Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Zeitungsnachrichten.[]

[1806]

Ausländische Begebenheiten.

Großbrittanien. [1]

Folgendes war der nähere Hergang der Unterhaussitzung am 10. Jun., als sich Hr. Fox erhob, um seinen versprochenen Antrag auf eine Erklärung des Parlaments über die Ungerechtigkeit des Sclavenhandels zu machen. Nach voraus geschickter Bemerkung, daß nur der Wunsch der Freunde der Abschaffung des Sclavenhandels, und insbesondere des Hrn. Wilberforce selbst ihn bewogen habe, die Sache aus den Händen des letztern zu nehmen, der seit so vielen Jahren mit so viel Kenntniß und Beredsamkeit sich dafür verwendete, fuhr er fort: "Laut erkläre ich, daß ich mein politisches Leben von 30 oder 40 Jahren für nützlich zugebracht halten werde, wenn es mir gelingt, den Zweck zu erreichen, auf den diese Motion abzielt. So viel Schwierigkeiten auch die Abschaffung des Sclavenhandels hier gefunden hat, so war es doch immer beynahe die einstimmige Meinung des Hauses, daß derselbe mit der Gerechtigkeit, Menschlichkeit und Klugheit im Widerspruch stehe. Er ist, wie ein grosser Mann (Burke) bemerkte, ein Handel nicht mit der Arbeit, sondern mit der Person des Menschen, der die Menschheit herabsetzt, und in Erniedrigung erhält. Die Gründe, mit denen man ihn vertheidigt, verbinden nur noch Heucheley mit Gewinnsucht. Wäre es auch wahr, daß die Personen, mit denen er getrieben wird, schon in ihrem Vaterlande Sclaven waren, und als eine Strafe für Verbrechen den Verlust ihrer Freyheit litten, soll die Brittische Regierung, sollen Brittische Schiffe und Seeleute die Polizey Africanischer Monarchen bestättigen und führen? Hier sieht man, wie weit Gewinnsucht die menschliche Vernunft verkehren kann. Der grosse verstorbene Mann, dessen Nahme und Meinung so oft in politischer Hinsicht angeführt werden, und gewiß noch mehr in moralischer gelten sollten (Pitt); der edle Viscount einst der Sprecher dieses Hauses (Sidmouth), und ein anderer edler Viscount (Melville), stimmten alle mit mir überein, daß dieser schimpfliche Vekehr mit Menschen abgeschaft werden solle, ob sie gleich in Absicht auf die Zeit nicht einerley Meinung waren. Sollte nun dieses Haus nicht wenigstens aus Achtung gegen seinen eigenen Character und Ruf zu Ausführung dessen Anstalt machen, was es uns so oft für seine Gesinnung erklärt hat? Im Jahre 1791 wurde zuerst über die Abschaffung des Sclavenhandels gesprochen, 1792 wurde beschlossen, sie allmählig zu bewerkstelligen, und sie auf keinen Fall über 1800 hinauszuschieben, und im Jahr 1806 ist noch nichts geschehen! Hat nicht unser Vaterland und die ganze civilisirte Welt ein Recht, uns Vorwürfe zu machen? Dänemark, das von uns einst wegen seiner Zögerung verlacht wurde, hat unter seinen Unterthanen bereits die Abschaffung zu Stande gebracht, und bewiesen, daß es wenigstens in seinem Gebiete Verbrechen und Schandthaten verhindern kann. Da es unmöglich ist, meinem Wunsche gemäß, eine Bill zu gänzlicher Abschaffung des Handels in der gegenwärtigen Sitzung durch beyde Häuser zu bringen, so soll die vorgeschlagene Resolution das Haus zur baldigen Abschaffung verpflichten, ohne die Zeit genau zu bestimmen. Nach meiner Meinung kann nur ein deutliches Gesetz ohne Umschweif den Zweck erreichen, über den rechten Zeitpunkt mag allenfalls eine Verschiedenheit der Meinung Statt finden, aber ich erkläre nochmals nichts kann meine Gesinnung von der Nothwendigkeit der Sache erschüttern. America widerlegt die Behauptung, daß die Westindischen Colonie dadurch zu Grunde gerichtet werden würden. Dort hat sich innerhalb der letzten 20 Jahre die Bevölkerung der Neger verdoppelt, und eben das läßt sich überall erwarten, und wird zu einer allmähligen, mit Klugheit geleiteten Emancipation führen. Hoffentlich werden in dieser Angelegenheit die Freunde des verstorbenen Ministers seine Meinung nicht vergessen, und sich nicht aus bloßer Oppositionssucht ihr widersetzen." Hr. Fox trug hierauf auf folgende Resolution an: "Das das Haus den Africanischen Sclavenhandel, als gegen Gerechtigkeit, Menschlichkeit und Wohlverstandene Politik streitend betrachte, und so früh als möglich solche wirksame Maaßregeln zu seiner Abschaffung treffen wolle, als ihm am schicklichsten scheinen würden." Sir H. Milbank unterstützte den Antrag. -- General Tarleton erhob sich: Mit Erstaunen höre ich, daß diese Sache jetzt vorgebracht wird, nachdem selbst in Friedenszeiten schon so oft das Verneinungsurtheil über dieselbe ausgesprochen wurde. Ein geehrte Herr (Wilberforce) hat oft mit grosser Beredsamkeit darüber gesprochen, er fuhr bey jeder Gelegenheit auf, als sähe er ein Ge penst, und schrie: Abschaffung! Abschaffung! -- Wer sieht nicht die Wirkung, die sie auf den Handel haben muß! Die Stadt Leverpool, die sich durch den Sclavenhandel aus einem Fischerdorfe zur zweyten Stadt des Königreichs erhoben hat, die jährlich beynahe 3 Millionen in die Schatzkammer zahlt, die so viel Seeleute liefert, als jede andere zwey Städte des Königreichs zusammen, sinkt dadurch zur Unbedeutenheit herab, und ihre Bewohner müssen dann Ersatz vom Parlament suchen. Seit der Regierung der Königin Elisabeth hat man diesen Handel unter den weisesten und besten Regenten und Ministern getrieben, und nun soll er abgeschaft werden! -- Hr. Francis: Wer kann mit Recht für einen Handel Ersatz suchen, der für unmenschlich, ungerecht und unklug erklärt worden ist? Ich fürchte nur, daß eine Resolution, wie die vorgeschlagene, keinen Nutzen bringen werde, wenn nicht eine Bill zu gänzlicher Abschaffung sogleich darauf folgt.

(Die Fortsetzung folgt.)


Einzelne historische Züge und Anekdoten.[]

[1806]

[2]
Die Spanische Regierung in Havannah hat ein vortreffliches Gesetz gegeben, das die Negersclaven bald auf dem vortheilhaftesten Wege zur Freiheit führen muß. Sobald ein Neger gelandet ist, wird sein Name und sein Kaufpreis in ein gerichtliches Register niedergeschrieben. Sein Herr ist verpflichtet, ihm an einen von den sechs Arbeitstagen der Woche die Freiheit zu geben, für sich zu arbeiten. Sobald es dem Sclaven gelungen ist, eine hinlängliche Summe zu erwerben, muß der Herr ihm, wenn der Sclave es fordert, einen zweiten, dritten u. s. w. freien Tag in der Woche verkaufen, und wenn er den sechsten bezahlt hat, ist er ganz frei. Der Preis eines jeden freien Tages ist der fünfte Theil der Summe, um welche der Sclave angekauft ward.


Quellen.[]

  1. Wiener Zeitung. Mittewoche, den 9. Julius 1806. Nro. 55.
  2. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1806.
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