Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Die Hessische Insurrektion im Winter 1806 bis 1807.[]

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Unter allen Völkern Deutschlands hat wohl keines einen solchen Patriotismus und Ergebenheit für seinen Fürsten gezeigt, als die Hessen. Insonderheit offenbarte sich dieß im letzten Kriege. Schon nachdem auf Kurfürstlichen Befehl das Militair entwaffnet worden war, insurgirte das Volk, ohne Anregung Mächtigerer, um seinen bisherigen Landesherrn wieder zu erkämpfen. Wenn gleich der Kurfürst diese Insurrektion so wenig gebilligt als gewollt hat: so ist doch die darin liegende Treue und Anhänglichkeit der Abkömmlinge der Katten, ein schöner Diamant in der Krone dieses, im Unglücke bis zur höchsten Bewunderung großen Fürsten.

Vielleicht möchte indeß das Feuer der Liebe der Hessischen Nation für ihren bisherigen Fürsten weniger bis zur Flamme aufgelodert seyn, wenn nicht das französische Gouvernement, nachdem die Hessischen Officiere zu Gefangenen gemacht worden, im Namen des Kaisers zu dreien Malen die Hessen zur Tragung der Waffen mit den Franzosen aufgefordert, und wie dieß vergeblich geschehen war, bei Todesstrafe die thätliche Theilnahme an dem derzeitigen Kriege Frankreichs anbefohlen hätte. Dieß hieß ihren bisherigen Landesherrn durch die That abschwören, und so griff alles, was Waffenfähig war, zu den Waffen, die jeder geborgen hatte, oder die er sich aus Sensen, Heugabeln, oder Schneidemessern xc. für den Augenblick zu machen verstand. In der Mitte des Decembermonats war der größte Theil von Hessen, insonderheit Oberhessen, im Aufstand. Zu Eschwege, wo einige Hunderte sich zusammen gezogen hatten, wurden die Wege besetzt gehalten und ordentliche Feldwachen und Patrouillen ausgeschickt. Der Stabscapitain von Uslar, dem das Volk den Titel eines Obristen beigelegt hatte, war dort gezwungen worden, ihr Anführer zu seyn. Der bedeutendste Theil des Aufstandes hatte indessen seinen Sitz zu und um Spangenberg. Dieser, und eben deshalb die Masse des Volks, begehrte den Major Mensing, den nämlichen, der bei Dünkirchen den Oesterreichischen General-Feldmarschal Dalton auf seinen Schultern aus dem Schlachtgetümmel trug, und der sich durch seine Bravour und militairischen Talente den Orden pour la vertu militaire verdiente, zu seinem Anführer. Das Volk kannte und ehrte seine Ergebenheit für den Kurfürsten, und schätzte sein edles Herz, seinen Verstand, seine Kenntnisse und seinen Muth. Mensing hörte von dem Vorhaben des Volks, konnte und wollte sich aber in den Willen desselben nicht fügen und begab sich daher, wie ich erfahren habe, in aller Stille nach Frankfurt. Bald nachdem er dort angekommen war, erhielt er die Nachricht, daß es einem Edlen des Landes, dem Landrath von Lindau, gelungen sey, das Volk durch seine Vorstellungen zu besänftigen, und daß nun alles ruhig wäre. Mensing nahm daher keinen Anstand wieder zurückzukehren. Nachdem er sich einige Tage unentdeckt auf seinem Gute Stolzingen aufgehalten hatte, ward er auf den ersten Weihnachtstag vom Landrath von Lindau nach Elbersdorf zur Mittagsmahlzeit eingeladen. Nichts ahndend begab er sich zu diesem, allgemein mit Recht verehrten Mann. Kaum war er einige Stunden dort, so erschreckte auf einmal das Geläute der Sturmglocken die ganze Gesellschaft; Mensing wollte entfliehen, aber schon war das ganze Schloß umgeben und alle Ausgänge besetzt. Man forderte ihn zum Anführer. Er wollte den Antrag ablehnen, allein das Volk war ungestüm, es drohte, und würde den Major gemordet haben, wenn er nicht endlich der Nothwendigkeit gewichen, und mit nach Spangenberg gegangen wäre.

Gleichsam im Triumph aufgeführt, wurde er einer versammelten Volksmenge von etwa vier bis fünftausend Mann als Anführer vorgestellt. Mensing suchte die erste die beste Anhöhe, stellte sich auf selbige, und hielt dem versammelten Volke eine Anrede. Er dankte ihm in derselben für den ungeforderten Beweis seiner Zuneigung und Ergebenheit für den Fürsten, im Namen desselben, stellte ihm die Gefahr vor, worin es sich befände, indem rechts die Holländer, links die Sachsen, gerade vorwärts die Hauptarmee und im Rücken die Reservearmee unter dem General Kellermann stehe, und ermahnte es, im Namen des Kurfürsten, zur Ruhe und zur Ergebung in den Willen des eisernen Schicksals. Nichts vermochte indeß dem Sturme zu gebieten. Die Muth des Volks forderte Rache, und alles schrie aus einem Munde: Sieg oder Tod! Zugleich traten einige auf und begehrten von Mensing, daß er dem Volk einen Eid der Treue leisten solle. Gut, sagte Mensing, aber ehe und bevor ich euch einen Eid leiste, erwarte ich denselben auf unbedingten Gehorsam von euch. Nun gelobten alle durch einen schauerlichen Eid, mit empor gehobenen Fingern, bei Verlust ihrer Seligkeit, unbedingt gehorsam seyn zu wollen, und sobald als dieß geschehen war, schwur auch er, daß er nur zum Besten des Vaterlandes und Fürsten handeln, und niemals den Feinden dienen wolle.

Von diesem Augenblick an erhielt der Major eine Wache von 30 Mann, und besetzte alle Thore der Stadt, und die Festung. Dem versammelten Volk gab er aber den Befehl sich augenblicklich nach ihren Wohnungen zu begeben, und nicht eher in der Stadt Spangenberg wieder zu erscheinen, als bis er dazu die Ordre ertheilen werde. Uebrigens versprach er ihnen, daß er selbst nach Cassel gehen und den Versuch machen werde, ihnen allen Amnestie und Dienstfreiheit auszuwirken. Uslar hatte den Lieutenant Metz vom Regiment Wurmb an ihn abgeschickt, und diesem ertheilte er den Rath, seine Leute zur Ruhe zu ermahnen, und sich nur dann auf einen Angriff gefaßt zu halten, wenn er, Mensing, sich in Cassel vergeblich bemüht haben würde, dem Volke Amnestie und gänzliche Dienstfreiheit auszuwirken.

Das in Spangenberg versammelte Volk that, was er geschworen hatte, es gehorchte; und nachdem Mensing den Aermern vom Volk, die dort bleiben wollten, indem es ihnen an Unterhalt gänzlich fehle, aus seiner eignen Tasche eine bedeutende Summe zugestellt, seinen Plan entworfen, seine Ordres ertheilt, und die nöthigen Signale verabredet hatte, reisete er am folgenden Mittage nach Cassel ab. Ihn begleitete niemand, als der Landrath von Lindau. Gleich nach seiner Ankunft und zwar Abends 10 Uhr, ließ er das dort noch existirende bisherige Ministerium zusammenrufen, und verlangte von diesem die nöthigen Befehle für seine Handlungsweise. Dabei sagte er aber auch, daß er für Amnestie und Dienstfreiheit dem Volk sein Wort gegeben hätte, und daß er es halten würde, so lange er athme. Für die Herstellung der Ruhe verbürgte er Ehre und Leben, sobald sein gegebenes Wort erfüllt seyn werde.

Vom Hessischen Ministerio, namentlich von den Ministern von Waitz, von Baumbach und von Witzleben, dem Geheimen Kriegsrath Lenneb und dem Regierungsrath Schmierfeld, ergingen hierauf augenblicklich die dringendsten Vorstellungen an den General Lagrange. Obgleich nun dieser ausgezeichnet würdige und verdiente General, dem es unmöglich verborgen seyn konnte, daß der Major Mensing sich zu Cassel, in dem dortigen ersten Gasthofe, ohne alle Begleitung befinde, anfänglich nicht ganz bereit zu seyn schien, in das Anverlangen des Hessischen Volks für seinen eigenen Kopf zu willigen: so wich er doch endlich den Bitten des weisen. Ministerii und der Nothwendigkeit. Schon vor dem andern Mittag hatte der Major Mensing die für das Volk begehrte Amnestie und Zusicherung der Dienstfreiheit. Der wörtliche Inhalt solcher Zusicherung ist noch im frischen Andenken, und bedarf keiner wörtlichen Erwähnung. Noch während dem, daß der Major von Mensing in Cassel war, erhielt er schon die Nachricht, daß die Insurgenten besorgten, man möchte sich an seiner Person vergreifen, und daß sie auf diesen Fall die Absicht hätten, Cassel zu stürmen. Er mußte daher eilen, ihnen von der Erfüllung seines Wortes bis zum Neujahrstage (denn dieß war der Zeitpunkt, den er sich gesetzt hatte) Ueberzeugung zu verschaffen.

Es war Mensingens Wunsch, daß der Minister v. Waitz, der Liebling des Fürsten und das Volks, mit ihm reisen möchte, damit sich jedermann vergewissern könnte, daß er seine Pflicht ganz erfüllt habe. Der Minister von Waitz, obgleich unpaß, erfüllte dennoch diesen Wunsch. Wie nöthig es übrigens war, daß dieser sich auf Mensings Rath bei der Abreise mit seiner Staatskleidung und mit seinen Orden versah, wird die Folge lehren.

Zuerst ging es nach Melsungen. Der Minister erschrak, als er schon zu Waldau die Vorposten fand, die sogleich von Mensing zurückgerufen und an den Sammelplatz verwiesen wurden; aber noch mehr erstaunte er, als er zu Melsungen Kopf an Kopf alles unter den Waffen fand, und mit lautem Hurra empfangen wurde. Er hatte sich die Sache nicht so fürchterlich gedacht.

Das Volk ließ Beide in die Stadt fahren, woselbst sogleich die Obrigkeit und die dort befindlichen Insurgenten-Officiere zusammen berufen wurden. Im Angesicht des Volks wurde diesen vom Minister v. Waitz im Namen des Kurfürsten die Niederlegung der Waffen befohlen. Einige Sprecher des Volks fragten Mensingen: ob dieß auch sein Wille sey; und als er es bejahte, und ihnen die neueste Proclamation des General Lagrange mittheilte, legten sie augenblicklich die Waffen nieder und gingen auseinander.

Von hier fuhr man nach Altmorschen. Kaum war man angekommen, so meldete ein Unterofficier, daß er den Franzosen mit seinem Commando 30000 Rthlr. nebst den Pferden von der Sabbaburg abgenommen habe. Er verlange den Befehl zur Auslieferung. Mensing wandte sich an den Minister, und dieser befahl, alles nach Homburg an die Obrigkeit abzuliefern. Der Unterofficier sah Mensingen bedenklich an, und dieses wiederholte daher den Befehl und gebot pünktlichen Gehorsam. Der Unterofficier ging, kam aber nach etlichen Minuten in voller Wuth zurück, und sagte: Herr Hauptmann, Sie sind betrogen, es ist kein Minister, es ist ein Spion. Ein Minister muß Stern und Band haben; lassen Sie mich in die Stube und den da in Stücken hauen. Mensing gebot ihm und allen übrigen Stille, ging zu dem Minister und bat ihn sein Oberrock abzulegen, und sich in der darunter befindlichen Staatskleidung dem Volk zu zeigen. Dieß geschah. Das Volk sah ihn, hörte die Befehle, die er ihm im Namen des Kurfürsten ertheilte, und war beruhigt. Auch hier ging nun alles wie zu Melsungen.

Nun begaben sich Beyde nach Spangenberg, wo der größeste Theil der Insurrektion aus allen umliegenden Ortschaften zusammen geströmt war. Da es schon Abend war, so beschied Mensing alle, unter ernstlichen Befehl sich ruhig zu verhalten, anderm Morgens 8 Uhr nach der Stadt. Als der andere Morgen heran kam, begaben sich Waitz und Mensing nach dem Rathhause, wo sie den Magistrat versammelt fanden. Bald darauf drängte sich alles dorthin, und das Rathhaus drohte den Einsturz. Das Volk verlangte den Minister zu sehen. Mensing ließ nun das versammelte Volk ordentlich in Reih' und Glied aufmarschieren, und hielt eine Rede an dasselbe, worin er demselben sagte, daß er dem Minister als Repräsentanten des Kurfürsten gehorchen werde, so wie alle ihm Gehorsam geschworen hätten, daß er keinen Widerspruch erwarte; jeden Widerspruch aber mit dem Tode bestrafen würde. Unter lautem Rufen: es lebe der Kurfürst, Wilhelm der erste, es lebe sein Minister, erschien jetzt der Minister von Waitz. Mensing eilte auf ihn zu, bekomplimentirte ihn in einer kurzen Anrede im Namen des Volks, und forderte seine Befehle. Der Minister von Waitz erwiederte diese Anrede in den schmeichelhaftesten Aeußerungen für den Major Mensingen, und befahl dem Volke die Niederlegung der Waffen. So wie dieser Befehl erlassen war, wandte sich Mensing an das Volk und kommandirte: das Gewehr beim Fuß, und: legt die Waffen nieder. Gebieten und geschehen, waren Eins. Nunmehr theilte der Major Mensing die obberegte Proclamation des General Lagrange unter das Volk aus; ließ den Aermern einen dreitägigen Sold zustellen, und darauf alle, unter wiederhohlter Ermahnung zur Ruhe, auseinander gehen.

Ehe und bevor sich der Minister von Waitz und der Major Mensing von Spangenberg nach Lichtenau begaben, wurden erst Eilboten nach Homburg, Rodenberg, Hirschfeld und Sontra geschickt, die die Befehle zur Niederlegung der Waffen dorthin überbrachten. Da man nach diesen beiden Orten hin alles meldete, was geschehen war, so wurden auch da sogleich die Waffen weggeworfen. Auch der Stabskapitain von Uslar erhielt die Ordre, vor des Ministers Ankunft zu Eschwege, das Volk aus einander gehen zu lassen.

In Lichtenau und nachher in Waldcappeln ging alles auf die vorher ermeldete Art, und ruhig legte auch hier das Volk die Waffen nieder.

Von Waldcappeln wandte man sich zuletzt nach Eschwege. In Eschwege fand man die Thore besetzt, und das Volk war auseinander gegangen. Der Capitain von Uslar war indeß nicht zu finden. Dieser hatte die Flucht ergriffen, und war mit seinem Pferde durch die Werra gesetzt, weil das Volk bei Bekanntmachung der Befehle des Ministers eine Täuschung vermuthet, und sich gegen Uslar lebensgefährliche Drohungen erlaubt hatte. Geld und Briefschaften hatte Uslar zurückgelassen.

Sobald von dem Minister von Waitz und von dem Major Mensing auch in Eschwege die Proclamation vertheilt worden, und die Ruhe sonach völlig hergestellt war, beförderte der Minister eine Estafette an den General Lagrange mit einer Nachricht von dem Vorgang, und mit der Meldung, daß er nunmehr im Stande sey, die Städte und Oerter von Hessen ohne weitern Widerstand zu besetzen. Dieß geschah denn auch, wie bekannt, unter dem Commando des General Barbo, den folgenden und in den übrigen Tagen des Januarmonats 1807.

Auf diese Weise ging es zu, daß der Boden Hessens von keinem Bürgerblut befleckt ward, welches in Strömen geflossen seyn würde, wenn sich kein Mensing gefunden hätte.

Der Kurfürst, der zu edel ist, als daß er (was wegen der Lage der Dinge unvermeidlich war) eines der edelsten von Tuiskons Völkern um seinet Willen unglücklich sehen möchte, und Lagrange, haben es dem uneigennützigen Mensing gedankt, und es läßt sich erwarten, daß selbst der jetzige Regent, den man in den Herrschertugenden als den Abdruck seines erhabenen Bruders rühmt, diesen dem Lande geleisteten großen Dienst, der in den Jahrbüchern der Menschheit ewig unvergeßlich bleibt, in seinem Herzen erkennen wird.

Die gegen die Insurgenten späterhin in Hessen Statt gehabten Untersuchungen, haben mit der eigentlichen Insurrection gar keine Gemeinschaft. Sie sind durch Klagen der Insurgenten über Insurgenten und deren Excesse, zur Zeit der Insurrection, veranlaßt, und ich übergehe daher dieselben mit Stillschweigen.

Hessen, im Jahr 1808.


Zeitungsnachrichten.[]

Staatsbegebenheiten.

[2]
Hessen. Se. Majestät der Kaiser und König Napoleon hatte von Posen aus den Befehl ergehen lassen, daß von dem entlassenen kurhessischen Militär sieben Regimenter angeworben werden sollten. Kaum war dieser Befehl in Hessen bekannt geworden, so zeigten sich auch daselbst unruhige Auftritte, die immer weiter um sich zu greifen drohten. Der Generalgouverneur von Hessen, Gen. Lagrange gab daher zuerst am 22., dann am 24. Dez. die Versicherung, daß kein Hesse zum Kriegsdienst gezwungen, sondern nur diejenigen, die sich freywillig stellen würden, angeworben werden sollten. Indessen wurde dadurch die Ruhe noch nicht wieder hergestellt und der Generalgouverneur erließ daher unter dem 28. Dez. folgende nachdrückliche Proklamation:

Hessens Bewohner! Die hess. Soldaten, die alle eure Söhne, eure Anverwandte, eure Freunde sind, beharren noch immer auf dem Irrwege, auf dem sie Uebelgesinnte anzuleiten suchen, ob Ich ihnen gleich die förmlichste Versicherung gab, daß keiner mit Gewalt zum Dienste angehalten werden soll. Euch, ihr Bewohner dieses Landes! euch muß es daran gelegen seyn, diese thörichten Menschen zu ihrer Vernunft zurück zu bringen, indem ihr ihnen begreiflich macht, daß sie es sind, die alles Unglück, alle Drangsalen des Krieges über eire Personen, über eure Familien, und kurz über alles, was euch nur immer theuer seyn kann, herbeyführen. Einwohner von Hessen! Sollten, was ich nicht glaube, alle eure Versuche unnütz seyn, bedenket wenigstens, wie viel euch daran liegt, daß ihr euch nicht von ihnen in den Abgrund hinreißen lasset, in den sie euer Vaterland stürzen wollen. Hier, Bewohner und Soldaten von Hessen! hier erhaltet ihr von mir die letzte Warnung. Kassel, den 28. Dez. 1806. Der Generalgouvern. von Hessen, Lagrange.

Unter demselben Datum erließen auch die beyden ersten Staatsdiener des Kurfürstenthums Hessen, die Geheimenräthe von Waitz und von Baumbach (die aber bey der jetzigen Lage der Dinge ihrer Dienste entlassen sind) ein Ausschreiben, worin sie den im Aufstand Begriffenen als väterliche Freunde riethen, die ergriffenen Gewehre wieder abzulegen, und ruhig aus einander in ihre Heymath und zur vorigen Ordnung zurück zu kehren, weil sie sonst die Rückkehr ihres Kurfürsten erschweren und das Land dem größten Unglück aussetzen würden. Diesem wohlgemeynten Rathe fügten dieselben Minister in einem Ausschreiben vom 30. Dez. noch dieses hinzu: daß der Kurfürst von Hessen von den Soldaten-Versammlungen benachrichtigt worden wäre, und daß dessen höchste Willensmeynung, sobald die einträfe, den hessischen Soldaten mitgetheilt werden sollte, daß dieselben aber bis dahin sich ruhig verhalten müßten, wofern sie nicht sich und das ganze Land ins Verderben stürzen wollten. -- Jene drohenden Warnungen und diese väterlichen Ermahnungen haben ihren Zweck nicht verfehlt. Die Ruhe ist, wie es heißt, nun wieder hergestellt. Indessen ereigneten sich noch am 29 Dez. sehr unruhige Auftritte in und bey Marburg. Im Aufruhr begriffene Bauern drangen in die Stadt, zwangen die französische Besatzung dieselbe zu verlassen, bemächtigten sich des Schlosses und führten alles Pulver, Gewehre, Patrontaschen xc. weg. Den ganzen Tag hindurch wurde vor den Thoren scharmüzelt und von beyden Seiten gab es einige Todte und Blessirte. Erst gegen Abend legte sich der Sturm und das Schrecken der gutgesinnten Einwohner, als 2,600 M. franz. Truppen in Marburg einrückten, welche mit der größten Freude empfangen wurden. Auf der andern Seite aber haben die Bewohner der Gegend von Schmalkalden die ersten Schritte zur Ordnung durch die Zurückgabe der weggenommenen Kanonen bereits gethan. Der französ. Militärkommandant in Franken, Junge, erließ daher unter dem 4. Jan. ein Ausschreiben an selbigen, worin er unter andern sagte: "Noch fehlt der letzte Beweis der vollkommnen Rückkehr zur Ordnung! Hessen, wie fordern euch auf, diesen Beweis vollkommen zu geben. Die genommenen Gewehre aller Art müssen binnen 24 Stunden an die Orte zurückgeliefert werden, wo sie genommen wurden. Nur die genaue Befolgung dieser Vorschrift kann das augenblickliche Einrücken der Truppen und überhaupt die strengen Maaßregeln aufhalten, die im Weigerungsfalle unvermeidlich eintreten werden xc."

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[3]
Hanau. Am 6. Jan. war hier ein fürchterlicher Auflauf. Unter Ausübung vieler Exzesse, und dem Geschrey: es lebe unser Kurfürst! rottete sich ein Haufen zusammen, durchzog die Straßen, verwüstete die Wohnung eines hiesigen Juden, des Hoffaktors Bing, und mißhandelte seine Familie. man weiß nicht, wo die Wuth des erhitzten Haufens ihr Ziel gefunden hätte, wofern nicht noch an demselben Abend französ. Truppen eingerückt wären, die diesem Tumult Grenzen setzten.

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[4]

In Hessen sind, der kundgemachten Amnestie ungeachtet, über 90 Personen, wegen des nun gestillten Aufstandes gefänglich eingezogen. Der Wirth zu Gernerode, Wenzel, der ehemahlige Feldwebel Stetler, wurden verurtheilt erschossen zu werden.


Quellen.[]

  1. Löscheimer. Herausgegeben von H. v. L--n. Ein Journal in zwanglosen Heften. 1808.
  2. National-Zeitung der Deutschen. 3tes Stück, den 15ten Januar 1807.
  3. National-Zeitung der Deutschen. 6tes Stück, den 5ten Februar 1807.
  4. Wiener-Zeitung Nro. 13. Sonnabend, den 14. Februar 1807.
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