Elisabeth-Philippine-Marie-Hélène.[]
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Elisabeth-Philippine-Marie-Hélène (Madame), Schwester Ludwigs XVI., gebohren zu Versailles den 23sten May 1764; sie war das jüngste Kind Ludwigs, Dauphins von Frankreich und Marien Josephinens von Sachsen. Die Erziehung der Frau von Mackau, Untergouvernante der königlichen Kinder am französischen Hofe, einer eben so aufgeklärten als tugendhaften Dame, hatte sie zum Pflichtgefühl geleitet, und Elisabeth drückte ihren Pflichten den Adel der Religion auf, widmete sich mit Erfolg dem Studium der Geschichte und Mathematik, und entwickelte nach und nach den Keim der vortrefflichsten Eigenschaften und ernstesten Tugenden. Auf einem Landhause war es, wo Madame Elisabeth die süssesten Augenblicke ihres Lebens verlebte, getheilt unter ländlichen Beschäftigungen, der Wohlthätigkeit und den sanften Empfindungen, die der Anblick der Natur einflößt. Die Revolution trat ein und stöhrte ihre friedlichen Beschäftigungen und den Genuß ihres Glückes. Elisabeth sah nur mit Schauder die Zusammenberufung der Stände; als aber diese ihre Geschäfte angefangen hatten, widmete sie sich dem Beystande ihres Bruders und versüßte ihm die Leiden, mit denen er nach und nach überhäuft wurde. Den 6ten Oktober begab sie sich auf seine Zimmer und flößte ihm die Festigkeit ein, welche er an diesem Tage zeigte; Tags darauf begleitete sie ihn nach Paris. Als die Tanten Ludwigs XVI. Frankreich verliessen, sollte sie Elisabeth anfangs begleiten; allein bey dem Anblicke der Gefahren, welche die königliche Familie umgaben, zauderte sie in ihrem Entschluß, und so wie Marie Antoinette ihr sagte: "Und Sie auch, Sie wollen uns verlassen?" schwor sie ihr, ihr Schicksal zu theilen und hielt Wort. Die Feinde ihrer Familie liessen sich durch ihre Tugenden nicht entwaffnen und brachten sie den 10ten May 1794 auf das Blutgerüst. Tags vorher riß man sie um 7 Uhr Abends aus dem Tempel, um sie nach der Conciergerie zu führen, wo sie Scheinshalber von dem Vizepräsident des Gerichtes Deliège verhört ward. Hierauf bestieg sie in Gesellschaft von 24 andern Schlachtopfern, die ihr gänzlich unbekannt waren, den folgenden Tag das Blutgerüst. Sie zeigte Ruhe und Entsagung, ließ nicht eine einzige Klage laut werden, und schien sich glücklich zu fühlen in dem Gedanken, daß sie in einen andern Welt sich wieder mit denen vereinigen sollte, die sie so zärtlich in dieser geliebt hatte.
Zeitungsnachrichten.[]
1793.[]
Paris, vom 1. Wintermonat. [2]
Gewisse unlängst in einer Seßion des Jakobiner-Clubs vorgefallene Reden lassen vermuthen, daß Madame Elisabeth, Ludwigs XVI. Schwester, wohl dasjenige Mitglied der vormahligen Königl. Familie seyn dörfte, welches zunächst als ein Opfer der herrschenden Parthey fallen wird. Hebert, ein Mitglied der ebengenannten Gesellschaft, sagte in derselben: Capet und seine Frau haben ihr Urtheil empfangen, aber ihre vielen Mitschuldigen sind noch unbestraft. Ich habe an Capets Schwester Züge wahrgenommen, die sie als eine Grausame bezeichnen; sie hat ihren Bruder bey der mit den Mördern des Volks vorgenommenen Musterung, sie hat ihn auf seiner Flucht begleitet, und ihm viele von seinen Revoluzions-wiedrigen Unternehmungen eingegeben: sie hat ihre Juwelen demjenigen überschikt, der alles Unheil über und gebracht hat; sie hat tausenderley Dinge gethan, um deren willen sie schon lange verdient hätte, das Schaffot zu besteigen; aber man _chweigt dazu und will sie ohne Zweifel durch dieses Still_chweigen der Gerechtigkeit und der Volksrache entziehen. Es ist für mich ein empörender Gedanke, diese Person bey so vielen Verbrechen noch am Leben zu sehen. -- Was dergleichen Reden in einer solchen Versammlung für Folgen haben können, ist leicht zu denken.