Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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A. L. Lavoisier.[]

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Lavoisier (A. L.) General-Pachter, alt 50 Jahr, geboren und wohnhaft zu Paris, von dem Pariser Revolutions-Tribunal den 5. May 1794 zum Tode verurtheilt "weil er Wasser und für die Gesundheit der Bürger schädliche Zuthaten in den Taback gemischt habe." Frankreich erlitt einen unersetzlichen Verlust in der Person Lavoisiers, der allgemein für den größten Chemiker Europas gilt. In seinem 23ten Jahre gestand ihm die Akademie der Wissenschaften für eine Rede "über die beste nächtliche Beleuchtung einer grossen Stadt" eine goldene Medaille zu. Zwey Jahre darauf wurde er zum Mitgliede dieser Akademie ernannt. Alle Zweige der mathematischen und physikalischen Wissenschaften waren der Gegenstand seiner Bearbeitung. Als er das Loos, das ihn erwartete, voraussah, verlangte er von seinen Richtern nur einen 14tägigen Aufschub seines Todes. "Ich habe diese Zeit nöthig, sagte er zu ihnen, um zu einer wichtigen Arbeit, mit der ich mich seit mehrern Jahren beschäftige, die nöthigen Versuche zu beendigen. Alsdann werde ich ohne Schmerz mein Leben dem Vaterlande opfern. Coffinhal, der Präsident des Gerichts, antwortete: "Die Republik braucht keine Gelehrten und Chemiker; der Gang der Gerechtigkeit kann nicht verzögert werden." Lavoisier bestieg mit festem Schritte das Schaffot und empfing mit Standhaftigkeit den Todesstreich.


Anton Lorenz Lavoisier, Schatzmeister der Akademie der Wissenschaften zu Paris, wird hingerichtet.[]

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Der neunte May 1794.

Lavoisier, gebohren zu Paris am 26. August 1743, war einer der grösten Chemiker seines Zeitalters, dessen eigenthümliches System Epoche machte. Noch als Jüngling machte er sehr sinnreiche Versuche über die Erleuchtung der Stadt Paris, erhielt vom Hof dafür eine goldne Medaille und bey der nächsten Vakatur eine Stelle in der Akademie der Wissenschaften. Im Jahr 1773 machte er eine mineralogische Reise durch Frankreich und legte den ersten Grund zur antiphlogistischen Chemie. Die Priestleyischen Versuche über die verschiedenen Luft- und Gasarten erhielten durch ihn erst einen höhern Grad der Vollkommenheit; denn er wendete zuerst Chemie und Physik im Zusammenhang mit einander an. Er verbesserte das französische Schießpulver dergestalt, daß es jetzt eine Kanonenkugel bis auf 120 Toisen trieb, da es sonst höchstens bis auf 90 getrieben hatte. Im Jahr 1789 erschienen zum erstenmal seine "Elemente der Chemie" in zwey Bänden. Mehrere Gewerbe in Frankreich, besonders diejenigen, zu deren Ausübung chemische Kenntnisse erforderlich sind, erhielten durch Lavoisiers Bemühungen beträchtliche Verbesserungen, und in den Jahren 1788 und 1789 beschäftigten ihn auch die der Menschheit äusserst interessanten Untersuchungen "über die Ausdünstung der thierischen Körper," wodurch er in den Stand gesetzt wurde, über die Behandlung verschiedener menschlicher Krankheiten sehr wichtige Ausschlüsse zu geben. Im Jahr 1792 wurde er Kommissair des Nationalschatzes und führte eine seht strenge Ordnung im Rechnungswesen ein. Die Stelle eines Schatzmeisters der Akademie der Wissenschaften verwaltete er bis zu dem Zeitpunkt, da durch ein Dekret der Nationalversammlung alle vom Hof begünstigt oder besoldet gewesenen Akademien aufgehoben wurden.

Dieser verdienstvolle Mann hatte das Unglück, am heutigen Tag 1794 mit 27 andern Generalpächtern, seinen Kollegen, guillotinirt zu werden. Er bat nur so lange um Aufschub der Vollstreckung des Urtheils, bis er zuvor einen wichtigen und der Nation sehr nützlichen chemischen Proceß vollendet habe; allein seine barbarischen Richter gestatteten ihn nicht.


Quellen.[]

  1. Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
  2. Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
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