Churfürstl. Baierisches Militair.[]
- [1805]
Der Churfürst von Baiern hat seine Armee und die verschiedenen Verwaltungszweige für dieselbe neu organisirt. Die Armee steht künftig unter fünf Inspektoren, die folgender Gestalt in den Churfürstl. Landen vertheilt sind:
Der Graf Noyarola commandirt die Infanterie in Ober-Baiern.
Der General von Deroi commandirt die Infanterie in Nieder-Baiern.
Der Graf Taufkirch hat das Commando über die sämmtliche Cavallerie in Pfalz-Baiern.
Der General v. Wrede commandirt in Schwaben, und der Graf v. Ysenburg führt das Obercommando in den Fränkischen Pfalz-Baierischen Provinzen.
Ferner ist ein besonderes geheimes Krieges-Bureau ernannt, dessen Chef der General-Quartiermeister v. Triva ist. An die Stelle des bisherigen Krieges-Justizrathes ist eine selbstständige oberste Militair-Justizstelle unter dem Titel: General-Auditoriat, surrogirt worden, welches als die dritte und letzte Instanz in allen Militair-Justizsachen anzusehen ist. Der erste Chef derselben ist der General-Lieutenant v. Gaza.
Kriegsmacht.[]
- [1813]
Baierns Kriegsmacht besteht aus allen kampf- und waffenfähigen Männern des Reichs, vom 18ten bis zum 60sten Jahre und ist auf folgende Art organisirt:
Die Nationalgarde erster Classe oder die Linientruppen bestehen aus: 1 Escadron Hatschiergarde, aus 6 Regimentern oder 42 Escadrons Cheveauxlegers, aus 12 Regimentern oder 36 Bataillons Linien- und 6 Bataillons leichter Infanterie, deren jedes seine nöthigen Grenadier- und Schützen-Compagnien hat. Jene sind in 16 Compagnien das Regiment, und die leichten Infanterie-Bataillone in 8 Compagnien eingetheilt. Ferner aus einem Artillerie-Regimente von 5 Bataillons, welche außer den 5 fahrenden und reitenden, noch einige 20 Batterien von jedem üblichen Kaliber bedienen. Hiezu kommt noch ein Bataillon des Fuhrwesens der Armee und eine Compagnie Handwerker.
Das Heer ist ferner eingetheilt: in Divisionen und Brigaden, welche von Generalen der Infanterie und Cavalerie und von General-Leutenants als Divisionäre, von General-Majors aber als Brigadiers angeführt werden.
Unter dem Kriegsministerium steht ferner: der General-Stab der Armee, und das Genie-Corps unter seinem General. Die Veteranen der Armee sind in Compagnien und Detaschements, auf verschiedenen Stationen im Reiche, vertheilt.
In dringenden Fällen während eines Krieges rückt auch die 2te Classe der National-Garde, in Bataillone formirt, gegen den Feind aus. Sie besteht aus allen denjenigen Männern, welche 6 Jahre in der Linie gedient haben, wozu Alle verpflichtet sind, und aus allen denen, welche nicht darin dienen, von 18 bis 40 Jahren. Alle übrigen Bürger des Staats, welche in Städten wohnen, bilden die National-Garde 3ter Classe, welche aus Grenadieren, Musketieren, Schützen, Artillerie, und Dragonern besteht, in Regimenter, Bataillone und Compagnien eingetheilt und in kompletten Zustande, über 80,000 Mann stark ist, weil jeder Bürger bis nach dem 60sten Jahre darin dient.
Hiezu kommen noch zur Sicherheit auf dem Lande: die Kordonisten-Soldaten, von welchen jedem Landgerichte, nach Verhältniß seiner Bevölkerung, einzelne Detaschements zugetheilt sind, aus denen in der Zukunft die Gensd'armerie zu Fuß und zu Pferde gebildet werden soll.
Kriegswesen der Baiern während dieses Zeitraums.[]
- §. 1.
Von großer Wichtigkeit ist diese Periode, in kriegerischer Hinsicht, für alle Staaten Teutschlands, besonders für jene des rheinischen Bundes. Die französische Revolution, und die aus ihr entstandenen Kriege, waren von einem Einflusse, der sich über alle Zweige des Kriegswesens verbreitete. Gewiß wird jeder Kenner die Vervielfältigung des möglichst weit ausgedehnten Gebrauchs der Artillerie; die Art, mit schnell von einem Punkte nach einem andern hingeschobenen Truppen offensive zu wirken, wo der Feind vielleicht nichts als eine unthätige Defensive erwartete; die glückliche Anwendung der Tirailleurs im Gebirgskriege; überhaupt den höhern Umschwung der Taktik, von den in schnell aufeinander folgenden Kämpfen sich entwickelnden, Heerführers-Genieen, besonders jenem des größten Helden unsers Jahrhunderts, herbeygeführt, u. s. w. für große und wichtige Verbesserungen der Kriegskunst halten.
- §. 2.
In Baiern folgten sich, während dieser Periode viele und mancherley Veränderungen im Kriegswesen. Im J. 1803 den 22. April, wurde die churfürstliche Gesammtarmee in Divisionen und Brigaden, und zwar nach den Provinzen des Staates, eingetheilt. In Oberbaiern eine Brigade, mit dem Standorte München; in Niederbaiern eine Brigade, mit dem Standorte Landshut; die baierische Cavallerie-Brigade, mit den Standorte München; die schwäbische Brigade, mit dem Standorte Ulm; eine fränkische Division, mit dem Standorte Würzburg; die bergische Brigade, mit dem Standorte Düsseldorf.
Durch ein Reglement vom 7. Jäner 1805, wurden die sämmtlichen pfalzbaierischen Lande in 11 Militärkantons getheilt, zur bessern Vertheilung der Rekrutirungen. Frey vom Soldatendienste sind alle Eingewanderten, die Geistlichen und der Adel, Civil- und Militär-Beamten, welche in die Classe der Siegelmäßigen gehören, mit ihren Söhnen; außerdem alle angesessene Personen, Künstler, Fabrikanten, Manufakturiers, Handelsleute, Lehrburschen, einzige Söhne, die zur Wirthschaft nöthig sind, Bergarbeiter. Keine Glaubenskonfession befreyt von der Dienstpflichtigkeit; doch können sich Mennoniten und Juden, die Person mit 185 fl. frey kaufen. In jedem der 11 Distrikte wird die junge waffenfähige Mannschaft zwischen 16 und 40 Jahren aufgeschrieben, und nach Bedürfniß ausgehoben. In der Regel muß der Rekrut über 5 Fuß 2 Zoll messen. Die Dienstzeit ist, ohne Unterschied der Waffengattung, auf 8 Jahre festgesetzt, wobey ein Kriegsjahr für zwey Friedensjahre gerechnet werden soll.
Im nämlichen Jahre, den 13. Octob., ward die Errichtung eines Jägerkorps zu Pferde beschlossen. Dieses Korps sollte aus einem Kommandanten, einem aus den Forstbeamten auszuwählenden Adjutanten, dann nach dem Maaße der sich vermehrenden Anzahl, aus den nöthigen Ober- und Unterofficieren, welche aus dem Korps selbst gewählt werden, und aus 120 berittenen Feldjägern, bestehen. Ihr Dienst bestand vorzüglich in Besorgung der Ordonanzritte, in Verbindung der von dem Kommandirenden zu ertheilenden Ordres, Einholung von Kundschaften, Auffindung bequemer Wege, Führung der Colonnen durch dieselben, und Besorgung der Armeepolicey. Sie verschaffen sich ihre Montirung, Pferde, Equipage und Stallrequisiten selbst; erhalten aber dafür eine Gratification von 75 Gulden. Sie empfangen die Löhnung und Verpflegung gleich einem Korporale von der Kavallerie.
Ausser dem Korps der berittenen Feldjäger wurde auch zugleich ein Korps freywilliger Feldjäger zu Fuß, für den Dienst des Hauptquartiers, organisirt. Dazu wurde eine Anzahl von 400 tauglichen Individuen aus den Jagd- und Forstbedienten ausgewählt. Die tägliche Löhnung eines jeden betrug 12 Kreuzer. Die Dienstzeit erstreckte sich auf die Dauer des gegenwärtigen Krieges. Auch ward ein Gebirgs-Schützenkorps gebildet, welches aus zwey Abtheilungen bestand, deren jede 1000 Mann zu Fuß, und 25 zu Pferd zählte. Jede Abtheilung von 1025 Mann erhielt eine Reserve von 2050 Mann, so, daß das ganze Korps auf 6000 Mann zu Fuß, und 150 zu Pferde sich belief.
- §. 3.
Im Anfange des Jahrs 1806 war man in Baiern mit der provokatorischen Verlegung der baierischen Truppen, theils in Alt- theils in Neubaiern, beschäftigt. Die sämmtliche baierische Generalität ward darauf in München versammelt, um einen Plan zu Vermehrung der Armee zu entwerfen. Denn obgleich manche neue Regimenter, wie z. B. das tyrolische Landregiement Neugebauer, mit den erworbenen Provinzen an ihren neuen Souverain abgegeben waren; so hatte man doch auch das gefährliche Beyspiel, fast ein ganzes, aus Würzburgern bestehendes, Regiment mit Wehr und Waffen sich nach dem abgetrettenen Würzburg durchgeschlagen, und vom baierischen Heere mit Gewalt trennen zu sehen! Schnell wurden daher, zunächst im Bezuge auf Kriegsökonomie, bey der baierischen Armee neue Einrichtungen getroffen, welchen die französische Militärorganisation zum Muster diente. Man errichtete Ambulance-Cassen; das Fuhrwesen wurde beschränkt; die ganze Armee, mit Einschluß der Officierskorps, trug abgeschnittene Haare ohne Puder u. s. w. Ueberall Ersparnisse, wobey jedoch die bessere Bekleidung und Beköstigung des Soldaten keineswegs litt. Was geschehen konnte, um den Militärgeist im französischen Geschmacke stärker unter Baierns Kriegern anzufachen, entgieng dem Scharfblicke Napoleons, dem die Mitwirkung des baierischen Heeres zur Erreichung seiner Zwecke so viel werth war, keineswegs. Napoleon verlangte daher ein Namensverzeichniß aller Soldaten des baierischen Heeres, welche in dem letzten Feldzuge verwundet worden wären, um ihnen eine angemessene Pension auf Lebenszeit auszusetzen, oder wenigstens denen, die noch dienen könnten, einen mehrmonatlichen Extrasold zu schenken. Zugleich erfolgten, mit dem schmeichelhaftesten Schreiben des Helden des Jahrhunderts, für Generale, Officiere und Gemeine im Heere der Baiern über 50 Kreutze der Ehrenlegion, zur Belohnung ihrer ausgezeichneten Tapferkeit. Unter solchen Auspicien, ward allerdings der Wehrstand in dem neuen Königreiche sehr schnell zu einer hohen Vollkommenheit ausgebildet.
Den 1. Jäner 1806, wurde von Baierns Könige um ein bleibendes Denkmal seiner Zufriedenheit mit der im Kriege bezeigten Anhänglichkeit, Treue und Tapferkeit seiner Truppen zu gründen, der militärische Max-Joseph-Orden gestiftet. Dieser Orden besteht aus einem Großmeister, in der Person des Königs selbst; aus Großkreutzen, Kommandeurs und Rittern. An ihm nehmen Theil nur solche Officiere, welche tapfere Thaten und zwar solche verrichtet haben, die sie entweder ohne Verantwortung hätten unterlassen können, und die zum Nutzen der Armee gereichen, oder welche mit auserordentlicher Klugheit, mit Muth und Entschlossenheit, zur besondern Ehre und zum Vortheile der Armee, ausgeführt worden sind. Sechs der Großkreutze erhalten ein jährliches Einkommen von 1500 fl., acht von den Kommandeurs jährlich 500 fl. und fünfzig von den Rittern jährlich 300 fl.
Den 12. July des nämlichen Jahrs, wurde die Alte sogenannte rheinischen Conföderation zu Paris unterzeichnet. Napoleon war Protector dieses Conföderation. Baiern, als Mitglied dieses Bundes, ward verbunden zu jedem Kriege, in welchen entweder Frankreich, oder die Conföderation verwickelt werden würde, und welcher jederzeit als gemeinschaftlich anzusehen sey, ein Contingent von 30,000 Mann, sowohl Fußvolk, als Reiterey und Artillerie, zu stellen. Auch hatte es die Verbindlichkeit, die Städte Augsburg und Lindau zu befestigen, und in dem ersten Platze beständig eine hinlängliche Artillerie nebst Bäckereyen zu unterhalten; an letzterm Orte aber stets eine beträchtliche Quantität Flinten und Munition bereit zu haben.
- §. 4.
Baierns König war in den ersten Monaten des Jahrs 1807, mit der angestrengtesten Vermehrung seines Heeres, welches vor Schlesiens Festungen manchen schmerzhaften Verlust erlitt, beschäftigt.
In den nämlichen Jahre, den 3. April, erschien ein Decret über die Organisirung des bürgerlichen Militärs in den Städten, Flecken und Märkten des Königreichs. Konnte eine Stadt, ein Flecken oder Markt nur 20 dienstbare Mann stellen, so kommandirte dieselben 1 Unterlieutenant; 40 Mann wurden kommandirt von 1 Ober- und 1 Unterlieutenant. Eine Kompagnie mußte wenigstens aus 60 Mann mit Feuergewehren bestehen, und bey derselben konnten angestellt werden: 1 Hauptmann, 1 Oberlieutenant und 1 Unterlieutenant. Vier solche Kompagnien bildeten ein Bataillon, von welchem die rechte Flügelkompagnie eine Grenadier-Kompagnie ist. Das Bataillon wurde durch einen Stabsofficier, mit einem Adjutanten an der Seite, geführt. Allen diesen Korps waren verhältnißmäßig auch Feldwebel, Serganten, Korporäle, Pfeiffer und Tambours beygegeben. Fanden sich in einer Stadt, oder einem Markte, so viele Individuen, als zur Formirung einer Schützenkompagnie nöthig sind: so konnte eine solche organisirt werden; und konnte an einem solchen Orte 60 wohlberittene Gemeine, nebst den dazu gehörigen Ober- und Unterofficieren, aufgebracht werden: so durfte in demselben eine Eskadron Cavallerie formirt werden. Wo sich Kanonen befanden, da konnten auch Artillerie-Compagnien, aber an jedem Orte nur eine, errichtet werden.
Jeder Bürger, ohne Unterschied, mußte sich, je nachdem er sich nach seinem Gewerbe, Vermögen, oder seiner physischen Beschaffenheit, zur Infanterie, zu den Schützen, zur Cavallerie oder Artillerie eignete, bey einem dieser Corps einschreiben lassen, und in demselben Dienste leisten bis zum sechzigsten Jahre seines Lebens, nach welchem er, wenn er es wünscht, unentgeldlich befreyt wird.
Nie kehrt der Bürger seine Waffen gegen den äussern Feind. Seine Bestimmung bleibt ausschließend den friedlichen, rechtlichen Einwohner zu schützen, und die Wirkungen des Gesetzes, gegen policeyliche Vergehungen und das Verbrechen, zu unterstützen.
- §. 5.
Im J. 1808 den 1. May, wurden die Bestimmungen in Hinsicht auf Militärmacht, Militärconscription des Reichs, bekannt gemacht.
Die Truppen der stehenden Armee, welche zur Vertheidigung des Staats, wie zur Erfüllung der, durch die rheinische Bundesakte eingegangenen, Verbindlichkeiten unterhalten wird, werden durch den Weg der allgemeinen Militärkonskription ergänzt. Indeß wird freywillige Anwerbung nicht ausgeschlossen. Die Armee handelt nur gegen äussere Feinde; im Innern aber nur dann, wenn es der Monarch, in einem besondern Falle, ausdrücklich befiehlt, oder die Militärmacht von der Civilbehörde förmlich dazu aufgefordert wird. Die Militärpersonen stehen nur in Kriminal- und Dienstsachen unter der Militärgerichtsbarkeit; in allen übrigen aber sind sie, wie jeder Staatsbürger, den einschlägigen Civilbehörden unterworfen. Die Bürgermiliz wird bestättigt. Zur Erhaltung der Ruhe in Kriegszeiten wird eine Nationalgarde, und zur Handhabung der Policey eine Gens d'Armerie errichtet werden.
Das fünfte Departement des Ministeriums, jenes des Kriegswesens, trat am 1. Octob. dieses J. an die Stelle des geheimen Kriegs-Büreaus. Die unmittelbare Leitung dieses Ministeriums, in seinem ganzen Umfange, führt der König selbst; das Staatssekretariat desselben ist dem Generallieutenant von Triva übertragen.
- §. 6.
Der über Oestreichs Gränzen, im J. 1809, heranziehende Sturm gebot, den Vorbehalt in der Reichskonstitution, welcher den Souverain ermächtigte, ausser dem Bürgermilitär eine förmliche Nationalgarde zu bilden, in Vollzug zu setzen. Die Nationalgarde ward nun durch das Loos gebildet; keine ehemalige Exemtion galt ferner; alle waffenfähigen Jünglinge von 18 bis 25 Jahren blieben dem Loose unterworfen, und nur die verheyratheten, oder in wirklichen Staatsdiensten stehenden Staatsbürger, davon ausgenommen. Jedoch ward jedem gestattet, sich durch einen tauglichen Stellvertreter, mit dem er selbst seine Uebereinkunft treffen möchte, ersetzen zu lassen. Ehemalige Unterofficiere und gebildete junge Leute, die sich freywillig annehmen lassen, erhielten die Versicherung, daß auf sie, bey Besetzung der Officierstellen, vorzüglich Rücksicht genommen werden solle.
Ein wahrhaft begeisternder Aufruf des Monarchen an seine lieben Baiern ergieng, worin er diese auffordert, sich zu erheben gegen den Feind, welcher ihre Selbstständigkeit, Sicherheit und alle östentliche Ordnung bekämpfe. Zugleich mit diesem Aufrufe erschien ein organisches Gesetz über die Errichtung der Nationalgarde, das wirklich eine Nationalbewaffnung beabsichtigte, wie sie bisher noch in keinem teutschen Staate bestand. Die erste Classe derselben bildeten die Reservebataillons, deren man vorläufig 6 errichtete. Jedem Feldregimente wurde ein solches Bataillon zugetheilt, und es stand in gleichem Verhältnisse mit demselben. Die zweyte Classe bildeten die mobilen Kolonnen, deren in jedem Kreise (solcher waren damals 15) eine errichtet wurde, und aus 4 bis 8 Bataillonen, jedes zu 600 Mann, bestehen sollte. Auch diese Legionen waren, so bald der Ausmarsch erfolgte, dem Kriegsgesetze unterworfen. Die dritte Classe bestand aus allen ansäßigen Einwohnern, gleichviel, ob Staatsdiener oder nicht, bis zum Alter von 60 Jahren. Auf sie sollte volle Anwendung finden die Eintheilung, Formation und Verfassung des Bürgermilitärs. Sie erhielt keine Löhnung, wie die beyden erstern Classen; sollte aber auch bloß zur Erhaltung der Sicherheit und Ruhe innerhalb der Gränzen ihrer Landgerichtsbezirke verpflichtet seyn, oder nur im höchsten Nothfalle, gegen den äußern Feind fechten. Indem der Staat alle seine waffenfähigen Bürger zur Vertheidigung des Vaterlandes aufrief, sorgte er zugleich für rechtliche Belohnung der Tapfern, die in Erfüllung jener schönen Pflicht sich auszeichneten. Darum ward der dritte Theil aller Damenstiftspräbenden den Töchtern der Officiere, und zwar derer vorzugsweise zugesichert, die im Kampfe mit dem Feinde des Vaterlandes gefallen waren. Darum mußte, bey Besetzung einträglicher und paßlicher Civilstellen, vor allen auf die, im Kriege zu fernern Diensten untauglich gewordenen, Officiere Rücksicht genommen werden. Ueberdieß versprach der Souverain, ein der Würde des Staats und der Dankbarkeit des Vaterlandes entsprechendes Institut für alle, im Dienste fürs Vaterland verwundete, ehrenvolle Krieger zu stiften.
In den ungeheuern Anstrengungen zu Passau's-Befestigung sah man noch das schreckende Bild künftiger Kriege. Seit 5 Monaten arbeiteten 10,000 Menschen an diesem Baue. Acht starke Forts umgaben endlich Passau, wie ein Kranz, und erhielten die Namen: Napoleon, Max Joseph, Ludwig, Eugen, Alexander, Rivoli, Abensberg und Eckmühl. In der Mitte ragte das feste Bergschloß Oberhaus, wie eine Krone, empor.
Da die ganze aktive Armee auf einigen Punkten koncentrirt stand, und der größte Theil des platten Landes einer gehörig organisirten Sicherheitsanstalt bedurfte: so wurden in Augsburg 6 Reserve-Bataillons errichtet, deren jedes aus 4 Compagnien bestand.
Am 7. May ward die Organisirung eines Gebirgs- Schützen- und freywilligen Jäger-Corps, gegen die rebellischen Unternehmungen der Bewohner der drey südlichen Kreise: des Inn-, Eisack- und Illerkreises, beschlossen. Als Muster bey dieser Organisirung galt jenes Corps, welches im J. 1805 schon bestanden hatte. Das Corps ist in 3 Abtheilungen gesöndert, deren jeder der einschlägige Forstinspector, als Commandant, vorgesetzt ist. Die erste Abtheilung stellt 500 Schützen, die zweyte 1000, und die dritte ebenfalls 1000 Mann zum beständigen Dienste, und das Doppelte, als Reserve, zur succesiven Ablösung der im Dienste stehenden Mannschaft und zu deren Beystand, im Falle des Ueberfalls einer überlegenen Anzahl von Rebellen, wornach das ganze Corps aus 7500 Mann zu bestehen hat. Alle drey Abtheilungen sind den unmittelbaren Befehlen eines Militärkommandanten unterworfen. Ausser der Verpflegung mit Fleisch und Brod, wurden jedem Schützen täglich 12 kr., einem Unterrottmeister 18 kr., einem Oberrottmeister 24 kr., den Officieren aber die ihren Verdiensten und Kosten angemessenen Gratificationen zugesichert. Die Dienstzeit dieses Corps erstreckt sich auf die Dauer des gegenwärtigen Krieges.
Im J. 1811, den 1. Jäner, ward beschlossen; daß die Beförderungen der Officiere der Armee, auch in den höhern Graden, nicht mehr bestimmt nach der Tour, sondern so, wie sie den Umständen angemessen sind, Statt finden sollen. es wurde zugleich ein höherer Generals-Grad und Rang festgesetzt, und zwar unter der Benennung: "General der Infanterie, der Kavallerie oder Artillerie," welche unter sich, nach ihrer neuen Patenten, ihren Rang behaupten.
Den 11. April ward die Zusammensetzung der baierischen Armee auf folgende Art bestimmt:
- Die Linien-Infanterie-Regimenter: 1 König, 2 Kronprinz, 3 Prinz Karl, 4 Sachsen-Hildburghausen, 5 Preysing, 6 Herzog Wilhelm, 7 Löwenstein-Wertheim, 8 Herzog Pius, 9 Ysenburg, 10 Junker, 11 Kinkel, 12 Linien-Infanterie-Regiment;
- Leichte Infanterie-Bataillone: 1 Gedoni, 2 Wreden, 3 Bernklau, 4 Theobald, 5 Buttler, 6 La Roche;
- Garnisons-Compagnien: Donauwörth, Nymphenburg, Oberhaus, Rosenberg, Rothenberg, Wülzburg;
- Chevauxlegers-Regimenter: 1 Chevauxlegers-Regiment, 2 Taxis, 3 Kronprinz, 4 König, 5 Leiningen, 6 Bubenhofen;
- Artillerie-Regiment;
- Artillerie- und Armee-Fuhrwesens-Bataillon;
- Ouvrier-Compagnie.
Das 1 Linien-Infanterie-Leibregiment nennt sich künftig, 1 Linien-Infanterie-Regiment König; das bisherige 11 Linien-Infanterie-Regiment Kinkel, und das 7 leichte Infanterie-Bataillon Treuberg, sind aufgelöst; das bisherige 12 Linien-Infanterie-Regiment erhält die Numer 11, und Baron Kinkel wird Inhaber desselben; das 14 Linien-Infanterie-Regiment nimmt die Numer 13 an. Die Benennung Garnisons-Regiment hört auf; dafür wird der Ausdruck "Garnisons-Compagnien" gebraucht. Die Dragoner-Regimenter werden in Chevauxlegers-Regiment umgewandelt.
- §. 7.
Hinsichtlich der Ergänzung der aktiven Armee wurden, für die Regulirung der Conscription und freywilligen Anwerbung, den 29. März 1812, folgende Bestimmungen ausgesprochen.
Die Militärconscription ist allgemein, und kein Unterthan des Königreichs, von welcher Religion und welchem Stande er auch seyn mag, von derselben ausgenommen. Sie erstreckt sich über alle ledigen Baiern vom vollendeten 19 bis zum zurückgelegten 23 Jahre ihres Alters. Das geringste Maas ist 5 Fuß 4 Zoll baierisch. Der Conscribirte muß die, mit den militärischen Verrichtungen verbundenen, Beschwerlichkeiten und Strapazen auszuhalten fähig seyn. Die Vollzähligmachung der Armee wird regelmäßig jedes Jahr vorgenommen, und richtet sich nach dem Bedürfnisse der Armee, in so fern der Abgang nicht durch freywillige Anwendung ersetzt worden ist.
Die Conscribirten theilen sich, nach ihrem Alter in 4 Classen, so, daß die Jünglinge von 20 Jahren die erste; die von 21 die zweyte, die von 22 die dritte, und die von 23 die vierte Classe, bilden. Die wirkliche Einreihung der Conscribirten in die Armee geschieht stufenweise, nach den Jahren des militärpflichtigen Alters, und in jeder aufgerufenen Altersklasse theilten sich die, darin befindlichen dienst- und aufrufsfähigen, Conscribirten: 1) in jene Mannschaft, welche als das Einreihungs-Kontingent; 2) in jene, welche zur Ergänzung bestimmt ist, und 3) in die Reserve. Von der Einreihung sind definitiv befreyt: die wegen Mangel der erforderlichen Größe, oder wegen Körpersgebrechen unbrauchbaren Individuen; jeder einzig übrig gebliebene Sohn jener Aeltern, welche bereits zwey oder drey Söhne unter den Fahnen verloren haben. wenn ferner ein militärpflichtiges Individuum, durch irgend einen Zufall, zum Besitze eines solchen Gutes gelangt ist, welches eine Familie hinreichend ernähren kann, und bey welchem die wirkliche Uebernahme und seine beständige Gegenwart schlechterdings nothwendig ist: so wird dasselbe ebenfalls von der Einreihung befreyt. Vorläufig sind ferner unter den Militärpflichtigen von der Einreihung befreyt, alle provisorisch angestellten Lehrer oder Schulgehilfen an öffentlichen Lehranstalten; die Exspectanten und Präperanden zum Lehramte, und alle diejenigen, welche sich, zur Ausbildung für den geistlichen Stand, in einem geistlichen Seminar befinden. Die definitive Anstellung derselben befreyt sie von der Militärpflichtigkeit. Ein Gleiches wird den Protestanten, welche als Pfarramts-Kandidaten aufgenommen werden, um zur Ordination nach der eingeführten Kirchenordnung zugelassen zu werden. Gleiche Bestimmung tritt ein bey den, in Landärztlichen oder Veterinärschulen aufgenommen, Individuen, wie auch bey den Jünglingen auf Gymnasien, Lyceen, und der Akademie der bildenden Künste, welche sich durch Talente, fortgesetzte fleißige Verwendung und gute Ausführung empfehlen. Der zur Einreihung durch das Loos bestimmte Jüngling, aus besondern Gründen in persönlicher Uebernahme des Militärdienstes gehindert, darf für sich einen andern Mann substitiuiren. Jeder Baier kann sich bis zum zurückgelegten 30 Jahre seines Alters für den Militärdienst freywillig anwerben lassen. Hat er aber schon eine, oder gar zwey Kapitulationen gedient: so kann er im ersten Falle bis zum zurückgelegten 36, im zweyten bis zum vollendeten 40 Jahre wieder angenommen werden. Zur Erhaltung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit im Innern des Reichs wurde, den 11. Octob. 1812, die Errichtung eines Gens d'Armerie angeordnet.
Die Gens d'Armerie wird aus 348 Mann Cavallerie, und 1332 Mann Infanterie, ausschließlich der Oberofficiere und des Stabs, bestehen. Die Cavallerie theilt sich in 3 Eskadrons; die Infanterie in 12 Kompagnien. Jede Eskadron enthält 16 Brigaden, deren jede aus 6 Gemeinen und einem Brigadier besteht; jede Compagnie begreift 12 Brigaden, deren jede 8 Gemeine und einen Brigadier enthält. Die Cavallerie besteht aus 3 Rittmeistern, 9 Lieutenants, 3 ersten und 9 zweyten Wachtmeistern, 48 Brigadiers und 288 Gemeinen; die Infanterie aus 12 Hauptleuten, 24 Lieutenants, 12 Feldwebeln, 24 Serganten, 144 Brigadiers, und 1152 Gemeinen.
Das ganze Corps theilt sich in 3 Legionen, deren jede von einem Stabsofficiere kommandirt wird. Ueber die gesammte Mannschaft führt den Befehl ein General, welchen ein Adjutant, ein Auditor und ein Profoß beygegeben wird. Jede Legion besteht provisorisch aus 1 Eskadron Cavallerie, und 4 Compagnien Infanterie. Der Chef der ersten Legion hat seinen Sitz in München, und seine Mannschaft ist im Isar-, Inn- und Salzachkreise vertheilt; der Chef der zweyten Legion, in Augsburg wohnend, verwendet seine Mannschaft im Iller-, Oberdonau- und Rezatkreise; der Chef der dritten Legion, in Regensburg wohnend, dehnt seinen Wirkungskreis über den Mayn-, Regen- und Unterdonaukreis aus. Der jährliche Sold eines gemeinen Cavalleristen, welcher Kleidung, Pferde, Pferdsequipagen und Fourage, auf eigene Kosten, anzuschaffen hat, ist auf 500 fl.; jeder eines gemeinen Infanteristen, welcher die Kosten seiner Kleidung selbst bestreiten muß, auf 375 fl. festgesetzt.
Die Gens d'Armerie nimmt im Militär-Etat den ersten Platz ein, und kann, obgleich in ihrem ordentlichen Dienste nur der obersten Policeybehörde untergeben, dennoch aus diesem Verbande gezogen, und den übrigen Theilen der bewaffneten Macht, sowohl im Kriege als im Frieden, zugetheilt werden. Die Behandlung der Gens d'Armerie-Gegenstände geschieht von den Ministerien der Finanzen und des Innern gemeinschaftlich.
- §. 7.
Im J. 1813 ward, zur gehörigen Verstärkung der mobilen Armeecorps, die succesive Mobilisirung der im Lande befindlichen Reserven nothwendig gemacht, und deshalb das Aufgebot und die Mobilisirung der Nationalgarde II. Classe den 28. Febr. befohlen.
Die formirten Nationalgarde erhält den Namen "mobile Legion;" wird nur zur Erhaltung der Ruhe und Sicherheit im Innern, nie aber außerhalb den Gränzen des Reichs, gebraucht, und bleibt nur so lang unter den Waffen, als es die nöthigen Uebungen und Vertheidigung des Vaterlands erfordern. Sie wird zusammengesetzt: aus allen militärpflichtigen, dienstfähigen und noch nicht der Armee einverleibten, Jünglingen vom zurückgelegten 20 bis zum vollendeten 23. Jahre; aus allen ausgedienten, noch dienstfähigen Soldaten, wenn sie noch nicht über 40 Jahre alt, und nicht ansäßig sind; aus allen übrigen unverheyratheten, noch nicht ansäßigen Männern zwischen 24 und 40 Jahren; aus freywilligen, zu keiner der vorgenannten Kategorien gehörigen, Individuen. Von der Dienstpflicht zu den mobilen Legionen sind befreit: alle verheyratheten und ansässigen Staatsbürger jedes Standes; alle für den Staats- oder Hofdienst wirklich Angestellten; die Geistlichen jeder Confession; alle gemäß des neuesten Conscriptionsgesetzes (S. 186 §. 7.) von der wirklichen Einreihung, entweder definitiv oder vorläufig befreiten Individuen. Jede Legion wird aus 4 Bataillons gebildet, deren jedes aus 4 Compagnien, von welchen jede wieder aus 150 Mann besteht. Jede Compagnie scheidet sich in 2 Züge, ohne Einrechnung der Abtheilungen der Schützen, deren 30 aus jeder Compagnie gewählt werden. Der Regel nach wird bey der mobilen Legion keine Cavallerie gebildet; indeß kann sie doch, nach Umständen, Statt haben. Jedes Bataillon erhält einen Commandanten, und das übrige nöthige Subaltern-Personale. Sobald die Legionisten aus ihren Wohnorten zusammengezogen werden, erhalten sie Löhnung, Quartier, Verpflegung u. s. w., wie die Infanterie der Armee. Damit sie den nöthigen Unterricht in den militärischen Bewegungen und dem Waffengebrauche, in der kürzesten Zeit, erhalten, werden Uebungsepochen bestimmt werden. Die Sammelplätze sind, in der Regel, die Hauptstädte der Kreise.
Gemäß der Verordnung vom 26. März l. J. ward 1 National-Chevauxlegers-Regiment, Prinz Karl genannt, errichtet.
- §. 8.
Ach die Pflanzschule geschickter Officiere für die baierische Armee reifte, während dieser Periode, zu einer höheren Vollkommenheit.
Schon im J. 1775 ward das Kadetten-Corps, von dem Waisenhause auf dem Kreutz, in das Jesuitengebäude verlegt, worin es jetzt noch existiret. Wie die Localität dieses Instituts wechselte, so änderten sich auch seine Namen und Einrichtungen. Der Name Kadetten-Corps wurde bald, wie wir schon oben erwähnt haben, mit dem "Marianische Landesakademie" und dieser, im J. 1790, mit dem "Militär-Akademie" vertauscht. In diesem Jahre gab Rumford diesem Institute eine andere Einrichtung. Die Zöglinge wurden in 3 Classen getheilt: die erste bestand aus Zahlenden, meistens Adeligen; die zweyte aus solchen Jünglingen für welche der Churfürst bezahlte, und die dritte aus erwachsenen Unterofficieren, die, auch der Zahlung überhoben, nur in militärischen Wissenschaften und Exercitien unterrichtete wurden.
Im J. 1805 erhielt dieses Institut abermals eine neue, zweckmäßigere Organisation, nach einem, von dem Chef desselben, Freyherrn von Wernek, entworfenen Plane. Der bisherige Name "Militär-Akademie" ward in den ursprünglichen "Kadetten-Corps" umgewandelt. Söhne des Adels, verdienter Officiere, der Collegial-Räthe, und der mit diesem in gleichem Range stehenden Civil-Staatsdiener, sind zur Aufnahme geeignet. Die Zöglinge werden nicht unter 10 Jahre angenommen; erhalten von 10 bis 14 Jahre, unter dem Namen Eleven, den allgemeinen Unterricht dann, ob sie in Militär- oder Civildienste treten wollen. Diejenigen, welche sich nicht für den Militärstand erklären, treten aus dem Institute; jene aber, welche sich dem Militäre zu widmen wünschen, werden zu Kadetten befördert, und noch vier Jahre hindurch zu dem gewählten Stande brauchbar gebildet.
Die Zahl der Zöglinge ist auf 210 bestimmt; für 100 bezahlt der König, Unterricht, Wohnung, Kost und Kleidung; die übrigen haben Kost und Kleidung zu vergüten, Unterricht und Wohnung aber frey. Lehrgegenstände sind: Religions- und Sittenlehre; teutsche, französische und lateinische Sprache; Mathematik, Erdbeschreibung und Geschichte, nach allen ihren Verzweigungen; Naturlehre, und Naturgeschichte; Waffenlehre, Taktik und Fortification, u. s. w. Schönschreiben, Zeichnen (freies Hand- und Situationszeichnen) Tanzen, Fechten, Voltigiren, Reiten, Musik. u. s. w.
Quellen.[]
- ↑ Mars. Eine allgemeine militärische Zeitung. Berlin, 1805. In der Himburgischen Buchhandlung.
- ↑ Neueste Kunde von dem Königreiche Baiern aus guten Quellen bearbeitet von C. R. Prag, 1813.
- ↑ Kriegsgeschichte der Baiern von den ältesten bis auf die gegenwärtigen Zeiten. Von Jos. Ant. Eisenmann, Professor der Geschichte und Geographie am königl. baier. Kadeten-Corps. München 1813, in Commission bey Josph Lindauer.