E. C. de Lonémie de Brienne.[]
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Brienne (E. C. de Loménie de) Kardinal-Erzbischof von Sens, gebohren zu Paris 1727. Er war in seiner Jugend Anhänger der Encyclopedisten, gewann dessen ungeachtet aber das Zutrauen des Bischofs von Orleans, Ministers von dem geistlichen Departement, der ihn zum Bischof von Coudom und hierauf zum Erzbischof von Toulouse ernannte. Er zeichnete sich in dieser Stelle durch den Eifer aus, mit dem er sich der Angelegenheiten der Provinz annahm, und brachte es dahin, zum ersten Minister Ludwigs XVI. ernannt zu werden. Zu diesem Zeitpunkte ward er Erzbischof von Sens und bey seinem Austritt aus dem Ministerium erhielt er den Kardinalshut. Der zu große Hang zu Umbildungen und Neuerungen, welchen er von den Oekonomisten angenommen hatte, machte ihn plötzlich im ganzen Lande verhaßt, und dieser allgemeine Haß nöthigte ihn, seine Entlassung zu nehmen. Mit dem Anfange der Revolution zeigte er sich als Anhänger derselben und rühmte sich selbst, sie vorbereitet zu haben. In Angelegenheiten der Geistlichen handelte er mit derselben Ungewißheit, wie in denen des Staats. Brienne starb zu Sens in den letzten Tagen des Februar 1794 an einer Hautkrankheit und gänzlichen Schwäche.
Brienne nimmt seine Entlassung als Chef des Finanzraths.[]
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Der fünf und zwanzigste August 1788.
Nach Calonnes Abgang (am 20ten April 1787) wurde der Erzbischof von Sens, Herr von Brienne, französischer Finanzminister. Es fehlte an Kredit, an Geld, kurz an allem, was helfen konnte, und die Reichsstände zusammen zu berufen, welches unter diesen Umständen das beste gewesen wäre, fiel dem Minister nicht ein. Diese würden alles wohl überlegt und auf Mittel gedacht haben, bedeutende Verbesserungen zu machen; aber diese wollte man nicht, weil die Blutsauger des Volks zu vieles hätten aufopfern müssen. Statt also einen frischen Schnitt durch das böse Geschwür zu machen, suchte man sich durch Palliativmittel zu helfen und überlies dem Parlament zu Paris die Ehre, zuerst auf die Zusammenberufung der Reichsstände (Etat generaux) anzutragen. Der Erzbischof schwankte über ein Jahr hin und her, ohne einen Entschluß zu fassen. Immer versprach und -- verschob er, versuchte neue Auflagen zu machen, die das Parlament verwarf und worüber der Graf von Artois beynahe in Lebensgefahr kam. Jetzt gieng Brienne von dem gefährlichen Schauplatz ab und der König berief Neckern zum Oberintendanten der Finanzen mit Sitz und Stimme im Staatsrath, der aber kaum fünfmal hunderttausend Livres baar im königlichen Schatz fand.
Historische Portraits aus den Jahren 1780 bis 1789.[]
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Der Graf von Brienne,
mit einer eleganten Abbé-Figur ein feiner, galanter Weltmann. Sein Ruf schrieb sich von der Zeit her, wo er Erzbischof von Toulouse war. Hier nahm er sich der Provinz an, und arbeitete einige gute Memoires über Gegenstände der Verwaltung aus. Seine Freunde, besonders aber seine Freundinnen benutzten dieß, und so kam er mit wenig Mühe ins Ministerium. Kaum hatte er sich aber 10 Tage an der Spitze der Angelegenheiten befunden, als seine Unfähigkeit deutlich vor Augen lag. Er wußte sich indessen zu halten, bis das Ungewitter zu heftig zu werden anfing, worauf er sehr geschickt, freywillig abtrat. Eine seltene Gewandtheit, Umsicht und Geschmeidigkeit scheinen die Hauptzüge seines Charakters gewesen zu seyn. Er schmeichelte jedermann, und hatte daher die öffentliche Meinung fast immer in seiner Gewalt. Die Weiber besonders wußte er bey allen ihrer Schwächen zu fassen; denn er war weibisch und frivol, wie sie selbst. Seine Hauptkunst bestand in der Feinheit, mit unkundigen Leuten sehr viel, mit kundigen wenig oder gar nichts zu sprechen. Bey jenen machte er den Lehrer, bey diesen spielte er den nachdenkenden, zerstreuten Staatsmann. Sein Charakter war so mobil, wie seine Physiognomie. Alle Mittel galten ihm gleich, wenn er nur dadurch höher stieg. So begünstigte er sogar die antidogmatischen Grundsätze der sogenannten Philosophen und Encyclopädisten, bloß um nur mit den Oberhäuptern dieser Partey auf gutem Fuße zu stehen. Dieß war aber auch die Ursache, warum er nicht Erzbischof von Paris ward. Der König verweigerte seine Ernennung, und sagte dabey mit einer Wärme, die ihm Ehre machte: Wenigstens muß der Erzbischof von Paris an Gott glauben! Hätte Ludwig XVI. nur immer so viel Festigkeit gezeigt! So hatte er z. B. noch als Dauphin den allerdings sehr weisen Vorsatz geäußert, nie einen Geistlichen zum Principal-Minister zu machen, und dennoch gab er gerade bey Brienne nach.
Quellen.[]
- ↑ Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
- ↑ Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
- ↑ Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst. 1813.