Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Die Araber.[]


Eine militärische Skizze. [1]

Der Araber hat einen kleinen magern Körper, eine gellende Stimme, ein starkes Temperament, braunes Haar, eine braungelbe Gesichtsfarbe, feurige schwarze Augen, eine geistreiche, aber selten gefällige Physiognomie.

In seiner Brust wohnen die strengen Tugenden des Muthes, der Beharrlichkeit und der Mäßigkeit. Schwärmerisch liebt er die Unabhängigkeit, keine Gefahr kann ihn erschüttern, kein Schmerz niederbeugen, der drohende Tod ihn nicht erzittern machen. Diese ausdauernden thätigen Eigenschaften, die schon an sich einen Krieger bilden, sind großen Theils die Frucht des nomadischen Lebens, und nebst der Lage des Landes die Bollwerke seiner Freyheit.

Schon viele Jahrhunderte vor Mahomed lernten die Nachbarn ihre heldenmüthige Tapferkeit sowohl im Angriff als in der Vertheidigung kennen. Die Masse der Nation wußte das Joch der mächtigsten Regenten abzuwehren. Sefostris und Cyrus vermochten so wenig als Pompejus oder Trajan, Arabien unter ihre Bothmäßigkeit zu bringen. Die gegenwärtige Oberherrschaft der Muselmänner ist mehr scheinbar als reel.

Mühselig und gefahrvoll ist das Leben des wandernden Araber. Die Karawannen, welche durch die Wüste ziehen, werden gebrandschatzt oder geplündert. Obgleich der Araber bisweilen durch Tausch, List oder Raub Produkte des Kunstfleißes in die Hände bekommt, so kann sich doch der vornehmste Emir, der mit 10,000 Reitern ins Feld rückt, mit einem europäischen Privatmann in Rücksicht der Bequemlichkeit und des wahren Uiberflußes nicht messen.

Ein einzelnen Räuber, oder ein kleiner Trupp derselben wird mit seinem eigentlichen Namen gebrandmarkt; räuberische Streifzüge hingegen, von zahlreichen Haufen unternommen, gelten für gesetzmäßig ruhmvolle Kriege.

Jeder Araber kann, ohne eine Strafe befürchten zu müssen, seinen Speer gegen das Leben seines Landsmanns erheben. Bey jedem Privatgefechte wird, nach Sitte und Gebrauch, eine anständige Gleichheit der Jahre und der Körperkraft, der Anzahl und der Waffen erfordert. Aus den Zeiten vor der Erscheinung des Propheten erinnert man sich 1700 Schlachten. Groll und Partheysucht entspannen diese Fehden, und die prosaische oder dichterisch ausgemahlte Erzählung eines Kampfes aus den Tagen der Vorzeit war hinreichend, die Leidenschaften des schwärzesten Hasses und des wüthendsten Grimmes, selbst bey den Nachkommen der feindlichen Stämme zu entflammen. Damahls pflegten auch die Araber jährlich ein Fest von zwey oder gar vier Monaten feyerlich zu begehen, während dessen jede sowohl auswärtige als innere Zwistigkeit ruhete. Dieser Waffenstillstand charakterisirt doppelt stark ihre Gewohnheit, sich und andere stets zu befehden.

Der Araber Waffen sind, der Bogen, die Pike und Lanze, der Säbel und das Schießgewehr. Die Picke, deren sie sich mit größter Geschicklichkeit bedienen, und die sie mit vieler Gewandtheit werfen, ist ein viereckiges Eisen, das am Ende eine scharfe Spitze hat, und an einem vier bis fünf Fuß langen Schaft befestiget ist. Die Picke dringt nicht so tief ein als die Lanze, deren Eisen glatt ist; aber die Folgen ihrer Verwundung sind weit gefährlicher. Die Araber auf der östlichen Seite des Nils führen fast alle Picken oder Lanzen; die libischen sind dagegen mit Schießgewehren versehen. Die Lanze des arabischen Reiters besteht in einem chinesischen Bambusrohr. Es ist knottig, leicht und elastisch, zwölf Fuß lang, und hat am Ende ein spitzes und sehr scharfes Eisen, unter welchem eine schwarzseidene Quaste hängt. Sie ist in ihren Händen nicht unbeweglich, sondern sie werfen dieselbe beym Angriff, indem sie dieselbe durch ihre Hände glitschen lassen, ohne sie jedoch wegzuschleudern. Ihr Schießgewehr und Pulver ist jedoch elend. Die Kugeln sind schlecht gegossen, und das Pulver auf eine ungeschickte Art gekörnt; die Kohle macht dabey den Hauptbestandtheil aus. Sie tragen es in einer hölzernen Pulverflasche, und die Kugeln besonders in einem ledernen Beutel. Selten lasen sie ihre Gewehre mit Patronen.

Die arabischen Pferde sind vortrefflich, ausdauernd und schnellfüssig. Die Araber haben ihr Roß ganz in der Gewalt, und sind so gewandt, daß sie bloß mit Hülfe ihrer Lanze sich auf selbiges schwingen können. Sie gewöhnen sie nur an Schritt und Galopp. Ihr Gefühl wird nicht durch den Mißbrauch der Sporen und der Peitsche abgestumpft, ihre Kräfte werden für den Augenblick der Flucht und des Nachsetzens aufgespart; aber kaum empfinden sie die leise Berührung der Hand oder des Reitzbügels, so schiessen sie mit Blitzschelle davon, und sollten ihre Gebieter in dem reissenden Laufe abgeworfen werden, so stehen sie augenblicklich still, bis selbe wieder ihren vorigen Sitz eingenommen haben.

Der Sattel liegt wegen der Stellung des Reiters, der sehr kurze Steigbügel hat, vorwärts. Er ist von dem der Mamelukken von Cairo sehr verschieden, und gleicht dem der französischen leichten Reiterei.

Uiber ihre Art, Krieg zu führen, kürzlich folgendes: diese besteht in einen steten Wechsel von Angriff und Flucht. Ziehen sie in die Schlacht, so begeistert sie die Hoffnung des Sieges, den ihnen ihre orientalische Phantasie mit dem glänzendsten Farben vorspiegelt; müssen sie fliehen, so deckt die Schnelligkeit der Flucht ihren Rücken. Ihre Pferde und Kameele, die in acht oder zehn Tagen einen Weg von 80 bis 90 Meilen zurücklegen können, verschwinden vor dem Sieger; die geheimen Wasser der brennenden Wüste entgehen seinen Nachforschungen, und seine siegreichen Schaaren werden von Durst, Hunger und Beschwerden aufgerieben, während sie einen unsichtbaren Feind verfolgen, der ihrer vergeblichen Mühe Hohn spricht, und in der Mitte kahler Steppen sicher ruht.

Die Araber zeigen sich nie geschlossen, sondern immer zerstreut, indem sie ein lauttönendes Geschrey erheben, spotten, schimpfen, und -- so zu sagen -- tiralliren. Während sie mit der Rechten auf ihren Gegner einhauen oder stechen, halten sie in der Linken den Zügel; fällt der Gegner, so berauben sie ihn, und hauen ihm wohl auch den Kopf ab, den sie dann triumphirend auf der Spitze ihre Picke tragen.

Die vorübergehende Vereinigung einiger Stämme bildet eine Armee. Im ganzen genommen, sind die Araber nur als Diebe und Mörder, nicht aber als bewaffnete Truppen zu fürchten. Ein Kampf, in welchem 20 bis 25 Mann umkommen, gilt bey ihnen schon für ein blutiges Treffen. Sobald sie einen Angriff besorgen, trennen sie sich in mehrere kleine Lager, geben von fern sorgsam Acht, und halten ihre Kameele in der Nähe der Zelte, um desto schneller entfliehen zu können. Die Lager stellen auf den Anhöhen Schildwachen aus, diese hängen ihren Turban auf die Spitze der Lanze. Soll das Lager vorrücken, so marschiren die Vedetten auf die Feinde los; im entgegengesetzten Fall, ziehen sie sich ins Lager zurück.

Wenn die Lager mit andern Stämmen ins Handgemenge gerathen, so zeigen sich die arabischen Schönen im Angesicht der Streitenden, schlagen eine kleine Trommel, und lassen die Luft von Kriegsgesängen ertönen, um den Muth ihrer Männer und Geliebten anzufeuern. Sie sind es auch, welche der Verwundeten sich annehmen und sie verbinden. Uiberhaupt schätzen die Weiber die Tapferkeit ungemein hoch, und die Stämme einen mit Narben bedeckten Anführer.

Als die Franzosen in Egypten waren, pflegten die an dieses Land angrenzenden Araber Kundschafter, als Fellahs verkleidet, nach Boulak zu schicken, und die Beschaffenheit und Menge der gegen sie aus Cairo anrückenden Truppen zu erforschen. Sobald die Spione die erwartete Kunde zurückbrachten, brach der Stamm aus seinem Lager auf, und sandte die Weiber, Kinder, und alle Kostbarkeiten in die Wüste. Hierauf marschirten sie einige Tage hin und her, um ihren Feind zu ermüden. Während dieser Zeit stiessen die verbündeten Stämme zusammen, und entschieden alsdann, ob sie angriffen, oder die Eröffnung des Kampfes abwarten wollten.


Quellen.[]

  1. Geist der Zeit. Ein Journal für Geschichte, Geographie, Statistik, Politik und Kriegskunst. Brünn, bey Joseph Georg Traßler, 1811.
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