Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Baron Henri Jomini.[]

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Jomini (Baron Henri), Generallieutenant und Adjutant des Kaisers Alexander, ein ausgezeichneter militärischer Schriftsteller, geb. zu Payerne im Waadtlande um das J. 1775, diente in Frankreich in einem Schweizer-Regimente, als der 10. August 1792 die Auflösung dieser Truppen herbeiführte. Jomini wählte jetzt den Handel. Er war Obristlieutenant bei der Landmiliz, als Ney 1802 eine Sendung in das Waadtland erhielt, wo er Jomini kennen lernte und seitdem dessen Beförderer wurde. Jomini trat 1803 in ein Pariser Handelshaus; aber seiner ganze Muße weihte er seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Studium der Taktik. Schon begann im Jahre 1804 der Druck seines Traité des grandes opérations militaires, als ihn Ney mit dem Grade eines Bataillonschefs bei seinem Generalstabe anstellte. Am Ende des Jahres 1805 ward er in Dienstsachen nach Wien zum Kaiser Napoleon gesandt, dem er die beiden ersten Bände seines Werks überreichte. Er fand Beifall, und Napoleon erhob den Verfasser zum Obersten. Darauf machte Jomini, als Chef vom Generalstabe das Marschall Ney, die Feldzüge 1806 und 7 in Preußen und Polen mit, wurde Brigade-General und Baron, folgte dann dem Marschall Ney nach Spanien, wo er an den Feldzügen 1808 und 1809 Theil nahm, trat in der Folge in den Ober-Generalstab des Marschall Berthier, hatte aber mit diesem einige Streitigkeiten, weshalb er seinen Abschied nehmen wollte. Er erhielt ihn nicht, begab sich aber in die Schweiz, und wurde erst 1812 wieder bei der großen Armee, die in Rußland eindrang, angestellt. Hier blieb er als Gouverneur in Smolensk, bis zu dem unglücklichen Rückzuge. Darauf nahm er bei dem Ober-Generalstabe, an dem Feldzuge 1813 in Sachsen Theil. Allein nach Aufkündigung des Waffenstillstandes von Pleischwitz verließ er heimlich das Heer in Schlesien, und ging den 14. August zu den Verbündeten über. Napoleon hatte ihm nämlich den Grad eines Divisions-General verweigert. Er ward von einem Kriegsgericht zum Tode verurtheilt; allein Alexander ernannte ihn zum Generallieutenant und zu seinem Adjutanten. Als solcher kämpfte er mit gegen die Franzosen. Hierüber machte ihm General Sarrazin in seiner Geschichte dieses Krieges so beleidigende Vorwürfe, daß Jomini an ihn schrieb und Genugthuung verlangte. Da er diese nicht erlangen konnte, ließ er die deshalb gewechselten Briefe drucken (Correspondance entre le Général Jomini et le Gén. Sarrazin, sur la campagne de 1813). Jomini befand sich 1815 im Gefolge des Kaisers Alexander in Paris, wo er von Ludwig XVIII. das Ludwig-Kreuz erhielt. Die erste Ausgabe seines oben genannte Werks erschien unter dem Titel: Traité de grande tactique, 2 vol. 8. m. e. Atlas, Paris 1805; die zweite unter dem Titel: Traité des grandes opérations militaires, oder Relation critique et comparative des campagnes de Frédéric et de Napoléon. Die dritte Auflage erschien 1817, 8. vol. mit 2 Atl. Der 7te und 8te Theil enthalten die Histoire critique et milit. des campagnes de la révolution. Jomini's Operationslehre beruht auf dem doppelten Grundsatze von der Zusammenziehung der Streitkräfte und von der Initiative der Bewegungen. Indeß hat er manchmal Napoleon auf Kosten Friedrichs des Großen, des ersten unter den neueren Tactikern, zu sehr erhoben. Doch bleibt sein Werk für die Kriegsgeschichte schätzbar, weil Jomini aus den Archiven des Kriegsministeriums und andern Amtsquellen geschöpft hat. Was Friedrichs Feldzüge betrifft, hat er aus Loyd und Tempelhof genommen. Kürzlich ist von ihm erschienen ein Tableau de la campagne d'automne en Allemagne, Paris 1817, und in den europäischen Annalen 1817.


Der General Baron Jomini.[]

[2]

Wer den Namen Jomini aussprechen hört, dankt auch sogleich an jenes classische Werk, Traité de la grande tactique, das nach der zweiten wesentlich vermehrten Ausgabe unter der Aufschrift: kritische und militärische Geschichte der Feldzüge Friedrichs II., verglichen mit denen des Kaisers Napoleon, *) auch ins Deutsche übersetzt wurde, und sich in der Handbibliothek jedes Geschichtforschers und Mannes vom Metier eine ehrenvolle Stelle erworben hat. Die darin lichtvoll entwickelte Idee von der Operationslinie mag auch andern Tactikern schon eingeleuchtet haben, aber mit solcher Evidenz ward sie nirgends abgehandelt. Die Haupttheile des Angriffs, die strategische Bewegung der Massen auf den entscheidenden Punkten und die möglichste Wirksamkeit der so bewegten Massen am Tage der Schlacht erhalten durch die Parallele, welche das Ganze gleichsam durchdringt und belebt, ein wahrhaft historisches Interesse. Möglich, daß nicht jeder in alle Resultate einstimmt, die davon abgezogen werden, nicht jede Kritik unterschreibt, wie z. B. die über Bülows geistreiche Ideen, nicht jedes Urtheil über des französischen Kaisers gepriesene Strategie zu dem seinen macht; wiewohl es auch nicht an freimüthigen Bemerkungen über ihn fehlt. Immer gehört diese Bearbeitung und Benutzung eines Lloyd und Tempelhof zu den zeitgemäßesten, und ihr Verfasser zu den achtungswürdigsten Schriftstellern dieses militärischen Zeitalters.

*) Davon sind unsers Wissens schon vier Theile erschienen (Tübingen, bei Cotta), die der Oberst des königl. baierschen Ingenieurs-Corps, Hr. v. Volderndorf, zweckmäßig bearbeitet, und das königl. lithographische Institut, unter dem Geh. Rath Utzscheider, mit Schlachtplanen und Zeichnungen versehen hat.

Derselbe Mann erhielt aber im Laufe des Jahres 1813 auch durch seine Schicksale eine Celebrität, die nicht nur dem studirenden, sondern auch dem Zeitung lesenden Publicum überhaupt den Namen Jomini sehr merkwürdig machte. Wer erinnert sich nicht an die heftigen, ganz in Galle getauchten Ausfälle in französischen Blättern, worin seine Proscription feierlichst ausgesprochen wurde? Jomini hatte das Glück, sich vom Generalstabe des Marschalls Ney, als der Waffenstillstand zu Ende war, in das Hauptquartier des Kaisers Alexander zu retten, und dort als Generaladjutant des russischen Kaisers angestellt zu werden. Ein solcher Entschluß, mag er auch aus den edelsten Beweggründen entsprungen und vor jedem Gewissens- und Ehrengerichte als untadelhaft erkannt worden seyn, wird von der Menge, die stets, wie ein Kahn ohne Ruder, auf den Wellen der Vorurtheile herumschaukelt, nur zu oft schon darum falsch beurtheilt, weil er das alltägliche Gleis überschreitet. Und wer kennt nicht den unerschöpflichen Doppelsinn des in unsern Tagen bis zur Gotteslästerung gemißbrauchten *) und entheiligten Wortes Treue. Denn wie voreilig nannte man schon oft auch dasjenige Treubruch, was nur Hochgefühl, unveräußerliche Menschenrechte, Lösung schmählicher Fesseln und Tilgung unverdienter Uebel war. Wie oft hörte man jene Maxime, die dort Schiller seinem Wallenstein in den Mund legt, als ihm der edle Schwede an den Puls gefühlt hatte:

Die Treue
ist jedem Menschen, wie der nächste Blutsfreund,
als ihren Rächer fühlt er sich geboren,
wer Treue bricht, ist aller Treuen Feind,

auf völlig unpassende Fälle zur Ungebühr anwenden. Darum eben mag es ehrenvesten Kriegern und Feldherren, die durch richtigeres Ehrgefühl und Gewissen in diesem schwer zu lösenden Doppelsinne des Lebens verwickelt wurden, vor allen andern wohl ziemen, über die wahren Beweggründe ihres Ueberganges zur entgegengesetzten Partei dem weniger unterrichteten Publicum Rechenschaft abzulegen. Das alte Wort: wer entschuldigt, beschuldigt, kann in solchen Fällen wenigstens nur objectiv seine Anwendung finden.

*) Es ist hohe und gerechte Zeit, an die fünfte Lection zum vierten Gebot in dem Catechisme à l'usage de l'Empire français zu erinnern (p. 36 - 38). Die Frage ist: Pourquoi sommes-nous tenus de ces devoirs envers l'Empereur, und darauf lehrt der Normal-Catachismus die Antwort: Parce que Dieu -- l'a rendu ministre de sa puissance et son imago sur la terre. Nun wird weiter gefragt: Que doit-on penser de ceux qui manqueraient à leurs devoirs envers l'Empereur? und die Antwort lautet: Selon l'apôtre St.-Paul -- ils seraient dignes de la damnation éternelle. --

Diese und ähnliche Rücksichten bewogen auch den General Baron Jomini, aus einer größern Schrift, die er über die Begebenheiten des Jahres 1813 niederschrieb, fürs erste nur ein kleines Bruchstück herauszugeben, worin er bloß von sich selbst spricht und die Ursachen angibt, die ihn jene ganz Europa und selbst jedem bessergesinnten Franzosen verhaßte Sache aufzugeben bewogen. So klein diese Schrift *) in ihrer Blätterzahl auch ist, so wichtig ist doch ihr Inhalt, und so viel Stoff zum Nachdenken bietet die jedem Unbefangenen. Denn sie enthüllt, wie bis hetzt nur selten geschehen ist, die Maßregeln, unter deren eisernem Druck jeder seufzt, den die arglistige Zwingherrgewalt zu ihrem blindgehorchenden Werkzeuge sich erwählte. Wie viele, die entweder durch goldene Ketten gefesselt, das Gold, selbst an der Sclavenkette, lieb haben, oder zu feig und entnervt sind, möchten nicht in diesem Augenblicke auch an der Stelle des Mannes seyn, der sich so lösete!

*) Extrait d'une brochure intitulée: Mémoires sur la Campagne de 1813, par le Général Jomini: à Leipsic, 1813. Auch in der deutschen Uebersetzung zu haben. -- Beide im Verlage der Expedition der deutschen Blätter und in allen deutschen Buchhandlungen zu erhalten. (Preis 3 gGr.)

Wir schreiben aus diesem Auszuge nur den Schluß ab, weil er in diesem Augenblicke das allgemeinste Interesse haben muß, und weil wir wünschen, daß er bis zum Rütli und Tells Platen ertönen möge: "möchten vor allem meine schweizerischen Landsleute meinem Entschluß ihren Beifall geben, und darin einen Beweis meiner Liebe für den wahren Ruhm meines Vaterlandes finden! Wenn ich für einen Augenblick glaubte, das Schicksal sey an das von Napoleon geknüpft, so geschah es, weil er damals der Held der Welt war; jetzt, da er ihr Unterdrücker ist, müssen sie seine Sache verlassen, wie ich den Muth hatte, zu thun. Jetzt ist der Augenblick, zu den Waffen zu eilen, und für Jahrhunderte den Grundstein zum Glück und Ruhm der Völker zu legen. Frankreich selbst sollte diesem Beispiel folgen; denn es ist nicht das französische Volk, welches die Alliirten bekämpfen; nur ihn, den einzigen Feind des ganzen menschlichen Geschlechts, bekämpfen sie, und über den hat keine andere Nation sich mehr zu beklagen, als die französische selbst. "Der jetzige Krieg ist ein wahrer Kreuzzug gegen die Unterdrückung."


Miszellen.[]

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Der übergetretene franz. General Jomini hat in Leipzig aus seinen handschriftlichen Memoires einen Auszug drucken und verbreiten lassen. Wir erfahren aus demselben die Ursachen des Abfalls dieses Generals. Er legte nämlich nach dem Tilsiter Frieden dem Kaiser Napoleon einen Aufsatz vor, worin er darzuthun suchte, daß das Haus Brandenburg Frankreichs natürlicher Alliirter, und eine Schutzwehr gegen künftige Einfälle nordischer Völker sei, die Wiederaufrichtung von Polen dagegen einen ganz entgegengesetzten Erfolg haben, und Frankreich in ewige Kriege, entfernt von seinen Gränzen, verwickeln werde. Dieser Aufsatz hatte, wie der Verf. meint, die Entfernung von der Person des Kaisers zur Folge, bei dem er bisher die Stelle eines Generaladjutanten bekleidet hatte. Im J. 1810 zog sich der General Jomini auch die Mißgunst des Fürsten von Neufchatel zu, weshalb er, nach der Schweiz zurück gehend, um seine Dimission nachsuchte. Allein statt derselben erhielt er Befehl, sogleich nach Paris zurück zu kehren. Jomini war es längst müde, der Eroberungssucht zu dienen, und wäre Napoleon damahls nicht mit allen Mächten des festen Landes im Frieden gewesen, so hätte er seinen Entschluß schon damahls ausgeführt. Er theilte das Unglück des Spätjahrs 1812, und begann auch den diesjährigen unter des Kaisers Fahnen mit solcher Auszeichnung, daß Marsch. Ney ihn für den Posten eines Divisionsgenerals in Vorschlag brachte. Allein, er blieb Brigadegeneral. Diese beleidigende Zurücksetzung gab ihm endlich den längst erwünschten Anlaß, sich aus Frankreichs Diensten zu entfernen. Jomini hoft, seinem Vaterlande, der Schweiz, werden eben so wie ihm, die Augen über den angeblichen Befreier der Welt aufgegangen seyn, und er fodert seine Landsleute auf, schleunigst die Waffen gegen den allgemeinen Feind Europa's zu ergreifen.


Rechtfertigung.[]

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Der General Jomini.

Bekanntlich verließ der General Jomini kurz vor dem Wiederausbruche der Feindseligkeiten im August v. J. die Sache Napoleons, und trat zu jener der verbündeten Mächte über. Zur Rechtfertigung dieses Schrittes hat er -- nunmehriger Generallieutenant und Generaladjutant in Diensten Se. Majestät des Kaisers von Rußland, -- zu Ende Octobers in Leipzig einen Extrait d'une brochure intitulée Memoires sur la Campagne de 1813, herausgegeben, welchen wir unseren Lesern mittheilen wollen. Wir lassen den Herrn Verfasser selbst sprechen.

Der gewaltsame Schritt, den ich gethan habe, indem ich die französische Armee verlassen, mag von denen getadelt werden, welche seine Beweggründe nicht kennen. Im Pays de Vaud in der Schweitz geboren, habe ich anfänglich der Sache Frankreichs gedient, weil sie damahls die Sache meines Vaterlandes war. Ich habe ihr mit Eifer und Ehre gedient. Napoleon gab meinem Vaterlande als erster Consul der französischen Republik eine Vermittlungsacte, die anfänglich sein Glück zu machen schien, und die wirklich auch alle Vortheile einer vortrefflichen örtlichen Organisation gewährte; allein alle Staatsmänner bemerkten bald in dieser Acte die Vernichtung der Centralregierung, welche einer Bundesrepublik allein ihre Nationalität, d. h. ihre innere Stärke, und ihre äußeren ehrenvollen Verhältnisse erhalten kann. Eine Nomadenregierung, wie eine Horde Tartaren, welche alle Jahre ihr Oberhaupt und ihren Wohnsitz änder, war eine neue Erfindung in der politischen Administration; jeder Schweitzer, der die Würde seines Vaterlandes achtete, mußte davon erschrecken. In dieser sonderbaren Einrichtung konnte man in der That weiter nichts, als die Anwendung der großen Maxime sehen: divide et impera (trenne, und du kannst Alles, was du willst), und man durfte erwarten, daß man alle Mittel anwenden werde, die Schweitzer allmählig dahin zu bringen, daß sie es für ein Glück ansehen würden, von Napoleon regiert zu werden. Bis hierher waren liberale Einrichtungen mit seinen Siegen verbunden gewesen. Er hatte die nähmlichen Talente als Heerführer, als Regent Frankreichs, und als Unterhändler gezeigt. Die Friedensschlüsse zu Lüneville und Amiens hatten die Wunden einer beyspiellosen Revolution geheilt. Man konnte seiner Sache diesen, und Antheil an allen seinen Unternehmungen haben.

Anfänglich schienen seine Züge bloß ein natürlicher Widerstand gegen die Angriffe seiner Feinde. Der Krieg von 1805 schien bloß in der Absicht unternommen zu seyn, um die Anstrengung einer furchtbaren Coalition von Seite Österreichs und Rußlands zu vereiteln. Die verbündeten Armeen hatten wirklich schon Baiern besetzt, als Napoleon Truppen kaum ihr Lager bey Boulogne aufgehoben hatten, um von den Küsten des Oceans zur Rettung ihrer bedrohten Gränze herbey zu eilen.

Die erste Einrichtung des einen Theiles des Rheinbundes konnte nicht als das Resultat einer schlauen und drohenden Politik angesehen werden, welche Napoleons erste Unternehmungen gewesen waren. Er stellte ihn als eine Schranke gegen den Einfluß Österreichs auf das deutsche Reich dar, welches aus der deutschen Nation eine herrschende Macht machen konnte, wenn man den Zustand betrachtete, in welchem sich damahls die übrigen Völker Europa's befanden *).

*) Bey dem gegenwärtigen Zustande der verschiedenen Mächte würde dieser Einfluß des Wiener Hofes ein mehr nützliches als gefährliches Gegengewicht seyn; ja man kann ihn sogar als unentbehrlich für die Freyheit Mitteleuropa's, und für die Wiederherstellung des politischen Gleichgewichts ansehen.

Der Krieg von 1806 war das Resultat der Errichtung des Rheinbundes. Es wäre unnütz, wenn man an die Fehler wieder erinnern wollte, die Preußen beging, indem es den Zeitpunct und die Mittel zum Kriege schlecht wählte. Dieser Fehler, die den Untergang des schönen Gebäudes Friedrichs des Großen herbeyführten, hatten den ehrwürdigen Zweck, die Waffen zur Vertheidigung der deutschen Freyheit zu ergreifen.

Der Friede von 1807 schuf den Kern einer pohlnischen Nation, aber er schwächte Verhältnißmässig Mitteleuropa, indem er Preußen zerstückelte, und ihm alle seine Hülfquellen raubte. Das Gute, das dieser Friede auf einer Seite für Frankreich hatte, wurde auf diese Art reichlich wieder durch eine großes Übel vergolten; denn anstatt eines natürlichen Bundesgenossen an der Spree verschaffte man sich ferne Verbündete an der Weichsel, und geschworne Feinde an der Oder und an der Elbe. Ich hatte mir die Freyheit genommen, einen Aufsatze auszuarbeiten und zu überreichen, der bewies, daß das Haus Brandenburg und die preußische Nation die näheren Freunde und die Schranken wären, deren sich Frankreich versichern müßte, um in Zukunft Europa gegen jeden Einfall der nordischen Völker zu schützen, die man seit der berühmten Katharina so sehr fürchtete. Ich wollte beweisen, daß eine Wiederherstellung von ganz Pohlen keine bessere Schranke verschaffe; daß, da eine solche Wiederherstellung bloß auf Kosten der drey großen Mächte Statt finden könnte, sie diesen Mächten, die sich niemahls hätten verständigen können, einen Vereinigungspunct, und ein gemeinschaftliches Interesse gebe; kurz, daß diese Unternehmung an Frankreich ewige und entfernte Kriege vererben würde, wo es seine ganze Bevölkerung aufopfern würde, ohne daß es sich behaupten könnte. Dieser Aufsatz, der sich auf feste Grundsätze stützte, die sich in der Folge bewährt haben, war, wie ich glaube, die erste Veranlassung von Seiten Napoleons, mich von seiner Person zu entfernen, entweder weil er die Reinheit der Absichten verkannte, die mich zu diesem Schritte bestimmten, oder aus seinem Haß gegen jeden, der zu denken wagt. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, meine Pflicht als Bürger und als Soldat gethan zu haben.

Auf den Frieden von Tilsit folgte bald der Einfall in Spanien. Hier wurde das Gemählde der ungeheuersten Politik aufgerollt, und man bemerkte endlich bey diesem Manne, der so viel Größe affectirte, eine gränzenlose Schlauheit, eine ungemessene Herrschsucht und einen Ehrgeitz, der eben so wenig Gränzen in seinem Zwecke, als Bedenklichkeit in seinen Mitteln kennt.

Zu gleicher Zeit verheerte eine große Menge willkührlicher Einrichtungen Frankreich. Alle noch vorhandenen liberalen Grundsätze wurden geächtet. Auf dem festen Lande von Europa lastete eine drohende Tyranney. Die Zusammenkunft zu Erfurt, und der unglückliche Ausgang der Anstrengungen Österreichs im Jahre 1809 schienen diese Ketten auf immer zusammenschmieden zu müssen, allein glücklicher Weise verlängerten sie dieselben bloß, und machten ihre Last unerträglicher.

Der schnelle Bruch der Verbindung mit Rußland, welche durch die That, durch die Vermählung Napoleons mit einer österreichischen Prinzessinn aufgelöst war, ließ den Freunden der Freyheit Europa's noch einige Hoffnung. Damahls (1810) war ich so glücklich gewesen, mir die Ungnade Berthiers zuzuziehen, dessen eben so engherzige als sclavische Denkart keine Überlegenheit ertragen konnte; ich zog mich nach der Schweitz zurück, und nach einigen Monathen verlangte ich meinen Abschied, indem ich entschlossen war, nicht länger mehr einer Sache zu dienen, welche die Unterjochung des Menschengeschlechts zum Ziel hatte. Von nun an war es meine Absicht, meine Dienste dem liebenswürdigen Beherrscher anzubiethen, den die Welt wegen seiner Tugenden bewundert, dessen großherzige Grundsätze so stark mit dem despotischen Character Napoleons contrastiren, und dessen immer offene und loyale Politik Europa alle Gewähr leisteten, die man von einem großen Monarchen erwarten kann. In meinen Augen war Alexander die stärkste Stütze der allgemeinen Freyheit; die Erfahrung wird, wie ich hoffe, lernen, daß ich mich nicht geirrt habe. Die Ausführung dieses Entwurfs stieß auf alle Widersprüche, die man erwarten konnte; nie hat Napoleon seinen Generalen den Abschied gegeben, weil er Gefahr lief, sich von allen denen verlassen zu sehen, die nicht länger Lust haben, ihr Blut für ungeheuere Entwürfe zu vergießen, und in der Welt wegen Interessen herum zu wandern, welche für Frankreich fremd sind. Ob ich mich schon auf meine Eigenschaft als Schweitzerbürger berief, als ich meinen Abschied verlangte, so antwortete man auf mein Ansuchen doch bloß mit dem Befehl, innerhalb 24 Stunden abzureisen und nach Paris zu kommen. Man würde unstreitig vergebens auf die Vollziehung dieses Befehls gedrungen haben; allein wie wollte ich es allein mit Napoleon aufnehmen, der damahls mit allen Regierungen des festen Landes im Frieden lebte? Ich mußte also gehorchen, und meine Kette nochmahls anlegen, bis der Augenblick zu einer offenen Erklärung gekommen seyn würde.

Jedermann sind die Ereignisse bekannt, welche seit dieser Zeit erfolgt sind. Die Einverleibung des Veltlins, Hollands, der Hansestädte, eines Theils von Italien und von Westphalen enthüllten alle Tage Napoleons Politik. Endlich legte er die Maske ab, indem er eine ungeheuer zahlreicher Armee an der Elbe versammelte, und darauf sie an die Weichsel marschiren ließ. Die Sichel einer rächenden Gottheit hat diese Armee getroffen. Ich bin selbst mit Einer von den Acteurs dieser schrecklichen Scenen gewesen, bey deren bloßen Erinnerung Einem die Haare zu Berge stehen. Hundert Mahl war ich Willens in Rußland zu bleiben, und der schreckliche Zustand, in welchem ich mich nach der Übergange über die Beresina befand, würde diesen Schritt hinlänglich gerechtfertigt haben; ich wäre bloß dem Beyspiele von tausend meiner Kameraden gefolgt; allein die Stimme der Ehre rief mir eben so oft zu, man müsse nie eine Armee verlassen, wenn sie unglücklich sey. Übrigens schien es wahrscheinlich, daß diese schrecklichen Unglücksfälle Napoleon von seiner Kriegswuth heilen würden. Man durfte erwarten, der Eroberer könne noch ein großer Fürst werden, und der französischen Nation Ruhe und Glück geben. Seine Lorbeeren hatten unstreitig keinen so glänzenden Schein mehr, aber sie waren noch nicht verwelkt, und er konnte noch auf einen vortheilhaften und ehrenvollen Frieden rechnen.

Ich bin Zeuge von den Anstrengungen gewesen, die es ihm kostete, seine Armeen von neuem zu schaffen. Sie schienen groß genug, um Frankreich zu retten, konnten aber zur Unterjochung Europa's nicht als hinreichend angesehen werden. Allein diese Vermuthung täuschte, wie alle diejenigen, welche Napoleon redliche Absichten und etwas Mässigung zutraueten. Nach der Schlacht von Lützen stieg sein Stolz auf den höchsten Gipfel. Er drohte 1,100,000 Mann auf die Beine zu stellen, und Europa mit Soldaten zu überschwemmen. (Dieß waren seine eigenen Worte.)

Warum wollte er eine Million Menschen ihrem Herde entreissen? Warum alle Familien in Frankreich in Trauer setzen, die es noch nicht in Folge einer zwanzigjährigen Metzeley waren? Um in Deutschland ein Gegenstand der Verwünschung wie in Spanien zu werden? Um an seinen Nachfolger unvermeidliche Niederlagen zu vererben? Endlich um die Geißel aller Völker zu werden, nachdem er ihr Abgott gewesen war? Die Siege von Lützen und Bautzen hatten das Blendwerk seiner Überlegenheit in den Schlachten wieder hergestellt. Seine Eigenliebe mußte befriediget werden, und die Erklärung Österreichs gab ihm Gelegenheit, den Frieden, den er abschlösse, als das Resultat einer allgemeinen Verbindung, und nicht als das Resultat der Überlegenheit der Waffen seiner Feinde aufzustellen. Alle vernünftigen Männer erwarteten diesen so heiß ersehnten Frieden, und sie hatten unrecht, weil sie vergaßen, daß das Blut von zwey Millionen Soldaten, das Glück Frankreichs und Europa's nie von einem Manne in Betracht gezogen werden würde, der lieber die ganze Welt aufopfert, ehe er den geringsten seiner Ansprüche aufgibt.

Sollte man in einem solchen Zustande der Dinge immerfort für den Unterdrücker aller Nationen, für ein System fechten, das nicht das Meine war? Nein! unstreitig nicht, und ich würde mich gar sehr gehüthet haben, es zu thun, wenn auch mit diesen mächtigen Betrachtungen nicht die meines persönlichen Vortheils übereingestimmt hätten. Seit langer Zeit hatte Napoleon meine Dienste verkannt. Nach fünf schrecklichen Feldzügen hatte ich zur ganzen Belohnung eine rückwärts gehende Bestimmung (destination retrograde) von 1809 erhalten, während meine Untergebenen meine Obern geworden waren. Den Grad eines Brigadegenerals hatte ich bloß zu Folge des Abschieds erhalten, den ich im Jahre 1810 verlangt hatte. Man vertraute mir zwar wichtige Ämter an, allein ihr Vortheil und ihre Ehre waren für Andere.

Nach der Schlacht von Bautzen hatte der Marschall Ney für mich den Grad eines Divisionsgenerals verlangt. Ich war der erste auf einer Liste von 6 - 700 Personen, welche zu Beförderungen vorgeschlagen waren; ich allein ward ausgeschlossen. Warum erniedrigte man einen Soldaten so, dessen Vorgesetzter, der beste Richter seiner Verdienste, das glänzendste Zeugniß davon ablegte?

Ich war entschlossen, Napoleons Fahnen zu verlassen, welche die blutigen Standarten der Tyranney geworden waren; es freute mich, daß mir seine persönlichen Ungerechtigkeiten gegen mich Gelegenheit dazu gaben. Ich habe im Grunde recht gehabt; seine besten Bundesgenossen haben das Nähmliche gethan. Was die Form anbelangte, so stand keine gesetzmässige in meiner Gewalt. Unter einer andern Regierung würde ich meinen Abschied verlangt und abgewartet haben, unter einem Regenten aber, der glaubt, alle diejenigen, die ihm dienen, seyen an das Joch gefesselt, konnte man nichts von einem solchen Gesuche erwarten, das schon vergebens gethan worden war, und dessen Wiederhohlung mich unvermeidlich nach Vincennes gebracht haben würde. Es blieb mir also keine andere Wahl übrig, als die, meine Ketten zu zerbrechen. Ich wage auf die Billigung aller rechtlichen Männer zu rechnen; denn ich bin dem Mißbrauche der Macht eines Gewaltigen entflohen, der damahls noch siegreich war, und der von den Pyrenäen bis an die Oder noch 600,000 Mann unter den Waffen hatte. Indem ich meine schwachen Bemühungen mit denen Europa's vereinige, um die Freyheit Deutschlands und meines Vaterlandes zu erkämpfen, erfülle ich eine meinem Herzen theuere Pflicht. Möge der Himmel ein so löbliches Unternehmen krönen, und die glücklichen Resultate befestigen, welche uns schon die ersten Operationen dieses Krieges versprechen, der ein wahrer Kreutzzug gegen die Unterdrückung ist! Mögen besonders meine schweitzerischen Mitbürger diesen Entschluß billigen, und darin ein Pfand meiner Liebe für den echten Ruhm meines Vaterlandes erblicken! Wenn ich einen Augenblick gewähnt habe, sein Geschick sey an jenes Napoleons geknüpft, so war dieß damahls, als er der Held der Welt war; jetzt hingegen ist er ihr Unterdrücker, dessen Sache alle verlassen müssen, wie ich den Muth es zu thun gehabt habe: jetzt ist der Augenblick gekommen, zu den Waffen zu greifen, und für Jahrhunderte die Grundlagen des Glücks und der Ehre der Nationen zu legen. Selbst Frankreich sollte diesem Beyspiele folgen; denn die Verbündeten führen nicht Krieg gegen die französische Nation, sondern gegen den Feind des ganzen Menschengeschlechts, über den sie sich mehr Ursache zu beklagen hat, als irgend eine andere Nation.

Dieß ist der Auszug aus den Memoiren über den Feldzug vom Jahre 1813, die zwar schon fertig liegen, deren Herausgabe aber der Herr Verfasser aus besonderen Gründen bis zum Frieden verschieben will. Nur der Wunsch, sich zu rechtfertigen, bewog ihn, das vorläufige bekannt zu geben, was Bezug auf die Ursachen hat, warum er eine, ganz Europa gehässige Sache verlassen habe.


Quellen.[]

  1. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  2. Deutsche Blätter Herausgegeben von Friedr. Arn. Brockhaus. Zweiter Band, Leipzig und Altenburg, 1814.
  3. Erinnerungsblätter für gebildete Leser aus allen Ständen. Jahrgang 1813. Zwickau, im Verlage der Gebrüder Schumann, 1814.
  4. Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst. 1814.


Werke.[]

  • Auszug aus den Memoiren über den Feldzug von 1813. Leipzig, 1813.
  • Kritische und militairische geschichte der Feldzüge Friederich des Zweiten, verglichen mit denen des Kaisers Napoleon und dem neuen Systeme. Tübingen, J.G. Rotta'schen, Buchhandlung, 1812.
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