Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Kriegsgeschichte.

Geschichte der AlpenArmee, während der drei Feldzüge von 1792, 1793 und 1794.[]

[1]
(zur Erläuterung der diesem Hefte beigefügten Tafel.)

Vorzüglich in zwei Epochen war die AlpenArmee der Gegenstand der allgemeinen Aufmerksamkeit: im ersten Feldzuge, da sie innerhalb wenigen Tagen, ohne Schwertschlag, ganz Savoyen hinwegnahm; und im dritten Feldzuge, da sie, nach den kühnsten Gefechten, die grose und kleine BernhardsAlpen, und den Berg Cenis, wahrscheinlich den nemlichen, über den Hannibal mit seiner Armee und seinen Elefanten nach Italien gezogen war, überwältigte, und, in Verbindung mit der italienischen Armee, Turin ganz nahe bedrohte.

Diese beiden Armeen, die der Alpen und die italienische, waren bald unter gleichem HauptGeneral vereint, bald getrennt; aber immer wirkten sie in engem Einverständniß miteinander.


Feldzug von 1792.[]

Im ersten Feldzuge waren sie unter dem Namen SüdArmee, unter dem Oberbefehl von Montesquiou, nur Eine Masse. Seit dem ersten Ausbruche der fränkischen Revolution hatte der König von Sardinien mit einer Entschiedenheit, die für diesen Monarchen und dem Geiste eines Theils seiner Völker in hohem Grade gewagt war, Partei gegen solche genommen. Die beiden Brüder König Ludwigs XVI waren mit Prinzessinnen von Savoyen, deren Schwester an den Prinzen von Piemont vermählt; und unglüklicher Weise vergaß der König von Sardinien über diesen Familien Verhältnissen die weit dringendern Interessen seines Staats. Nizza, Savoyen und Piemont waren überschwemmt von französischen Ausgewanderten, die von hier aus ein Gewebe von Complotten über das südliche Frankreich erstrekten. Der König von Sardinien gieng so weit, daß er den an ihn beglaubigten fränkischen Gesandten Semonville aus seinen Staaten fortwies . . . Vorzüglich dieser lezte Hohn entschied. Die NationalVersammlung erklärte ihm, 10ten Sept. 1792, den Krieg; und schon am 14ten sezte sich Montesquiou mit seiner Armee in Bewegung, schon am 23sten zog er in Chambery, der HauptStadt Savoyens, ein, und in den ersten Tagen des Octobers war dis ganze Herzogthum, vom GenferSee an bis gegen den Berg Cenis hin, in der Gewalt der fränkischen Waffen. Diese Eroberung glich ganz einer Szene aus Arkadien: nicht mehr als zwei fränkische Krieger hatte sie gekostet; so eilig hatten sich die Truppen des Königs von Sardinien - ein böses Vorzeichen für ihre Thaten im ganzen übrigen Kriege! - über die Gebirge, nach Piemont, geflüchtet. Die Sieger fanden, wo sie hinzogen, nichts als freudetrunkne Menschen, die, lange schon durch Sprache, Charakter und HandelsInteressen Franken, sogleich mit Enthusiasm auf Vereinigung mit der eroberten Republik stimmten, welche ihnen auch ohne Schwierigkeit bewilligt ward. Savoyen ward derselben, unter dem Namen; Departement des MontBlanc, einverleibt.

Eine Abtheilung der unter Montesquiou stehenden SüdArmee, zwischen 5 und 6000 Mann stark, welche General Anselme commandirte, war zu gleicher Zeit, unter am MeerGestade, über den Fluß Var, der die ehemalige Provence von Italien trennt, gegangen, und hatte, mit eben so wenig Mühe, die Stadt Nizza mit der ganzen Grafschaft dieses Namens hinweggenommen. . . . Diese Abtheilung der SüdArmee unter Anselme ist der Keim, woraus sich, noch vor dem Schlusse des Jahrs 1792, eine eigene, von der der Alpen verschiedene italienische Armee bildete. . . Auch Nizza war nun der fränkischen Republik, als Departement der SeeAlpen, einverleibt, und dieses erreichte nun auf dieser Seite den grosen Zwek, ihre Gränzen bis an eine der ungeheuren Abmarkungen, welche die Natur selbst gezogen hat, bis an die Alpen, zu erstreken.

Bald (15 Nov.) muste der Eroberer Savoyens, wegen seines schonenden, klugen Betragens gegen Helvetien und die Stadt Genf, das bei den damaligen, durch ihr Glük unbündig trozigen Machthabern in Frankreich für ein Verbrechen galt, sich kümmerlich von der Spize seines Heeres in einen Winkel Helvetiens flüchten, wo er (in Bremgarten) lebte, bis er erst vor wenigen Monden wieder die Erlaubniß zur Rükkehr nach Frankreich erhielt, um da sein Betragen vor einem KriegsGerichte zu rechtfertigen.


Feldzug von 1793.[]

Ihm folgte, im Commando der AlpenArmee, General Kellermann, der an der Spize der CentralArmee die Preussen aus Champagne heraus über die fränkische Gränze zurükverfolgt hatte, aber bei dieser Gelegenheit, wegen seines NichtMarsches auf Koblenz, mit General Custine in einen Streit verflochten worden war, worin beide einander mit den gröbsten Schmähungen überhäuften. Custine stand um diese Zeit auf der glänzendsten Höhe von Glük; er hatte Speyer, Mainz, Frankfurt eingenommen; man muste ihn schonen: aber Kellermann hatte sich an dem Tage von Valmy (20 Sept.) ausgezeichnet. Beide konnte man nicht besser auseinander bringen, als daß man Kellermann, noch vor Ende des Jahrs 1792, an die Spize der AlpenArmee stellte. . . . Er bereitete sich hier zu Unternehmungen gegen Piemont, sobald der auf jenen hohen GebirgMassen bis gegen den Sommer hin dauernde Schnee sie zulassen würde. Aber dieser Plan ward durch ungeheure Zwischenschläge vereitelt. Die Revolution vom 31ten May, die den gewaltsamen Sieg des Berges über die Gironde herbeiführre, sezte das ganze südliche Frankreich, vorzüglich die grosen Städte (Lyon, Marseille, Toulon xc.) in Flamme: sie traten mit einander in enge Verbindung, um die Integrität und Freiheit der NationalRepräsentation herzustellen. Der siegende Berg dichtete ihnen nun die Absicht an, sich von der übrigen Masse der Republik losreissen, und ein eigenes StaatenSystem unter sich bilden zu wollen. er nannte das Föderalism, und blizte und donnerte nun auf sie herab. Lyon ward förmlich in EmpörungsZustand erklärt. General Kellermann erhielt Befehl, mit dem grösten Theile der AlpenArmee gegen diese so blühende HandelsStadt, einst der Stolz Frankreichs, zu marschiren. Kaum hatte er sich dazu in Bewegung gesezt, als die Piemonteser hinter ihren Gebirgen hervorkamen, und in verschiedenen Haufen, von mehrern Seiten her, in Savoyen vordrangen. . . Lyon lag indeß dem NationalConvent izt dringender an, als das neue Departement des MontBlanc. "Laß doch" - hatte Danton an Dubois-Crancé, der an Kellermann's Seite die Operationen gegen Lyon leitete, "laß immerhin die Fesseln geschmiedet werden: Lyon ist izt unser LosungsWort; Lyon's Demüthigung muß dem Siege des Berges das Siegel aufdrüken" - Aber eine neue Katastrophe! Mit einer Abtheilung der AlpenArmee schlug zwar General Carteaux die Marseiller, die sich mit den Lyonesern hatten vereinigen wollen, in mehrern Gefechten, und zog als Eroberer im Marseille ein; aber zur nemlichen Zeit nahm das benachbarte Toulon, der GrundSiz der fränkischen SeeMacht im MittelMeer, die vereinte englisch-spanische Flotte in seinem Häfen auf, und proclamirte König Ludwig XVII. Welche Lage der Dinge in Süden! Ein groser Theil Savoyens von den Piemontesern überschwemmt; Toulon in den Händen der Coalition; Lyon, welches 30,000 Bürger unter Waffen und 200 Kanonen zählte, fest entschlossen, eher alles zu wagen, als sich dem schreklichen Berge zu unterwerfen. Die Belagerung desselben schritt nur langsam vor; so langsam, daß Kellermann,den man beargwohnte, er schone die Stadt geflissentlich, suspendirt ward. Dubois-Crancé leitete nun die Arbeit. Ein langes Bombardement brachte endlich Lyon in die Gewalt des NationalConvents. Bald wieder wurden die Piemonteser aus Savoyen zurükgedrükt. Das Schiksal Toulons's gehört zur Geschichte der italienischen Armee. . . . Durch seine fürchterliche Energie schuf der Berg eine verzweifelte Lage, noch vor dem Schlusse des Jahrs 1793 in eine der stolzesten um!


Feldzug von 1794.[]

Der dritte Feldzug, vom Jahr 1794, sollte an dieser AlpenGränze ein ungeheures Unternehmen ausgeführt sehen: hier wollte der WohlfahrtsAusschuß einen seiner kühnsten Plane durchsezen; hier sollte der erste Thron zusammenstürzen; die Alpen- und italienische Armee sollten unaufhaltsam vorschreiten, bis sie sich in Turin vereinigt haben würden. . . Die italienische Armee öfnete sich, durch blutige Schlachten, die Strasse dahin, von unten hinauf, über das TendaGebirge. Ein Heerhaufe von der AlpenArmee, unter General Basdelaune, drang, von oben herab, über die ungeheuren, fast für den einzelnen Pilger unersteigbaren GebirgMassen des grosen und kleinen Bernhards, schlug die Piemonteser bei Biella nahm ihnen alle ihre Magazine, und einen grosen Theil des Thales von Aosta. Eine andre Kolonne der AlpenArmee zog, von der Seite her, aus der Grafschaft Maurienne und über Lasnebourg, gegen den Berg Cenis, einen der berühmtesten Pässe nach Italien, erstürmte die auf dem Umfang dieses ungeheuren Gebirgs gelegenen Verschanzungen von Ramasse, dem grosen Kreuz xc. xc., und verfolgte die Piemonteser bis Ferrere und Novalese.

Aber izt hemmte sich plözlich der Lauf so groser Thaten, die in diesem dritten Feldzuge nichts Geringeres, als die Eroberung Turin's zu versprechen geschienen hatten. Wir werden die Ursachen davon im nächsten Hefte, welches die Tafel der vier Feldzüge der italienischen Armee, mit Inbegrif des grosen neuesten Schlages in Italien, enthalten wird, ausführlich entwikeln.


Quellen.[]

  1. Europäische Annalen Jahrgang 1795 von D. Ernst Ludwig Posselt. Tübingen in der J. G. Cottaischen Buchhandlung 1795.
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