt getrieben worden. Aber der Muth habe unsere Truppen weiter, als man wollte, und bis unter die Kanonen der Stadt geführt, welches einen ansehnlichen Verlust verursacht habe. Unter andern sey der Generallieut. v. Alton der Oberst Eld vom Regiment Coldstream und einige andere Officiers deren Verlust man sehr bedaure, geblieben. Uebrigens aber habe sich die Armee in den Besiz der Gegend, deren sich der Herzog v. York bemächtigen wollte; gesezt, und unsere Vorposten stehen nur noch in kleiner Entfernung von der Stadt. -- Die Flotte des Admiral Howe soll sich gegenwärtig in der Bucht von Bicaja befinden.

Paris, vom 2. Herbstmonat.

Der Commandant von Dünkirchen, General Omerea, ist dieser Stelle entsezt worden, weil er ein Ausländer ist, mit Ausländern in Verbindung steht, und unter fremden Truppen gedient hat. Von der Belagerung dieses Plazes wird weiter nichts gemeldet, als daß die Feinde seit 2. Tagen nichts gegen denselben unternohmen haben.

Brüssel, vom 4. Herbstmonat. [4]

Privatbriefe versichern, daß die Franzosen mit einer starken Macht zum Entsaz der Stadt Dünkirchen eilen. Der General Beaulieu marschiert ihnen auf dem Fusse nach, und hat eine beträchtliche Anzahl Faschinen mitgenommen. Heute wird der Herzog von York die Stadt zum leztenmal auffordern. Die Engl. Flotte hätte ihr Bombardement schon angefangen, wenn ihr der Wind nicht entgegen wäre. Es sind Chaluppen dabey die 48pfündige Kanonen führen. Während diese Flotte agiret, wird die Land-Armee 2. Hauptattaken unternehmen. Man versichert, daß die Kaufleute dieser Stadt dem Commandanten schon Vorstellung gemacht haben, Dünkirchen nicht unnöthiger weise so wie Valenciennes in einen Steinhaufen verwandeln zu lassen, aber er habe diese Vorstellungen sehr übel aufgenommen, und gedroht, den ersten der von Uebergabe sprechen würde, aufhängen zu lassen. Die Dünkircher Besazung, welche 10000. Mann stark ist, bestehet gröstentheils aus den Truppen, welche im vorigen Winter den Streifzug nach Holland gemacht hatten. Der Herzog von York ist über die Einwohner der Dörfer in der dasigen Gegend, die auf unsere Truppen geschossen haben, so sehr aufgebracht, daß er die Dörfer der Plünderung überließ, und gedroht hat, Dünkirchen ebenfalls so zu behandeln.

Die Armee des General Beaulieu ist bereits 20000. Mann stark, und vergrössert sich immer noch mehr. -- Von den mit Dümourier zu uns übergegangenen Truppen werden 1400. Mann nach der Gegend von Cisoing gebracht, um daselbst gebraucht zu werden.

Brüssel, vom 6. Herbstmonat. [5]

Allem Vermuthen nach, werden die Vorkehrungen der Franzosen zum Entsaze Dünkirchens fruchtlos ausfallen. Die Armee unter den Befehlen des Herzogs von York besteht, so zu sagen, aus dem Kern der österreichis.-englis-hannöveris- und heßischen Truppen, die in allem 46,000. Mann ausmachen. Hiezu kömmt noch das Korps Franzosen, so mit Dümourier bey seiner Flucht übergegangen war, beyläufig 1000. Mann an Infanterie und Kavallerie ausmacht, und sich seither beständig in Leuze aufgehalten hat. Dieses ist nun aufgebrochen, um zu den Vorposten in dem Lager vor Dünkirchen zu stossen. Gestern und heute sind zu der holländischen Armee, unter den Befehlen des Herrn Erbprinzen von Oranien, 400. Mann frischer Truppen, die aus Nimwegen kommen, hierdurch marschiert, und innerhalb 14. Tagen wird auf die 800. Mann starke Legion von Dümas hierselbst erwartet.


Quellen.[]

  1. Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
  2. Historischer Militair-Almanach des 16. 17. 18. und 19. Jahrhunderts. Mit besonderer Hinsicht auf das letztere, und den oesterreichischen Kaiserstaat. Mit 15 Portraits, für Freunde der neueren und neuesten Kriegsgeschichte von Johann Ritter von Rittersberg. Prag bei C. W. Enders 1825.
  3. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 11. Herbstmonat, 1793. Num. 73.
  4. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 14. Herbstmonat, 1793. Num. 74.
  5. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 18. Herbstmonat, 1793. Num. 75.
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