Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Ancona.[]

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Ancona, Hauptstadt in der Mark oder Markgrafschaft, welche davon Marca di Ancona heißt. Sie hat ihren Namen von dem griechischen Worte Ancon bekommen, (welches einen Elnbogen oder Krümmung, wie ein Elnbogen bedeutet,) wegen des Winkels, den dort das Apenninische Gebirg in die See hinaus macht. Sie liegt an und zwischen 2 Bergen, auf deren einem eine Citadelle, und auf dem andern die Domkirche stehet. Die Zahl der Einwohner beläuft sich auf 20,000.

SectieAncona

Ancona.

Der Hafen ist gut und man ist immer noch auf die Verbesserung desselben bedacht. Auf dem alten Damm, den Kaiser Trajan von Marmor bauen lassen, siehet man in der Mitte einen zur Ehre dieses Kaisers errichteten Triumphbogen, der sich noch sehr gut erhalten hat. Auch dem Pabste Benedict XIV. der vieles zur Verbesserung des Hafens that, ist eine Ehrenpforte aufgebauet worden. Die Handlung, welche ehedessen sehr verfallen war, hat sich erhoben, seitdem P. Clemens XII. im J. 1732. den Hafen zu einem Freyhafen für alle Nationen von Europa erklärte, und allen Kaufleuten, sie seyen von welcher Religion sie wollen, ausser der öffentlichen Uebung derselben, alle Freyheit und Vortheile bewilligte. Bey den Irrungen, welche zwischen dem P. Benedict XIV. und der Republik Venedig entstunden, nahm dieser Pabst wirksamen Maaßregeln, um die Handelschaft von Ancona, die auch in ihrem Verfall ein Gegenstand des Neids für die Venezianer war, noch blühender zu machen. Er ließ den alten Damm ausbessern und verlängern und verschafte dadurch dem Hafen Sicherheit gegen die Nordwinde. Unter den Einwohnern zu Ancona herrsche Thätigkeit und Indüstrie; und wenn gleich die Handlung größtentheils in den Händen der Juden ist, deren Zahl sich hier auf 5,000 beläuft, so findet man doch auch Grafen und Marchesen, die sich damit beschäftigen. Die Engländer bringen nach Ancona Zinn, Bley, Heringe, Camelotte; die Holländer, Materialistenwaaren, Zucker, Cacao, Caffe, Gewürze und Tücher; die Russen, Juchten; die Schweden, Theer. Aus Bosnien und den türkischen Ländern kommt Baumwolle, aus Deutschland, Eisen. In dieser Stadt ist eine Zuckersiederey, eine Fabrike, worinnen aus englischem Bley und einer Art von Thon, weisse Farbe, für die Maler verfertigt wird, und eine Seifenfabrike. Diese Seife wird mit Wasser, worinnen sicilianische Sode zerweicht worden, und mit Oel von Perugia verfertigt; man führt davon jährlich für 15,000 Scudi aus. Die Stadt behauptete in den unruhigen Zeiten des Mittelalters, ihre republikanische Freyheit bis 1532. Sie erkannte zwar den Pabst für ihren Schutzherrn, aber sie wollte ihn nicht zu ihrem Oberherrn haben. Endlich, da die häufigen Landungen der Türken an den dortigen Küsten die Anconitaner in Furcht gesezt hatten, so ließen sie sich bereden, daß sie die Anlegung einer Citadelle, womit P. Clemens VII. sie wider die Seeräuber schützen wollte, bewilligten. Diese wurde sogleich mit Geschütz und Besatzung versehen, und diente zu einem Mittel, die Stadt der päbstlichen Bothmäßigkeit, zu unterwerfen. Im J. 1797. bemächtigen sich die Franzosen dieser Stadt, welche erst nach langer Blokade und Belagerung im J. 1799. von den Oesterreichern und Russen wieder eingenommen werden konnte. Durch den Waffenstillstand von Treviso kam Ancona abermals in Französische Hände, welche die Stadt und Festung erst nach geschlossenem Frieden dem Pabste übergaben.


Ancona.


Von Reisende.[]

August von Kotzebue.[]

[2]

Ancona,

diesem im letzten Kriege durch Franzosen, Oestreicher, Russen und sogar Türken berühmt gewordenen Hafen. Seine Lage am adriatischen Meere gleicht der von Neapel, und gewährt einen lieblichen Anblick. Ancona ist eine feine, große Stadt, von Bergen umschlossen, auf deren Gipfel Kastelle mahlerisch liegen. Wir eilten zu dem Ehrenbogen Trajans, der dem biedern Kaiser einst hier errichtet worden, weil er auf eigne Kosten den Hafen wieder herstellte. Er ist nicht sehr groß, aber weit besser erhalten, als die der Constantin und Septimius Serverus zu Rom. Die Zeit hat ihn geschwärzt wie jene, der weiße Marmor ist nur wenig grau geworden; seine ach kanelirten korinthischen Säulen sind ganz unbeschädigt. Daß viele Zierrathen, und zwar Festons, von Bronze daran waren, sieht man noch deutlich, denn die Barbaren haben sich nicht die Zeit genommen, sie auszugraben, sondern nur abzubrechen, daher die Bruchstücke des Metalls noch hervorragen. Die mittlere Innschrift ist größtentheils leserlich, mehr noch die beiden Seiten, durch welche man auch die Gemahlin und Schwester Trajans hat ehren wollen. Es gefällt mir wohl, daß man die gute Handlung eines Monarchen auch in denen belohnt, die ihm am nächsten und liebsten sind, wenn sie gleich unmittelbar nichts zu der Wohlthat beitrugen; denn wer man berechnen, wie viel sie mittelbar durch ihren sanften Umgang auf die Beherrscher wirkten? -- Im Hafen sahen wir unter andern vier englische Kauffahrteischiffe, von französischen Korsaren genommen, die jetzt zum Verkauf da lagen. Da sich auch eins mit Nelsons Bildniß darunter befand, so können sich die Franzosen wenigstens eines Sieges über Nelson rühmen. -- Der Börsensaal zu Ancona ist recht artig, und wimmelt von Käufern und Verkäufern. -- Das Theater hätte ich gern besucht, obwohl es im allerschmutzigsten Winkel lag, und eher einem Heringsmagazin, als einer Schaubühne glich; allein der Buffo war glücklicherweise eben krank, und folglich nicht aufgelegt, Spas zu machen. -- Ich erkundigte mich nach den Dattelmuscheln (ballari), deren Volkmann erwähnt, und ihnen die Eigenschaft zuschreibt, im Finstern zu leuchten. Dattelmuscheln habe ich auch genug bekommen, und eine gute kräftige Suppe ist mir heraus gekocht worden; aber vom leuchten wollte Niemand etwas wissen, selbst die Fischer nicht, die sie eben gefangen hatten. Ich stellte demungeachtet einen Teller voll in mein Zimmer, hatte mir aber vergebens geschmeichelt, das Nachtlicht sparen zu können, ich muß sie also mit dem unverbrennbaren Holze von Spoleto in eine Klasse setzen. -- Bei Ancona hören endlich die abscheulich hohen und steilen Bergen auf, die man bis hieher auf jeder Station erklettern und herabklimmen mußte. Denn statt den Postenwechsel unten am Berge anzulegen, und den Weg bequem um den Berg zu führen (wobei der Reisende, seine Equipage und die Postpferde selbst sehr gewinnen würden), hat man vorgezogen, die Posthaltereien auf die höchsten Felsengipfel zu verlegen, die blos mit Ochsen zu erklimmen sind. Aber freilich läßt sich bei dieser Gelegenheit die edle Kunst der Prellerei besser üben, zu welcher solch' ein Berg einen rechtlichen Vorwand giebt. Ich möchte wohl eine Wette darauf eingehen, daß, wer in Italien auf jeder Post unweigerlich diejenigen Pferde annimmt, die ihm der Postmeister vorspannen will, am Ende mit zwanzig und mehr Pferden fahren wird, wenn es nur so viele Stalle giebt. In den Apenninen, wo doch die Berge am höchsten sind, war die Prellerei am erträglichsten; aber je näher dem platten Lande, je unleidlicher wird sie. Dicht hinter Ancona ist noch ein einziger Hügel zu überwinden, und man spannte mir deshalb acht Pferde vor, da mein Wagen überall sehr bequem mit vieren gefahren worden. Die ebene Landstraße zog sich nun am adriatischen Meere hin, durch Sinigaglia (wo die einst berühmte Messe ihren alten Schwung noch nicht wieder erreichen kann) nach Fano, wo ich, während des Umspannens, ging, die Ueberbleibsel von einem Ehrenbogen Constantins zu sehn. Er bestand ursprünglich aus drei Bogen, über welchen, mit ächt constantinischem Geschmack, sich sieben andere Bogen wölbten, die natürlich sehr klein waren, und folglich aussehen mußten, wie Fenster eines abgebrannten Hauses. Jetzt ist nur noch der mittelste große Bogen übrig, auf dem einige Trümmer vorworren liegen, das übrige ist vor etwa viertehalb hundert Jahren im Kriege zerstört worden. Aber man hat klüglich das ganze Conterfei des Bogens, wie er noch unbeschädigt stand, mit allen seinen Innschriften in die Mauer einer nahen Kirche eingehauen. Die Inschrift besagt: daß der Bogen dem Kaiser errichtet worden, weil er die Stadt mit einer Mauer umgeben. Man war doch auch zu jenen Zeiten fast so verschwenderisch mit Ehrenbogen, als heut zu Tage mit Ordensbändern. -- Auf dem Rückwege besah ich sehr neugierig das Theater von Fano, weil ich, von außen betrachtet, darauf hätte schwören wollen, es sey eine alte gothische Kirche; denn über dem Eingange waren drei Bischöfe in Stein gehauen, und ein Glockenthurm gab ihm vollends das kirchliche Ansehn. Mein Führer versicherte indessen, er habe nie zu etwas anderm gedient. Ich fand das Inwenige sehr groß, viel zu groß für Fano, und übrigens eben so gothisch als die Außenseite. -- Als ich zurückkam, fand ich, daß man mir abermals zwei Pferde mehr vorgespannt hatte. Das Recht dazu wollte der Postmeister aus den gedruckten Gesetzen beweisen, die er aber selbst nicht lesen konnte. Ich las sie ihm ehrlich vor; es stand da nicht ein Wort, das seine Behauptung begründet hätte. Dennoch bestand er hartnäckig auf seinem Willen. Um nun diesen ewigen schaamlosen Prellereien einmal ein Ende zu machen, entschloß ich mich, zum Gouverneur der Stadt zu gehen, und ihm zu erzählen, wie die Reisenden in Italien behandelt werden. Der Herr Postmeister ging selbst mit, und auf mein Begehren mußte er auch seine Gesetze mitnehmen. Ich fand an dem Gouverneur einen alten sehr rechtlich aussehenden Mann, der mich höflich anhörte, die Sache untersuchte, die Gesetze las, dem Posthalter einen scharfen Verweis gab, und mich ersuchte, wenn man mir noch die geringsten Schwierigkeiten mache, nur sogleich zu ihm zu schicken, so wolle er ein Exempel statuiren, denn es sey ihm sehr kränkend, wenn Reisende in seinem Gouvernement auf irgend eine Weise belästigt würden. So schaffte ich mir die Blutsauger auf eine Zeitlang vom Halse, und ich habe, zum Ruhme der römischen Justiz, diese Anekdote nicht verschweigen wollen, da ich so wenig Rühmliches von diesem Lande zu erzählen weiß. Der Postmeister meinte doch hinterher, es sey das gewöhnliche Schicksal der kleinen Fische, von den großen verschlungen zu werden; und hätte durch dieses nur allzu wahre Sprichwort, beinahe Gewissensbisse in mir erregt, wenn der schöne ebene Weg von Fano nach Pesaro mich nicht bald überzeugt hätte, daß er selbst in der That unter die Raubfische gehörte.

Ich kann diese Straße, die ich an einem Sonntage passirte, nicht verlassen, ohne zu erinnern, daß die Landleute, besonders die Weiber, zwischen Ancona und Fano sehr hübsch sind. Ich habe so viele schöne Weiber hier gesehen, daß ich jedem Fürsten, der etwa eine recht schöne Menschenrace zu haben wünscht, rathen möchte, Kolonisten aus dieser Gegend kommen zu lassen. -- Das zweite, was meine Aufmerksamkeit anzog, war die unendliche Menge von Jägern, oder eigentlich Wildschützen, die an der Landstraße herum lungerten. Die Jagd ist in den päbstlichen Staaten frei, welches wohl eine sehr unpolitische Vergünstigung ist; denn außerdem, daß auf diese Weise das Wild nothwendig ausgerottet werden muß, gewöhnen sich auch die ohnehin faulen Italiäner zu sehr an ein Vergnügen, welches wie ich aus eigner Erfahrung weiß, leicht seinen Liebhaber über die Gebühr fesselt. Endlich ist es auch wohl nicht rathsam, den Italiänern Mordwaffen in die Hände zu geben, die sie so gern misbrauchen.


Zeitungsnachrichten.[]

1808.[]

Miszellen. [3]

Nach Nachrichten aus Ancona vom 7. Okt. haben die unausgesetzt im adriatischen Meere kreuzenden Englischen Kriegsschiffe viele Kauffahrteyschiffe und Kaper aufgebracht. Mit dem größten Eifer arbeitete man daran, den Anconaer Hafen zur Aufnahme von Kriegsschiffen tüchtig zu machen.


Quellen.[]

  1. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor zu Altdorf. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1805.
  2. Erinnerungen von einer Reise aus Liefland nach Rom und Neapel von August von Kotzebue Drei Theile. Berlin 1805. bei Heinrich Frölich.
  3. Wiener-Zeitung. Nro 95. Sonnabend, den 20. November 1808.
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